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Kapitel 5: Auf der Spur

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Deutschland, Bonn. Montag, 13. Oktober 2014, Vormittag. Auf der Spur.


Günter Freysing verbrachte ebenso wie der Generalmajor die Nacht in einer einfachen Unterkunft für Militärangehörige auf der Bonner Hardthöhe.

Die wesentlichen Daten der verschiedenen Gruppierungen, die einen solchen Anschlag auszuführen interessiert, bereit und auch in der Lage erschienen, waren von Sax noch vor dem Schlafen aufgefrischt und verinnerlicht worden. Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Es gibt seit eh und je stets eine ganze Reihe mehr oder weniger militanter Organisationen in Europa. Ihre Ziele sind völlig unterschiedlich – nur eines verbindet diese Gruppierungen: Der Wille, diese durch gewaltsame Maßnahmen oder Finanzierung derselben durchzusetzen. Gleichgültig, ob es dabei um Unzufriedenheit mit der politischen Situation oder uralte Erbfehden geht, muss dem freilich Einhalt geboten werden. Es ist eine Sissyphusarbeit, die ganze Heerscharen in- und auslandsgeheimdienstlicher Analytiker beschäftigt.

Ein paar alte, fast vergessene Bezeichnungen wie RAF (Rote Armee Fraktion) oder IRA (Irisch-Republikanische Armee) oder auch die sogenannten Baskenland-Freiheitskämpfer (ETA) drängten sich Sax sogleich auf und mochten den meisten älteren Menschen in Europa noch aus den Nachrichten bekannt sein. Relikte aus dem vorigen Jahrhundert! Denn es gab inzwischen zahlreiche neuere, kleinere oder nicht ganz so offensichtlich tätige Bewegungen von nationaler oder regionaler und dabei grenzüberschreitender Bedeutung, die unter der ständigen Beobachtung und Infiltration der jeweiligen Inlandsgeheimdienste oder anderer Polizeibehörden standen, nachdem sie auffällig geworden waren. Oder die inzwischen gar per Gesetz verboten worden waren – nur damit deren Beteiligte unter neuem Organisations-namen andernorts wieder auftauchten.

Es war eine merkwürdige Zeit, in der nur Unbedarfte wenig Bedrohliches erkannten. Sax wusste es besser: Europa brodelte, beständig, und nicht erst seit gestern!

Da war in den Daten die Rede von Freien Kameradschaften, von Autonomen Nationalisten, von den Nationalen Sozialisten, von der seit 2011 verbotenen Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige und einigen mehr - allesamt aus dem rechten Gesinnungsfeld. Auch die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, kurz NPD, als politischer Arm der extrem rechten Szene steht mit ihrer antiamerikanischen, unchristlichen und umstürzlerischen Propaganda unter ständiger Beobachtung und ist vom Bundesamt für Verfassungsschutz beinahe mehr infiltriert, als es der Verfolgung guttut.

Dem gegenüber stehen auch weniger gemäßigte Linke Radikale: Von der Antifa über die Militanz-Offensive, der Arbeitsgruppe T.Error, die Rote Hilfe e.V., die Antikapitalistische Linke bis zur Organisation Gegenstandpunkt waren sie wie auch hier zahlreiche andere sämtlich gegen Kapitalismus und jedwede Form staatlicher Restriktion und betrachteten Staatsorgane bereits vom Grunde her als Feind.

Einige linke Organisationen traten dabei vor allem auch dort in Erscheinung, wo gerade rechtsradikale Gruppierungen tätig wurden, und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen die politisch unterschiedlich motivierten Ansammlungen durch starke Polizeikräfte getrennt werden mussten. Alles spielte sich dabei aber im regionalen, örtlichen Bereich ab und erlangte nur selten größeres Aufsehen als über die Tagespresse oder eine Anmerkung in einer weniger beachteten Nachmittags-Reportage-Sendung hinaus.

Gerade auch im linken Bereich gab und gibt es verschiedene politische Parteien, die sich den Anschein von Legalität geben, in Wirklichkeit jedoch auf eine grundlegende Änderung der Gesellschaft jenseits der Verfassungsnormen aus sind. Dazu zählen unter anderem die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und die Sozialistische Deutsche Arbeiter-Jugend (SDAJ). Keine von ihnen würde nach Geheimdienstkenntnissen als Organisation zu solch einem Attentat als Mittel zum Zweck greifen, aber durchaus konnten die Urheber oder Macher und vor allem auch Mitläufer in deren weiterem Umfeld zu finden sein.

Das waren allerdings nur die deutschen Organisationen. Es gab in allen Nachbarländern ähnlich oder gleichgesinnte, die mittlerweile europaweit miteinander vernetzt waren und sich austauschten. Die moderne Technik machte es möglich.

Aktivitäten, die zum Terrorismus führten, oder die diesen unterstützten oder mit ihm sympathisierten, gab es zuhauf und wurden zunehmend koordiniert. Die Anheuerung und propagandistische Überzeugung begann im Kleinen, in Schulen, in Konzerten, in Freizeittreffs und ähnlichen Einrichtungen – und erreichte mittlerweile auch, so merkwürdig es klingen mochte, etablierte mittelständische und politisch-pseudodemokratische Kreise. Eine scheinbar harmlose App, ein aufhetzerischer Song, ein unkritisches Aufnehmen scheinbar harmloser Websites, ein Gespräch unter Freunden, ein agressives You-Tube-Video – schon war die Saat gesäht.

Die nächste Generation europäischer Radikaler wuchs heran.

Weiter gab es eine ganze Anzahl islamistischer Vereinigungen, die sich der vorrangigen besonderen Aufmerksamkeit der deutschen Geheimdienste und Polizeidienststellen erfreuten und welche per se international agierten, aber Freysing war nicht grundsätzlich der Meinung, dass der Anschlag auf deren Konto ging – insbesondere da es weiterhin an jedwedem Bekennen dazu mangelte.

Die Millî Görü“ war solch eine, auch die Islamische Dschihad-Union, die Hizb ut-Tahir al-Islami oder das islamische Zentrum Hamburg mit Zweigstellen in Berlin und München. Zum letzteren hatten wohl auch die Attentäter des 11. September 2001 Kontakt gehabt. Sämtlich waren sie antiwestlich, antisemitisch, antiisraelisch.

Außer Islamisten, Rechten und Linken, gab es freilich auch noch radikale Ökologen, radikale Tierschützer, radikale Gegner von allem möglichen, Verfechter von zuweilen abstrusen Ideen wie der Wiederbesetzung des Deutschen Kaiserstuhls nach Abschaffung der Demokratie oder ähnlich verrücktem, doch keine davon war eigentlich logistisch in irgendeiner Weise aufgestellt, das sie einen solchen Anschlag planen, geschweige denn wirksam ausführen konnte. Der ganze Hergang sprach von ausgezeichnetem Insiderwissen und ausgefeilter Logistik. Das der Güterzug nach der Explosion in den entgleisten Express gerast war, konnte kein reiner Zufall gewesen sein, und zwingend würden Verfassungsschutz, BKA und Eisenbahn-bundesamt hier weitere Ermittlungen anstellen.

Ein paar Organisationen aus allen genannten Bereichen waren sehr neu auf dem terroristischen oder Sympathisanten-Parkett und hatten erst in jüngerer Zeit durch mehr als Parolen und Pöbeleien auf sich aufmerksam gemacht.

Zu ihnen gehörten unter anderem jene, deren Vita Freysing nun aufmerksamer studierte, denn die gesamte Szene war ständig in Bewegung, und nicht immer hatte er Zeit, alle Memos zu studieren und an den Lehrgängen der Dienste teilzunehmen. Dazu war er dann doch zu oft im Einsatz im Ausland unterwegs. Er las quer, die wesentlichen Fakten verinnerlichend, und zuweilen teils milde, teils eher angewidert, lächelnd - die Formen der Militanz besaßen zuweilen fast lächerliche Gesichter.

< Flandrische Liga (FL) Eine dem extremen linken Flügel Belgiens und der Niederlande zugerechnete Gruppierung, die durch zwei Morde an sehr rechts orientierten Politikern aufgefallen ist. Sie ist vor allem im Untergrund tätig; die wenigen Sympathisanten, die namentlich bekannt sind, werden von den Behörden beobachtet. Ein Ziel der Liga ist ein unabhängies Flandern-Staatsgebilde im BENELUX-Verband.

Gamma Hydra (GH) Eine in ganz Westeuropa verbreitete studentische Verbindung, die sich durch die Studienfächer Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsinformatik zieht. Sie wenden sich vorrangig gegen die Allmacht von Banken, Versicherungen und Rating-Agenturen und die angebliche Unterdrückung anderer Staaten durch die Manipulation der Politik über die Staatsverschuldung. Querverweis: Occupy.

Isalmistischer Kulturkreis im Abendland (IKA) Eine Tarnorganisation radikaler islamistischer Gruppierungen, die über die Kulturkreise Nachwuchs anwirbt. Sie fördert durch scheinbar legale und harmlose Missionsarbeit insbesondere auch den Übertritt von Europäern zum Koran. Auf diese Weise sollen zum einen die westlichen Nationen kulturell und religiös beeinflusst werden, zum anderen aber auch „radikale Schläfer“ platziert werden, um sie später im „Heiligen Krieg“ einsetzen zu können.

Imperiale Loge (IL) Der Name ist nicht verifiziert. Hintergrund ist ein erst kürzlich in Erscheinung getretener Geheimbund britischen Ursprungs, basierend auf eher harmlosen Grundgedanken der „Viscount Milner Society“ des 18. Jahrhunderts, der die Erstarkung und Wiederherstellung des Empires zum Ziel hat. Eine Verschwörung am Horn von Afrika ist unlängst fehlgeschlagen, von weiteren Operationen ist zurzeit nichts bekannt. Querverweis: Datei „Stahlmann“. Klassifiziert.

Rotfrontaktivisten (RFA) Eine RAF-Splittergruppe, die nach der Festnahme der meisten RAF-Mitglieder aus Sympathisanten und der sogenannten „Dritten und Vierten Generation“ gebildet wurde. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks viele Jahre ohne finanzielle Unterstützung, deuten neuere Erkenntnisse auf Russland als mögliche verdeckte Geldgeber, um, in Folge der Krise um die Ukraine, die westlichen Länder wie früher zu Zeiten des kalten Krieges zu unterminieren. Sie gelten somit als sehr solvent, aber eigentlich als noch eher „harmlos“. Die Mitglieder treten wohl eher als Planer für andere Linksgruppierungen in ganz Europa in Erscheinung. Von größeren eigenen geplanten gewaltsamen Aktionen, vor allem in Deutschland, ist dem Verfassungsschutz gegenwärtig nichts Besonderes bekannt.

RADAU (Radikale Allgemeine Deutsche Autofahrer-Union) Eine Gegenbewegung zu den Bestrebungen von Vereinigungen wie dem ADFC oder den „Mautausbeutungen“ der europäischen Länder, welche die „Freiheit“ des Autofahrens in den Vordergrund ihres offenen Wirkens gestellt hat. Sie lehnt Restriktionen rundweg ab und fordert unter anderem den Rückbau von sogenannten „Bus-Caps“ und anderen „Verkehrshindernissen“ wie Radwegen auf der Straße, Aufpflasterungen und Blumenkübeln, kostenloses Parken in Innenstädten, und dergleichen mehr. Die Gruppierung hat schon des Öfteren damit gedroht, Anschläge auf öffentliche Verkehrsmittel zwecks Durchsetzung ihrer Forderungen zu unternehmen und einer ihrer Fanatiker hat unlängst mit einem Luftgewehr auf eine S-Bahn bei Köln geschossen. Politisch betrachtet sind sie eher rechts angesiedelt.

Zentrale für neue Aufklärung (ZNA) Früher als „Gesellschaft gegen undeutsche Umtriebe“ bekannt, befassen sie sich mit der Verfolgung von Kommunisten, linken Schriftstellern, Homosexuellen, exponierten Kirchendienern, den Förderern ausländischen Brauchtums und zahlreichen anderen Personen und Organisationen, deren Ziele die Gruppierung als „undeutsch“ betrachtet. Sie haben in Webblogs mehr „zwischen den Zeilen“ auch Gewaltakte gegen ihre Ziele nicht ausgeschlossen und treten als Störer vor Moscheen in Deutschland und seinen Nachbarländern auf. Eine größere und gewalttätige Protestaktion hatte es zuletzt vor einem halben Jahr bei der dem Anschlagsort nicht fernen islamnahen „König-Fahd-Akademie“ in Bad Godesberg gegeben. Personelle Verbindungen bis in die USA und nach Südamerika.

Leeland-Lobby (LL) Sie fordert unter anderem die Rückgabe Elsass-Lothringens an Deutschland. Etwas Auftrieb erhielten sie durch einen angeblichen peinlichen Fauxpas des französischen Ministerpräsidenten 2011, als dieser in einer Rede versehentlich den Elsass als Teil Deutschlands bezeichnete. Sie sind mit zahlreichen anderen nationalistischen Kreisen vernetzt, die ähnliche Ziele in anderen Staaten verfolgen, sei es in Bezug auf die Unabhängigkeit von Teilregionen oder die Übergabe an Nachbarstaaten aus historischen Gründen. Im Norden ist die Lobby in Schleswig-Holstein beheimatet und fordert die Abschaffung dänischer Minderheitsrechte. Maßgeblicher Propaganda-führer, der die Forderungen in den Plattformen des Internets platziert, ist ein Mann namens Leeland.

Ökologische Front (ÖKF) Eine Reihe von Umweltschützern, die „Greenpeace“ als für viel zu zurückhaltend betrachtet und Anschläge auf Schiffe, die Verklappung in den Weltmeeren durchführen, sowie auf Wal- und Haifischfänger, angekündigt hat. Bisher ist nur von einem einzigen militanten Vorkommnis Anfang 2014 etwas bekannt geworden, das zu einer Verhaftung und schweren Haftstrafen von sechs Beteiligten – drei davon deutsche - durch die japanische Regierung führte. Die Bundesregierung ist hier noch dabei, die diplomatischen Wogen zu glätten.

SWIM (Soziale Werte In Mitteleuropa) Eine Scheinorganisation, welche versucht, die durch Sparmaßnahmen der Regierungen hergestellten Ungleichgewichte in der ärmeren Bevölkerung für ihre Propagandazwecke zu missbrauchen. Sie organisiert zum Teil gewalttätige, illegale Demonstrationen in den bankrotten Ländern der EU. Die Organisation hat europaweite massive Proteste zum sogenannten „Ochi-Tag“, dem griechischen Nationalfeiertag am 28.10., angekündigt.

Der Rechte Weg (RW) Eine eher dem rechten Spektrum zuzuordnende Gruppierung, die als Gegen-bewegung zu „Swim“, „Occupy“, „ÖKF“ und ähnlichen angesehen wird und die Durchsetzung der „berechtigten Interessen“ der Angegriffenen mit Polizei- und Militärgewalt propagiert. Sie fordert drastische Maßnahmen gegen „Störer“ und „Protestierer“ und findet sich vor allem in örtlichen Bürgerwehren und verbotenen Milizgruppen im südlichen Europa wieder. <“

Die eindrucksvolle Liste ging noch fast endlos weiter, es gab insgesamt mehr als fünfzig oder sechzig Gruppierungen und Organisationen mit allen möglichen Zielen, die mit einem Anschlag auf die Bahn aber nicht in Vereinbarung zu bringen waren.

Am meisten beschäftigte Sax die Frage nach der Planung eines solchen Attentats. Spezialsprengstoff war nicht billig und in Westeuropa nicht unbedingt einfach zu beschaffen. Planung und Logistik sprachen für Profis. Wo also anfangen? – So beschäftigt, schlief Sax irgendwann ein und verbrachte eine eher unruhige Nacht ohne Traum und wirkliche Entspannung.

Bereits um sieben Uhr morgens am Montag war Sax dann dennoch ohne Wecker wieder aufgewacht und sogleich zur schnellen Morgentoilette übergegangen, freilich ohne sich zu rasieren, er liebte es, mit einem dünnen Bart herumzulaufen. Schließlich hatte er in der Offiziersmesse ein Frühstück zu sich genommen und sich dann noch einmal auf seinem Zimmer mit den Informationen beschäftigt. Es war nun auch Gelegenheit, Wallner in der Schweiz anzurufen - er ging davon aus, dass der Geheimdienstchef spätestens ab neun Uhr in dessen Büro anwesend sein würde.

Das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Konföderation war seit einer Weile etwas angespannt, nach dem von Zeit zu Zeit deutsche Steuerfahnder es schafften, dort Datensätze mit Informationen über Steuerhinterzieher mehr oder weniger illegal, nach Schweizer Recht, aufzukaufen. Ein Abkommen zwischen den beiden Ländern war so schwammig gehalten, dass es immer wieder Auseinander-setzungen um die tatsächliche Rechtslage gab. Jedenfalls waren auch schon einmal deutsche Zivil-Ermittler verhaftet und erst nach diplomatischem Geplänkel wieder freigelassen worden. Jüngste Verschärfungen der schweizer Einwanderungs-bestimmungen vor allem gegenüber Deutschen und anderen EU-Bürgern nach einer rechtspopulistisch geprägten knappen Volksabstimmung im Alpenstaat gaben dem gegenseitigen Mißtrauen weitere Nahrung. Insofern war es schon fraglich, inwiefern man in Bern überhaupt Informationen herausgeben würde.

Nun sprach Freysing von einem der kleineren Einmann-Büros der Hardthöhe aus mit Konrad Wallner vom NDB, nachdem dieser sich seinerseits zuvor durch ein Telefonat mit Stoessner über die Legitimierung des Agenten informiert hatte. Er stellte sich Wallner der Stimme nach als kleinen, schmächtigen Schweizer mit Dreiecksgesicht und erheblichem Minderwertigkeitskomplex vor und wäre überrascht gewesen, wenn er ihm tatsächlich einmal begegnen sollte.

Konrad Wallner, im Wallis geboren, thronte hinter seinem Schreibtisch in einem zentrumsnahen Regierungsbau mit Flaggenmast davor, der während der Sanierung des denkmalgeschützten Bundeshauses Ost die Kommunikationszentrale des schweizerischen Geheimdienstes beherbergte. Insofern erging es ihm ähnlich wie Freysings Kollegen in Berlin, die ebenfalls noch in einem Provisorium arbeiteten, bis der Umzug nächstes Jahr vielleicht tatsächlich endlich einmal vollständig abgeschlossen werden konnte. Der eidgenössische Geheimdienstler war in Wirklichkeit ein ovalgesichtiger scheinbar stets gut gelaunter Mittsechziger, den man ohne weiteres auch deutlich jünger schätzen konnte, aber mit dünnem kurzen grauen Haar und einer bereits weit fortgeschrittenen Stirn- und Kopfglatze. Er sprach deutsch mit einem starken rätoromanischen Akzent, der auf Vorfahren aus Tirol schließen ließ, und beendete jeden dritten Satz mit der freundlichen Endung „nicht wahr…“ oder „also…“. Vielleicht war seine Lebenslust auch darauf zurück zu führen, dass er kurz vor der Pensionierung stand und dies somit wahrscheinlich sein letztes oder vorletztes Amtsjahr.

„Was kann die Schweiz denn für sie tun, Herr Freysing?“, fragte Wallner schließlich, nachdem sie einige kurze Begrüßungsfloskeln ausgetauscht hatten, um sich wenigstens geringfügig persönlicher kennenzulernen.

„Sie haben das mit dem Attentat in Bonn auf den Nachtexpress aus Zürich inzwischen mitbekommen?“, fragte Sax zurück.

„Freilich. War ja in allen Nachrichten gestern, also. Wir sprengen aber keine Züge, auch keine deutschen, selbst wenn eure Steuerfahnder drin sitzen, nicht wahr?!“, meinte Wallner, wenig lachend und sich seines mehr als schwarzen Humors voll bewusst.

„Aber mit Sprengstoffen kennt ihr euch aus.“, meinte Freysing humorlos.

„Also?“

„Eine Weiterentwicklung von FOX-7.“

Einen Moment lang herrschte am anderen Ende der Verbindung Schweigen.

„O-ha! Jetzt weiß ich, worauf sie hinaus wollen.“, sagte Wallner dann, weniger düster scherzend. „Dachte ich mir fast schon, als Sie anriefen. Also: Vor zehn Tagen ist aus einem Depot in Graubünden etwas abhanden gekommen, nicht wahr!“

„Was genau meinen Sie mit ´etwas´ und ´abhanden gekommen´?“

„Eine halbe Tonne 711-FOXITE. In der Nacht zum 4. Oktober gestohlen. Peinliche Sache das. Wir haben vermieden, es an die große Glocke zu hängen.“

Freysing stieß, während Wallner noch sprach, einen Pfiff durch die Zähne aus. Wenn das Material auch nur halb so gut war, wie in Insiderkreisen und von Stoessner behauptet wurde, dann stellte es die Sprengkraft von TNT, RDS und vergleichbaren Produkten mehr als in den Schatten. Bei einem der letzten Versuche war etwas mehr als das siebenfache, also 711 Prozent TNT, erreicht worden. Eine halbe Tonne, das würde ausreichen, um ganz Bonn in die Luft zu jagen, und noch mehr. Ein bis zwei Kilogramm wären völlig genügend gewesen für den Anschlag auf den Zug; wahrscheinlich waren es dort acht bis zehn Kilo gewesen, den angerichteten Rundumschäden nach zu urteilen.

„Das also bezeichnen Sie als ´etwas´!“, meinte Sax sogleich süffisant, aber ohne den sonst üblichen freundlichen Unterton in der Stimme.

Wallner ging allerdings nicht darauf ein: „ Wir vermuten gegenwärtig eine militante Separatistenbewegung hinter dem Diebstahl, die sich für einen autonomen Kanton Jura stark macht.“

Freysing hatte auch über diese Bewegung in den Daten gelesen. Bisher gab es aber keine größeren Aktionen der sogenannten „Befreiungsfront“, außer gelegentlichen Farbbeuteln und faulen Eiern auf konservative Kommunal- oder Kantonspolitiker.

„Und?“

„Nichts. Wir haben bereits diverse Büros und Wohnungen durchsucht, von Mitgliedern, die uns bekannt sind. Drei haben wir festgenommen und strengen Verhören unterzogen. Es gibt nur noch eine kleine Spur, die wir verfolgen. Möglicherweise ist der Sprengstoff tatsächlich bereits außer Landes - nicht wahr.“

„Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass eigentlich noch das gesamte Material irgendwo herumschwirrt.“. Es verblieben rund 490 Kilogramm…

„Gibt es denn ihrerseits einen konkreteren Verdacht?“

„Wir setzen hier noch die Puzzleteile zusammen. Ich hatte gehofft, dass sie mir weiterhelfen können. So wie es nun ausschaut, wurde das Sprengmaterial in der Schweiz beschafft. Wahrscheinlich kam damit auch der Attentäter aus oder zumindest über die Schweiz. Vielleicht ist er sogar in Zürich oder Basel in den Zug eingestiegen. Was ich brauchte, wären Videos von dort.“

Basel… hm, - Ich werde das gern überprüfen lassen, nicht wahr!“. Wallner klang für einen kurzen Moment sehr nachdenklich.

„Dafür wäre ich ihnen sehr verbunden. Sie können mich unter der angezeigten Nummer erreichen, oder auch Generalmajor Stoessner anrufen, wenn sie etwas Konkretes finden sollten.“

Sie beendeten das Gespräch, aber Freysing war sich nicht ganz sicher, ob der NDB-Chef sich nun wirklich darum kümmern würde, die Videoaufzeichnungen der Bahnhöfe in der Schweiz sichten zu lassen. Wie schnell er selbst aktiver tätig werden konnte, würde davon abhängen, wie lange es dauerte, bis er Informationen erhielt, die ihn weiter brachten. Solange hatte er Zeit, saß aber auf glühenden Kohlen. Je länger es brauchte, desto schwieriger würde alles Weitere werden.

Er rief daher nun doch erst einmal Susannes Nummer an, erreichte aber nur einen Anrufbeantworter mit der Nachricht, dass sie gegenwärtig nicht erreichbar sei. Flitterwochen…, warscheinlich bekam sie zurzeit wenig Schlaf ab. Einen Moment lang dachte er darüber nach, auch Silke Wedding zu kontaktieren, deren Nummer mit ihrer SMS übermittelt worden war, aber dann entschied er sich dagegen. Mit einer neuen Bekannten in persönlicheren Kontakt zu treten, die er noch nicht besonders überprüft hatte, und die seinen zivilen Decknamen Flöter kannte, war gegenwärtig nicht sinnvoll, wenn er bei seiner Ermittlung weiterhin als „Freysing“ agieren wollte. Und natürlich dachte er auch an seine Katie, Cathleen Conquête…!

Untätig herum zu sitzen, war nicht seine Sache, daher ging er hinaus auf einen Rundgang, schloss sich dann aber einer Gruppe Soldaten an, die auf dem Weg des zum Gelände gehörenden Sportplatzes waren, um einen Zehn-Kilometer-Dauerlauf zu absolvieren. Ein Sportdress war schnell aufzutreiben, und wenig später rannten ein halber Zug des Wachbataillons und Freysing über die Aschenbahn um die Wette.

Die Lunge stach nach der Hälfte schmerzlich, nach drei Vierteln wurde es schier unerträglich – zu viel frühere St.-James-Zigrarillos machten sich bemerkbar. Aber Sax hielt durch, legte zum Ende hin noch einmal deutlich Tempo zu und blieb knapp Dritter hinter dem langbeinigen durchtrainierten Sportstar der Einheit und dem jungen Unteroffizier, der den Zug anführte.

Letzterer erzählte ihm hinterher im Waschraum unter der Dusche stolz, schon am Bonner Triathlon erfolgreich teilgenommen zu haben und zeigte sich nicht wenig erstaunt über die bemerkenswerte Kondition des mehr als doppelt so alten Freysing.

Zum Mittagessen traf der Agent frischgemacht und körperlich topfit auf Generalmajor Stoessner in der Offiziersmesse, der bereits eine Neuigkeit mitbrachte. Es waren erste farbige Einzelbilder aus Videoaufzeichnungen der Bahnhöfe Koblenz und Frankfurt am Main auf seinem IPad, die zeigten, wer den Nachtexpress dort verlassen hatte. Freysing besah sich eingehend die Bilder und stutzte.

„Kein Gepäck!“, meinte er und tippte mit den Fingern so auf den kleinen Flachbildschirm, das es den entsprechenden Ausschnitt vergrößerte. Es zeigte einen Mann in einem hellen Mantel, mit hochgeschlagenem breitem Kragen, sowie mit dunkelblonden, leicht ins rötliche gehenden Haaren. Er war nur ungünstig schräg von oben und der Seite her getroffen, dazu leicht verschwommen, so als sei er sich sehr bewusst gewesen, wie man die visuellen Überwachungsanlagen austrickst.

„Muss nichts bedeuten.“, entgegnete Stoessner, und fügte hinzu: „Das Video wurde in Koblenz aufgenommen. Nur drei Leute haben dort den Zug verlassen. In Frankfurt waren es sieben: Zwei Ehepaare, die das LKA bereits ausschließen konnte, mit der Sache zu tun zu haben, bekannte lokale Größen oder so etwas eben, und drei Einzelpersonen, zwei Frauen und einen Mann.“

„Dann soll das LKA in Hessen das erstmal noch weiter überprüfen.“

Der Generalmajor nickte, überspielte aber sämtliche Bilder in eine chiffrierte Cloud, sodass sie auch Freysing jederzeit von überall her abrufen konnte.

„Und Sie?“

„Ich schaue mich heute Nachmittag in Koblenz um, und dann in Frankfurt, wenn es sein muss. Wenn das da unser Mann ist, dann sollte sich seine Spur verfolgen lassen. Irgendwie muss er ja vom Bahnhof weggekommen sein. So früh am Morgen, da kann sich sicher jemand erinnern. Ein anderer Fahrgast vielleicht, ein Taxifahrer, ein Busfahrer, ein Frühaufsteher, der durch die Straßen joggt…“

„Es sei denn, er wurde abgeholt.“

„Noch auffälliger! Gibt es vor dem Bahnhofsgebäude auch Videoüberwachung?“

„Nicht in Koblenz. Jedenfalls nicht so weit, als das man sehen könnte, was er nach dem Verlassen des Eingangsbereichs getan hätte. Und was sagt die Schweiz? Haben die etwas, das uns weiterhilft?“

„Wallner wollte sich drum kümmern, hat sich aber bei mir noch nicht wieder gemeldet.“

„Bei mir auch nicht. Geben wir ihm etwas Zeit.“

„Was ist mit Überlebenden aus dem Zug?“

„Da gab es nach aktuellem Stand nur noch vier. Drei Männer und eine Frau. Sie liegen alle im Godesberger Krankenhaus auf dem Berg.“ Er meinte damit das Waldkrankenhaus direkt am westlich verlaufenden Kottenforst, welches das nächsterreichbare größere von der Unfallstelle aus war und die am schwersten Verletzten des Anschlages noch am frühen Sonntagmorgen aufgenommen hatte. Von der Hardthöhe aus gelangte man mit einem bequemen Waldspaziergang dorthin, mit dem Auto musste man den ganzen Berg umfahren. Da es inzwischen draußen zu regnen begonnen hatte, entschloss Sax sich aber trotz des Umweges geistig bereits zu letzterem.

Er aß die letzten Bissen seines Jägerschnitzels auf, spülte mit ein paar großen Schlucken Mineralwasser nach, dann ging er zum Z1 und verließ das Gelände. Damit fuhr er zunächst zur BND-Außenstelle nach Meckenheim-Merl, wo seit dem Ende der Stahlmann-Affaire immer noch die seither nicht benötigte 7er BMW Hybrid-Limousine schlummerte: Sein Dienstwagen, der im Gegensatz zum Sportcoupé mit einigen sinnvollen Extras ausgestattet war, die herstellerseitig nicht angeboten wurden. Zuletzt hatten diese ihm das Leben gerettet, als jemand eine Bombe unter seinem Wagen platzierte. Die Opfer im Nachtzug hatten am Sonntag nicht so viel Glück besessen.


In Bonn ging derweil das Leben weiter. Die Läden hatten geöffnet, es herrsche geschäftiges, wenn auch sehr bedrücktes Treiben auf den Straßen. Die Bewohner der südlichen Ortsteile, die sich nach dem Schock des gestrigen Morgens etwas erholt hatten, bevölkerten das Zentrum Bad Godesbergs. Überall war der schwere Anschlag in unmittelbarer Nähe Gesprächsthema. Gleichwohl konnte alles nicht darüber hinweg täuschen, dass der gewöhnliche Tagesrhythmus in Unordnung geraten war. Viele Menschen meldeten sich „krank“, aus Angst, ihnen könnte unterwegs etwas zustoßen.

Halbmast war an allen öffentlichen Gebäuden geflaggt, nicht nur in Bonn oder im Land Nordrhein-Westfahlen, sondern im gesamten Bundesgebiet. Alle Jahrmärkte und öffentlichen Feste, die gegenwärtig stattfanden, standen still oder wurden bereits in Staatstrauer vorzeitig abgebaut. Es war nicht die Zeit für fröhliches Feiern.

Im westdeutschen Regionalfernsehen gab es Interviews mit dem Oberbürgermeister der Bundesstadt und mit anderen lokalen Größen, die schnelle und unbürokratische Hilfe für die Opfer und deren Angehörige versprachen. Bisher waren allerdings noch nicht sehr viele der Toten aus dem Zug identifiziert worden. Fraglos waren auch etliche Menschen darunter, die in der Schweiz oder in den Niederlanden lebten, und es würde eventuell noch Wochen dauern, bis Klarheit darüber herrschte, wer hier alles umgekommen war. Für diejenigen, die Bekannte und Verwandte im betroffenen Zug vermuteten, war eine spezielle Telefonnummer eingerichtet worden, und dort, wo sich das Schlimmste bewahrheitete, kümmerten sich Seelsorger und Psychologen um die herbeieilenden engeren Angehörigen.

Der Bundespräsident hatte bereits am Sonntagabend in einer Sondersendung auf allen Kanälen gesprochen und die Tat, wer immer für sie verantwortlich war, scharf verurteilt. Auch sagte er Bundeshilfe für die Opfer zu und versicherte, dass seitens der Regierung und Polizeibehörden alles getan werde, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die diesen heimtückischen Anschlag begangen hatten.

Erstmals seit vielen Jahren gab es auf der „Hofgartenwiese“ vor der Bonner Universität wieder eine große, spontane nicht angemeldete Demonstration – gegen Gewalt und Terrorismus. Sie nannten sie sinnigerweise „Montagsdemo“, ein Begriff, der allzu schnell von den Medien übernommen wurde.

Einige Rechtsradikale beschimpften und verdächtigten bei der Gelegenheit allerdings auf Plakaten und in Sprechchören ganz offen und pauschal ausländische Mitbürger, vornehmlich solche muslimischen Glaubens, und machten Stimmung für eine sofortige Ausweisung aller „Fremden“. Bald kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den radikalen Rechten und den autonomen Linken, allesamt mehr oder weniger vermummt und Gewaltbereit. Steine und Knüppel flogen.

Als wenn die kleine Stadt am Rhein nicht schon genug zu tun hätte, mussten zwei Hundertschaften ausrücken, um den Unruhen am Nachmittag ein Ende zu bereiten. Kräfte, die andernorts dann fehlten, auch wenn die Aufräumarbeiten in Mehlem schon deutliche Fortschritte machten. Der Bahnverkehr auf der linken Rheinschiene blieb zwischen Bonn Hauptbahnhof und Remagen unterbrochen; alle Regional- und normalen Fernzüge in Nord-Süd-Richtung und umgekehrt wurden über Königswinter umgeleitet; Expresszüge fuhren nur noch über die ICE-Strecke Siegburg.

Die Bundesstraße 9 im Bonner Süden blieb gesperrt und Autofahrer wurden im Verkehrsfunk aufgefordert, den Anschlagsort weiträumig zu umfahren. Eine Voll-sperrung des gesamten Bereichs hatte auch zur Beeinflussung des Berufsverkehrs geführt. Einige Schulen in der Umgebung blieben am Montag geschlossen, nachdem weder Lehrer noch Schüler dorthin gelangen konnten oder diese evakuierte Anwohner des Ortsteils Mehlem aufgenommen hatten. Städtische Buslinien mussten große Umwege fahren oder fielen gänzlich aus. Über der Stadt kreisten ständig mindestens zwei schwere Polizeihubschrauber, um den Einwohnern zumindest ein wenig das Gefühl der Sicherheit zurückzugeben, dass sie am Wochenende so schlagartig verloren hatten.

Überall an kritischen Punkten patroullierte die Polizei, zur Abschreckung ganz offen mit locker getragenen Maschinenpistolen bewaffnet, und kontrollierten auf Anordnung des Innenministeriums willkürlich Passanten. Der gesamte Großraum Bonn war rechtlich in eine „Sicherheitszone“ verwandelt worden, allerorten fanden willkürliche Personenkontrollen statt. Es gab insgesamt daher wahrscheinlich nunmehr gegenwärtig keinen sichereren Platz auf diesem Planeten als diesen hier.

Am Mittwoch bereits sollte es im Bonner Münster und auf dem Platz davor einen Staatsakt zum Gedenken an die zahlreichen Opfer geben. Die Kanzlerin hatte sich angesagt, daneben zahlreiche weitere Bundes- und Landespolitiker. Auf der Liste der erwarteten Gäste stand angeblich auch Friedhelm von und zu Lauenberg, wie der Reporter eines Lokalsenders nebenher mitteilte.

Der leichte Nieselregen, der Bonn seit dem Mittag in Tristesse hüllte, gab der Stimmung den Rest, und sie wirkte ansteckend auf Freysing, der nun die 7er-Hybrid-Limousine mühelos zum Waldkrankenhaus hinauf steuerte. Er fand einen Parkplatz im Gelände gegenüber, stieg aus und ging eilig, den Mantelkragen hochgeschlagen, aber ohne Schirm, die breite Zufahrt zum Klinikeingang zu Fuß entlang. Angekettete Fahrräder mit nassen Sätteln säumten den Weg; ein Krankenwagen fuhr leise mit eingeschaltetem Blaulicht, aber ohne Sirene vorbei, um einen Verletzten zur Notaufnahme zu bringen. An der Information im Erdgeschoss erhielt Freysing sofort die Auskunft, die er haben wollte: Die Überlebenden des Unglücks aus dem Zug befanden sich auf der Intensivstation der Chirurgie. Freysing wartete nicht auf einen Aufzug, sondern nahm die Treppe und musste oben in der Abteilung angekommen erst einmal mit sehr viel Überredungskunst und seinem Ausweis aufwarten, um überhaupt in den abgesicherten Bereich zu gelangen. Überall herrschte reges treiben auf den Gängen.

Er bekam eine grüne Schürze, die sich auf dem Rücken zusammenbinden ließ, Einweg-Handschuhe, ebensolche Kopfbedeckung, Mundschutz und Plastik-Überzüge für seine Straßenschuhe - dann erst wurde er in Begleitung einer bekittelten blutjungen Assistenzärztin mit Nickelbrille und ebenfalls antiseptischer Kluft vorgelassen. Es hatte ursprünglich noch sieben Überlebende aus dem Zug gegeben. Zwei waren allerdings schon auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben, eine ältere Frau in der Nacht zum Montag dann hier auf der Station, und zwei weitere mussten ins Koma versetzt worden, nachdem sich deren Zustand nach Notperationen verschlechterte. Der wache Mann, der auch noch hier auf der Intensivstation lag, sprach aber wenn überhaupt nur algerisch und war offenbar ein illegaler Einwanderer mit falschen Papieren auf Durchreise. Ansprechbar war somit nur eine einzige Person.

„Günter Freysing.“, stellte Sax sich selbst knapp vor, als er neben ihr am Bett stand und sie die Augen in seine Richtung bewegte. Seine Stimme klang dumpf hinter dem Mundschutz. Den üblichen Spruch mit Ypsilon ließ er weg. Die junge Frau, die das Attentat deshalb überlebt hatte, weil sie aus dem Zug herausgeschleudert und in der Böschung gelandet war, sah unter den Verbänden nicht so aus, als sei sie zu Scherzen aufgelegt. Er musste laut sprechen und seine namentliche Vorstellung wiederholen, offenbar waren auch ihre Trommelfelle durch die Explosion sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Ihr Atem ging langsam, das Gesicht war abgesehen von Öffnungen um Augen, Nase, Ohren und Mund wegen der erlittenen Verletzungen ringsherum sorgfältig und wohl gerade frisch bandagiert. „Ich komme von der Regierung. Aber sagen sie einfach Günter.“, fügte er hinzu, bevor sie ihn für einen neugierigen Journalisten hielt.

„Thekla Carola Grimbergen.“, brachte sie hervor und hustete etwas.

Sie war mit vielen Kabeln an Geräte auf dem Bettschränkchen angeschlossen. Die Anzeigen wiesen einen etwas flachen Blutdruck aus, waren aber ansonsten erstaunlich normal. Ein ECMO-Apparat sorgte geräuschvoll dafür, dass sie über die Nase genügend Sauerstoff erhielt, aber auch nur mühsam und langsam sprechen konnte.

„Schöner Name. Verwandt mit den Bier-Grimbergens in Belgien?“

„Nein. Meine Familie stammt aus dem Saarland. Eine Laune meiner Eltern. Meine Mutter hat damals gern im Fernsehen die Serie „Wie gut das es Maria gibt“ mit Thekla Carola Wied gesehen. Und Maria war wohl auf meiner Seite!“. Er bemerkte das kleine hölzerne Kruzifix an der Kette um ihren Hals.

„Dann können sie ja von Glück reden, dass es nicht „Lassie“ war!“

Jetzt musste sie doch kurz auflachen, aber er bemerkte, dass ihr dabei der Schmerz durch den Körper fuhr. Die bei ihnen gebliebene Ärztin sah ihn kurz streng an, musste aber selbst unter dem Mundschutz sichtlich schmunzeln.

„Können Sie sich an irgendetwas erinnern?“, kam er zur Sache, im Bewusstsein, dass Opfer schwerer Unglücke oder Attentate oft eine Teilamnesie erleiden.

„An nicht viel.“, sagte sie sodann auch erwarteter weise. „Ich weiß noch, dass ich zur Zugtoilette gegangen bin, und ich meine, sie auch wieder verlassen zu haben… Was ist denn passiert? Hier sagt man mir ja nichts.“ - Beide blickten sie die Ärztin an, die nach kurzer Überlegung zustimmend in Freysings Richtung nickte.

„Es gab einen Anschlag auf den Nachtexpress, in dem sie mitfuhren.“

„Oh mein Gott!“, stieß sie sofort hervor. Ihr Puls und Blutdruck stiegen etwas an.

„Ich fürchte, Gott hatte da nicht die Finger im Spiel. Eher im Gegenteil.“

„Gab es viele Verletzte?“, fragte sie, entnahm aber wohl seinem mitleidigen Gesichtsausdruck, dass die Frage naiv sein musste.

„Sie haben sehr viel Glück gehabt, Thekla!“, sagte er nach einem Moment des Zögerns anstelle einer konkreten Antwort. „Gab es unterwegs irgendjemanden, der ihnen aufgefallen ist?“

Thekla Grimbergen dachte nach und trank dabei einen Schluck Wasser aus der Schnabeltasse vom Bettschränkchen, das er ihr, den Wunsch erahnend, reichte, sie schüttelte dann aber nur den Kopf, das Sprechen fiel ihr einigermaßen schwer. Sie hatte noch den Geschmack des Anästhetikums im Mund, mit dem sie während der Stunden ihrer Operationen narkotisiert worden war.

Sax beschrieb ihr möglichst präzise die Personen, die in Koblenz den Zug verlassen hatten, speziell den Mann ohne Gepäck. Es war eine vage Hoffnung, aber sie verneinte, eine davon zu kennen. Nur an ein Detail konnte sie sich erinnern, bevor es um sie herum dunkel wurde, und das war die defekte erste Zugtoilette, die sie gezwungen hatte, einen ganzen Waggon hindurch weiter zu gehen.

„Sind ihre Angehörigen informiert?“, fragte er sie zuletzt.

Thekla Grimbergen nickte und gab an, dass dies die „grünen Damen“ erledigt hätten. Sie meinte damit die evangelischen Helferinnen des Hauses, die schnell und freiwillig zur Stelle waren, um sich der kleinen Probleme und Sorgen der Patienten anzunehmen, welche sonst völlig auf sich allein gestellt waren. Ihr Bruder wollte sie bereits morgen besuchen, allerdings würde sie ohnehin noch ein paar Tage auf der Intensivstation bleiben müssen, „also nicht davon laufen“, fügte sie hinzu.

Bevor er ging, zog sie Sax mit einer Hand am Anzugärmel und fragte doch noch einmal, wie viele denn aus dem Zug überlebt hätten. Die Assistenzärztin gestattete ihm mit einem kurzen Nicken, ehrlich zu antworten, und er sah, wie sich eine Träne den Weg vom Auge herunter bahnte, als er nur vier Finger in die Höhe hielt. Von den weiteren Toten und Verletzten aus dem Umkreis des Anschlages erzählte er nichts. Sie würde es früh genug erfahren.

Sax drückte ihr zum Abschied kurz die Hand und sah zwischen den Verbänden in ihre Augen. Es waren schöne Augen von bernsteinfarbener Eleganz, lebendig und klar, aber zugleich seltsam zwiespältig gegenwärtig auch sehr traurig. Er freute sich, dass es ihr offenbar, den Umständen entsprechend, so gut ging. Dass dies sehr täuschte, erfuhr er beim Hinausgehen von der Assistenzärztin.

Thekla Grimbergen hatte eine Lunge in der Not-OP verloren, die andere arbeitete mit etwas mehr als achtzig Prozent; daher auch das ECMO-Gerät. Ein Arm und beide Beine waren mehrfach gebrochen, ein Bein würde wahrscheinlich für immer steif bleiben, und sie hatte zwei Finger der Hand verloren, die Freysing nicht gehalten hatte. Nur ihr erstaunlich starker „saarländischer Dickschädel“ hatte außer einer Gehirnerschütterung und einer Art Schleudertrauma nichts mitbekommen, und abgesehen von einer schmerzhaften Prellung war auch die Wirbelsäule unbeschädigt geblieben.

Und da war sie wieder, die Wut, die ihn, Sax, erfasste, jedes Mal dann, wenn Zivilpersonen in die schmutzigen Machenschaften von Kriminalität und Terrorismus gerieten. Unwillkürlich ballte er auf dem Rückweg die Faust. Während er zum Fahrzeug zurück ging, erreichte ihn jedoch ein Anruf auf dem IPhone. Es war Konrad Wallner vom NDB in Bern.

„Wir haben die Videoaufzeichnungen von den Bahnhöfen, nicht wahr? Also, wohin sollen wir sie übermitteln?“

„Einfach auf diese Nummer!“, meinte Freysing und schluckte seine Gereiztheit herunter. Der Schweizer konnte schließlich nichts dafür.

„Reicht ihr Speicher dafür?“ Wallner war wohl nicht ganz up to date.

„Cloud.“, lachte Freysing kurz, ohne wirklichen Humor. „Nur zu!“

„Also!“

Die Daten wurden übertragen, während er sich mit Konrad Wallner weiter unterhielt. Es gab in der kurzen Zeitspanne noch keine Neuigkeiten über die Ermittlungen zum Diebstahl des Sprengstoffes; sollte es diese geben, rückte der Schweizer zumindest nicht damit heraus. Der Mann vom NDB bat noch darum, auf dem Laufenden gehalten zu werden. Die Weitergabe von Informationen zwischen den Diensten ist immer eine Sache auf Gegenseitigkeit.

Im Fahrzeug schaltete Sax den Bordbildschirm ein und holte sich die Bilder der deutschen Bahnhöfe sowie andererseits jene aus Zürich, Basel und dem aargauer Baden ins System. Auf einem vertikal geteilten Screen wurden in Windeseile die Bilderserien per Gesichtsdatenerkennung verglichen. Es gab sehr viele Aufnahmen in den Videos, denn allein in Zürich und Basel waren zahlreiche Menschen in den Nachtexpress eingestiegen. Zum Vergleich standen die Bilder der Aussteigenden in Koblenz und Frankfurt/Main, auch wenn dieses bezüglich des Verdächtigen nur unscharf war. Freysing wartete, bis die Analyse abgeschlossen war. Irgendwann rotierten die Bilder nicht mehr durch, sondern blieben mit der aufblinkenden Anzeige „ÜBEREINSTIMMUNG FESTGESTELLT“ stehen.

Auf der linken Seite war die Gestalt eines dicklichen, stoppelbärtigen, silbernen Tinnef tragenden und schwarzhaarigen Heavy-Metal-Gothic-Rockers mit Koffer in Basel zu sehen, auf dem anderen das jenes blond-rotstichigen Geschäftsmannes ohne jegliches Gepäck in Koblenz. Die Aufnahmen waren beide aus einem schrägen, ungünstigen Winkel heraus gemacht, aber das System ließ sich nicht täuschen. Trotz der Merkmale, die der Mann im Zug an sich verändert haben musste, hatte es eine Übereinstimmung von zweiundsiebzig Prozent festgestellt, allein durch die seitliche Vermessung von Kinn-, Backen-, Augen- und Stirnpartie. Wenn er aber sein Aussehen während der Zugfahrt verändert hatte, musste es dafür einen Grund geben – und das Zurücklassen einer Bombe war ein sehr guter Grund!

Sax verwendete eine besondere App, um aus dem Bild vom Koblenzer Bahnhof, das er von Stoessner erhalten hatte, und dem identifizierten Gegenpart aus Basel ein vollständiges Gesicht zu erstellen, welches schließlich ein klares Bild des Mannes zeigte, so wie er tatsächlich aus dem Zug gestiegen war. Daten aus dem unscharfen Bild wurden auf das Bessere des NDB extrapoliert, und umgekehrt.

„Moderne Technik ist doch etwas feines…“, murmelte Sax.

Das so in wenigen Sekunden entstandene Hybridbild sandte er über die kabellose, aber einigermaßen spionagesichere Datenleitung an den BND-Computer in Pullach, der dort noch seinen Dienst versah, bis Berlin endgültig den Betrieb aufnahm. Wenn es über diesen Hybriden aus Echt-Bildern etwas in der Datei gab, dann würde er es in wenigen Minuten wissen. Er startete derweil den Wagen, verließ den Parkplatz am Krankenhaus, fuhr den Berg hinab und auf dann aus dem Stadtbezirk ins umgebende Ländchen hinein, um zur Autobahn zu gelangen, die in Richtung Koblenz führte. Bereits bevor er sie erreichte, kam die Datenantwort. Das Foto auf dem Bildschirm zeigte nun einen sonnengebräunten schwarzhaarigen Mann mit kurz getrimmten Vollbart, aber gleichen Gesichtsmerkmalen. Es mochte dem Bauwerk im Hintergrund nach zu urteilen in einem südlichen Land gemacht geworden sein; daneben stand die obligatorische Vita in Kurzform. Sax rief direkt Stoessner über die Freisprechanlage an, während er fuhr.

„Der Mann, den wir suchen, ist Niederländer. Er reist unter verschiedenen Identitäten und ist bei uns als Tarek Amostar registriert. Gebürtig im Gelderland unter dem Namen Huub Feniksen, konvertierte er im Alter von einundzwanzig Jahren zum Islam, ist diesem aber nicht treu. Er gab sich jedoch einen islamischen Namen – Amostar - und verbrachte auch insgesamt mehrere Jahre im Nahen Osten. Der Mann wurde vom CNI in Zusammenhang gebracht mit 11-M in Madrid 2004 und auch verhaftet.“

Freysing überlegte noch, während er die Daten verinnerlichte und mit Stoessner sprach. Vor etwas mehr als zehn Jahren, am 11. März 2004 war es zu beinahe einem Dutzend annähernd zeitgleicher (heute als „11-M“ bekannten) verheerender Terroranschlägen auf Züge bei Madrid mit islamistischen Hintergrund gekommen. 191 Menschen fanden dabei den Tod, über zweitausend wurden verletzt. Der spanische Geheimdienst CNI machte daraufhin einen Mann namens Serhane Ben Abdelmajid als Rädelsführer ausfindig, welcher sich anfang April mit mehreren Komplizen bei einer Razzia selbst in die Luft sprengte. Zuvor hatte die Regierung versucht, die Tat ETA-Terroristen in die Schuhe zu schieben. Angeblich waren die Anschläge damit aufgeklärt.

Sax fuhr fort: „Amostar, damals ein Mitläufer, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem er wohl Hinweise auf die wahren ausführenden Attentäter gegeben hatte. Zwischen 2007 und 2011 war er dann für Gruppierungen verschiedenster Ausrichtung tätig, unter anderem in Nordafrika. Zuletzt wurde er wegen zweier größerer und Aufsehen erregender Anschläge 2013 in Kairo gesucht. Die Ägypter behaupteten vor einiger Zeit allerdings, er sei tot! Die internationale Fahndung nach ihm wurde daraufhin aufgegeben.“

„Und er ist es nicht! Tot, meine ich. Also doch Islamisten?“, fragte der Generalmajor, selbst skeptisch zurück.

„Das glaube ich weniger. Er wurde zwar im Nahen Osten weiter mit Sprengstoffen ausgebildet, arbeitet aber nach unserer Kenntnis für jeden, der ihn dafür bezahlt. Früher vor allem in Südeuropa. Er ist auch verdächtig, mehrere kleine Anschläge in Belgien für die Flandrische Liga und in Frankreich für die Basken verübt zu haben. Also keine eindeutige politische oder ideologische Ausrichtung. Handfeste Beweise dafür, dass wir es ausschließen könnten, gibt es freilich nicht. Dass er auch noch ein derartiger Masken- und Verkleidungskünstler ist, ist uns allerdings neu.“

„Sie meinen also, er hat das Attentat im Auftrag ausgeführt?“

„Es würde zu seinem früheren Vorgehen passen. Bomben in Zügen, und möglichst viele Opfer.“, meinte Sax, der sich die genaueren Daten von Amostar geholt und diese überflogen hatte. „Er ist in Basel eingestiegen und hat die Bombe platziert, bevor er in Koblenz wieder ausgestiegen ist. Drop und Hop…

„Aber wir haben keinen wirklichen Beweis. Außer dem gebastelten Foto.“

„Trotzdem könnten wir ihn einfach verhaften lassen, wenn wir ihn finden. Er wurde von Interpol gesucht, und wenn er noch lebt, ist es kein Problem, die Fahndung zu reaktivieren. Er war definitiv an Bord des Zuges, was brauchen wir noch?“

Stoessner schien einen längeren Moment nachzudenken. Dann gelangte er zu einem Entschluss: “Wir wissen jetzt, wie es passiert ist, und haben eine genaue Vorstellung davon, wer es praktisch getan hat. Aber wir wissen noch nicht, warum es geschah. Ich halte es für sinnvoller, etwas über seine Hinterleute herauszufinden. Außerdem… da wäre immer noch der Sprengstoff. Es fehlen, wie viel? - Fast fünfhundert Kilo!?“

„Ja, das geht mir allerdings auch im Kopf herum. Aber aufscheuchen sollten wir ihn schon ein wenig. Lösen wir doch einfach eine offene Fahndung mit dem Foto aus Basel aus, ohne Namen. Das wird ihm zeigen, dass wir auf seiner Spur sind, aber ihn nicht unbedingt besonders verunsichern. Wenn Amostar auch vielleicht nicht das ganze Material besitzt, kann er sicher einen Hinweis auf dessen Verbleib geben. Aber das tut er eher nicht in einem regulären Polizeiverhör!“

„Dann machen Sie ihn ausfindig und gesprächig. Die Spanier haben das damals ja wohl auch geschafft!“

„Verstoßen wir nicht wieder mal gegen das geltende Recht, wenn wir innerhalb unserer Staatsgrenzen ermitteln? Das dürfen wir doch eigentlich nicht.“

„Als wenn sie das jemals gestört hätte!“, murrte Stoessner. „Außerdem ist nicht anzunehmen, dass er sich nach dem Ding lange in Deutschland aufhalten wird. Wahrscheinlich ist er eh längst weiter abgetaucht.“

Freysing schob die Vermutung seines Chefs mit einem kurzen Grummeln beiseite. Er hoffte, schneller zu sein. Der Anschlag war am Sonntagmorgen erfolgt. Es war erst etwas mehr als ein Tag vergangen, die Spur noch warm. „Wir brauchten dann aber auch ein Druckmittel. Oder besser, einen Köder…“

„Eines nach dem anderen. Wenn sie ihn gefunden haben, werden wir eine Lösung finden. Notfalls müssen sie eben Improvisieren. Das können Sie doch?“

Es wurde Zeit, nach Koblenz zu fahren, um dort nach Amostar zu suchen.

Sax wollte es selbst tun, denn bis die rheinland-pfälzische Kriminalpolizei tiefer in die Angelegenheit eingeweiht sein und die nötigen Recherchen anstellen könnte, war die Spur womöglich kalt.

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Geheimauftrag für Sax (2)

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