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WOHNUNGEN

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Ich sitze in meiner “Ehewohnung“ und stelle fest, ich muss hier raus. Die Wohnung kratzt mich, kann hier nicht mehr richtig atmen. Harald kommt. Diesmal haben ihn meine Nachbarn gesehen. Wir haben immer ein freundliches Wort, zumindest einen Gruß zu sagen. Heute winken wir uns nur zu.

Er hat Sangria, Brot, Käse und Früchte dabei. Heute ist mit uns Beiden nichts los. Es sieht so aus, als haben wir riesigen Ärger zu verdauen. Wir diskutieren nicht darüber. Unsere Romanze ist bis jetzt über jeden Ärger hinweg geflogen. Einfach schweigen dabei eine Kleinigkeit essen und trinken und nicht alleine sein, dass hilft schon. Jeder weiß vom anderen, dass er für ihn da ist. Sollte sich das Bedürfnis zum Reden ergeben, besprechen wir ernsthaft anstehende Probleme.

Ich möchte ihn etwas ablenken und erzähle, dass mein Sohn in diesem Monat kirchlich heiratet. Auch damit er weiß, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Lange bleibt er heute nicht, beide sind wir müde und abgearbeitet. Er verabschiedet sich mit einem einsamen Lächeln. Unten am Auto, wirft er mir einen Kuss zu.

DIE NEUE WOHNUNG ist ruck-zuck gemietet. In ihr beginnt mein neues Leben. Hoch oben, Sonnenseite, Balkon wie ein Adlernest, nicht einsehbar. Neue Nachbarn die nichts von mir wissen. Schöne, kleinere Wohnung, hell. Mein Sohn und seine Freunde bauen und hämmern ohne Unterlass. Es ist eine Riesenfreude mit meinem Sohn Klaus. Mein anderer Sohn kann beruflich nicht helfen und mein Schwertträger ist schon die sechste Woche auf Tournee. Nachts, zwei Uhr, ruft er meistens an. Er erkundigt sich nach mir, meiner Arbeit, dem Umzug und ob ich noch weiß, wie er küsst.

Ich blühe so richtig auf. Es ist tatsächlich ein anderes Leben in dieser neuen Wohnung. Ich habe mir auch ein neues Schlafzimmer geleistet und das “Alte“ verkauft. Meine Kundschaft stellt verwundert fest „ja werden sie immer jünger?“

Zwischen mir und Harald ist Liebe im Spiel. Wir harmonieren. Während ich arbeiten muss, regelt er vieles für mich. Wenn wir es gemeinsam tun, küssen wir uns immer wieder und sind ganz einfach miteinander glücklich. Heute hat er mich nicht angetroffen. Er steckt einen Hochglanz-Prospekt in meinen Briefkasten. „Mon Amour, Gudi “ steht groß vorn drauf.

Ich war beim Friseur und mit Freundinnen Eis essen, also wirklich nicht erreichbar. Ich koche frischen Kaffee für mich und besehe mir das Prospekt genau.

Schmuckpräsentation: Strand, Sommerwind, bildschöne Models mit Goldketten geschmückt, mit schwarzen Perlen, Ringen und funkelnden Brillis auf der Haut. Prachtvolles Gold ziert strahlende Edelsteine.

Und da -- verwegen blickend, geschminkte Augen, weißer Anzug, weiße Weste, Sonnenbrille -- Harald. Weit runter geöffnet sein Hemd. Auch um seinen Hals eine massive Goldkette.

„Das ist also seine Arbeit in Frankreich“ kommentiere ich das was ich sehe.

Ich sehe weiter Hotelboys in Livree im Hintergrund. Wehende, weiße Stoffe, Liegen mit dicken Polster-Auflagen, lange Mädchenbeine. Harald präsentiert dazu eine Rolex-Uhr. Alles super gestylt. Wortlos sehe ich immer wieder dieses Prospekt an. Es zeigt eine andere Welt, zu der ich keinen Zugang habe.

Harald

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