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Der Anführer der Slawen

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Die „Burg“ des Wendenführers Wogast lag auf einem Hügel19 , in der Nähe der Bäche Dolánecký und Kyselý und bestand im wesentlichen aus fünf Bauernhöfen, die durch einen Wall umfriedet waren. Der Wall war aus Balken und Baumstämmen gefügt, die dicht nebeneinander in den Boden gerammt wurden. Im Abstand von etwa zwei Schritten dahinter waren weitere Baumstämme in den Erdboden getrieben und die sich dadurch ergebende Lücke war mit Erde und Sand gefüllt worden. Da die vorderen Baumstämme etwas höher aus der Erde ragten als die hinteren, dienten die vorderen Baumstämme als Schutz für die Bogenschützen, die im Fall eines Angriffs bereit standen.

Am nordwestlichen Ende des Hügels fiel dieser steil ab und von dem Turm, der hier errichtet worden war, um als letzte Verteidigung zu dienen, hatte man einen guten Ausblick auf die umgebenden Wälder, Wiesen und Felder. Zur südöstlichen Seite hin, waren im Vorfeld der Burg weitere Türme errichtet worden, von denen die Angreifer, die von dieser Seite her kamen leicht unter Beschuss genommen werden konnten.

Das Tor, war eigentlich eher ein Durchlass zwischen den Wällen, der lediglich den Platz bot, um einen großen Ochsenkarren hindurch zu lassen, so dass er leicht von wenigen Männern verteidigt werden konnte.

Durch den beschriebenen Aufbau des Walls, war eine Ramme so gut wie unbrauchbar, da jeder Stoß gegen den Wall sofort von der Ramme zurückgegeben wurde und der Wall keinen Schaden nehmen konnte. Da dieser Wall noch mit Lehm bestrichen worden war, konnte sich ein Brand fast nicht ausbreiten.

Durch die Ausdehnung der gesamten Anlage konnten dort etwa tausend Männer, Frauen und Kinder samt den notwendigen Tieren Platz finden, so dass die Burginsassen gut versorgt werden konnten.

In einem der Bauernhöfe befand sich eine Schmiede, in der alle notwendigen Reparaturen vom Inneren der Burg aus, durchgeführt werden konnten. Durch fünf große Zisternen, wurde die Burg für längere Zeit mit Wasser versorgt, für das der Regen sorgte.

Wollte man von Bojerischen Wald aus nach Osten reisen, musste man an dieser Burg vorbei, deren großer Turm ständig mit einer Wache besetzt war, die sich langweilte, da heute, wie in der ganzen vergangenen Zeit, mal wieder nichts passieren würde.

Doch was war das, der Wachtposten rieb sich die Augen. Sah er richtig? Er kniff sich, um zu prüfen, dass er nicht träumte: Dort unten im Tal zogen etwa hundert Mann, in voller Bewaffnung und einigen, schwer beladenen Mauleseln, auf dem direkten Weg zu ihrer Burg. Hatten die Kundschafter geschlafen? Wie konnte ihnen diese Menschenmenge entgangen sein?

Er fluchte und gab Alarm.

Schnell waren die Zinnen besetzt und ihr Anführer Wogast erschien auf dem Aussichtsturm.

„Was ist los?“ polterte er los. „Weshalb gibst Du Alarm?“

„Siehst Du die voll bewaffneten Männer da unten im Tal, Herr?“ fragte der Wachtposten zurück.

„Ist in Ordnung. Warten wir ab, was sie wollen.“ knurrte ihn Wogast an. „Vielleicht kommen sie ja in friedlicher Absicht zu uns.“

„Wenn Ihr meint Herr.“ aber so ruhig wie sein Herr war der Wächter nicht.

Durch den Alarm war die restliche Burgbesatzung jedenfalls auf jeden Angriff vorbereitet, der sofort zurückgeschlagen werden konnte.

Als die Karawane zwei Pfeillängen von der Burg entfernt war, lösten sich zwei Reiter aus ihren Reihen, ritten auf die Burg zu und hielten vor dem Tor.

„Hier ist Ladislaus in Begleitung des Samo und seiner Männer“, rief der Jüngere der beiden. „Wir wollen Euren Anführer Wogast sprechen.“

„Und hier ist Wogast“, meldete sich dieser. „Woher kommt Ihr und was wollt Ihr besprechen?“

„Hallo Onkel“, sprach nun Ladislaus etwas geselliger. „Schöne Grüße von Deinem Vater!“

Eine kleine Türe, die in das große Tor eingelassen war, wurde geöffnet.

„Hallo Du kleiner Spitzbub, sag doch gleich, dass Du es bist. Aber seit wann kommst Du mit Kriegern in unser Land?“

Wogast ging den beiden Reitern, die mittlerweile abgestiegen waren, freudestrahlend und mit weit geöffneten Armen entgegen.

„Seit es den fränkischen Königen Chlothar und Dagobert eingefallen ist, dass die Awaren schon durch die Slawen aufgehalten werden könnten, anstatt bis ins fränkische Reich einzufallen“, antwortete nun Samo.

„Ich bin Samo und habe mit Euch und den anderen Stammesführern zu reden. Nehmt meine Vorschläge an und Ihr werdet die Herrschaft der Awaren ein für alle Mal los sein.“

„Das wäre für uns ein Segen, solange sich dann nicht die fränkischen Könige als unsere Herren aufspielen“, Wogast schaute Samo neugierig an. „Aber wie wollt Ihr das mit den paar Männern schaffen?“

„Wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich Euch das gern dort erklären, wo uns nicht so viele Ohren hören können. Bestimmte Zusagen seitens der Franken habe ich!“

„Ja, kommt rein. Es gibt hier zwar keine awarischen Kundschafter, aber drinnen ist es gemütlicher.“

Nun wurde auch das große Tor geöffnet und die „Streitmacht des Samo“ wurde in die Burg eingelassen.

+++

Einige Tage später, nachdem sich Wogast den Plan Samos genau hatte erklären lassen und darüber nachgedacht hatte, verließ frühmorgens eine Reisegruppe die Burg und es wurden die Kundschafter ausgeschickt.

Sie sollten vor allem in südlicher und östlicher Richtung herausbekommen, wo derzeit awarische Truppen zu finden waren und dies an die Burgbesatzung des Fürsten Wogast weitergeben. Von dort startete dann ein slawischer Bote, um die Reisegruppe des Fürsten zu unterrichten.

Die Reisegruppe bestand aus Wogast und seiner Familie, die offiziell Verwandte im südlichen Raum der Bojer besuchten, Ladislaus, der ja zur Familie gehörte und schließlich Samo und Kunibert, die offiziell fränkische Kaufleute bzw. Handwerker waren und neue Lieferanten für „Metalle alle Art“ suchten.

Als Eskorte – insbesondere zum Schutz seiner Familie – hatte Wogast zwanzig Männer aus seiner Burgbesatzung mitgenommen, die durch Samos Leute in der Burg mehr als ersetzt worden waren.

Die Maulesel mit den Waffen und Rüstungen wurden in der Burg versteckt und die Männer, die mit Samo gekommen waren, kleideten sich wie Slawen um nicht weiter aufzufallen. Bei dieser Gelegenheit sollten sie die einheimischen Dialekte so schnell wie möglich lernen. Etwas anderes blieb auch Samo nicht übrig, der zwar das Meiste was Wogast und seine Begleiter sagten verstand, aber hin und wieder Ladislaus als Übersetzer brauchte.

Zwei Tage vor Mittsommer erreichten sie, an einem kahlen Berg gelegen, die Mündung des Flusses Bistritza in die March. In diesem Gebiet lebte der Stamm der Hana, nach denen das Flüsschen Hanna benannt ist und deren Burg am Zusammenfluss der Hanna und der March lag. Jedoch konnte das Treffen der Stammesoberen unmöglich dort stattfinden, da die Kundschafter der Awaren überall unterwegs waren und ihnen eine derartige Versammlung sofort verdächtig vorgekommen wäre.

Auf der Lichtung, die sich zwischen den beiden Flüssen befand, standen schon einige Zelte. Die Familienangehörigen, die sich teilweise seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatten, fielen sich in die Arme und berichteten sich die neuesten Neuigkeiten. Wer hatte wen geheiratet? Bei welchem Paar wurde ein Kind geboren? Wer war gestorben?

Und – ach ja, Wogast war in Begleitung von zwei fränkischen Kaufleuten, die auf der Suche nach Metallen waren, hierher gekommen.

Kunibert entdeckte sofort eine Schmiede, die hier eingerichtet worden war um die Hufeisen der Pferde korrigieren zu können und all die Arbeiten auszuführen, die das Reisen in dieser Zeit mit sich brachte.

Es dauerte keine halbe Stunde und er verständigte sich mit seinem Handwerkerkollegen so gut auf slawisch, fränkisch, mit Gesten und Grimassen, als hätten beide nie eine andere Sprache gesprochen.

Samo wurde mit einem Mal – zumindest kam es ihm so vor – von den weiblichen Familienmitgliedern etwas genauer betrachtet, besonders Drahomira, die älteste Tochter des Fürsten Wogast, warf Samo immer wieder Blicke zu, die der nicht ganz zu deuten wusste. Solche Blicke war er bisher nur von seiner verstorbenen Frau Adelgunde gewohnt gewesen, sollte Drahomira etwa Interesse an ihm haben?

Sie war etwas jünger als Samo, sehr hübsch und ebenfalls verwitwet, ihr Mann war kurz nach der Hochzeit von Awaren erschlagen worden. Kinder hatte sie noch keine. Auf der Reise hierher hatten sie sich ein paar Mal flüchtig unterhalten, aber Samo hatte dem keine besondere Bedeutung beigemessen – eigentlich hatte er momentan auch andere Sorgen. Außerdem hatte er noch ein Säckchen mit Haaren, das er um den Hals trug.

Wogast ließ den Gerüchten ihren Lauf, da er sie doch nicht unterbinden konnte. Erst bei der offiziellen Beratung der Fürsten, sollte Samo erklären weswegen er tatsächlich die Reise auf sich genommen hatte.

Er hatte Samo gegenüber jedoch eine Andeutung gemacht, die ihm sehr zu denken gab:

„Die Fürsten trauen sich nicht untereinander. Wenn wir aber das machen sollen, was Du mir erzählt hast, dann brauchen wir eine einheitliche Führung. Stell Dich mal darauf ein, dass Du bald ein paar Frauen zu versorgen hast!“

Was sollte das heißen? Was hatte die Führung einer Heerschar von Männern damit zu tun, dass er plötzlich mehrere Frauen haben würde? Hatte etwa Drahomira mit ihrem Vater über ihn geredet?

Aber weshalb sprach dann Wogast von mehreren Frauen?

+++

Am Tag der Sommersonnenwende versammelten sich um die Mittagszeit die zehn slawischen Stammeshäuptlinge aus den Stämmen der Hana, Dudlebi, Cechy, Mährer, Slowaken, Zlitschanen, Schlonsaken, Opolanen und Wenden unter einer größeren Plane um von der Sonne geschützt zu sein. Mehrere Bänke waren im Kreis aufgestellt worden auf denen die Fürsten Platz nahmen.

Kurze Zeit später wurde Samo dazu gerufen, um seine Vorschläge darzulegen.

Er betrat den Platz unter der Plane und wurde dazu eingeladen sich neben Wogast zu setzen.

Würden sie mit dem einverstanden sein, was er ihnen vorschlug?

Wogast hatte das Wort: „Das ist Samo, der Kaufmann und Anführer einer Schar von Kriegern, von dem ich Euch berichtet habe. Er kam als Unterhändler der Frankenkönige Chlothar und Dagobert zu mir, die uns allen helfen wollen die Awaren aus unseren Ländern zu vertreiben. Samo, erkläre den Häuptlingen der übrigen neun Stämme, was Du mir erzählt hast!“

Samo erhob sich langsam und wollte gerade darlegen, von wem er geschickt wurde und was er geplant hatte, doch ein älterer Fürst, dessen Gesicht vom Wetter gegerbt war sprach laut dazwischen:

„Seit wann brauchen wir Franken, die für uns in den Krieg ziehen? Die Awaren nehmen unsere Frauen und Töchter, zeugen mit ihnen Kinder und schicken unsere Söhne für sich in die Schlacht um für sie zu sterben. Wer sagt uns, dass es die Franken nicht ähnlich halten?“

Samo erwiderte: „Der König Chlothar und sein Sohn Dagobert haben mir zugesichert, dass die Länder, die ich mit Euch von den Awaren befreie, in Eurem Besitz bleiben. Die beiden wollen nur im Gegenzug die Zusicherung, dass Ihr nicht das Reich der Franken überfallt und plündert, anstatt der Awaren.“

Boz, der Anführer der Opolanen erhob sich und erklärte gegen Samo: „Unser geschätzter Freud Vazlav hat wahrscheinlich nur Angst, dass jemand anders als er selbst die Führung über die Slawen übernimmt.“

Der Angesprochene konterte: „Nein, Herr Boz, aber ich lasse mich lieber von einem Awaren in den Krieg führen, als von einem Opolanen!“

Boz setzte trotz seines hohen Alters an, auf Vazlav loszugehen, doch Samo trat dazwischen.

„Hört auf damit!“ brüllte er, „Beide! Genau das ist es doch was die Awaren stark macht! Eure Uneinigkeit. Aber macht so weiter und ich werde mit meinen Männern und Waffen wieder nach Austrien zurückgehen!“

Boz löste sich von Samos Griff, hob abwehrend die Hand und ließ sich zurück auf seinen Platz sinken:

„Schon gut“, sprach er sichtlich beruhigt: „Vielleicht braucht es hier manchmal wirklich einen jungen, kräftigen Mann wie Dich, der uns alten Waschweibern mal vorhält, was aus uns geworden ist.“

Auch Vazlav setzte sich zurück und lächelte: „Nun denn, junger Franke, erkläre uns beiden Hitzköpfen, was Du Dir für uns überlegt hast.“

Samo begann nun in Ruhe zu erklären, dass er von den beiden Königen Chlothar und seinem Sohn Dagobert, ausgesandt worden war um mit den Slawen Krieg gegen die Awaren zu führen. Die beiden Könige hätten ihm genug Waffen und Rüstungen mitgegeben, dass sie eine erste Angriffswelle gegen die Awaren führen könnten, jedoch hätte er selbst nur 100 Männer zur Verfügung, was gegen die awarischen Panzerreiter und die gefürchteten Bogenschützen nicht ausreichend sein würde.

Dann legte er ihnen die Taktik vor, die er bereits seinen Unterführern erklärt hatte.

Als er fertig war fragte der Fürst der Mährer, Vazlav:

„Und wie stellst Du Dir das vor? Die Dörfer meiner Leute in Burgen umbauen – in Ordnung, aber die Awaren sind bessere Krieger als wir und furchtbar grausam. Letzten Winter hat einer meiner Bauern dem Awaren die Kehle durchgeschnitten, der sich an seiner Frau vergangen hat. Dann kamen die Awaren, brannten das ganze Dorf nieder, warfen die Überlebenden in eine Grube und schaufelten diese Grube dann wieder zu. Dreißig Männer, Frauen und Kinder sind qualvoll erstickt.

Den Bauern aber, der es wagte einen Awaren zu töten, haben sie mit Pferden gevierteilt und die Einzelteile rings um das Dorf verteilt – als Warnung für alle, dass ihrer Rache niemand entkommen würde. Meine Leute sind eher Bauern als Krieger – im Gegensatz zu den Awaren! Außerdem haben meine Leute – und vermutlich auch die Leute der anderen Fürsten – keine oder kaum Streitrösser.“

„Jeder, der gegen die Awaren kämpfen will, wird von mir und meinen Leuten mit Waffen und Rüstungen ausgestattet und mit diesen ausgebildet. Die Waffen, die ich mit hierher gebracht habe, sind Euren bisherigen und denen der Awaren überlegen. Außerdem werden wir uns in Euren Dörfern versteckt halten und alle Awaren, die Eure Dörfer betreten, werden von uns niedergemacht und deren Pferde gehören dann uns. Ich habe Botschaften von fünf meiner Kundschafter, die jeweils zwei awarische Kundschafter im Kampf getötet haben“, antwortete ihm Samo.

„Du meinst also, dass Deine Leute bessere Kämpfer sind, als die Awaren?“ forderte ihn Vazlav heraus.

„Nun, dass die Slawen bessere Krieger sind, als die Awaren habt Ihr regelmäßig bewiesen, wenn Ihr für die Awaren in den Krieg gezogen seid. Die Awaren haben Euch nur immer die schlechteren Waffen und keine Rüstungen gegeben, damit Ihr nicht gegen sie aufbegehrt.“ Wich Samo zunächst der Frage aus, bevor er selbstbewusst weitersprach:

„Aber, ja – meine Leute und ich sind die besseren Krieger als die Awaren. Willst Du eine Kostprobe?“

„Ja die will ich. Du kämpfst gegen meinen stärksten Krieger, der hier im Lager anwesend ist. Wenn Du überlebst, will ich dir gerne vertrauen.“

„In Ordnung. Ist Dein Krieger draußen?“ fragte Samo knapp.

Vazlav antwortete ihm nicht, marschierte an ihm vorbei aus dem Beratungskreis heraus und schrie nach Boreslav, seinem Krieger.

Samo und die anderen Fürsten folgten ihm.

Boreslav kam auf die Gruppe zu. Ein baumlanger Hühne, mit breiten Schultern und schildgroßen Händen. Die Kraft, die er hatte, aber auch die Brutalität stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

Eine lange Narbe suchte sich ihren Weg an seinem Auge vorbei, quer über die Nase und endete neben seinem Mund.

„Du Zwerg willst also gegen mich kämpfen?“ fragte dieser Riese nun Samo.

„Dein Häuptling will es so und deshalb bleibt mir nichts anderes übrig.“ Gab dieser zurück.

„Na dann komm!“

„Moment!“ beschwichtigte Wogast die beiden Kämpfer: „Samo sollte uns zunächst zeigen, was er mit seinen anderen Waffen anrichten kann.“

Samo nickte und gab verschiedene Anweisungen, so wurde ein Ziel am einen Ende des Lagers aufgestellt, während Samo mit mehreren Pfeilen und seinem Langbogen ans andere Ende des Lagers marschierte. Die Slawen blickten ihn mitleidsvoll an: „Dieses Ziel würde er nie treffen. Es war zu weit weg.“

Aber Samo ging noch einige Meter weiter in den Wald hinein, bevor er sich umwandte und einen Pfeil auf die Sehne legte.

Ein Sirren war zu vernehmen und kurz darauf schlug der Pfeil in das Ziel, das eigentlich ein Tisch war, ein. Der erste Pfeil steckte genau in der Mitte und hatte die Tischplatte durchschlagen.

Ein paar Kinder wollten den Einschlag bewundern, aber Samo hielt sie mit einem zornigen „Weg da!“ zurück, bevor er die restlichen Pfeile in einem Kreis um den ersten Pfeil einschlagen ließ.

Applaus brandete auf und Samo verneigte sich kurz lächeln. Dann legte er den Bogen ab und bestieg sein Pferd, mit dem er auf das Ziel zu galoppierte. Plötzlich hatte er seine Franziska in der Hand und schleuderte sie aus vollem Galopp auf den Tisch, der in zwei Teile zerbrach.

Wieder brandete Applaus hoch und Drahomira sah Samo wiederum mit einem Blick an, den Samo nur als die pure Begierde deuten konnte.

Aber der Zweikampf mit Boreslav stand noch an.

Die Männer, Frauen und Kinder, die in dem Lager waren bildeten einen Kreis und Boreslav fand sich mit seinem Spatha und einem Schild in der Mitte der Menge ein, während Samo mit seiner schweren Streitaxt und ebenfalls einem Schild dorthin ging.

Die Zuschauer ließen den Kämpfenden Platz und diese klopften die Waffen gegen ihr Schild, um ihre Bereitschaft zu signalisieren.

Lauernd umkreisten sich die Kontrahenten um eine Lücke in der Verteidigung des Gegners auszumachen.

Plötzlich stieß Boreslav nach vorn, doch Samo wich dem Stich geschickt aus und gab dem, ins Leere stoßenden Slawen, einen Klaps mit der Breitseite seiner Streitaxt auf den Hintern mit, was diesen noch mehr anstachelte.

Boreslav wandte sich um, schwang sein Schwert und stürzte sich wieder auf Samo, doch sein Schlag, der gegen den Schild des Franken geführt war, ging wieder ins Leere, da Samo seinen Schild etwas lockerer hielt und leicht zurückgewichen war.

Der Slawe griff nun Samo mit aller Kraft an, doch wieder endete sein Schlag am Boden, was Samo nun nutzte, um mit einem einzigen Hieb seiner Streitaxt, das Schwert des Slawen, an der Parierstange, in mehrere Stücke zu zerschlagen.

Die Menge staunte auf und Vazlav unterbrach den Kampf. Samos kämpferische Fahigkeiten und die Qualität seiner Waffen hatten ihn überzeugt.

Das gesamte Lager, hatte sich diesen Kampf angesehen und alle sprachen voller Bewunderung über Samo. Denn noch nie hatten sie den Riesen Boreslav derartig besiegt gesehen.

Samo trat zu ihm hin und half ihm auf die Beine, während Vazlav auf Samo zuging:

„Willst Du uns etwa lehren, mit einer derartigen Streitaxt zu kämpfen? Ich bevorzuge mein Schwert.“

„Nein“, antwortete ihm Samo: „Ich habe auch für Euch Schwerter mitgebracht, aber die sind etwas besser, als Eure bisherigen.“

„Kunibert, hol mal eines von unseren Schwertern“, sprach Samo zu dem fränkischen Schmied gewandt.

Dieser verschwand für einen Augenblick und warf kurz darauf den geforderten Gegenstand zu Samo, der das Schwert geschickt mit einer Hand auffing.

„Hier Fürst Vazlav“, sagte er und übergab ihm das Schwert, „fällt Euch etwas auf?“

„Ja, dieses Schwert ist schwerer und länger, als unsere bisherigen, liegt aber dennoch gut in der Hand“, stellte der Fürst zögerlich fest.

„Und sie haben noch einen Vorteil“, begann Samo zu erklären, „Halte das Schwert bitte mit der Klinge schräg zum Boden. Ja genau so – und jetzt pass mal auf.“

Dann holte Samo mit seiner Streitaxt aus und schlug mit aller Kraft gegen das fränkische Schwert.

Vazlav, der auf einen derartigen Schlag nicht gefasst war, taumelte zur Seite, aber das Schwert hielt stand.

Wieder brandete Applaus hoch und die Fürsten kehrten zum Beratungsplatz zurück.

„In Ordnung“, gab sich Vazlav geschlagen, „aber bevor ich Dir meine Leute anvertraue, will ich, dass Du weißt, dass bei uns ein Fürst nur dann unterstützt wird, wenn er zur Familie gehört. Wir werden über Deine Vorschläge beraten und Dir Bescheid geben.“

„Warte hier oder in Deinem Zelt“, beschied ihm Wogast „ich werde Dich holen lassen.“ Also kehrte Samo zu seinem Zelt zurück und legte sich davor ins Gras. Das Zelt selbst war zu klein, als dass es zu mehr als zum Schlafen hätte dienen können.

Schon wieder so eine komische Andeutung: „Zur Familie gehören“ Was mochte Vazlav wohl damit meinen? Samo rieb seine Schulter, streckte seinen Rücken durch und blickte zum Himmel. Raue und komische Sitten hatten sie hier, aber irgendwie gefielen ihm diese Leute immer mehr.

Neben Drahomira hatten noch zwei weitere Frauen einen interessierten Blick auf Samo geworfen, was dieser jedoch nicht bemerkt hatte. Lubina vom Stamm der Opolanen, die diesen Mann haben wollte und Rodzislava von den Mährern, die in diesem Mann die Möglichkeit sah, zur Königin der Slawen aufzusteigen.

+++

Es war nach Mitternacht, als sich der Eingang von Samos Zelt öffnete.

Er war einige Zeit draußen umher gelaufen, unterhielt sich mit einigen Leuten und besuchte Kunibert und dessen Kollegen in ihrer Schmiede.

Die Slawen feierten die Sommersonnenwende mit einem großen Feuer, lachten, tranken und tanzten um das Feuer herum. „Fast wie die Beltanefeuer bei den Kelten“, dachte Samo. Er war aber mit seinen Gedanken zu sehr beschäftigt, als dass er sich die den Feiernden längere Zeit hätte gesellen wollen.

Erst vor ein paar Minuten war er wieder in sein Zelt gekommen. Die Stammeshäuptlinge wollten sich morgen weiter besprechen, jetzt war ihnen das Feiern wichtiger.

Wogast’s Tochter Drahomira kroch herein, die eine Schüssel mit Essen zu ihm brachte. Ihre langen schwarzen Haare, waren unter einem roten Kopftuch zusammengefasst, dazu trug sie ein langes blaues Gewand, das nur von einem Gürtel gehalten zu werden schien.

Sie stellte die Schüssel ab und fragte: „Darf ich Dir etwas Gesellschaft leisten?“

„Gern“, antwortete Samo. „Was hast Du auf dem Herzen?“

„Stimmt es, dass Du eigentlich kein Kaufmann, sondern ein Krieger bist, der mit uns gegen die Awaren kämpfen will?“

„Ja!“ antwortete Samo „Chlothar und Dagobert, die beiden Könige der Franken, haben mich dazu zu Euch geschickt. Aber ich war tatsächlich einmal Kaufmann, bevor meine Frau und unser Sohn getötet wurden.“

„Du hast vor einiger Zeit Deine Frau und Deinen Sohn verloren, das hat mir Kunibert erzählt. Und seitdem keine Frau mehr angerührt? Willst Du deshalb nicht mit uns feiern?“ Stellte sie mehr fest, als dass sie fragte.

„Ja und nein, Kunibert konnte offensichtlich seine Klappe mal wieder nicht halten.“ Stöhnte Samo auf. „Aber ich mache mir Gedanken über das was die Fürsten morgen weiter beraten werden.“

„Über deren Politik mache ich mir keine Gedanken – die werden schon auf Dich hören“, meinte sie.

Dann kroch sie zwischen Samos gespreizte Beine. „Ich hatte seit dem Tod meines Mannes auch keinen Mann mehr“, raunte sie und drückte ihren Kopf gegen seinen Bauch.

Samo konnte nichts sagen, der warme Körper und die Lippen, die er durch sein Gewand spürte, raubte ihm den Atem. Seine Hände glitten nach unten und holten sie zu ihm herauf, glitten unter ihr Gewand und umfassten ihre nackten Schenkel. Sie stöhnte auf, während er nach ihrem Gürtel griff um diesen zu öffnen.

Er zog sie neben sich und sie legte sich bereitwillig auf den Rücken, während er sich seiner Kleider entledigte. Dann tauchte er mit seinen Lippen zwischen ihren Schenkeln hinab und bedeckte ihren Körper mit Küssen.

Sie stöhnte auf und hielt ihn fest, damit er sich weiter intensiv um sie kümmerte, während er ihren Körper entlang nach oben glitt. Dann verschloss er ihren Mund mit Küssen, schob eine Hand unter ihrem Knie durch und nahm sich, was sie ihm so bereitwillig geben wollte.

Es war tatsächlich das erste Mal, seit dem Tod seiner Frau Adelgunde, dass er mit einer Frau schlief und sämtliche Lebenskraft, die er schon verloren geglaubt hatte, kehrte in seinen Körper und seinen Geist zurück. Drahomira verstand was er wollte und wie er es wollte, und so verschmolzen ihre Körper bald in lauter Glückseligkeit miteinander.

Erst am darauf folgenden Morgen verließ sie ihn, während er sich nun endlich dem Essen, das sie ihm gebracht hatte, widmen konnte.

+++

Nach dem Frühstück ging Samo vor sein Zelt um sich zu waschen und andere körperliche Bedürfnisse zu erledigen, als er plötzlich einen Schlag auf die Schulter bekam.

„Du gefällst mir immer besser“, hörte er, „aber was ich Dir gesagt habe, über die vielen Frauen, die Du in Kürze wirst versorgen müssen. Das betraf nicht nur meine Tochter.“

Es war Wogast.

„Hast Du sie zu mir geschickt?“ fragte ihn Samo direkt.

„Wie man’s nimmt, Kunibert und ich haben ihr ein paar Sachen über Dich erzählt. Dass sie zu Dir geht, war aber einzig ihre eigene Entscheidung. Sie lässt sich da von niemandem reinreden. Das wirst Du auch noch merken“, lachte ihn Wogast an.

„Wir Fürsten haben letzte Nacht beschlossen, dass Du uns anführen sollst. Allerdings haben wir ein paar Bedingungen“, erklärte ihm Wogast feierlich. „Erstens werden wir nur jemandem folgen, der Mitglied unseres Stammes ist, das heißt Du wirst Dir aus unseren Stämmen, jeweils eine unverheiratete Frau wählen und sie zu Deiner Frau machen. Zweitens beginnen wir noch in diesem Winter mit unserer Erhebung, denn viel länger werden es die Leute, die im Gebiet von Vazlav leben, nicht mehr ertragen, die Diener der Awaren zu sein und Drittens – sollten wir unter Deiner Führung siegen, wollen wir, dass Du uns weiterhin anführst und nicht wieder zurück zu den Franken gehst. Wir wollen unsere eigenen Herren sein und nicht die Diener der Franken.“

„Ach so war das gemeint…“ raunte Samo um dann zu erklären:

„Dann habe ich aber auch ein paar Bedingungen an Euch. Erstens: Die Frauen, die ich mir wähle, sollen nicht gezwungen werden mir zu folgen. Wenn sie nicht wollen, werde ich sie auch nicht nehmen. Und wenn eine der Frauen meint, dass sie sich nicht in die vorhandene Gruppe einfügen will, kann ich sie jederzeit wieder zu ihrer Familie zurückschicken, ohne dass sie dann irgendwelchen Ärger bekommt. Während der Kriegszeiten bleiben die Frauen – solange noch keine sichere Bleibe für sie errichtet wurde – bei ihren Familien. Danach werde ich versuchen eine kleine Burg oder etwas Ähnliches aufzubauen.“ Erklärte er mit ernster Miene.

„Meine zweite Bedingung wird Euch wohl noch weniger einleuchten“, holte Samo aus. „Wir werden einmal im Jahr eine Zusammenkunft, wie diese hier, abhalten und die notwendigen Vereinbarungen für das nächste Jahr treffen. Dabei werde ich Euch erzählen, was als nächstes geplant ist und Ihr werdet mich davon unterrichten, was bei Euch zuletzt geschehen ist. Unabhängig davon bin ich natürlich für Euch da, wenn ich gebraucht werde. Darüber hinaus werden wir in jedem fünften Jahr festlegen, wer in den nächsten fünf Jahren Euer Anführer sein soll. Was hälst Du davon?“ fragte er Wogast.

„Das klingt nicht übel. Ich werde gleich alle zusammenrufen. Wenn das Horn ertönt, gehst Du zum Beratungsplatz und wenn ich mich nicht irre, werden wir das genau so machen.“ Grinste Wogast.

„So einer wie Du, hat hier wirklich noch gefehlt.“ Lachte er und eilte zu den anderen Fürsten.

Kurz darauf ertönte das Horn und Samo begab sich zum Beratungsplatz.

Dort saßen die Fürsten und lachten als sie ihn sahen.

„Wieso willst Du uns nicht länger als fünf Jahre führen?“ fragte Predeslaus, der Anführer der Zlitschanen.

„Ganz einfach, sollte ich im Laufe meiner Amtszeit Dinge tun, die nicht in Eurem Sinne sind, braucht Ihr mich nicht umzubringen, sondern Ihr wählt Euch einfach einen neuen Herrn. Und ich werde andererseits dazu gezwungen sein – wenn ich wiedergewählt werden will – Euch zufrieden zu stellen.“ Antwortete ihm Samo klar und eindeutig.

Damit gaben sich auch die restlichen Fürsten zufrieden. Die anderen seiner Bedingungen akzeptierten sie ebenfalls, ohne Bedenken aufkommen zu lassen, schließlich wussten sie selbst, wie es als Mann sein konnte, wenn man mehrere Frauen hatte, die sich gegenseitig die Zähne zeigten.

Manch einer von ihnen wäre vermutlich froh gewesen, die eine oder andere seiner Frau wieder zurückgeben zu können, wenn diese nicht so wollte wie er.

Dem Samo wurden nun nacheinander mehrere Frauen vorgestellt. Das waren: Milena vom Stamm der Schlonsaken, Lubina vom Stamm der Opolanen, Bozena von den Hana, Rodźisława von den Mährern und natürlich Drahomira von den südlichen Wenden.

Die im Lager anwesenden Frauen aus den Stämmen der Cechy, Dudlebi, Zlitschanen und Slowaken, waren entweder noch nicht im mannbaren Alter, schon verheiratet oder wollten sich derzeit noch nicht binden. Die Stämme sollten ihm dennoch folgen und so wurde für den Abend erneut ein großes Fest vorbereitet, bei dem Samo seine Frauen besser kennenlernen sollte.

Wohin dieses Kennenlernen führen sollte, wusste Samo in diesem Moment selbst noch nicht, aber er hielt es nach wie vor für besser, wenn „seine Frauen“ – alleine die Vorstellung mehrere Frauen zu haben, wäre noch vor ein paar Jahren für ihn unmöglich gewesen – vorläufig bei ihren Familien in Sicherheit bleiben würden. Er wollte nicht wieder einen Angehörigen verlieren – insofern war die Idee hinter diesen Hochzeiten nicht die Schlechteste.

Er war regelrecht dazu gezwungen, auf alle seine Frauen aufzupassen.

+++

Die Zeremonie der Eheschließung wurde ohne großes Gehabe vollzogen, denn für die Herstellung prächtiger Brautkleider war keine Zeit.

Im Wesentlichen bestand die Zeremonie darin, dass einige Tropfen Blutes von Samos Finger und einem Finger der jeweiligen Ehefrau in einen kleinen Krug gegeben und mit Wein vermischt wurde.

Braut und Bräutigam erhielten jeweils einen Becher in den die Hälfte dessen, was im Krug war, gegossen wurde. Nun wurden die Becher in einem Zug gelehrt, während vom Schamanen der Hana folgende Worte gesprochen wurden:

„Möge sich Euer Blut im Leben vermischen, wie das Blut es im Becher getan hat und möge Euer Blut, dem Volk und dem Land Ehre bringen, dem ihr nun angehört!“

Da diese Zeremonie mit jeder Frau des Samo einzeln durchgeführt wurde, merkte er schon bald die Wirkung des schweren Weines und trank einen halben Krug Wasser nach dem Ende der Zeremonie.

Dass die Slawen auch in Kriegszeiten zu feiern verstanden, bemerkte Samo als abends groß aufgetragen wurde. Die Jäger hatten einiges an Wild erlegen können und so gab es verschiedene Vögel, Hasen und Rehe, die über dem Feuer gebraten und mit allerlei Gewürzen schmackhaft zubereitet wurden. Natürlich gab es Wein und ein etwas bitteres Getränk, das Samo an Cervisia erinnerte – wobei Cervisia nicht so bitter war – von den Slawen aber, wurde dieses Getränk Schöl genannt.

Da jedoch der Aufbruch der meisten Fürsten für den nächsten Tag noch im Morgengrauen geplant war, zogen sich besonders die Frauen sehr bald zurück und Samo blieb mit den Männern alleine am Feuer sitzen. Als der Mond am höchsten stand, war nur noch Samo am Feuer zu finden, während die Wachen rings um das Lager verteilt ihren Dienst taten.

+++

Als Samo in sein Zelt kroch, umspielte ihn ein süßer Duft und da er keine Kerze entzündet hatte, musste er sich auf dieses Sinnesorgan verlassen. Der Duft war etwas süßer als der, den er gestern bei Drahomira eingeatmet hatte, also war er sich fast sicher, dass sie es nicht war.

Leise fragte er deshalb: „Ist da jemand?“

Das Geräusch einer zurückgeschlagenen Decke war zu hören.

„Ja, ich bin es Lubina.“

„Was verschafft mir die Ehre?“ fragte Samo, „ich denke Deine Familie hat den weitesten Weg von allen und deshalb warst Du die erste die uns verlassen hat.“

„Ja, doch Du bist mein Gemahl und wo sollte ich sein, wenn nicht bei Dir. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen.“

„Das stimmt,“ grinste Samo und entledigte sich seiner Kleider, bevor er sich zu seiner Frau legte.

Lubina wollte erneut etwas sagen, aber Samo erstickte ihr Reden mit einem fordernden Kuss, schlang seine Arme um ihre nackten Hüften und zog sie an sich. Laut stöhnte sie auf, als Samo das mit ihr tat, worauf sie in näherer Zukunft wohl würde verzichten müssen.

+++

Am nächsten Morgen verschwand Lubina noch vor dem Morgengrauen aus Samos Zelt und erst durch das raschelnde Geräusch des Vorhangs erwachte er.

Samo verließ ebenfalls kurz darauf das Zelt und betrachtete Drahomira, die gerade ihr Packpferd belud und sich mit Bozena, seiner Frau von den Hana unterhielt. Die beiden Frauen waren ein herrlicher Anblick, doch auch die letzte Nacht mit Lubina hätte nicht besser verlaufen können.

„Na das wird noch etwas werden“, dachte er bei sich, „vorher war ich froh, wenn ich mit einer Frau klargekommen bin, nun habe ich derer schon fünf und es sollen noch mehr werden.“

Kurz entschlossen sattelte er sein Pferd und führte es zu den beiden Frauen. Geplant war, dass zunächst die Dörfer der Mährer und der Hana „gerüstet“ werden sollten und nachdem die Lichtung auf dem Gebiet der Hana lag, erschien es ihm selbstverständlich, dass er in der nächsten Zeit bei den Hana sein Lager aufschlagen würde. Dennoch wollte er Drahomira ein Stück ihres Weges begleiten und lud Bozena ein, es ihm gleichzutun.

Als also die Familie des Wogast ihren Weg zur Eger einschlug, wurde er von Samo und Bozena begleitet.

Sie hatten das Lager gerade verlassen und kamen am ersten Wachposten vorbei, doch der war nicht anwesend, stattdessen schlug einer der Hunde Wogasts an, während aus dem Gebüsch ein leises Röcheln zu hören war.

Samo stieg ab und noch bevor er Drahomira und Bozena sagen konnte, sie sollten auf ihren Pferden bleiben, waren diese an seiner Seite.

Bozena war mit ihren siebzehn Lenzen schneller als Samo bei dem Geräusch, während er – einer Ahnung folgend – etwas vorsichtiger war. Sie fanden den sterbenden Wächter und noch ehe Samo eine der Frauen zurückschicken konnte, hörte er das Sirren eines Pfeiles.

„Runter!“ befahl er, doch Drahomira stöhnte bereits getroffen auf. Der Pfeil hatte ihre Schulter durchbohrt.

„Bozena, schnell zurück zum Lager! Hol Hilfe! Aber bleib in Deckung!“

Ein zweiter Pfeil schlug neben Samos Kopf in einen Baum ein.

„Na warte“, rief nun Samo und lief ohne Deckung in die Richtung, aus welcher der Schuss gekommen war.

Ein dritter Pfeil wurde abgeschossen, dem Samo gerade so ausweichen konnte, aber ein vierter Pfeil fand sein Ziel und blieb in seinem Oberschenkel stecken.

Trotzdem lief Samo weiter in die Richtung des Schützen, der nun den Fehler machte zwei weitere Pfeile abzufeuern, ohne seine Postition zu wechseln.

Den Pfeilen wich Samo geschickt aus, umging seinen Gegner, so dass er ihn von der Seite angreifen konnte und rammte ihm seinen Dolch ins Kinn, so dass dieser noch kurz zuckte und dann sterbend zusammenbrach.

Die Wachen und ein Teil des Lagers kamen angelaufen und erkannten einen Awaren, dessen Blut auf der Erde verteilt war.

„Schnell“, wies Samo die Wachen an, „erkundet das Gebiet weiträumig, nicht dass sie zu zweit waren und der andere uns entkommen ist!“

Jetzt erst spürte er den Schmerz in seinem Bein. „Kümmert Euch erst um Drahomira, das hier wird schon wieder.“

Aber der Heiler, den sie gerufen hatten, meinte nur: „Drahomira hat schon vieles weg gesteckt, jetzt stabilisiere ich erst mal Deinen Pfeil. Den Rest machen wir dann im Lager bei mehr Ruhe und besserem Untergrund. Bevor der Schütze doch noch sein Ziel erreicht.“ Spöttelte er noch.

Sie stützten Samo und führten ihn zurück ins Lager. Der Aware war offensichtlich alleine gewesen, hatte das Lager entdeckt und sich auf die Lauer gelegt. Als eine der Wachen ihn bemerkte, tötete er diese und wollte fliehen, doch durch Samos Auftauchen, sah er sich gezwungen einige Pfeile abzuschießen, von denen zwei trafen – einmal Drahomira an der Schulter und einmal Samo im Oberschenkel.

Jedoch hatte der Aware zwei Pferde dabei, von denen eines nach fränkischer Art gesattelt war, das heißt ohne Steigbügel. Bei näherer Untersuchung des Sattels und des Pferdes wurde festgestellt, dass es einem von Samos Kundschaftern gehört hatte. Bei dem Awaren wurde eine kleine Schriftrolle gefunden, auf der verschlüsselt zu lesen war, dass sich die Awaren auf einen Kriegszug gegen Byzanz vorbereiten würden, der aber erst in ein bis zwei Jahren stattfinden sollte.

Nun musste Samo handeln, denn er wollte nicht auf ein kriegsbereites Heer treffen, solange er keine erfahrenen Kämpfer um sich geschart hatte. Also besprach er sich mit Radislaus, dem Häuptling der Hana, dass an der Stelle des Lagers ein kleines Castellum entstehen sollte. Die Bauern der Hana sollten Kunibert bei den notwendigen Arbeiten unterstützen, bis Samos Söldner hier ankommen würden. Gleichzeitig sollten slawische Kämpfer das Gebiet sichern, damit die Arbeiten nicht von Awaren beobachtet und gestört wurden.

Die Männer Samos sollten dann sofort mit der Ausbildung der slawischen Kämpfer und Bauern beginnen. Waffenlieferungen und die Herstellung weiterer Waffen sollten ebenfalls über dieses neue Castellum erfolgen.

Braslaw, der Fürst der Slowaken, stimmte ebenfalls zu, die notwendigen Erze direkt hierher zu liefern. Seine Dörfer waren im hohen, östlichen und nördlichen Gebirge20 verteilt und besser zu verteidigen, als die Dörfer entlang der March, da die Zugänge dorthin meistens nur sehr schmal waren.

Das alles musste natürlich passieren, ohne dass die Awaren davon Wind bekommen würden. Also wurde Ladislaus zur Burg von Wogast zurückgeschickt, damit die Leute des Samo sich sofort auf den Weg machen konnten. Noch vor dem Mittag ritt Ladislaus los.

Samo selbst wollte, sobald der Pfeil entfernt worden war, mit Radislaus zu dessen Burg reiten, die an der Mündung der Hana in die March gelegen war, um sich die dortigen Dörfer zeigen lassen, damit diese in möglichst kurzer Zeit ebenfalls in kleine Kastelle umgebaut werden konnten. Das Gleiche sollte dann mit den Dörfern des Fürsten Vazlav geschehen. So dass nach und nach alle Dörfer entlang der March in kleine Festungen verwandelt wurden, ohne dass man ihnen das sogleich angesehen hätte.

Die anderen Fürsten sollten zu ihren Burgen zurückkehren und auf weitere Anweisungen warten.

Jedoch sollte ein ständig besetzter Botendienst zwischen den einzelnen Burgen, dem „Castellum Kunibertis“ und dem jeweiligen Standort von Samo eingerichtet werden. Darum wollten sich die einzelnen Häuptlinge selbst kümmern.

Der Pfeil aus Drahomiras Schulter konnte noch vor dem Mittag problemlos entfernt werden, da er lediglich ein Stück der Haut getroffen und durchbohrt hatte. Aber der Pfeil in Samos Oberschenkel steckte im Knochen selber fest. Bogomil, der Heiler, meinte er könnte den Pfeil jetzt noch nicht sauber entfernen, dazu müsste er erst die Wunde mit Kräutern belegen.

Also wurde den Anweisungen Samos Folge geleistet, während er sich wieder – begleitet von Bozena und Drahomira – ins Lager begab.

Samo

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