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Das Feuer in dem Häuschen schien keine weiteren Fortschritte zu machen. Die daraus aufsteigende Rauchfahne war jetzt viel schwächer geworden, als sie vorhin gewesen war. Nahe herangekommen, fanden sie eine Menge verbogener Stücke glänzenden Metalls und Splitter zerbrochenen Glases zwischen den Mauertrümmern. Die Vermutung drängte sich zwingend auf, daß wissenschaftliche Apparate explodiert seien. Dann wurde die ganze Gesellschaft fast gleichzeitig eines Körpers gewahr, der auf dem Grasabhang hinter der Ruine lag. Es war der Leib eines Mannes in der Blüte der Jahre, nackt bis auf ein paar Armbänder, einen Halsschmuck und Lendenschurz; aus Mund und Nasenlöchern sickerte Blut. Mit einer gewissen Scheu kniete Mr. Barnstaple neben dieser hingestreckten Gestalt nieder und befühlte das Herz. Niemals zuvor hatte er ein so schönes Gesicht und einen so edlen Körper gesehen.

»Tot«, flüsterte er.

»Seht«, ertönte die schrille Stimme des Herrn mit dem Monokel, »noch einer!«

Er deutete auf etwas, das Mr. Barnstaple durch ein Stück Mauer verborgen war. Mr. Barnstaple mußte aufstehen und über einen Haufen Geröll klettern, um diesen zweiten Fund sehen zu können. Es war ein schlankes Mädchen, ebenso spärlich bekleidet wie der Mann. Sie war anscheinend mit riesiger Wucht gegen die Mauer geschleudert und augenblicklich getötet worden. Das Gesicht war ganz unverletzt, obwohl der Schädel hinten zerschmettert war. Ihr vollendet schöner Mund und die grüngrauen Augen waren ein wenig geöffnet, und sie hatte den Ausdruck eines Menschen, der noch über irgendein schwieriges, aber interessantes Problem nachdenkt. Das Antlitz machte gar nicht den Eindruck einer Toten, sondern sah nur wie geistesabwesend aus. Eine Hand umkrampfte noch ein kupfernes Gefäß mit einem gläsernen Griff, die andere hing schlaff herunter.

Einige Sekunden lang sprach niemand. Es war, als ob jeder fürchtete, den Gedankengang des Mädchens zu unterbrechen.

Dann hörte Mr. Barnstaple hinter sich den geistlichen Herrn mit leiser Stimme sagen:

»Welch vollendete Gestalt!«

»Ich gebe zu, ich hatte Unrecht«, sagte Mr. Burleigh mit Bedacht. »Ich war im Unrecht … Das ist kein irdisches Volk, wahrhaftig! Und folglich sind wir auch nicht auf der Erde. Ich kann mir nicht vorstellen, was geschehen ist, noch, wo wir uns befinden. Angesichts genügender Beweise habe ich nie gezögert, eine Meinung zurückzuziehen. Diese Welt, in der wir jetzt sind, ist nicht unsere Welt. Es ist etwas …« er machte eine Pause, »es ist etwas wirklich sehr Wunderbares!«

»Und unsere Freunde in Windsor«, sagte Mr. Catskill ohne sichtliches Bedauern, »frühstücken ohne uns.«

»Aber«, sagte der geistliche Herr, »in was für einer Welt sind wir dann, und wie sind wir hierhergekommen?«

»Ah! Was das anbelangt«, sagte Mr. Burleigh höflich, »fragen Sie mich mehr, als ich mit meinen schwachen Kräften aufklären kann. Wir sind hier in einer Welt, die in gewisser Beziehung der unseren ähnlich ist und in gewisser Beziehung nicht. Auf irgendeine Weise muß sie mit unserer Welt im Zusammenhang stehen, sonst wären wir nicht hier. Aber was für eine Verknüpfung das sein kann, ist für mich, ich gestehe es, ein unenthüllbares Geheimnis. Es mag sein, daß wir uns in irgendeiner anderen räumlichen Dimension befinden als in jener, die wir kennen. Aber in meinem armen Kopf wirbelt es, wenn ich an diese Dimensionen denke. Ich bin … ich bin verwirrt … total verwirrt …!«

»Einstein!« warf der Herr mit dem Monokel mit Nachdruck und mit deutlicher Selbstzufriedenheit ein.

»Stimmt«, sagte Mr. Burleigh, »Einstein könnte es uns erklären. Oder der liebe alte Haldane könnte eine Erklärung versuchen und mit seinem schmalzigen Hegelianismus den Schleier vor uns lüften. Aber ich bin weder Haldane noch Einstein. Hier sind wir in einer Welt, die für alle praktischen Zwecke, einschließlich unserer Sonntagsverabredung, nirgendwo ist. Oder, wenn Sie den griechischen Ausdruck vorziehen, wir sind in ›Utopia‹. Und da ich nicht sehe, wie wir von hier wieder wegkommen können, bin ich der Ansicht, daß wir uns als vernünftige Wesen so gut wie möglich in die Lage finden und auf alles uns Nützliche bedacht sein müssen. Es ist sicherlich eine sehr schöne Welt. Die Schönheit ist sogar noch größer als das Wunder. Und es gibt menschliche Wesen hier – vernunftbegabte. Aus dem ganzen hier herumliegenden Material schließe ich, daß es eine Welt ist, in der chemische Experimente durchgeführt werden – durchgeführt bis zu einem bitteren Ende – unter beinahe idyllischen Bedingungen. Chemie – und Nacktheit. Ich fühle mich verpflichtet, zu gestehen, daß es mir als eine Frage des persönlichen Geschmacks erscheint, ob wir diese zwei Menschen, die sich hier offenbar soeben selbst in die Luft gesprengt haben, als griechische Götter oder als nackte Wilde zu betrachten haben. Ich bekenne mich zu der Ansicht, es seien ein griechischer Gott – und eine Göttin!«

»Nur, daß es ein bißchen schwer ist, sich zwei tote Unsterbliche vorzustellen«, quäkte der Mann mit dem Monokel in einem Ton, als ob er einen Trumpf im Kartenspiel ansagte.

Mr. Burleigh war nahe daran, zu antworten, und nach seinen Stirnfalten zu schließen, hätte seine Antwort einen zurechtweisenden Ton angenommen. Statt dessen stieß er einen kurzen Schrei aus und drehte sich um, zwei Neuankömmlinge zu betrachten. Die ganze Gesellschaft wurde ihrer im gleichen Augenblick gewahr. Zwei vollkommene Apollogestalten standen auf der Ruine und betrachteten unsere Erdlinge mit einem Erstaunen, das mindestens so groß war wie dasjenige, das sie selbst hervorriefen.

Einer sprach, und Mr. Barnstaple war über alle Maßen erstaunt, verständliche Worte zu vernehmen, die in seinem Bewußtsein Widerhall fanden.

»O Götter!« rief der Utope. »Was seid ihr für Dinger? Und wie seid ihr in die Welt gekommen?«

(Englisch! Es wäre viel weniger erstaunlich gewesen, wenn sie griechisch gesprochen hätten. Aber daß sie sich überhaupt in einer bekannten Sprache ausdrückten, war unglaublich, verblüffend.)

Menschen, Göttern gleich (Roman)

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