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7. Hans

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Die Tür fiel vor meiner Nase ins Schloss. Einerseits war ich erleichtert mit Alma über die ganze Sache gesprochen zu haben, andererseits wusste ich nicht so recht, wie ich mit ihrer Reaktion umzugehen hatte. Was hatte ich erwartet? Dass sie Mitleid mit mir hatte, weil ich ihre Liebe zerstört hatte? Wohl kaum. Meine Hoffnung bestand wohl eher darin, dass wir reden würden, bis wir uns auf eine gemeinsame Mission geeinigt hatten. Aber das war wohl zu hoch gegriffen. Sie hatte jedes Recht der Welt, sich Zeit zu nehmen, um alles zu verdauen. Was konnte, oder besser, was sollte ich als nächstes tun, falls sie sich nicht von selber melden würde? Ich hörte auf der anderen Seite der Tür keinen Mucks. Alma musste ebenfalls noch am selben Fleck stehen geblieben sein, an dem sie stand, als sie mich verabschiedet hatte. Ich sollte gehen. Ich drehte mich um und setzte mich in Richtung Treppe in Bewegung.

Als ich aus der Haustür trat, hatte ich eine Idee. Ich würde mir ein ruhiges Plätzchen suchen und schauen, ob ich Joy erreichen konnte. Joy war schon in der einen oder anderen Situation eine große Hilfe gewesen. Sie war eine Kollegin aus Australien, die ich über den Firmenchat kennengelernt hatte. Sie hatte eigentlich immer eine Lösung. Ihr fiel auch in der verquersten Situation eine Möglichkeit ein, wie das Problem anders betrachtet werden konnte oder wie, wenn man nur ein paar Dinge verschob, die Lösung sich – Schwups – selbst präsentierte. Nicht weit von Almas Wohnung entfernt gab es ein Park mit einem Café, aus dem sich ein herrlicher Blick auf den Park bot und das freies WLAN hatte. Ich trat ein, grüßte die Barista zurück und fand einen Platz genau am Fenster, in einem Sessel. Ich legte meine Sachen dort ab und stellte mich an, um mir einen Kaffee und ein Stück Kuchen zu bestellen. Ich machte es mir mit meinem Heißgetränk und meinem Leckerli am Fenster gemütlich und zückte mein Smartphone. Mal schauen, ob Joy zu erreichen war. Ich schrieb ihr eine kurze Nachricht, bevor ich den ersten Schluck nahm. Sofort gab mein Telefon das vertraute Bingen von sich. Sie war da. Was ein Glück! Ich schrieb sofort zurück.

Hey, na du? Wie geht es dir? Fleißig am Arbeiten? Oder hattest du frei? Konntest du etwa die Sonne Australiens am heutigen Tag genießen?

Ich wollte sie nicht gleich überfallen und mit meinen Problemen volltexten, machte ein Foto von meinem Getränk vor dem Kuchen, im Hintergrund der Park, und schickte ihr das Foto.

Liebe Grüße aus Berlin, versuche gerade ein bisschen Samstag zu spielen.

Als Antwort kam ein Foto von einem Paar nassen Füßen im Sand, von denen es heruntertropfte. Es schien so, als hätte sie sich heute einen entspannten Tag gemacht.

Ja, vielen Dank, ich hatte heute ein paar Stunden frei. Jetzt bin ich schon wieder am Machen und Tun. Die letzten Stunden eines wichtigen Dates. Gerade wird die nächste Runde ‚Foster‘ bestellt. Alles also noch sehr entspannt. Und bei dir? Alles unter Kontrolle?

Haha! Alles unter Kontrolle... Was sollte ich denn darauf antworten? Hier war gerade nun wirklich so gar nichts, überhaupt nichts, unter Kontrolle. Der Wagen hing förmlich über dem Abgrund und jede unüberlegte Bewegung konnte den Absturz bedeuten. Allerdings war ich nicht alleine im Auto. Es hing genauso davon ab, welche Bewegungen von Alma gemacht wurden. Von meiner Anhörung wusste Joy bereits, nur nicht, dass ich sie schon hinter mich gebracht hatte. Das musste ich ihr noch schreiben und von den Erlebnissen seither berichten. Ich wusste eigentlich selbst nicht ganz, wie diese Woche so schnell vergehen konnte. Gerade noch saß ich in der Anhörung und versuchte mich zu erklären. Dann hatte ich mein Treffen mit „Dem Großen“ und schöpfte neuen Mut. Ich stellte den Antrag, um mich Alma vorstellen zu dürfen und vor einer Stunde stelle ich mich ihr schon vor. Ich war auf Bewährung. So nannte man das wohl. Ich hatte das Gefühl, dass „Der Große“ seine Finger bei der Entscheidung mit im Spiel hatte. Ohne ihn hätte ich sicher nicht diese Gelegenheit bekommen. Schon allein deshalb durfte ich diese Chance nicht vergeigen. Ich musste es schaffen, dass Alma und ich ein Team wurden. Und genau hier brauchte ich Joys Hilfe! Ich fing an, ihr eine längere Nachricht zu schreiben. Ob alles unter Kontrolle war, das sollte sie lieber selbst beurteilen. Ich schloss meine Nachricht mit folgenden Sätzen:

Tja und so sieht es aus. Jetzt könnte ich wirklich einen deiner genialen Einfälle gebrauchen. Hast du nicht eine Idee, wie ich es schaffen könnte, dass Alma mir verzeiht? Eigentlich kann ich wohl nicht erwarten, dass sie mir verzeiht, aber dass sie zumindest einen Sinn darin sieht, trotzdem mit mir zusammenzuarbeiten? Sie kann sich ja ein wenig Zeit lassen. Aber dass sie mich wenigstens kontaktiert?! Mir sind die Ideen ausgegangen, leider.

Es dauerte eine ganze Weile bis ich sah, dass Joy schrieb. Technik war schon etwas Geniales. Es machte das Warten etwas angenehmer, wenn zu sehen war, dass etwas passierte.

Wow! Ich hatte ja gehört, dass du in der Klemme sitzt. Aber mein Lieber, du bist mir ja einer! Gut – lass mal uns mal sehen, was mir so einfällt… Wie bekommen wir sie dazu, dass sie dich anruft? Das ist die erste Aufgabe. Hier habe ich eine Frage: Hat sie Freunde, sind die in Beziehungen und trifft sie sich mit denen? Das solltest du als Erstes herausfinden!

Ich wusste doch, auf Joy war immer Verlass. Sie war einfach super!

Ja, sie trifft sich morgen mit ihren alten Schulfreunden und deren Partnern.

Die Antwort kam sofort:

Perfekt! Finde heraus, wer für ihre Freunde zuständig ist und bitte die „Finder“ darum, ein wenig mehr Harmonie als normal zu streuen, damit sich die liebe Alma als Außenseiterin zwischen den vielen Liebenden fühlt. Ist das passiert, wird sie dich sicher sehr bald kontaktieren… Durch deine Offenbarung fühlt sie sich mit dir verbunden. Dein Leiden hat ja auch mit ihrem zu tun. Mit ein bisschen Hilfe deiner Kollegen sollte das so gut wie kein Problem sein.

Super Idee Joy – aber was mache ich, wenn sie angerufen hat? Dann kommt sie auf mich zu und wie halte ich sie am Ball? Ich muss ihr doch was bieten? Alles was ich zu bieten habe, interessiert sie nicht im Geringsten. Sie will sich nicht verlieben. Sie hat die Nase gestrichen voll, das konnte ich ihr heute genau ansehen.

Es dauerte eine geraume Weile, bevor auf der anderen Seite der Welt wieder etwas in das Telefon getippt wurde. Ich konnte kaum erwarten, es zu lesen. Endlich bingte mein Telefon:

Hans, folgende Idee ist mir gekommen… Sie ist noch nicht ausgereift, aber ich schieße einfach mal los und sag es dir kurz und knackig: Du machst Alma zu deiner Partnerin und hierbei meine ich nicht zu deiner Lebens- oder Liebespartnerin, sondern zur Businesspartnerin! Biete ihr an, dir bei einem anderen Problemfall zu helfen. Ich denke da z.B. an deine Chloé. Somit lernt sie die Liebe und die Emotionen auf eine ganz neue Art kennen. Was sagst du? Zu verrückt?

Das musste ich mir gerade mal vorstellen… Alma zu meiner Assistentin machen… Diese Idee war genial! Natürlich! Dann würde sie vielleicht sogar wieder Vertrauen zu mir fassen und die schönen Seiten der Liebe beeinflussen können. Aber war dann ein Problemfall die richtige Herangehensweise? Auf jeden Fall war es einen Versuch wert…

Joy, deine Idee ist DIE Lösung, du bist der Knaller! Aber meinst du, ich sollte nicht lieber ein Paar aussuchen, das ihr zeigt, wie glücklich man sein kann?

Wenn du mich fragst, würde deine Alma dir die tollen Geschichten nach kurzer Zeit gelangweilt um die Ohren hauen. Fordere sie heraus! Gib ihr eine Aufgabe, bei der sie jemanden dazu bringen muss, sich zu verlieben. Vielleicht ändert das ihre Meinung. Versuchen schadet ja nicht. Was hast du zu verlieren?

Sie hatte Recht, was hatte ich schon zu verlieren?! Joy war großartig! Einfach Spitzenklasse! Das musste von der Sonne, dem Meer und den Menschen dort unten in Australien kommen. Ich wünschte, ich hätte sie drücken können. Ich war ihr so dankbar! Ohne Alma wirklich zu kennen, hatte sie sie durchschaut und einen Weg gefunden, wie ich Alma mit der Liebe involviert bekommen könnte oder zumindest wieder in Kontakt.

Du bist die Größte! Ich hoffe, dass das deine Chefs dort unten wissen! Du bist meine Heldin! So werde ich es machen und schaffen. Ich danke dir! Wenn ich dir bei irgendeiner Gelegenheit helfen kann, dann sag mir unbedingt Bescheid. Ich würde alles stehen und liegen lassen! Vielen Dank!

Bitte, gern geschehen! Ich drücke die Daumen, dass es klappt. Halt mich auf dem Laufenden, mit dir und mit dem Fall. Ich denke, ich habe gleich Feierabend. Schönen Samstag noch. Und Tschüss!

Tschüss!

Ich steckte das Telefon in die Tasche und wandte mich wieder Kaffee und Kuchen zu. Einen kräftigen Schluck von dem, schon nicht mehr so warmen, Kaffee floss meinen Hals runter und ich merkte, wie ich langsam anfing zu relaxen. Ja, doch, das könnte die Lösung sein. Auf jeden Fall war es eine gute Idee. Alma würde den ganzen Tag mit der Liebe zu tun haben und gar nicht merken, wie die Sehnsucht danach wieder ihren Weg in sie zurück fand. Ich war zufrieden. Joy einzubeziehen war eine gute Idee gewesen. Und so komisch es auch schien, sie schien alle Menschen zu kennen, ob sie ihn je begegnet war oder nicht. Sie war eine emotionale Wünschelrute, die immer den richtigen Ansatzpunkt fand, wie noch so unterschiedliche Personen anzusprechen oder zu behandeln waren. Sie war Gold wert. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück, schaute aus dem Fenster in den Park und ließ los. Einfach mal eine Pause. Energie sammeln, um die Aufgabe auch meistern zu können. Ich musste später nur noch herausfinden, wer für Almas Freundinnen und deren Männer zuständig war und diejenigen bitten, die Liebe und Gefühle für einander am morgigen Tag nahezu unerträglich für einen überzeugten Single zu machen. Dieser Teil der Aufgabe sollte der leichtere sein. Ich nahm noch einen guten Schluck und versuchte für einen weiteren Moment einfach an nichts zu denken. Noch vor einem halben Jahr hatte ich damit nie Probleme gehabt. Seither gaben sich Gedanken über mögliche Auswirkungen und Vorwürfe die Klinke in die Hand. Es schien, als ob ich die Fähigkeit verloren hatte, Stille in meinem Kopf zu erzeugen. Aber gerade in diesem seltsamen Augenblick zwischen Planung und Umsetzung konnte ich einfach loslassen und entspannen, einfach genießen. Die Zeit würde zeigen, ob der Plan klappte oder ob es wirklich vorbei wäre.


Darf ich vorstellen: Amor

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