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1. Abgabentypologische Probleme

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Wie erläutert können Umweltabgaben grundsätzlich in jeder Abgabeform auftreten. Dennoch eignen sich die Abgabetypen in unterschiedlichem Maße zur Verarbeitung der diversen Umweltkonflikte. Im Folgenden sollen daher die mit einzelnen Abgabearten spezifisch verbundenen Rechtsfragen dargestellt werden[1079].

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Zunächst kommen Umweltabgaben in Form der Steuer in Betracht. In diesem Zusammenhang erfreuen sich insbesondere Umweltlenkungsabgaben als Steuer einer gewissen Beliebtheit – Strom-, Mineralöl- und KfZ-Steuer belegen dies. Dabei darf es als gesichert gelten, dass die Instrumentalisierung der Steuer zu Lenkungszwecken – auch speziell zu umweltpolitischen Zielen – verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich ist[1080]. Mithin treten bei Umweltabgaben in Steuerform generell mit Lenkungssteuern verbundene Probleme auf: So können etwa Steuerbefreiungen die mit der Steuererhebung verbundenen umweltpolitischen Lenkungsziele leer laufen lassen, Steuererhöhungen ungewollt auch die umweltschützende Lenkungslast steigern oder diese „Umwelt“steuern auch bei erreichtem Lenkungszweck aus rein fiskalischem Interesse beibehalten werden[1081].

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Einer übermäßigen Ausweitung der klassischen Ökosteuern und einem „ökologischen Umbau“ des Steuersystems steht ihr Charakter als „atypische Steuern“[1082] entgegen, da ihr Ziel die stete Ertragsminderung sein muss, was dem Finanzierungsinteresse des Staates sowie der Finanzierungsfunktion der Steuer widerspricht und zudem das Argument der „doppelten Dividende“ in Gestalt der Einnahmenerzielung und Umweltschutzförderung jedenfalls teilweise entkräftet[1083].

Daneben wird die nicht an schädliche Produktionsmittel oder -ergebnisse, sondern an die schlichte Inanspruchnahme von Umweltgütern bzw. nur an die belastende Emission an sich anknüpfende Steuer teils für bedenklich gehalten, da sie eine immanente Voraussetzung der Steuererhebung nicht erfülle: Die bloße Verursachung solcher externen Kosten stelle keinen steuerbaren, steuergeeigneten und steuerspezifischen Tatbestand als Ausdruck der Beteiligung des Staates an monetär fassbarer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dar, sondern bedeute eine Besteuerung reiner, nicht wirtschaftskraftindizierender Risikopotentiale und durchbreche damit das überkommene Steuersystem[1084]. Ein freies Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers wird dabei überwiegend abgelehnt[1085]. Es gilt damit in jedem Einzelfall zu prüfen, inwiefern Emissionssteuern als zulässige Verbrauch- oder Aufwandsteuer ausgestaltet werden können, da die Umweltbelastung als solche aufgrund ihrer Loslösung von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit keinen tauglichen Besteuerungsgrund darstelle[1086]. Eine kompetenzgerechte Ausgestaltung als Verbrauchsteuer ist freilich grundsätzlich denkbar[1087].

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Ferner gilt es im Zusammenhang mit Umweltsteuern zu beachten, dass eine Zweckbindung der Aufkommensverwendung der Umweltabgabe noch nicht gezwungenermaßen einen Gegenleistungscharakter begründet und ihr damit den Steuercharakter nimmt, solange die Verwendung weiterhin der allgemeinen Staatsfinanzierung dient[1088].

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Neben der Ausgestaltung als Gemeinlast Steuer, können Umweltabgaben als nichtsteuerliche Abgaben – als Sonderlasten – einzelne Gruppen speziell in Anspruch nehmen und dabei als Gebühr, Beitrag oder Sonderabgabe auftreten. Die Lenkungsoffenheit nichtsteuerlicher Abgaben (auch hinsichtlich umweltpolitischer Ziele) ist dabei akzeptiert. Während sich die Handlungsform „Steuer“ für die übergreifenden „großen“ Umweltprobleme anbietet – denn die Steuer ist das gebotene Instrument zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben (vgl. Art. 20a GG) –, sind die nichtsteuerlichen Abgaben eher für die „kleinen“ Umweltprobleme geeignet, also solche, die hinsichtlich Schadensgegenstand, -ursache und -verursacherkreis begrenzt bzw. begrenzbar sind[1089].

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Innerhalb der nichtsteuerlichen Abgaben nimmt die Gebühr eine hervorgehobene Position für den Bereich der Umweltabgaben ein, insbesondere im kommunalen Bereich[1090]. Gebühren müssen dabei stets an eine spezifische, individuell zurechenbare, staatliche Leistung anknüpfen, so dass sie sich immer bei umwelterheblicher Nutzung staatlicher Einrichtungen anbieten[1091]. Demnach bilden etwa Autobahn- und innerstädtische Straßennutzungsgebühren, Abwasser- oder Müllgebühren Beispiele für mögliche Umweltabgaben in Gebührenform. Allerdings scheidet der Einsatz der Gebühr zum voraussetzungslosen allgemeinen Schutz von Umweltgütern infolge dieser – auch für ihre Bemessung wesentlicher – Gegenleistungsbezogenheit grundsätzlich aus: Die Ermöglichung der Umweltnutzung sei keine ausreichende staatliche Leistung, um eine Gebühr zu rechtfertigen. Die Verteidigung des finanzverfassungsrechtlich gewährleisteten Steuerstaatsprinzips gegen eine Unterwanderung verhindere hier eine Gebührenlösung. Eine nicht mehr auf die Abschöpfung eines individuell zugewandten Vorteils gerichtete, sondern zur Finanzierung von Gemeinlasten auf die allgemeine Leistungsfähigkeit zugreifende Abgabe sei vielmehr eine Steuer[1092]. Dennoch gab es bereits frühzeitig Versuche, die Gebühr für die Inanspruchnahme von Umweltressourcen fruchtbar zu machen: Die Figur der „Verleihungsgebühr“ als Entgelt für die staatliche Einräumung subjektiver Nutzungsrechte an öffentlichen Umweltgütern bildet hierbei einen möglichen Begründungsansatz – dabei ließe sich eine gewisse Parallelität zur bergrechtlichen Förderabgabe ausmachen[1093]. Andere Stimmen erachten die Nutzung öffentlicher Güter als gleichermaßen gebührenpflichtig wie die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und verweisen auf die akzeptierte Sondernutzungsgebühr im Straßenrecht[1094]. Ferner wird teils ein weiter, nicht unbedingt kostenabhängiger Leistungsbegriff vertreten und damit bereits die Ermöglichung der Ressourcennutzung durch die öffentliche Gewalt als die Gebühr rechtfertigendes staatliches Handeln angesehen[1095]. In seiner „Wasserpfennig-Entscheidung“[1096] hat auch das Bundesverfassungsgericht die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe als Benutzungsregelung zum Schutz der knappen und lebenswichtigen Ressource Wasser grundsätzlich akzeptiert, unabhängig vom staatlichen Kostenaufwand eine hinreichende Gegenleistungsabhängigkeit angenommen und den Gesetzgeber als befugt angesehen, diesen Sondervorteil der übermäßigen Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit durch eine nichtsteuerliche Umweltabgabe entsprechend seines Werts abzuschöpfen[1097]. Allerdings vermied das Gericht eine abschließende Qualifikation des Wasserpfennigs als „Gebühr“ und ließ im Ergebnis offen, inwiefern der Vorteil in der rechtlichen Nutzungsgestattung als solcher (entspräche der „Verleihungsgebühr“) oder in der tatsächlichen Besserstellung durch Nutzung des Guts „Wasser“ (eher „Ressourcennutzungsgebühr“) liegt[1098]. Wie das Bundesverfassungsgericht in einer späteren Kammerentscheidung offenbar selber annimmt[1099], scheint es aber überzeugend, jedenfalls von einer Umweltabgabe in Gebührenform auszugehen, unabhängig davon, ob es sich um eine Verleihungs-, Ressourcennutzungs- oder Vorteilsabschöpfungsgebühr handelt[1100]. Um dem Schutzauftrag der Finanzverfassung einschließlich der Abgabentypen gerecht zu werden, muss allerdings einer uferlosen Ausweitung des Gebührentatbestandes im Bereich der Umweltabgaben Einhalt geboten werden, indem eine vorteilhafte Gegenleistung nur bei einem öffentlich-rechtlichen Nutzungsregime über die Ressource und einem hinreichend bestimmbaren abzuschöpfenden Vorteil angenommen wird, stellt doch der Ausgleichsgedanke den zentralen Legitimationsgrund der Umweltgebühr und das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zur Steuer dar[1101].

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Umweltabgaben können schließlich in Form von Sonderabgaben auftreten.[1102] Diese werden teils aufgrund der Merkmale der Gruppenhomogenität (Parallele zum Verursacherprinzip) und Gruppennützigkeit (zusätzliche Mittel für und damit weniger Widerstand gegen Umweltschutzmaßnahmen) als besonders geeignet zur Verfolgung umweltpolitischer Ziele gesehen[1103]. Allerdings gilt es auch hier auf die fehlende Tauglichkeit der Sonderabgabe zur dauerhaften Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben hinzuweisen – damit scheidet ihr Einsatz für allgemeine Umweltschutzmaßnahmen aus, so dass Sonderabgaben ebenfalls eher bei abgrenzbaren, konkreten Umweltproblemen zu greifen vermögen[1104]. Weiterhin ist umstritten, inwiefern umweltschutzorientierte Sonderabgaben den allgemeinen strengen Vorgaben für Finanzierungssonderabgaben genügen müssen oder ob sie gewissen Vereinfachungen bzw. einer eigenen Zulässigkeitsprüfung unterliegen sollten, da sie weniger der Finanzierung einer besonderen Sachaufgabe dienen, als der Anerkennung einer speziellen „Umweltpflichtigkeit“ Rechnung tragen[1105].

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