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6. Brief

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(ohne väterl. Vermerke)

Cassel am 23ten Juni 1842

Lieber Vater!

Heute erhielt ich Dein liebes Briefchen, woraus ich ersehe, daß ihr sehr besorgt um mich seyd; desshalb will ich euch heute gleich wieder ein paar Zeilen schreiben, um euch zu beruhigen.

Ich bin jetzt wieder ganz wohl, es schmeckt mir das Essen wieder, und ich arbeite schon seit dem Montag auch wieder. Die ersten paar Tage ging es freilich langsam, und auch jetzt übereile ich mich noch nicht, aber es geht doch wieder; nur Abends bin ich in den Beinen noch ein wenig müde.

Ich schiebe die meiste Schuld auf das Wasser, das wir hier haben, es hat einen gar-

stigen sauren Beigeschmack und ich kann es nicht gut vertragen. So lange ich hier bin habe ich immer wenig Stuhlgang, manchmal ein paar Tage keinen, und das kommt von weiter nichts, als dem Wasser.

Ich werde künftig so wenig als möglich trinken. Ich trinke jetzt bei Br. in der Werkst. früh ein Kännchen Milch (von 3 Tassen) und eine Semmel dazu, was ich der Magd bezahle, und mir sehr gut bekömmt. Auch Abends gehe ich zuweilen ins Kosthaus und lasse mir öfters ein bißchen Auflauf und Salat geben.

Abends.

Weiter kam ich heute Mittag nicht, denn ich hatte nur ein paar Minuten Zeit; ich wollte gerne diesen Brief noch vor 7 Uhr auf die Post bringen, es ging aber nicht; aber hintragen will ich ihn doch noch, damit er wenigstens morgen mit abgeht; ihr könnt ganz ruhig seyn, es geht jetzt wieder ganz gut, auch bin ich heute nicht so müde.

Mein Prinz.[ipal] sieht auch nichts als seinen Nutzen, am Sonntag sagte er zu einem andern Gehülfen, wenn ich noch 8 Tage krank wäre, müße er meinen Platz durch einen andern besetzen. Was konnte ich denn dazu; der Doktor sagte mir, daß diese schleichenden Fieber gewöhnl. 6 Wochen dauerten, und ich müße früher immer ein solides Haus gewesen seyn, weil es bei mir so schnell vorübergegangen sey. Wenn ich nun noch ein paar Wochen krank gewesen wäre so hätte ich auch am Ende meine Stelle verloren.

Er hat mich auch gar nicht gefragt was mir gefehlt, pp, kein Wort.

Die Gehülfen müßen hier alle zusetzen, oder sie machen Schulden und brennen dann durch, was häufig der Fall ist. Viel zuzusetzen bin ich hier nicht geneigt, und sollte ich nicht auskommen, so bleibe ich nicht lange hier, zumal Kleider und Schuhe hier ungeheuer theuer sind.

Für dießmal will ich meinen Brief schließen; ihr könnt ganz ruhig seyn, denn ich bin wirklich wieder ganz wohl, und hoffe daß ihr es auch seyd.

Herzliche Grüße an die Mutter (und sie soll sich keine Sorgen machen) Caroline, Lindner, Klug, Ernst pp.

Dein

Dich liebender

Moritz

Zieht ihr denn bald ins neue Logis?

Umschlagseite: Postst.: Cassel 23/6 1842

(Unten): Sonneberg o.D.

Herrn Verwaltungsamtssekretair Hensoldt Wohlgeboren

in Sonneberg b. Coburg

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