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Der Zug zu den Wenden

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Am Tag nach dem christlichen Osterfest hatten die Kähne, die Samo und seine Männer transportierten, bereits das Maindreieck verlassen und fuhren weiter flussaufwärts durch das Gebiet des Steigerwaldes, der sich südlich des Flusses ausbreitete. Als Antrieb sorgten zum Teil Pferde und Ochsen, die vom Ufer aus, die Kähne mit Seilen zogen und zum Teil die Männer Samos die als Ruderer eingesetzt wurden. Damit die Kähne nicht zu schwer wurden, wurden die Schlachtrösser und die Maulesel von Willibald und seinen Männern an Land hinter den Kähnen hergetrieben.

Sobald eines der Pferde, die zum ziehen der Kähne eingesetzt waren für die Arbeit zu müde wurde, konnte es durch ein Tier aus der Herde mühelos ersetzt werden.

Trotz der Arbeit als Ruderer oder Tiertreiber waren Samos Männer guter Laune, nachdem jeder von ihnen mit den modernsten Waffen und Rüstungen ausgestattet worden war, ein gutes Streitroß und einen guten Sold erhalten hatte. Darüber hinaus waren sie in der Nacht vor ihrem Aufbruch noch einmal in Uburzis' Schenken und Dirnenhäusern eingekehrt um zu tun, wonach ihnen war. Auf den Mainkähnen herrschte nun aber wieder Disziplin, darauf hatte Samo bestanden.

Außer Samo wusste niemand wohin es ging, aber wenn sie bereits am Anfang der Reise so gut behandelt wurden, konnte es ja kaum schlechter werden. Auch wenn Samo die Todesstrafe für diejenigen verhängt hatte, die plündern oder vergewaltigen würden.

Solange genug Arbeit und Nahrung vorhanden war, gab es schlechtere Plätze als in der Karawane des Samo.

Kurz nach dem Zufluss der Regnitz17 verließen sie den Fluss und entließen die Kahnschiffer aus ihren Diensten. Die „Waren“ wurden auf die Maultiere umgeladen und die Kahnschiffer machten sich schleunigst auf den Heimweg.

Samo und seine Männer zogen jedoch weiter den Fluss entlang nach Osten. Bald würden sie die Ostgrenze Austrasiens überschreiten und ins Gebiet der Slawen und Awaren vordringen.

Die Unruhe stieg unter den Männern und Samo wusste, dass er ihnen jetzt reinen Wein einschenken musste, sonst hätte er eine Meuterei zu fürchten.

Etwa eine Tagesreise von der Regnitz entfernt kamen sie an eine Lichtung. Die Männer errichteten ihr Lager und Samo gab bekannt, dass er ihnen heute sagen werde, was sie eigentlich vorhatten.

Eine unheimliche Stille machte sich unter den Männern breit. „Was hatte ihr Anführer vor?“ „Weshalb waren sie so weit nach Osten gefahren?“ „Transportierten sie wirklich Waffen zu ihren Feinden, obwohl das verboten war?“ Diese Fragen machten sich im Lager breit.

Als das Lager fertig aufgebaut war, stellte sich ihr Anführer auf einen kleinen Felsen und erhob die Stimme:

„Männer! Ihr seid mir bis hierher gefolgt und ward mir bisher treu ergeben. Dafür danke ich Euch!“

Gemurmel war zu hören.

„Was ich Euch jetzt sage, muss unter uns bleiben. Wir werden morgen weiterreisen, wer von Euch mitkommen will, soll willkommen sein. Wer von Euch wieder nach Hause will, soll dies jetzt sofort tun und wir werden ihm deshalb nicht böse sein. Aber ich kann denjenigen, die nach Hause wollen nicht mitteilen was wir weiter vorhaben. Ihr geht Euren Weg und wir werden den unsrigen gehen.“

Das Gemurmel wurde lauter.

„Denjenigen unter Euch, die mit mir gehen wollen, kann ich keinerlei Versprechungen machen. Es kann sein, dass uns große Reichtümer erwarten, es kann aber auch unser Ende bedeuten. Gibt es also jemanden unter Euch, der wieder nach Hause will? Dann trete er jetzt vor!“

Die Männer unterhielten sich, Samo wartete ab, aber keiner trat nach vorne.

„Ihr geht also alle mit mir?“

„Ja, aber jetzt sag uns endlich wie es weitergeht!“ riefen die Leute.

„Nun denn, wir führen einen geheimen Auftrag des Königs Chlothar aus. Wir transportieren Waffen und Rüstungen zu den Slawen, um mit ihnen gegen die Awaren zu kämpfen. Alles was wir dabei erbeuten oder erobern, wird uns und den Slawen gehören. Dies wurde mir vom König, dessen Sohn und seinem Hausmeier so versichert. Die Waffen hat der König herstellen lassen und Ihr erhaltet Euren Sold von mir. Jede Vereinbarung, die ich mit den Slawen treffe, gilt auch für Euch. Zieht Ihr immer noch mit mir weiter?“

„Ja!“ erscholl es von den Männern, die nun endlich wussten worum es ging. Im Zweifelsfall würde Samo sich leicht aus dem Weg räumen lassen, aber jetzt konnten sie erst einmal mit ihm auf Beutezug gehen – so dachte zumindest der eine oder andere von ihnen.

Samo war erleichtert, denn wenn einer jetzt nach Hause gegangen wäre, hätte er ihm die Kehle durchschneiden müssen.

+++

Am Abend saßen die Männer um ihre Lagerfeuer, um Samo hatten sich die Gruppenführer und Ladislaus versammelt um zu erfahren, wie es nun genau weitergehen sollte.

Samo erklärte, dass sie in drei oder vier Tagen die Burg des Wendenführers Wogast erreichen würden, von dort aus würden sie, im Geheimen, Kontakt zu den anderen Slawenstämmen aufnehmen, um so, nach und nach, zum Zusammenfluss von Donau und March vorzustoßen. Dort existiert noch ein altes, römisches Kastell das die Awaren besetzt hielten. Und er wollte spätestens im Winter mit dem Krieg gegen die Awaren beginnen.

Die Slawen sollten dabei ihre Höfe und Dörfer zu kleinen Burgen umbauen, damit die Awaren, sollten sie diese Dörfer angreifen, in kleinere Gruppen aufgesplittert würden und leichter geschlagen werden konnten. Ein direktes Gefecht gegen die awarischen Panzerreiter würde mit der momentanen Ausrüstung und Mannschaftsstärke in einem Debakel enden.

Die Slawen die in der Nähe der Marchmündung wohnten, hatten sehr unter den Awaren zu leiden, aber in der hiesigen Gegend war es auch nicht viel besser. Die Awaren kamen jeweils um zu „überwintern“, verdrängten die Männer aus ihren Häusern und machten sich über die Frauen her. Die Kinder, sowohl Söhne als auch Töchter, die aus diesen „Verbindungen“ entstanden, mussten dann aber, mit geringerer Ausrüstung, in den vordersten Reihen des awarischen Heeres kämpfen.

„Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich unsere Männer in keinster Weise irgendeine Verfehlung gegenüber den slawischen Frauen erlauben. Damit wisst Ihr auch, weshalb ich die Todesstrafe auf Plünderung und Vergewaltigung verhängt habe.“ erklärte Samo weiter.

„Es wird in den nächsten Wochen und Monaten sehr auf unsere Kundschafter und Jäger ankommen, denn die Awaren dürfen auf keinen Fall mitbekommen was wir im Gebiet der Bojer und im Gebiet der March treiben“, sagte er weiter zu Arnulf dem Chef der Kundschafter gerichtet. „Sollte in der nächsten Zeit ein Aware in unsere Hände fallen, werden wir kurzen Prozess mit ihm machen. Ausnahmen gibt es allenfalls bei Angehörigen des Großkahns, da wir für diese natürlich ein Lösegeld verlangen können – aber das auch erst nachdem der Krieg bereits im Gange ist. Sonst ist der Überraschungsmoment vorbei und auf den wird es ankommen.“

Damit beendete Samo seine Erklärungen.

„Nachdem Du jetzt schon so freimütig am Erzählen bist“, hackte nun Kunibert, der Schmied, nach.

„Was hatte es eigentlich mit dieser Notburga und Deiner Hochzeit auf sich?“

„Das ist schnell erklärt. Notburga ist die einjährige Tochter Dagoberts, die ich hätte heiraten sollen, wäre es nach ihm gegangen.“

Kunibert schüttelte den Kopf.

„Ihre Mutter Hildegunde, mit der ich geredet habe, hätte das Kind und sich selbst umgebracht, wäre es zu einer tatsächlichen Hochzeitsnacht gekommen.“

Samo erklärte weiter, während Kunibert alleine die Vorstellung an eine Hochzeit mir einem Kind ekelte.

„Außerdem, was soll ich hier auf einem Kriegszug mit so einem Mädchen und ihrer Mutter anfangen? Deshalb habe ich sie vor der Hochzeit aus ihrer Kammer in der Burg von Uburzis geholt und zu Benno auf ein Pferd gesetzt. Bei Benno war sowieso klar, dass er uns nicht begleiten und zu seiner Frau zurückkehren würde. Es gibt da eine versteckte Höhle am Neckar, die jetzt von einer zwanzigjährigen Frau und deren einjähriger Tochter bewohnt wird“, beendete Samo seinen Bericht.

„Ich finde Du hättest die Hochzeitsnacht mit der Mutter verbringen und sie dann zum König zurückschicken sollen. Hattest Du seit dem Tod Deiner Frau denn dieses Vergnügen mal wieder?“ fragte Kunibert direkt nach.

„Nein, ich hatte keine Zeit dazu.“ musste Samo zugeben.

Kunibert lachte laut auf: „Das war ein Fehler!“

„Du hast es ja in Uburzis auch ziemlich krachen lassen“, konterte nun Gumbert.

„Ja, wer kann der kann!“ lobte sich Kunibert selbst.

So verlief das Gespräch nun in privaten Bahnen, während Samo sich zu den letzten Worten Kuniberts seine Gedanken machte. „Was sprach eigentlich dagegen, wenn sie alle – also auch er selbst – sich jeweils ein Weib nehmen würden?“

Aber noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, verwarf er ihn auch wieder – vorläufig waren sie im Krieg und hatten keine Zeit für Frauen.

+++

Am nächsten Morgen wurde Alarm gegeben. Fünf Männer waren verschwunden. Ein Schwertkämpfer der Wache hatte, zwei der Mauleseltreiber und zwei Axtkämpfer.

Das Lager wurde rasch abgebrochen und die Maulesel wieder beladen.

Die Arbeiten waren gerade erledigt, als einer der Kundschafter herbeieilte und berichtete, dass er den Schwertkämpfer auf dem halben Weg zum Main gefunden habe, mit durchschnittener Kehle.

Die anderen vier hatten sich offenbar zurück ins Frankenreich begeben.

Samo wollte ihnen am liebsten nachreiten und sie selbst umbringen, aber damit wäre die ganze Sache zum Scheitern verurteilt gewesen. Sie mussten in ein paar Tagen bei Wogast sein, der – das wusste er von Ladislaus – zu einem Treffen der slawischen Stammeshäuptlinge reisen würde, das zur Sommersonnenwende stattfinden sollte. Wo dieses Treffen stattfinden würde, war wegen der Awaren geheim. Also machten sie sich auf den Weg durch den bojerischen Wald18 und das dortige Gebirge zum Fluss Eger und von dort weiter an die Flüsse Dolánecký und Kyselý, an denen die Burg des Fürsten Wogast lag.

Durch die Eile gedrängt, aber durch schlechtes Wetter behindert, gelangten sie erst nach fünf Tagen dort an.

Samo

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