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5. Brief
Оглавлениеväterl. Vermerk: Cassel, den 17 Juni 1842
Empf. 20/6 früh
Beantw. ad sofort
Lieber guter Vater!
Länger will ich euch doch nicht auf einen Brief warten lassen; ich hätte wohl schon
lange geschrieben, aber ich bin 14 Tage krank gewesen, und seit gestern vor 8 Tagen gar nicht in die Werkstatt gekommen. Erst heut geht es besser, aber ich bin noch schwach, was Du an meinem schlechten Schreiben sehen kannst.
Heute vor 14 Tagen Abends bekam ich auf einmal Kopfweh, das sich den andern und dritten Tag nicht verlor; endlich kam es auch in den Leib, und machte
mir viele Schmerzen und wurde so schwach, daß ich keine Feile mehr halten
konnte; es wurde jeden Tag schlimmer, und ich hatte entsetzlichen Schwindel;
und gar keinen Stuhlgang aufgetriebenen Leib, konnte nichts essen pp.
Dann blieb ich zu Hause und ging zum Doktor, und weil dieser nicht zu Hause war, so holte ich mir in der Apotheke Laxierpillen, worauf eine ungeheure Menge von nichts als Wasser abging; dieses sah schwärzlich und roch nach Schimmel. Es wurde mir aber nicht besser, und ich ließ den Doktor doch noch holen. Dieser verschrieb mir Pulver, worauf ich noch etwas laxieren mußte, und später ein Glas voll Arznei; und heute sagte er mir, daß ich mir Baldrian Thee in der Apotheke holen lassen und täglich 3 Tassen trinken solle, dieß würde mich wieder stärken. Früh habe ich ein paarmal furchtbar geschwitzt.
Das hat mich nun sehr aufgehalten, und mir viel Schaden gebracht, ich könnte jetzt mit meinem Instr. fertig seyn bis zum Poliren, doch kann ich nichts dazu; der Doktor sagte mir es sey eine Art Fieber, und es lägen hier mehrere daran, aber alle schlimmer als ich.
Unsere Werkstätten sind unter dem Dach, und da es seither sehr warm war, so war es bei uns oft eine solche Gluth, daß es kaum zum Aushalten war, und dieß mag auch dazu beigetragen haben.
Nachmittags.
Ob dieser Brief heute noch fort kommt, kann ich noch nicht bestimmen, doch will ich sehen. Ich scheute seither immer das Porto, das euch meine Briefe verursachen. Morgen will ich noch ruhen, und den Sonntag auch, den Montag hoffe ich aber wieder an die Arbeit gehen zu können;
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der Doktor meinte es auch. Ich bitte euch recht sehr, besonders die Mutter, sich ja keine Sorge um mich zu machen, es geht ja jetzt wieder besser. Ich wohne bei sehr ordentlichen Leuten, und werde gut bedient; ich trinke solange ich krank bin früh ein paar Tassen Kaffeee und Mittags und Abends esse ich gewöhnlich Suppen; diese werden hier nur nicht allzu gut gemacht , und da sind sie gegen meine Mutter noch
weit zurück.
Ein paar Thaler wird mich meine Krankheit doch kosten, denn ich habe jetzt allerlei Ausgaben und weiß auch nicht was der Doktor verlangen wird. Mein Gold brauche ich noch nicht anzugreifen, auch habe ich die 9 Thaler noch die ich extra hatte, von diesen werden aber einige springen müssen. Morgen ist mein Logisgeld und übermorgen mein Kostgeld fällig. Doch habe ich dazu 5 rth die ich vor meiner
Krankheit v. Br. auf Abschlag erhielt schon zurückgelegt, und es hat auch da keine Noth.
Dein liebes Briefchen und Menzels Instrument sind gut angekommen, es hat mich recht erfreut, das Instr. habe ich an Br. hinübergeschickt, ich habe ihm aber nicht sagen laßen, daß neue Gläser hinein sollen, denn die Gläser sind so schlecht nicht, man kann es nur nicht weit genug verschieben. Br. bekommt die Gläser auch erst von München, die beßten aus Paris, und die schlechtesten läßt er hier machen.Da
er nun auf keinen Fall Gläser hat die zu diesem dummen Fernrohr paßen, so ließ ich ihm nur sagen, daß er machen lassen möchte daß man es in der Ferne brauchen könne; er soll erst gesagt haben es würde nicht viel damit zu machen seyn, doch wolle er es zur Noth machen; ich glaube auch daß es geht, und will ihm zur Noth selbst abhelfen. Wenn ich selbst hinüber komme dann will ich schon treiben, daß es gemacht wird.
Ich habe hier schon viele Daguerrotypen gesehen, es ist hier ein Mechanikus und Optikus Landauer (ein Jude; der macht sie und recht
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schön; es waren meistens Portraits, die recht gut ausgedrückt waren.
Br. hat mir am Sonntag vor 8 Tagen einen Theodolithen gezeigt der daguerrotypirt war und recht hübsch. Ich glaube es kostet 2 bis 3 Thaler wenn man sich porträtiren läßt; das ganze Bildchen ist ohngefähr 4” hoch und 3” breit. Doch muß man es von einer gewissen Seite ansehen .
Sage H.Lindner gef. seinen Brief wollte ich, sobald ich wieder anginge, besorgen. In den ersten Tagen hätte ich den Arch. Dourte nicht ausfindig machen können, weil er ganz draußen vor der Stadt wohne, dann wäre ich einmal bei ihm gewesen, hätte ihn aber nicht zu Hause getroffen, und dann wäre ich 14 Tage krank geworden.
Nun ich schließe diesen Brief für dießmal, bitte auch nochmals euch ja keine Sorge wegen mir zu machen, wenn es schlimmer werden sollte, so schreibe ich euchs schon. Mit Menz. Instrument werde ich wahrscheinlich auch ein paar Zeilen schicken.
Ich grüße Euch alle recht herzlich, die Mutter, Caroline, Lindner, Klug, Ernst pp und hoffe daß ihr euch alle wohl befinden werdet.
Euer Moritz
Deinen l. Brief werde ich ein andermal beantworten
D.O.
Addressire meine Briefe nur an Br. ich bekomme sie da gleich in der Werkstatt.
Umschlagseite
Herrn
Verwaltungsamtssekretair Hensoldt Wohlgeboren
In Sonneberg
b. Coburg Sonneberg o.D.
(bzw. nicht lesbar)
abgestempelt mit: Cassel 17 6 1842
Bild 32: Große Parade vor der Orangerie in Kassel
Die Parade hat am 5. Juni 1850 stattgefunden „vor ihren königlichen Hoheiten, dem Kurfürsten von Hessen und dem Großherzog von Hessen und bei Rhein“.