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1. Die Einberufung

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Am 3. Dezember 1940 wurde mein Vater zur Wehrmacht einberufen. Der Einberufungsbefehl kam wie aus heiterem Himmel. Mit dem Ende des Frankreichfeldzuges hatte niemand mehr mit einer Einberufung gerechnet.

Zuerst versuchte er, dagegen etwas zu unternehmen. Aber es war natürlich nicht möglich. Sein Jahrgang, der Jahrgang 1911, war dran. So fügte er sich schließlich in sein Schicksal, wobei das Unbekannte eines neuen Lebensabschnitts ihn durchaus auch reizte.

Die Sammelstelle war in der Deutschlandhalle. Um 10 Uhr sollte er sich dort einfinden. Alles war für seinen Abschied vorbereitet.

Mach dir keine Sorgen, sagte ich zu meiner Frau, das Ganze wird doch nur eine ausgedehnte Herrenpartie. Der Führer wird schon wissen, warum er uns holt. Ihr war jedoch nicht zum Scherzen zumute.

Sieh mal, sagte ich, was ist schon alles geschehen, seit wir den Führer haben. Ein Ereignis folgt dem anderen.

Schon ein halbes Jahr nach seinem Machtantritt gab es Arbeit für alle. Dann folgte im März 1935 die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Dann zogen deutsche Truppen ins Rheinland ein. Das Saarland wurde zurückgewonnen. Österreich wurde eingegliedert. Die Sudetendeutschen bekamen ihre langersehnte Freiheit. Hast du den Jubel vergessen?

Und Böhmen und Mähren, warf meine Frau ein, haben die auch gejubelt? Und die Polen und die Franzosen, haben die auch gejubelt?

Nein, sagte ich. da haben wir gejubelt. Die sind wie von einem Blitz getroffen worden. Da staunte sie. Der Führer lässt sich keinen Krieg aufzwingen. Er schlägt vorher zu. Und das mit gutem Erfolg.

Polen wollte Deutschland bestimmt nicht angreifen, sagte meine Frau und machte ein toternstes Gesicht. Sie war fest davon überzeugt.

Wenn du die Lage zurückverfolgst, versuchte ich sie aufzuklären, musst du doch zugeben, dass Polen sich den Wünschen Deutschlands widersetzt hat. Dem Führer lag das Wohl der Bürger Danzigs am Herzen und er verlangte einen Korridor durch Polen. Aber das hat Polen ihm verweigert.

Stattdessen nahm Polen von Frankreich eine Rüstungsanleihe. Obwohl seit 1934 ein Wirtschaftsabkommen und ein Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und Polen bestanden hat. Ja, als Pilsudski noch Staatschef in Polen war, kam es zwischen beiden Völkern zur Verständigung. Bei seinem Nachfolger Ryds Smigly kam es jedoch immer wieder zu Spannungen. Es waren nicht nur die deutschen Minderheiten allein, die diese Spannungen auslösten, viele Probleme bedurften einer Regelung. Zuletzt wurden unsere Landsleute in Polen wegen ihres Bekenntnisses zum Deutschtum verfolgt.

Da befahl der Führer am 1. September 1939: Ab 3.30 Uhr wird zurückgeschossen. Die Polen wollten es ja nicht anders haben.

Mit Frankreich war es dasselbe. Es hat uns provoziert! Dabei bekamen die Engländer in Dünkirchen ebenfalls eins aufs Haupt, weil sie glaubten, sie müssten sich einmischen.

Was kann uns denn schon passieren?

Aber war es denn nötig gewesen, mit Frankreich Krieg zu führen? wandte meine Frau ein. Unter fadenscheinigen Beschuldigungen zettelte der Führer einen Krieg mit Frankreich an und zwang es zur Kapitulation. Wäre es nicht besser gewesen, mit ihm in Frieden zu leben? Das wird Frankreich Deutschland nie vergessen.

Der Krieg ist zu unseren Gunsten entschieden. Viel kann da nicht mehr kommen. Ich nahm meine Frau bei den Schultern, blickte sie an und sagte: Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben. Schau, was hat man uns nach dem Weltkrieg alles angetan. Wir wurden geknechtet. Der Führer hat uns wieder befreit. Er zerschlug eine Fessel nach der anderen. Wir leben in einer großen Zeit.

Was hast du nur für einen festen Glauben, sagte meine Frau. Ich wünsche, du behältst recht.

Du wirst sehen, in vier Wochen bin ich wieder hier, sagte ich voller Überzeugung zu ihr.

Soweit die Einstellung meines Vaters zur Einberufung. Sein Weltbild spiegelt eindeutig die von den Nationalsozialisten vertretene Einstellung wieder. Eine Mehrheit der Deutschen empfand damals die Ergebnisse des Versailler Vertrages als Schande für die Deutschen. Dazu gehörte die Entmilitarisierung des Rheinlandes und die Abtretung des Saarlandes an Frankreich, sowie großer Gebiete im Osten an Polen, den sogenannten „Korridor“, der Ostpreußen und die deutschsprachige Freie Stadt Danzig von Ostpreußen trennte. Die Auflösung der Reichswehr bis auf 100000 Mann ohne schwere Artillerie, Panzer und Flugzeuge wurde als schwerer Schlag gegen den Nationalstolz angesehen.

Hitlers ganzes Taktieren zielte nun darauf ab, den Versailler Vertrag nach und nach auszuhöhlen.

Als er 1935 die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verkündete und 1936 in das entmilitarisierte Rheinland einmarschierte, mit der Begründung, die Grenze zu Frankreich besser zu schützen, hätten die alliierten Siegermächte auf seine Anti-Versailles Politik sofort militärisch reagieren müssen. Da nichts dergleichen geschah, verhalf ihm das „Rheinland- Abenteuer“ bei den deutschnational denkenden Kreisen zu Ansehen. Dazu kam, dass es mit dem Ausbau des Autobahnnetzes und der Vergrößerung des Heeres zu einem Aufschwung der Wirtschaft, ja zu einem regelrechten Wirtschaftswunder kam. Die Zahl der Arbeitslosen ging bis 1936 so rapide zurück, das damit auch jegliche Opposition gegen seine Politik zunichte gemacht wurde.

In der Folgezeit bediente er sich des erstarkten Heeres, um die Versailler Verträge Stück für Stück zu annullieren und seine Annexionswünsche durchzuführen. Der sogenannte „Anschluss“ Österreichs im März 1938 war im Grunde ein Putsch der österreichischen NSDAP. Großbritannien und Frankreich beließen es bei Protesten. Diese Tatenlosigkeit bestärkte Hitler in der Überzeugung, dass er gefahrlos mit seiner Offensive gegen die Tschechoslowakei beginnen konnte. NS-Gruppen unter den Sudetendeutschen wurden angewiesen, Sezessionsforderungen zu erheben.

Während der „Sudetenkrise“ drohte ein Krieg. Briten und Franzosen war sehr wohl bewusst, dass Ehre und Klugheit verlangten, die Zerschlagung der Tschechoslowakei zu verhindern. Doch sie konnten sich noch nicht zu dem Entschluss durchringen, ihren diplomatischen Protesten durch die Androhung von Gewalt Nachdruck zu verleihen. Hitler sah das als Feigheit an und sorgte dafür, dass die prodeutsche Separatistenpartei in der slowakischen Hälfte der Tschechoslowakei am 11. März 1939 ihre Loslösung von der Tschechei erklärte und das Deutsche Reich bat, die Rolle der Schutzmacht zu übernehmen. Am 15. März marschierten daraufhin deutsche Truppen in Prag ein.

Nun versuchte Hitler, Polen einzuschüchtern, zu dem das größte Stück des Gebietes gehörte, das vor 1918 deutsch gewesen war. Vor allem ging es ihm um den „Korridor“, der Ostpreußen und die deutschsprachige Freie Stadt Danzig vom Kerngebiet des Reiches trennte.

Als Vorwand zum Angriff auf Polen inszenierte die eigene SS einen Überfall polnischer Truppen auf die schlesische Grenzstadt Gleiwitz. Daraufhin fiel Hitler ohne Kriegserklärung in Polen ein. Am Abend des 1. September existierte die polnische Luftwaffe praktisch nicht mehr und bereits am 6. Oktober war in Polen jeglicher Widerstand zusammengebrochen.

Nun wandte sich Hitler mit seinen siegreichen Truppen westwärts, um sich für einen Feldzug gegen Briten und Franzosen bereitzumachen, mit denen er sich seit dem Ende des Ultimatums, das ihm die Verbündeten Polens bereits am 3. September gestellt hatten, im Kriegszustand befand.

Der tatsächliche Blitzkrieg gegen das unvorbereitete Frankreich dauerte nur vom 10. Mai bis zum 25. Juni 1940. Paris und Nordfrankreich wurden deutsches Besatzungsgebiet und 2 Millionen Franzosen gingen für unbestimmte Zeit in deutsche Gefangenschaft.

Die Schlacht um England sollte erst noch beginnen. Nachdem Großbritannien seine Truppen vom 26. Mai bis 4. Juni 1940 mit geringen Verlusten aus Dünkirchen wieder abgezogen hatte, entbrannte die Luftschlacht um England, die sich vom 10. Juli bis zum 30. Oktober hinzog und in der Schlacht um London vom 7. – 30. September kulminierte, ohne das es den deutschen Truppen möglich war, über den Kanal überzusetzen.

An der Deutschlandhalle wurden die Männer, die alle in meinem Alter waren, von ihren Frauen verabschiedet. Alle hatten einen Pappkarton bei sich. Die Männer waren zuversichtlich, wie ich.

Ein Wehrmachtsangehöriger ließ die Männer in 3 Reihen antreten, während die Frauen auf dem Bürgersteig standen und sie beobachteten. Dann begleiteten sie ihre Männer noch bis an die Tür. Nun erfolgte die Einteilung zu den verschiedenen Waffengattungen. Ich hatte das Glück und kam zur Artillerie, wenigstens nicht zur Infanterie.

Ein Wachtmeister und ein Unteroffizier wurden den zukünftigen Artilleristen als Unterführer zugeteilt und auf das Kommando: Rechts um, ohne Tritt marsch! ging es hinaus aus der Halle. Die Frauen liefen neben ihren Männern her, während sie zum Bahnhof Grunewald marschierten.

Von hier aus sollte es nach Frankfurt gehen. Kurz vor dem Bahnhof Grunewald ließ der Offizier nochmals halten, damit sich alle von ihren Frauen verabschieden konnten. Dann hieß es: Fertigmachen zum Abmarsch! Nun waren wir nicht mehr frei. Wir hatten zu gehorchen.

1000 Tage an der Ostfront

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