Читать книгу Maud und Aud - Gunstein Bakke - Страница 10

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DIE STRASSE WÄCHST, DIE STRASSE WEITET SICH und geht dabei in die Kurve, Jon Berre atmet: Der Atem ist in ihm, der Atem ist ein Körper im Körper, der Atem atmet. Jon Berre öffnet die Augen und starrt auf den Felsen, durch Glas, aber dort, im Scheibenglas, hängen Ruths Augen, in der Brille. Im Glas im Glas. Sie schaut auf denselben Felsen wie er, er sucht ihren Blick, sie kann den seinen nicht suchen. Der Stein ist hermetisch, grauweiß, knotig. Die Frontscheibe und die Brille wollen der Straße dahin folgen, wo sie sich weitet, da wird die Sicht versperrt und die Straße kippt. Glas splittert. Das Blut zirkuliert außerhalb des Körpers. Jemand schreit, grübelnd, quasi so, als wollte er sich selbst an das Schreien erinnern. Nein, wie ein Kind schreit, wenn es nicht mehr weiß, was es sonst tun kann, wenn der Schmerz abgeklungen ist. Das Blut schlängelt achtlos dahin und ist aus ihm hinausgewachsen, deutlich sieht er die Arterien, unter denen er wie eine Ausbeulung hängt. Eine Hand streckt sich aus seinem Bauch und hält etwas Davongleitendes; es schlägt mit einer Schwanzflosse, als es verschwindet. Er kann vermutlich sehen und hören, wagt aber nicht mehr, sicher zu sein und zwingt die Augen, die Augen zu öffnen, die Ohren, die Ohren zu öffnen: Das Zimmer, in dem er liegt, löst sich auf und ein anderes erscheint, auch hier liegt er, aber der eintönige Schrei kommt aus einem anderen Raum. Er öffnet den Mund, schreit und hört nichts. Vielleicht hat er gar nichts geöffnet und hat das gehört. Dass er nicht an denselben Stellen anfängt und aufhört wie früher, versteht sich, ein äußerer Kreislauf hat sich an seinen gekoppelt, mit all diesem Blut, Plasmadepot in Plastikdämmen, Ruths Blick sitzt in jeder Glasscherbe und fixiert weiterhin den Stein. Die Scherben zirkulieren mit dem Blut, leiten ihren Blick durch ihn. Das Blut fühlt sich hart an, als wäre es dabei, sich in einem gesprengten Adernetz festzufahren. Immer wieder will er das Steuer an sich und die Schläuche, die ihm den scharfen Saft einführen, wegreißen, bekommt sie aber nicht zu fassen. Sie geben ihm eine weitere Spritze und sagen, er müsse zu seinem eigenen Besten Bettruhe halten. Ohne dieses Außerkörperliche könne er jetzt keinesfalls sein.

Maud und Aud

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