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Motivation und Umfeld

Vergleichende Anmerkungen zu den Ursachen genozidaler Täterschaft1

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Nach Einschätzung des anarchistischen Philosophen Pierre-Joseph Proudhon sind es die Taten, nicht die persönlichen Merkmale der Handelnden, die es zu ergründen gilt.2 Proudhon geht es um die Bedeutung soziopolitischer Systeme, innerhalb derer Handlungen Sinn machen, unabhängig von der Einstellung der Akteure. Und wirklich trägt die Analyse dessen, was die vielen Profiteure des NS-Systems taten, besser zum Verständnis dieses Systems bei als die Frage, wie „nazifiziert“ die Deutschen waren: sahen sich viele keineswegs als kompromisslose Parteigänger Hitlers, so handelten sie doch in einem strukturellen Zusammenhang, der Eigeninteresse mit ideologischen und gesellschaftlichen Einflussgrößen verknüpfte. Wer den Grad persönlicher Verantwortung und die Intensität systemischer Radikalisierung im Dritten Reich erklären will, sollte seine integrierende Potenz vor dem Hintergrund vielfältiger Formen von Partizipation untersuchen, wie sie auch für andere Genozide nachweisbar sind. Die folgenden Betrachtungen mit ihrem vergleichenden Rekurs auf die Ereignisse in Ruanda und der UdSSR erheben keinen Anspruch, den jeweiligen historischen Kontext umfassend auszuleuchten; sie sind stattdessen als Beitrag zu einer Verbreiterung der Debatte um Holocaust-Täterschaft gedacht.

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