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Suche nach einem Krankentransport

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Zwar konnte Max Becker privat keinen Krankenwagen organisieren, aber um drei Ecken kam er zu dem, was er suchte. Nach dem vor zwei Tagen geführten Gespräch mit Ella - worüber er sich immer noch ärgerte, da er es zugelassen hat, dass sie über ihn bestimmte, weil sie so einiges über ihn wusste, was sie eigentlich nicht hätte wissen dürfen - traf er rein zufällig auf eine alte Bekannte, die vor ein paar Jahren für ihn im „Chez Nous“ als Taxigirl arbeitete. Er hätte sie vielleicht gar nicht wiedererkannt, wenn er nicht auf den VW-Bus, aus dem sie stieg, aufmerksam geworden wäre. Er näherte sich dem Fahrzeug und dachte, dass es genau das wäre, was er bräuchte, als er von einer Frau, die dabei war alles gut abzuschließen, regelrecht in die Arme genommen wurde. Erst jetzt erkannte er sie wieder und musste sich zusammenreißen, damit sie nicht merkt, wie schockiert er über ihr Aussehen war. „Altes Haus“, sagte sie und hielt ihn immer noch fest, „du hast dich überhaupt nicht verändert. Woher wusstest du, dass ich zu dir wollte? Hast du mich gesehen und bist mir deshalb entgegen gekommen?“ Und ohne auf eine Reaktion von ihm abzuwarten, fuhr sie fort: „Ich wollte zu dir. Du musst mir helfen, ich stecke wiedermal ein bisschen im Dreck, und da dachte ich mir . . .“ Erst jetzt löste er sich aus ihren Armen, führte sie über die Straße zum Chez Nous, schloss das für Publikum noch nicht geöffnete Lokal auf und bat sie herein. Es schlug ihnen die schlechte, abgestandene Kneipenluft entgegen und in dem Moment als ihm ihr Name einfiel, äußerte er sich: „Also Margot, nun schieß man los; was hast du denn so Schreckliches erlebt, dass du meine Hilfe brauchst?“

„Ach Max, wenn ich dir das erzähle, du glaubst es nicht. Ich hatte mich doch selbständig gemacht, das weißt du. Von meinem – und sie schaute sich um – hier verdienten Geld habe ich mir den VW-Bus, natürlich gebraucht, gekauft und für meine Zwecke entsprechend eingerichtet. Vom Feinsten sage ich dir, mit allem Pipapo, ich kann sogar da drin schlafen. Anfangs hatte ich ja auch Erfolg, die Kerle standen Schlange. In ganz Lüneburg und in den umliegenden Dörfern war ich bekannt. Aber dann – und das war mein Fehler, weil ich zu lange an den jeweiligen Orten war – wurde ich eines frühen Morgens geweckt, und als ich noch halb nackt die Tür aufmachte, standen unzählige bis an den Zähnen mit Mistgabeln, Forken, Sensen und was weiß ich nicht noch alles bewaffnete Weiber vor mir und wollten mich lynchen. Sie schrien, drohten mir und fingen schon an, den Wagen zu demolieren. Da habe ich es mit der Angst zu tun gekriegt und halb nackt, wie ich war, setzte ich mich ans Steuer und fuhr los. Gott sei Dank noch im letzten Augenblick, denn die waren schon dabei den Wagen umzustoßen. Ich war froh, davonzukommen; doch ich frohlockte zu früh, denn einige der Weiber waren mit ihren Fahrzeugen da und folgten mir. Mit Müh und Not entkam ich über Schleichwegen und hoffe, dass sie mir nicht bis hier gefolgt sind.“

Max hörte sich alles an und konnte ein Lachen nicht ganz verkneifen. Er stellte ihr das inzwischen mit Whisky gefüllte Glas hin und erwiderte:

„So nun trink erst mal, damit sich deine Nerven beruhigen und dann sage mir, wie es deiner Meinung nach weiter gehen soll.“

„Das ist einfach gesagt. Ich dachte mir, den Wagen irgendwo unterzustellen und wieder hier bei dir anzufangen.“

„Ich hätte da eine bessere Idee. Zumal der Schuppen hier nicht mehr so läuft wie früher. Leider tote Hose. Sicher hast du bereits das Kellerlokal nebenan bemerkt. Es gehört mir und ist quasi ein – wie es auch heißt – „Lumpensammler“. Wir machen morgens um 4 Uhr auf und schließen erst am späten Vormittag. Du könntest hier arbeiten, Freier gibt es genug. Die Damen, die in Scharen hier verkehren, können jedenfalls nicht klagen. Aber, wie gesagt, ich hätte da, zumindest für vorübergehend, eine andere Idee.“

„Und die wäre?“

„Du kennst doch Ella Bolle?“ „Das ist doch die Bucklige, die hier hinter dem Tresen gearbeitet hat?“ „Richtig, während du dich durch die Dörfer gebumst hast, hat sie es ziemlich weit gebracht. Heute ist sie Fachmaklerin für Hotel und Gaststätten. Ihre Kundschaft kommt aber überwiegend aus dem Rotlicht-Milieu. Doch, das ist eine andere Sache, darüber können wir später reden. Also es ist so: Ella sucht jemanden, der gewillt ist, in einem Fahrzeug wie das deinige nach Südfrankreich zu fahren, um einen Unfallgeschädigten nach Hamburg zu holen. Sie würde dafür genügend springen lassen. Du wärst vorerst von der Bildfläche verschwunden, und bis du wiederkommst ist Gras über deine Angelegenheit gewachsen. Was meinst du, würdest du das können?“

Margot tat so, als ob sie noch überlegen müsste. In Wirklichkeit war sie jetzt schon Feuer und Flamme. „Ich glaub schon“, war dann auch nur zögernd die Antwort, denn sie wollte so viel wie möglich für sich dabei rausschlagen.

„Wenn du den Verletzten, in den sie bis über beide Ohren verknallt ist, reibungslos nach Hamburg bringst, würde es dein Schaden nicht sein. Sie könnte dir sicher eine Kneipe zur Pacht besorgen, aus der du – und das traue ich dir zu – eine Goldgrube machen würdest. Schließlich bist du nicht mehr die Jüngste und das jetzige Gewerbe musst du so oder so bald an den Nagel hängen. Na, was denkst du? Ja oder nein?“

Margot verschluckte sich beinahe an dem Rest Whisky in ihrem Glas, denn von dem, was Max ihr jetzt vorschlug, hätte sie kaum zu träumen gewagt. Mein Gott, dachte sie, eine eigene verräucherte Kneipe mit Korn, Bier, Frikadellen und Soleier, in der besoffene Kerle und Weiber ihresgleichen verkehrten. Ein Traum. Sie schloss die Augen und flüsterte kaum hörbar: „Ja.“

„Also gut, dann werde ich Ella anrufen und fragen, wann es los gehen kann. Aber erst will ich mir deinen Wagen von innen anschauen und wenn noch etwas für einen Schwerverletzten umgebaut werden muss, werde ich mich drum kümmern.“

Die Egomanin

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