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Es war einer jener Tage voll heiteren Sonnenscheins, die für die große Dürre von 1921 so charakteristisch waren. Es war nicht im geringsten schwül. Im Gegenteil, die Frische und Mr. Barnstaples gute Laune vereinigten sich, um ihn recht angenehme Erlebnisse erwarten zu lassen. Die Hoffnung war wieder zurückgekehrt. Er wußte wohl, daß er auf dem Wege war, dem Alltag zu entfliehen, aber er hatte bis jetzt noch nicht die leiseste Ahnung, wie vollkommen ihn dieser Weg dem Alltag entführen sollte. Es wäre schon ein nettes kleines Erlebnis, jetzt bei einem Wirtshaus zu halten und zu frühstücken. Und wenn er sich unterwegs einsam fühlen sollte, würde er irgend jemanden mitnehmen und mit ihm plaudern. Er konnte ganz ruhig jemanden mitnehmen, denn es war ihm ganz gleichgültig, nach welcher Richtung er fuhr, wenn er nur Sydenham und die Redaktion des Liberal im Rücken hatte.

Unweit von Slough wurde er von einem riesigen grauen Tourenwagen überholt, der ihn aufschreckte und zum Ausweichen zwang. Der Wagen tauchte lautlos neben ihm auf und hatte ihn im Augenblick überholt, obwohl er selbst nach seinem Geschwindigkeitsmesser, der nur manchmal nicht ganz genau war, gut fünfundfünfzig Kilometer in der Stunde fuhr. Die Insassen waren, wie er feststellte, drei Herren und eine Dame; sie saßen alle hochaufgerichtet und sahen sich um, als ob sie sich für etwas interessierten, das hinterherkam. Da sie sehr schnell an ihm vorüberfuhren, konnte er bloß bemerken, daß die Dame von einer auffallenden, strahlenden Schönheit war und daß der ihm zunächst sitzende Herr ein sonderbar elfenhaftes, wenn auch ältliches Gesicht hatte.

Noch bevor er den Schreck über diese vorbeisausende Erscheinung überwunden hatte, machte ihn ein andrer Wagen mit dem Ton eines prähistorischen Sauriers darauf aufmerksam, daß schon wieder jemand an ihm vorbeiwollte. Auf solche Weise – nämlich nach freundlicher Verständigung – ließ sich Mr. Barnstaple gern überholen. Er verringerte die Geschwindigkeit, ließ jeden Anspruch darauf, König der Straße zu sein, fallen und machte mit der Hand aufmunternde Zeichen. Eine große, glatte, schnelle Limousine machte von seiner Erlaubnis, die breite Straße zu passieren, Gebrauch. Der Wagen führte eine tüchtige Menge Gepäck mit sich; aber, mit Ausnahme eines jungen Mannes mit einem Monokel, der neben dem Fahrer saß, sah Barnstaple keine Insassen. Gleich vor ihm bog die Limousine um die Ecke, hinter dem Tourenwagen her.

Nun, selbst eine fahrende ›Fußbadewanne‹ hat es nicht gern, an einem hellen Morgen auf offener Straße so großspurig überholt zu werden. Barnstaple drückte das Gaspedal hinunter und nahm die Kurve mit gut zehn Stundenkilometer schneller, als ihm seine Vorsicht sonst zu fahren gestattete. Er fand die Straße vor sich ganz leer.

Ja, er fand die Straße vor sich viel zu leer. Sie erstreckte sich etwa fünfhundert Meter lang schnurgerade vor seinen Augen. Auf der linken Seite waren eine niedrige, gestützte Hecke, vereinzelte Bäume, flache Felder, dahinter lagen einige kleine Häuschen, weiter entfernt Pappeln, und ganz hinten sah man Windsor Castle. Auf der rechten Seite waren gleichfalls Felder und ein kleines Wirtshaus vor einem Hintergrund niedriger bewaldeter Hügel. Eine auffallende Erscheinung in dieser ruhigen Landschaft war die Reklame eines Strandhotels in Maidenhead. Barnstaple sah vor sich das Flimmern der heißen Luft und zwei oder drei Staubwirbel, die auf der Straße entlang tanzten. Aber keine Spur von dem großen Tourenwagen – und keine Spur von der Limousine. Mr. Barnstaple brauchte gut zwei Sekunden, ehe er sich dieser erstaunlichen Tatsache voll bewußt wurde. Weder zur Rechten noch zur Linken gab es irgendeine Seitenstraße, in welche die Wagen hätten verschwinden können. Und wenn sie schon um die nächste Biegung sein sollten, dann hätten sie mit dreihundert Kilometern in der Stunde fahren müssen.

Mr. Barnstaple hatte die gute Gewohnheit, die Geschwindigkeit sofort zu verringern, wenn er sich über etwas nicht klar war. Auch jetzt stoppte er ab. So kam er auf eine Geschwindigkeit von ungefähr zwanzig Stundenkilometer und starrte mit offenem Munde in die leere Landschaft, um irgendeinen Anhaltspunkt für das rätselhafte Verschwinden der Wagen zu finden. Erstaunlicherweise hatte er durchaus nicht das Gefühl, daß er selbst irgendwie gefährdet sein könnte.

Dann schien sein Wagen an irgend etwas anzustoßen und begann zu schleudern. Er schleuderte so heftig herum, daß Barnstaple für einen Augenblick den Kopf verlor. Er konnte sich nicht erinnern, was man zu tun hat, wenn ein Wagen schleudert. Er erinnerte sich dunkel, daß man in die Richtung zu steuern hätte, nach der sich der Wagen dreht, aber in seiner momentanen Aufregung konnte er nicht feststellen, in welche Richtung der Wagen schleuderte.

Später erinnerte er sich, daß er in diesem Augenblick einen Ton gehört hatte. Es war genau derselbe Ton, der entsteht, wenn eine Spannung ihren Höhepunkt erreicht hat, scharf wie das Springen einer Lautensaite, ein Ton, den man zu Anfang – oder zu Ende – der Bewußtlosigkeit in der Narkose hört.

Es war ihm, als ob er gegen die Hecke an der rechten Seite geschleudert worden wäre, aber nun fand er die Straße wieder vor sich. Er berührte den Gashebel, stoppte aber dann wieder ab und blieb stehen. Voll tiefster Verwunderung blieb er stehen.

Diese Straße war vollkommen verschieden von derjenigen, auf der er sich noch vor einer halben Minute befunden hatte. Die Hecken waren verwandelt, die Bäume waren verändert. Windsor Castle war verschwunden, und – eine kleine Entschädigung – die große Limousine war wieder in Sicht. Sie stand am Rand der Straße, ungefähr zweihundert Meter entfernt.

Menschen, Göttern gleich (Roman)

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