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3. Kritische Betrachtung der Krisenursachenforschung
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Krisenursachen sind komplex. Erst das Zusammenwirken vielfältiger Ursachen führt in der Regel zu einer Krise (Multikausalität). Das Zusammenwirken vollzieht sich oft in mehrstufigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen (Mehrstufigkeit). Die Ursachen können zudem im Unternehmen und/oder außerhalb des Unternehmens liegen (Multilokalität).
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Dies hat zur Folge, dass auch die empirische Bestimmung von Krisenursachen sehr komplex ist. Oftmals werden Sachverhalte als Krisenursachen benannt, die bei genauerer Betrachtung Krisensymptome sind. Die tatsächlichen, originären Krisenursachen bleiben nicht selten unerkannt. Einige der Merkmale eines Unternehmens in der Krise, die in den umfangreichen in der Literatur zu findenden Listen von Krisenursachen aufgeführt werden[42], sind häufig eher Begleiterscheinungen einer Unternehmenskrise (Symptome) als tatsächliche Ursachen einer Unternehmenskrise.
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In der Literatur findet man neben den empirischen Untersuchungen von Krisenursachen auch zahlreiche theoretische Konzepte von Unternehmenskrisen.[43] Diese Konzepte beschäftigen sich mit den Ursachen, dem Verlauf und dem Ausgang von Unternehmenskrisen. Die unterschiedlichen Konzepte konzentrieren sich jeweils auf die Wirkungsweise einzelner ausgewählter Ursachen. Die in diesen Ansätzen durch die Auswahl von Krisenursachen fokussierte Betrachtungsweise reduziert die reale Komplexität, da sich die Vielfalt der empirisch festzustellenden Ursachen nicht beurteilen/analysieren lässt. Deshalb kann ein Ursache-Wirkungs-Modell der Unternehmenskrise immer nur eine vereinfachende Abbildung der Realität sein. Kein Modell kann sämtliche Krisenursachen erfassen und miteinander verbinden.[44]
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Auflistungen von retrospektiv erkannten Krisenursachen sind aufgrund der Vielfalt der Ursachen unübersichtlich und wenig hilfreich. Unternehmensleiter können hieraus keine konkreten Hinweise für ein proaktives Krisenmanagement ziehen. Typologien von Unternehmenskrisen könnten diesbezüglich Abhilfe schaffen. Solche Typologien können die Unternehmensleiter zumindest für verschiedene Typen krisenverursachender Sachverhalte sensibilisieren.
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Eine besondere Rolle unter den Krisenursachen nehmen Fehler in der Unternehmensführung und finanzwirtschaftliche Ursachen ein. Führungsfehler verschärfen indirekt andere Krisenursachen und können also sowohl selbst Krisenursache als auch Katalysator anderer Krisenursachen sein.[45] Managementfehler werden bei Befragungen am häufigsten als Krisenursache genannt.[46] Tatsächlich lassen sich letztlich alle Fehlentwicklungen im Unternehmen auf Managementfehler zurückführen. Finanzwirtschaftliche Ursachen wirken sich für ein Unternehmen besonders gravierend aus. Beispielsweise können Zahlungsausfälle von Schuldnern unmittelbar zur Zahlungsunfähigkeit des Gläubigerunternehmens führen. Allerdings haben auch finanzwirtschaftliche Probleme häufig Managementfehler als Ursachen und sind nicht die eigentliche Ursache für die Krise, wenn beispielsweise ein Kredit an einen Kunden, d.h. eine große Lieferung auf Rechnung vom Management akzeptiert wurde, der Kunde aber zahlungsunfähig ist, wie das Management zu spät feststellt.
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Unternehmenskrisen können vermieden werden, sofern die potenzielle Krise frühzeitig erkannt wird und der Unternehmensleitung ein möglichst großer Handlungsspielraum sowie ein möglichst großer Zeitrahmen verbleiben, um die Krise abzumildern bzw. vollständig abzuwehren (vgl. Rn. 17). Voraussetzung hierfür ist, dass existenzgefährdende Tendenzen frühzeitig erkannt werden. Im Folgenden werden Instrumente beschrieben, die eine Krisenfrüherkennung erlauben.