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Ausspähung Wer weiß was?
ОглавлениеSehr wahrscheinlich war es, daß ein Straßen-Raub mit einer solchen Mord-That begleitet, nicht lang verborgen bleiben konnte. Auch dieses traf hier ein.
Die Preussische Justiz, welche bekanntlich sehr exact und schnell ist, bewies dieses hier vorzüglich. Allgemein war man bemüht diese scheußliche Mordthaten auszuspähen. Die Stadt Oranienburg, die Dörfer Pinnow und Borgsdorf wurden auf das schleunigste und das genaueste durchsucht. Der Major von Globen schickte sogleich, als dieser Mord in Oranienburg erscholl, zwei Officiere nach den Mecklenburgschen Grenzen. Andere folgten diesen wachsamen Beispielen in den andern umliegenden Gegenden. Die Magistrate und Dorf-Gemeinen wurden erinnert, auf ihrer Huth zu seyn und jeden verdächtigen Menschen sogleich anhalten zu lassen.
Das Cammer-Gericht erhielt unmittelbar von Sr. Majestät dem Könige den Befehl, die Mecklenburgschen Gerichts-Höfe um Hülfe Rechtens zu bitten. Zufolge dieses Königlichen Befehls wurden die Justiz-Canzleien zu Schwerin und Strelitz ersucht, theils alle verdächtige, theils auch ankommende Personen genau beobachten zu lassen.
Auf Veranlassung des General-Postamtes ersuchte das Cammer-Gericht ebendasselbe die Churfürstl. Sächsischen, Herzoglich Braunschweigschen, wie auch Fürstlich-Anhaltschen Regierungen. Desgleichen wurden alle diejenigen, von welchen man nur einige Nachrichten einzuziehen glaubte, aufgesucht und abgehört. Unter den Abgehörten kamen folgende Muthmaßungen zum Vorscheine:
Ein zwölfjähriger Dienst-Junge wollte auf einem Wagen, in der Nacht von dem 13 auf dem 14ten Junius ungefähr um 2 Uhr vier Menschen gesehen haben. Einer davon hätte einen Feder-Busch auf dem Huthe stecken gehabt.
Zwei Weiber aus Pinnow meldeten, sie hätten den Schlächter-Burschen Lenz vor dem in der folgenden Nacht geschehenen Morde, Mittags um 2 Uhr bei dem Garten des Försters Clausius zu Pinnow, vorbeigehen sehen. Dieser wäre nach der Pinnowschen Heide, auf welcher man bekanntlich 4000 Thaler schon gefunden hatte, gegangen.
Ein Dienst-Knecht zu Oranienburg, welcher acht Tage vor dieser unglücklichen Begebenheit die Post von Oranienburg nach Berlin gefahren hatte, zeigte an: Er hätte damahls den Schlächter-Knecht Lenz bei den Scheunen diesseits Oranienburg getroffen und von ihm gehört, daß er nach Berlin zu gehen willens sey. Auf dem Wege hatte Lenz gefragt, ob Geld auf dem Wagen wäre? Seine Antwort wäre „nein“ gewesen. Nachher hätte er sich einen Pflock statt einer zerbrochenen Wagen-Linse geschnitten, Lenz aber um das Messer gebeten, ihm noch einen Pflock, in dem Falle der erste bräche zu schneiden. Dies wäre geschehen bei der Havelhäuser Brücke. Daselbst hätte sich Lenz verloren. Von dieser Zelt an sey er lhm auch nicht mehr zu Gesichte gekommen. Indessen wäre bei dem Nachsetzen des Gepäckes auf der Seit, wo Lenz gegangen, der Strick des einen Coffers schadlos gewesen. Auch habe es das Ansehen gehabt, als ob er eingeschnitten gewesen sey.
Der Tagelöhner Matthes, welcher Lenz genau kannte, sagte aus, daß er Lenz Sonnabend Abends vor dem Morde nicht weit von Oranienburg gesehen hatte. Auch brachte die Frau des Havelhäuser Cämmerei-Pächters die Nachricht, Lenz wäre nach dem unglücklichen Vorgang, zwischen 5 und 6 an ihrer Wohnung, als käme er von Berlin, sehr eilend und erhitzt vorbeigelauffen.
An eben diesem Sonntage hatten zwei Oranienburgsche Bürger Vormittags um 9 Uhr Lenz in der Schenke zu Vohlefang (gemeint ist Fehlefanz) getroffen und ihn bis Kremmen auf ihrem Wagen mitgenommen. Eine schwere Geld-Katze hätten sie bei ihm gesehen. Von Kremmen aus wäre er, wie er selbst gesagt hatte, nach Alt-Ruppin gegangen.
Das auf der Mord-Stelle gefundene Messer wurde von vielen Schlächtern für ein Schlächter-Messer gehalten.
Diese Kennzeichen, diese Angaben, ferner die gewissen Nachrichten, daß er in Oranienburg nicht weit von Liebenwalde (Verwechselung mit Creuzbruch bei Liebenwalde), sonst sein gewöhnlicher Wohnort, nicht zu treffen, auch lange vorher nicht dort gewesen wäre, mußten natürlich den Schlächter-Knecht Lenz höchst verdächtig machen. Dadurch entstand die Veranlassung, so schnell als möglich Steckbriefe nach Liebenwalde, Frieldrichsthal bis nach Hamburg hinauf, ferner an die Landräthe der benachbarten Kraise ergehen zu lassen. Von Seiten des General-Post-Amtes geschah die Bekanntmachung in den öffentlichen Blättern, und setzte auf die Entdeckung des Thäters einen Preis von 50 - 100 Thalern.
Da aller dieser guten Anstalten und Bemühungen ungeachtet bis jetzt noch alles fruchtlos blieb, so erschien in den öffentlichen Blättern eine zweite Aufforderung. Auch erhöhte man den Preis bis auf 500 Thaler (Eben diese Nachrichten stimmen mit denjenigen, welche ich früher angegeben habe, überein).
Indessen fuhr man mit dem größten Eifer von Dorfe zu Dorfe fort, den verdächtigen Lenz auszukundschaften. Die Steck-Briefe wurden erneuert, die Waldungen auf das sorgfältigste durchgesucht, so gar zwei Personen, welche Lenz genau kannten, auf öffentliche Kosten zur Ausspähung weit und breit umher gesandt. - Während dieser Vorfälle liefen allerlei Nachrichten ein. Diese aber schienen auf andere Thäter zu deuten. Durch die vielen Gerüchte, welche sich unter dem Volke verbreiteten, konnte es auch gar nicht fehlen, daß mehrere schuldlose Personen eingezogen wurden.
Die in vielen Gegenden der Churmark veranstaltete General-Visitation lieferte ebenfalls eine sehr beträchtliche Anzahl theils verdächtiger, theils herumschleichende Menschen. Kaum war ihre Unschuld in der Untersuchung bewiesen, so wurden sie auch sämmtlich wieder entlassen. Verschiedene im Publico standen in dem eitlen Wahne, daß darunter die Unschuldigen sehr leiden.