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Vorwort Tlantlaquatlapatli
Оглавлениеunter diesem Pseudonym verbirgt sich Ende des 18. Jahrhunderts Heinrich Wilhelm Seyfried (1755-1800), ein literarisches Universalgenie. Er ist auch eine kritische spöttische Schreiberseele, die als Autor und Herausgeber in der periodisch erschienenen Zeitung, der Chronic von Berlin, Klatsch, Kultur- und Tages-Nachrichten aus Berlin vermeldet. Heute würden wir sie als kulturelle Wochenzeitschrift mit aktuellen Beiträgen aus dem Berliner Leben bezeichnen. So manche merkwürdige Geschichte hat er aufgespießt, veröffentlicht und kommentiert, aber auch rein journalistische Berichterstattung betrieben. Nur um diese geht es (meistens) in diesem Buch!
Der Schreiber bewahrt sich immer eine gehörige Distanz zur gerade gängigen öffentlichen Meinung. Seine kritisch moralisierenden Bemerkungen fixieren sich nicht zu selten auch auf seine schreibende Konkurrenz, der er hin und wieder ein bisschen nervend Wahrheitsverfälschung bzw. ungenaue Berichterstattung vorwirft. Davon ist er aber an manchen Stellen auch nicht ganz frei. Seine Person erschien mir so interessant, dass ich sie am Schluss dieses Buches, sozusagen als Buch am Buch, gesondert beleuchte. Hier ist Raum für Anmerkungen und Analysen zu seiner Berliner Schaffensperiode. Der schon über 120 Jahre alten Biografie von E. Mentzel (1892) stelle ich seine Selbstbetrachtungen gegenüber, die er von Zeit zu Zeit in seiner Zeitung veröffentlicht hat.
Die Person Seyfried hat weit mehr geleistet, als hier kurz abgerissen wird. Das über sie nicht mehr bekannt ist, mag auch an seinen Artikeln aus dem Berliner Alltag liegen, die von entsprechender Seite heute sicher als ausländerfeindlich und antisemitisch charakterisiert werden würden. „Pollaken“ und Juden sind häufiger, auch zusammen, in mehr oder weniger kritischen oder spaßig gemeinten Glossen abgehandelt. Wer kann sich heute noch in die damaligen Verhältnisse einer schnell wachsenden Großstadt wie Berlin versetzen, geschweige denn in die Lebensbedingungen dieser Zeit.
Mit einem ersten Bericht über die Verhaftung des Straßenräubers und Mörders Johannes Christian Lenz, zehn Wochen nach der Tat, beginnt eine realitätsnahe Fortsetzungsgeschichte. Sie enthält neben der Schilderung des Tathergangs wörtliche Wiedergaben seiner Aussagen aus Vernehmungsprotokollen. Sie erzählt von seinen Ausreden und Ablenkungsmanövern bei der Schuldzuweisung und beleuchtet auch die Person des Mörders in seinem Umfeld. Die Berichterstattung endet im April des Folgejahres, also drei Monate nach der unter fast chaotischen Randbedingungen erfolgten Hinrichtung des Mörders.
Solange hat dieser Kriminalfall die Berliner in Aufregung gehalten, solange konnte man die auf das Rad geflochtenen Reste des Johannes Christian Lenz auf der „Hoch“-Gerichtsplatz noch besichtigen. Sein Mordtaten waren seinerzeit weit über die Stadt Berlin und die Landesgrenzen Preußens hinaus bekannt geworden und Chronisten aus der Mitte der letzten dreißiger Jahre berichten, dass der Fall noch bis Ende des 19. Jahrhunderts mehrfach Erwähnung fand.
Von Tlantlaquatlapatlis Zeitung sind die Bände, die mir hier als Vorlage dienten, gelegentlich und vereinzelt auf dem antiquarischen Buchmarkt zu finden, das Exemplar für etwa 250 €! Zitat aus dem Internet: … Die komplett wohl nie aufzufindende Zeitschrift erschien in 12 Bänden bis 1792. Der Herausgeber und Verfasser Heinrich Wilhelm Seyfried, aus Frankfurt stammender Schauspieler und Vielschreiber, bietet hier ein klassisches Beispiel für die "Winkelblätterliteratur", mit hämisch vorgetragenen Klatschgeschichten und entsprechenden Theaternachrichten …
Gut charakterisiert!