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3 Varianten des Reliabilismus

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Demgegenüber wirft F. Dretske die Rechtfertigungsbedingung über Bord (Dretske 1971). Er fordert, dass die externen Gründe, die eine Person für ihre Überzeugungen hat, nomologisch mit ihrer Wahrheit verbunden sein sollten, d.h., es sollte ein Naturgesetz sein, dass eine Person, die einen solchen Grund für ihre Überzeugung hat, eine wahre Überzeugung hat. Da gesetzesartige Aussagen, im Gegensatz zu Aussagen, die bloße Uniformitäten beschreiben, kontrafaktische Konditionale stützen, drückt auch Dretske die zentrale Idee seiner Analyse durch derartige kontrafaktische Aussagen aus. Seinen Schlüsselbegriff, den Begriff eines „zwingenden Grundes“, den er sowohl als eine notwendige als auch als eine hinreichende Bedingung für Wissen ansieht, charakterisiert er folgendermaßen: R ist ein zwingender Grund für p dann und nur dann, wenn R nicht der Fall wäre, wenn p nicht der Fall wäre. Wenn demnach S, auf der Basis von R, weiß, dass p, dann ist R ein zwingender Grund für p. So hat Barney keinen zwingenden Grund, zu glauben, dass er eine Scheune sieht, weil er auch dann glauben würde, eine Scheune zu sehen, wenn er eine der Scheunenattrappen sehen würde. Diese relevante Alternative kann er nicht ausschließen.

Einen verwandten Vorschlag hat R. Nozick gemacht. Er behauptet, dass Wissen eine wahre Meinung ist, die nicht bloß zufälligerweise wahr, sondern „der Wahrheit auf der Spur“ ist. Auch Nozick benutzt konjunktivische und kontrafaktische Aussagen, um diese Relation „der Wahrheit auf der Spur sein“ zu definieren, um, anders ausgedrückt, den spezifischen Sinn zu explizieren, in dem diejenigen Meinungen Wissen sind, die mit den Tatsachen in angemessener Weise kovariieren. Zwei Bedingungen, die Bedingung der „Variation“ und die Bedingung der „Adhärenz“, müssen erfüllt sein, damit ein Subjekt S der Wahrheit auf der Spur ist: (1) Wenn p nicht wahr wäre, dann würde S nicht glauben, dass p. (2) Wenn p, unter leicht veränderten Bedingungen, wahr wäre, dann würde S glauben, dass p. Diese beiden Bedingungen treten an die Stelle der traditionellen Rechtfertigungsbedingung.

Wie Dretske benutzt auch Nozick den konjunktivischen Modus, um den Begriff des Wissens zu definieren. Aber er geht einen Schritt weiter, indem er die Mögliche-Welten-Semantik verwendet, um solche Aussagen zu analysieren, d.h., um ihre Wahrheitsbedingungen anzugeben. Er benutzt den vertrauten Begriff einer nahen möglichen Welt, einer Welt, die der wirklichen Welt sehr ähnlich ist, aber geringfügig von ihr abweicht. Ganz grob gesprochen weiß laut Nozick S genau dann, dass p, wenn erstens in allen Welten, die der wirklichen Welt am nächsten sind und in denen p nicht der Fall ist, S nicht glaubt, dass p, und wenn zweitens in allen nahen Welten, in denen p der Fall ist, S glaubt, dass p. Es ist jedoch schwer zu sehen, wie durch diesen Schritt unser intuitives Verständnis von kontrafaktischen Aussagen verbessert werden sollte. Vielmehr scheinen wir auf unser intuitives Verständnis solcher Aussagen zurückgreifen zu müssen, um das Maß der Nähe oder Ähnlichkeit von Welten zu bestimmen. Hinsichtlich der Frage, welche Ähnlichkeiten relevant sind und welche nicht, kann die formalsemantische Theorie möglicher Welten augenscheinlich nicht weiterhelfen.

Die eigentliche Crux ist, dass kontrafaktische Konditionale ein grundsätzliches Problem aufwerfen, das Problem nämlich, dass es keine nichtwillkürliche Weise zu geben scheint, zu entscheiden, ob sie wahr oder falsch sind. Es scheint einfach keine objektiven Tatsachen zu geben, die solche Aussagen wahr oder falsch machen. Quine hat einmal die illustrative Frage gestellt, ob, wenn Bizet und Verdi Landsmänner gewesen wären, Bizet Italiener oder Verdi Franzose gewesen wäre (Quine 1982, S. 23). Auf diese Frage gibt es offenkundig keine objektive Antwort; sie kann nur durch eine willkürliche Stipulation beantwortet werden. Die schwierige Aufgabe für Nozick und für all diejenigen, die mit seinen konjunktivischen Analysen epistemischer Aussagen sympathisieren, ist, eine wirklich befriedigende Antwort auf die Frage zu finden, aufgrund welcher Tatsachen über eine Person S und ihre Beziehungen zur Welt es wahr ist, dass S nicht glauben würde, dass p, wenn es nicht der Fall wäre, dass p, und S glauben würde, dass p, wenn es der Fall wäre, dass p.

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