Читать книгу Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen - Götz Schmidt - Страница 7
1.1 Gegenstand der Aufbauorganisation
ОглавлениеHerr Buch hat es bisher versäumt zu regeln, wer für was zuständig ist. Diese Situation ist in kleinen Unternehmen häufig anzutreffen, „weil ja sowieso jeder Bescheid weiß“, was der Kollege oder die Kollegin getan oder unterlassen hat. Wächst ein Unternehmen1), wird mit jedem weiteren Mitarbeiter jedoch die Situation zunehmend undurchsichtiger. Urlaubsabwesenheiten oder Krankheiten einzelner Mitarbeiter verschärfen die Probleme.
Der Berater empfiehlt Herrn Buch, die heute anfallenden Aufgaben und die wichtigsten Prozesse der Aufgabenerfüllung gemeinsam zu erheben und dann einzelnen Mitarbeitern zuzuordnen (Stellenbildung). Die damit geschaffenen klaren Zuständigkeiten erleichtern die Zusammenarbeit und steigern die Effizienz.
Ein zentraler Prozess in einem Verlag ist beispielsweise die Auslieferung von Buchsendungen an den Handel. Dieser Prozess beginnt beim Kunden mit einer Bestellung und endet beim Kunden mit einer Auslieferung. Bei der Stellenbildung sollte versucht werden, zentrale Prozesse so zu gestalten, dass sie möglichst glatt – ohne viele Schnittstellen – und mit möglichst eindeutigen Ansprechpartnern abgewickelt werden können.
Ein Mitarbeiter ist zuständig für die Auftragsannahme, die Bonitätsprüfung, die Erstellung der internen Lieferunterlagen und die Fakturierung. Ein anderer Mitarbeiter stellt die Sendungen im Lager zusammen, macht sie versandfertig und sorgt für die Auslieferung.
Abb. 1.01: Bündeln von Aufgaben auf Stellen
Voraussetzung dieser aufbauorganisatorischen Regelung ist nun allerdings, dass
die Aufgaben
die Mengen (Häufigkeiten) sowie
die Zeit, die zur Aufgabenerfüllung benötigt wird,
bekannt sind. Nur dann kann festgestellt werden, ob der Mitarbeiter die Aufgaben auch quantitativ bewältigen kann.
Wenn Herr Buch sich für eine neue Aufbauorganisation entscheidet, muss er den Mitarbeitern verbindlich bestimmte Aufgabenfelder zuordnen und diese abgrenzen. So könnte er vorsehen, einen Gruppenleiter für den Vertrieb zu benennen. Diesem Gruppenleiter würden dann einige Mitarbeiter unterstellt.
Wenn dieser Gruppenleiter zum Vorgesetzten wird, werden ihm Weisungsrechte übertragen. Die Weisungsrechte werden im sogenannten Leitungssystem geregelt. Ein Leitungssystem ist ein hierarchisches Beziehungsnetz, in das die einzelnen Stellen eingegliedert werden. Die Regelung derartiger Weisungsbeziehungen gehört ebenfalls zur Aufbauorganisation.
Abb. 1.02: Einfaches Leitungssystem
Um ihre Aufgaben erledigen zu können, benötigen die Mitarbeiter Informationen. Der für die Auftragsbearbeitung zuständige Sachbearbeiter braucht Informationen über Bestände („Kann überhaupt geliefert werden?“), Preise, Rabattstaffeln, Zahlungsverhalten und Bonität des Kunden etc. Wenn also jemandem eine Aufgabe übertragen wird, müssen ihm auch die relevanten Informationen zur Verfügung gestellt werden. Damit zählt auch die Bereitstellung von Informationen bzw. die Regelung, auf welche Informationen jemand zugreifen darf, inwieweit externe Informationsquellen etwa über das Internet genutzt werden sollen oder dürfen, zur Aufbauorganisation. Diese Sachverhalte werden in einem sogenannten Informationssystem geregelt. Darauf wird hier nicht näher eingegangen, da die heutigen Informationssysteme in Projekten der IT gestaltet werden. Aufbauorganisatorisch werden dann nur noch die Rechte und Pflichten vergeben, d. h. wer Zugriffsberechtigung zu bestimmten Informationen hat, wer sie verändern darf und wer Informationen erfassen und pflegen muss.
Neben dem Abruf bzw. der Eingabe von Informationen in ein IT-System sind auch die Wege zum Transport von Informationen zu regeln, die auch als Kommunikationswege bezeichnet werden. Die Regelung der Transportwege kann gedanklich von den Regelungen des Informationssystems getrennt werden und wird in der Praxis meistens auch von unterschiedlichen Spezialisten (z. B. Netzwerkadministrator) bearbeitet.
Neben den Kommunikationswegen für Daten gibt es auch noch Wege für Sprache, Texte und Bilder. Dabei ist nicht nur an technische Einrichtungen wie z. B. Leitungen, Netzwerke, Telefonkonferenzen oder die netzbasierte Kommunikation zu denken, sondern auch an den physischen Transport von Briefen, Listen, Berichten etc. wie auch an persönliche Treffen zum Informationsaustausch wie Sitzungen, Meetings, Workshops, Konferenzen usw. Auch das sind Einrichtungen zur Kommunikation. Die Einrichtung dieser Wege zum Transport von Informationen ist ebenfalls Bestandteil der Aufbauorganisation. Die Regelungen und die zugehörige Infrastruktur werden als Kommunikationssystem bezeichnet. Auch diese Thematik soll hier nicht vertieft werden.
Jeder Mitarbeiter benötigt einen Arbeitsplatz, der mit Sachmitteln auszustatten ist. Andere Sachmittel werden zentral bereitgestellt, wie z. B. Kopierer, Transportmittel usw. Welche Sachmittel benötigt werden, hängt unmittelbar ab von den zu erfüllenden Aufgaben. Dieser Sachmitteleinsatz wird ebenfalls zur Aufbauorganisation gerechnet. Da es sich dabei um ein Spezialgebiet handelt, soll hier nur darauf hingewiesen werden, dass zu einer vollständigen Aufbauorganisation auch diese Sachverhalte geregelt werden müssen.
Informations-, Kommunikations- und Sachmittelsystem sollen hier unter dem Begriff „Unterstützende Systeme“ zusammengefasst werden.
Zur Aufbauorganisation gehören somit Regelungen über:
die Zuordnung von Aufgaben (Stellen-/Rollenbildung)
hierarchische und hierarchiearme Organisationsmodelle
unterstützende Systeme
- Informationssystem
- Kommunikationssystem
- Sachmittelsystem.
Hier wird von folgender Definition der Aufbauorganisation ausgegangen:
Die Aufbauorganisation beinhaltet Regelungen zur Zuordnung von Aufgaben auf Stellen, zur Bildung von Rollen, zur Verknüpfung von Stellen durch hierarchische Beziehungen oder durch andere Koordinationsregeln, zur Bereitstellung von Informationen und Kommunikationswegen sowie zur Auswahl und zum Einsatz von Sachmitteln. Dabei wird die Unternehmung im Ruhezustand betrachtet – logische, zeitliche, mengenmäßige und räumliche Folgebeziehungen werden der Prozessorganisation zugeordnet.