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PROLOG

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Johannes, den man den Täufer nannte, trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine dürren Hüften. Als Maria ihn im seichten Flussbett des Jordans stehen sah, hätte sie am liebsten kehrtgemacht. Doch wen hatte sie erwartet? Einen Mann in vornehmer Kleidung? Die Menschen hielten ihn für einen Propheten, einige sogar für den Messias. Also stellte sich Maria in die Reihe derer, die gekommen waren, um sich von Johannes taufen zu lassen zur Vergebung ihrer Sünden.

Als sie ihn predigen hörte, begriff sie, dass er in der Tat ein besonderer Mensch war. Johannes sprach vom Nahen des Gottesreiches, seine Stimme bebte, als spräche er im Zorn. „Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt!“, rief er. „Und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Gott kann auch aus Steinen Kinder Abrahams machen!“

Nicht alle waren gekommen, um sich taufen zu lassen. Maria bemerkte eine Abordnung von Priestern aus Jerusalem, die abseits standen. Schließlich trat einer von ihnen hervor und wandte sich direkt an den Täufer. „Sag es uns frei und offen, Johannes, Sohn des Zacharias: Bist du der Messias?“

Ruhig begegnete der Täufer dem lauernden Blick des Fragestellers. „Nein, ich bin es nicht.“

„Wer bist du dann? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben!“

„Ich bin nur eine Stimme in der Wüste. Und diese Stimme ruft unablässig: Bereitet dem Herrn den Weg!“

„So bist du ein Prophet wie Elijah oder Jesaja?“

„Ich bin der, der dem Herrn vorausgeht. Ich taufe mit Wasser. Nach mir kommt einer – und er ist schon mitten unter euch –, der wird euch mit dem Feuer des Heiligen Geistes taufen. Ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen!“

Die Abgesandten zogen sich zur Beratung zurück. Maria fand, dass sie ziemlich ratlos dreinblickten. Aber jetzt war sie an der Reihe, getauft zu werden. Zwei Jünger des Johannes führten sie in den Fluss, bis das Wasser ihr fast zu den Hüften reichte.

Johannes nahm sie in die Arme. „Kehr um, du Tochter Abrahams, denn das Himmelreich ist nahe!“

Sie nahm ihr Kopftuch ab, und dreimal tauchte er sie unter. Als die Jünger sie nach der Zeremonie ans Ufer geleiten wollten, um den nächsten Täufling heranzuführen, fasste sie sich ein Herz und sagte flehend zu Johannes: „Du hast mich getauft, heiliger Mann, doch mein Durst ist nicht gestillt. Die Dämonen sind noch in mir.“

Er sah ihr forschend in die Augen. „Wenn dein Retter dir gegenübersteht“, prophezeite er, „wirst du ihn erkennen, und die Dämonen werden dich auf der Stelle verlassen.“

Das klang wie ein Versprechen. Getröstet machte sich Maria von Magdala wieder auf den Heimweg.

Die neunte Stunde

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