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ALLEINE IM SCHLECKERLADEN

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Ich kann die Verkaufslisten der Wochenangebote, nur allein im Laden, nicht bearbeiten. Ständig ruft jemand zur Kasse oder will bedient werden. Unsere Filialleiterin, die leitende Kraft, fällt schon länger wegen Krankheit aus. Alle Kraft und Freundlichkeit gilt der Kundschaft. Aber dann kommt doch die Stunde, wo man aufs WC muss. Also Bürotür verschließen, schnell die Kellertreppe runter, aufs WC. Kommt man wieder zurück, ist gerade jetzt der Laden voll. „Wir haben sie gerufen, wo stecken sie denn?“ Da das Ladenlokal durchgehend geöffnet hat, ist das mit den Pausen eine Unmöglichkeit. Stecke ich mir was in den Mund, ist die nächste Frage der Kunden „ja haben sie denn nicht in der Pause gegessen?“ Oder, „sie essen wohl gerne?“ Die Bezirksleitung hat eine Antwort für den WC Besuch. „Schließen sie den Laden, hängen sie einen Zettel an die Tür!“ Das geht aber nur, wenn keiner mehr im Laden ist. Kaum praktizierbar. Für Pausen gilt das nicht.

Terminarbeiten stehen täglich an. Warenlieferungen müssen peinlich genau verglichen, die Angebote der nächsten Woche erarbeitet und bestellt werden. Ein Kunststück, wenn man hinten im Lager zählen und vorne im Laden, kassieren muss. Ich habe dazu meine eigene Interpretation. Nämlich hinten kochen und vorne servieren.

Also, der rote Stift zeigt den Lagerbestand, der blaue Stift den Abverkauf aus alten Daten. Daraus resultiert die Neubestellung, grün. Möglichst genau ist das Kunden-Kaufverhalten einzuschätzen.

Wird ein Artikel nur mäßig verkauft, erhöht dieser den Waren-Ist-Bestand der Filiale, was wiederum Handlungsbedarf nach sich zieht. Hypersuper, einfach und prima außerhalb der Ladenöffnungszeiten zu erstellen. Dann die Verfall-Daten-Kontrolle. Putzen der Regale, des Ladens. Die Gestaltung der Verkaufsschütten, Schreibarbeiten. Kommt die Bezirksleitung, heißt das nichts Gutes. Verkaufs-und Umsatzdaten nicht erfüllt. Regale nicht richtig ordentlich, Waren nicht vollständig vorgezogen, womöglich noch eine Kassendifferenz, das geht überhaupt nicht. Lieferdaten, Ladengestaltung, Präsentationen, Sonderverkäufe, Kasse, sind tägliche Arbeiten.

Die Durchsetzung der Personalwünsche ist ein Brocken für sich. „Ja andere Ladenleitungen schaffen das spielend, sind sie vielleicht nicht geeignet oder gar zu alt für diese Arbeit? Wir können sie auch, wenn sie meinen das nicht bewältigen zu können, in einen anderen Laden stecken. Vielleicht nach Dortmund oder Gelsenkirchen?“ Keinerlei anerkennendes, positives Wort. Im Gegenteil, immer auf den Kopf drauf. Ich habe es dennoch geschafft, zwei fest angestellte Halbtagskräfte und eine Packerin für den Warenliefertag, durchzusetzen. Nach Feierabend ist so manche Überstunde, natürlich ohne Bezahlung, angesagt.

In meiner Wohnung am Abend ist um uns herum arbeitssame Stille. Harald lernt für seine Bühnenshow, ich rechne.

Es ist die Musik aus dem Radio leise zu hören. Ich merke er möchte etwas sagen. Hebe natürlich meinen Kopf und sehe ihn erwartungsvoll an.

„Wie weit bist du, kannst du eventuell damit aufhören? hörst du? ...Beethovens Klavierkonzert Nr. 5. Zu dem Adagio, was gleich erklingen wird, tanze ich eine Choreographie. Zwar schon lange her, denke aber das klappt noch.“

„Wie ? Du möchtest jetzt hier bei mir Ballett-tanzen?“ „Ja“

Er schiebt schnell den Wohnzimmer-Tisch und Sessel zur Seite, zieht Hose und Socken aus und beginnt hingebungsvoll zu tanzen. Ich kann es sehen, wann er seine Ballerina drehen muss, er sie hebt. Kann erahnen, wenn er sie beugt. Ihm zuzusehen, ist eine Augenweide. Und dann diese großartige Musik! Wie zart und doch kraftvoll er sich bewegt. Phantastisch! Das Adagio ist zeitlich kurz. Noch bevor es zum Ende kommt, habe ich Tränen der Rührung in den Augen. Er setzt zu jedem Ton noch einen Schritt, anmutig, graziös! Er bekommt von mir lautstarken Beifall, klatsche gerührt in die Hände. „Harald, das hat mir sehr gefallen! was kannst du denn bloß noch alles? Wau! das war sehr schön!“

Er hat für den Abend eine Platte mit Meeresfrüchten erstellen lassen. Ich klappe meinen Büro-Kram zusammen. Er holt die Delikatessen aus dem Kühlschrank, Brot und noch Gewürzgurken dazu. Wir machen es uns bei Slibowitz und Pils gemütlich. „Du mein Schwarm aller Frauen, das Leben mit dir gefällt mir!“

Harald

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