Читать книгу Netz der Gewalt - Hannes Wildecker - Страница 12

5. Kapitel

Оглавление

Die Obduktion des Toten war für heute Nachmittag, gegen fünfzehn Uhr, angesetzt worden. Vorher wollte ich mich aber noch auf dem Grundstück von Rietmaier umsehen.

Ich rief Leni in Trier an und verabredete mich mit ihr um 14.45 Uhr an der Leichenhalle des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder. Dann fuhr ich in die Buchen-straße 10 in Forstenau.

Im Prunk hatte „Charly Rietel“ weiß Gott nicht gelebt. Nicht hier in Forstenau. Anderthalb Stockwerk, nur teilweise verputzt, ein Altbau. Offensichtlich ein ehemaliges Bauernhaus, denn an die rechte Hausseite schloss sich ein kleiner Anbau mit einem bogenförmigen Tor an, eventuell ein ehemaliger Stall.

Der Eingang zum Haus lag an der Seite, also nicht zur Buchenstraße hin. Zur Haustür führte eine kleine Treppe mit drei Stufen, davor eine Grundstücksfläche von der Größe eines Kleingartens.

Die Haustür war von den Kollegen versiegelt worden und das Siegel klebte immer noch auf beiden Seiten und war unbeschädigt. Der Zugang zur Treppe war mit lockerem Schotter versehen, um nicht den Schmutz ins Haus zu tragen.

So stand ich nun vor dem Anwesen Rietmaier, der hier noch einige Jahre Renovierungsarbeiten vor sich gehabt hätte. Dass er ständig am Fortschritt seiner Bemühungen gearbeitet hatte, davon zeugten ein Beton-mischer und eine Schaufel, die man achtlos zwischen die leeren Zementsäcke geworfen hatte. Ich ließ meine Blicke über das Haus, das Anwesen schweifen, in der Hoffnung, etwas zu entdecken, was der Aufklärung hätte dienlich sein können. Mit dem Fuß scharrte ich im Splitt der Einfahrt und stutzte plötzlich. Einige der rund zwei Zentimeter großen Steinchen hatten teilweise eine dunklere Farbe als die übrigen. Ich hob ein Steinchen auf und betrachtete es. Das konnte natürlich Farbe sein oder Tropfen von ausgelaufenem Motorenöl. Es konnte aber auch … Blut sein! Wenn es das tatsächlich war, würde es sich bald herausstellen, wem dieses Blut gehörte. War es das von Rietmaier? Wenn ja, dann stand ich wahrscheinlich genau auf dem Tatort. Was mich an der Sache störte, war die Tatsache, dass die dunkleren Steine wahllos zwischen den anderen lagen. Eine Blutlache konnte es also nicht sein.

Ich zückte mein Handy und rief den Erkennungsdienst an. Bis zu dessen Eintreffen blieb ich an Ort und Stelle. Danach machte ich mich sofort auf zur Gerichtsmedizin in Trier. Eine halbe Stunde würde ich benötigen. Die Herren Obduzenten brauchten also nicht zu warten.

Leni wartete bereits vor dem Eingang des Leichenaufbewahrungstraktes, als ich eintraf.

„Die Tür ist offen, wir sollten hineingehen“, sagte sie.

Wir gingen vorbei an den Toten, die auf Bahren lagen und bis über die Köpfe mit weißen Laken zugedeckt waren. Dass sich darunter ehemaliges Leben befand, erkannte man lediglich an den unterschiedlichen Erhebungen des Kopfes und der Füße. Immer, wenn ich hier durchging, schauderte es mich ein wenig. Nicht wegen der Toten, vielmehr der Erkenntnis wegen, dass irgendwann jeder Mensch einmal so daliegt.

„Ah, die Herrschaften von der Kripo vermute ich.“ Ein sonorer Herr in grünem Arztkittel kam uns entgegen. Ein Mundschutz hing unter seinem Kinn, Haare und Menjou-Schnurrbart waren schneeweiß. „Schneider“, stellte er sich vor, Professor Theo Schneider, Pathologe und der Obduzent für Ihren Fall.“

„Ich bin Heiner Spürmann, Kripo Trier und das ist meine Kollegin Marlene Schiffmann“, stellte ich uns vor.

„Es ist alles vorbereitet“, informierte Schneider und ruderte in Richtung Obduktionsraum. Wir folgten ihm wie in einem Sog. „Staatsanwalt Rödel hat angerufen und mitgeteilt, dass er entweder später oder gar nicht kommen wird. Er steckt in einer Verhandlung, die sich hinauszögern wird, wie er sagte.“

„Also fangen wir an“, schlug ich vor und bemerkte gleichzeitig, wie Leni zusammenzuckte. Mir war sofort klar, warum.

„Es ist deine erste Leichenöffnung, nicht wahr?“ fragte ich sie.

Sie nickte und schien verlegen.

„Das ist doch nichts Schlimmes“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Es ist bei allem einmal das erste Mal. Du musst natürlich nicht mitkommen, aber dein Beruf wird dich irgendwann doch einmal dazu zwingen. Wenn es dann eine Wasserleiche oder eine von Maden zerfressene …“

„Ist schon gut, ich komme mit.“ Leni warf den Kopf leicht in den Nacken und wollte tapfer weitergehen. Ich hielt sie am Arm fest.

„Es ist ratsam, wenn du etwas Parfum oder Kölnisch Wasser auf dein Taschentuch träufelst, für alle Fälle. Meist hilft es.“

Sie nickte noch einmal und wir betraten den Sektions-raum. Dort war schon alles vorbereitet. Rietmeiers sterbliche Überreste lagen auf dem metallenen Sezier-tisch. Er lag auf dem Rücken, unter dem Kopf ein Holz-vierkant, an der großen Zehe des linken Fußes ein Zettel mit all seinen erforderlichen Daten. Eine Adresse darauf gab es nicht mehr.

Die Leiche war völlig unbekleidet und Leni gab sich alle Mühe nicht hinzusehen.

„Darf ich vorstellen, Wladimir Kornsack, mein Gehilfe. Auf seine Dienste zu verzichten könnte ich mir nie erlauben.“ Dr. Schneider zeigte auf seinen Mitarbeiter, der bereits an der Leiche nestelte und nur kurz nickend zu uns aufsah. Also richtig betrachtet, sah nur das linke Auge auf uns, das rechte blieb erst einmal in Wartestellung in geschlossenem Zustand, um sich dann kurz zu öffnen und gleich wieder zu schließen. Ein geschädigter Nerv war dafür verantwortlich, wie ich irgendwann erfuhr.

Auf einem fahrbaren Tisch lagen die Instrumente, die zum größten Teil zum Einsatz kommen sollten. Daneben kleine Kunststoffbehältnisse zum Verstauen von Gewebeproben und Klebezettel. Alles muss dokumentiert werden. Schneider hielt in seiner rechten Hand bereits ein Diktiergerät, in dem er jeden Schritt der Obduktion verbal festhalten würde.

„Montag, 23. Oktober, 15.20 Uhr, Obduktion Wilhelm Rietmaier, geb. 19. Dezember 1960 in Forsten-au …“ Schneider diktierte alle erforderlichen Anfangs-daten in sein Diktaphon und sagte dann, zu seinem Gehilfen gewandt: „Wir können beginnen.“

Jede Leichenöffnung geschieht nach dem gleichen Schema. Sei es ein Mord, ein Selbstmord, ein Unfall oder ein anderer Grund, der aufgrund einer nicht feststellbaren Todesursache eine Obduktion erforderlich macht, die Verfahrensweise ist immer die gleiche. Nur so können Pathologen, Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei sichergehen, dass keine Untersuchung, keine Probe und kein wichtiges Detail vergessen werden. Ich hatte meine digitale Fotokamera dabei, um jeden Schritt, jedes wichtige Detail fotografisch festzuhalten.

Als erstes folgte eine Untersuchung des äußeren Körpers und Schneider bat mich, näher zu kommen.

„Über dem gesamten Oberkörper sind insgesamt zwölf Schnittwunden zu erkennen, alle in einer ungefähren Länge von acht Zentimetern und ein Einstich in die linke Brustseite.“ Schneider hielt einen Messstab an: „Vier Zentimeter breit.“ Dann nahm er den Stab, führte ihn in die Wunde ein und wir konnten sehen, dass er seitlich bis ins Herz drang und von außen gesehen, fast gänzlich verschwand.

„Ich vermute, ja ich bin mir jetzt schon fast sicher, dass dieser Stich die Todesursache ist“, sagte Schneider, „wenn er vorher nicht wegen der tiefen Schnitte verblutet ist. Dennoch macht mir dieser Einstichbereich Sorgen. Sorgen bezüglich Ihrer Ermittlungen.“ Er schaute mich an, als wolle er sagen: ‚wie meine ich das nur? ’

Ich wusste genau, was er meinte.

„Es ist eine unübliche Stelle, einen Stich zu setzen“, sagte ich und stellte mir die Ausführung vor. „Der Einstich befindet sich genau dort, wo der Oberarm am Oberkörper anliegt, wenn man aufrecht steht. Das wiederum bedeutet, dass der tödliche Stich während einer Abwehrbewegung dieses Armes ausgeführt wurde, oder aber ...“

„Oder aber, als die Person auf dem Boden lag“, unterbrach mich Professor Schneider und führte erneut den Messstab in die Wunde ein. „Sehen Sie genau hin!“ Offensichtlich wähnte sich Schneider im Hörsaal unter seinen Studenten, denen er ein wichtiges Detail unterbreiten wollte. Ich war heute der Student und ich muss sagen, ich war es gerne. Denn alles was Schneider mit Leib und Seele offerierte, kam der Klärung des Falles zugute.

„Es ist doch merkwürdig, dass der Stich fast waagerecht gesetzt wurde“, fuhr Schneider fort. Hätte der Mann gestanden – und er hätte ja nicht einfach in aller Ruhe einem Angriff auf sich zugesehen- wäre der Stich zumindest mit einem geringen Winkel von unten nach oben in die Brust eingedrungen. Einen Einstich von oben können wir vergessen, oder? Mit einem Schwert!“ Er sagte dies fast vorwurfsvoll, als hätte ich seine Aussage dementiert.

„Also muss der Mann auf der Erde gelegen haben.“ Ich versuchte, mir das alles bildlich vorzustellen. „Und er muss verteidigungsunfähig gewesen sein, sonst hätte er sicherlich auch Stichwunden am linken Unterarm“, sagte ich mehr zu mir selbst. „Und er muss auf der rechten Körperseite gelegen haben. Charly Rietel, wenn du doch reden könntest.“

Wie dumm diese Frage war, fiel mir natürlich sofort auf. Wenn er reden könnte, wäre er nicht tot und wenn er nicht tot wäre, würde ich heute Abend pünktlich bei Lisa sein.

Für Schneider schien dieses Thema erledig zu sein.

Alles Weitere überließ er mir. Er war bereits dabei, die Leiche an verschiedenen Stellen abzutasten und die einzelnen Untersuchungsergebnisse ins Diktaphon zu sprechen. Kornsack und Schneider drehten den Körper in Bauchlage und der Professor untersuchte jeden Zentimeter. Dann nickte er seinem Gehilfen zu.

Das, was ich schon an die 100 Mal mitgemacht hatte, musste für Leni eine Tortur sein. Besonders zu Beginn der Leichenöffnung muss man stark sein.

Wladimir Kornsack, er stammte aus Polen, hatte eine Deutsche geheiratet und deren Namen angenommen, führte, nachdem er die Leiche wieder auf den Rücken gedreht hatte, den ersten Schnitt, beginnend an der Schläfe über dem linken Ohr, um den Schädel herum bis zum rechten Ohr, um dann mit beiden Händen kraftvoll den Skalp zu lösen und mit der haarigen Seite auf dem Gesicht abzulegen. Das Kinn diente dabei als Halterung. Dann langte er zu der elektrischen Knochensäge mit dem Aussehen einer kleinen Schleifflex, auf die ein rundes Sägeblatt mit feinen Zähnen montiert ist, setzte sie auf eben der gleichen Linie an, wie er die Kopfhaut eingeschnitten hatte und fraß sich mit den metallenen Zähnen durch die Knochendicke. Der Sägeschnitt rund um den Schädel brauchte einige Zeit und auch einige Kraft. Woran man sich unbeteiligter Anwesender erst gewöhnen musste, war der schrille, kreischende Ton, mit dem sich die Säge durch den Knochen fraß.

Ich sah zu Leni. Die hatte den Kopf geneigt und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu. Sie wird`s verkraften und das weiß sie auch. Denn das, was sie heute sieht und hört, wird sie in ihrer Laufbahn noch oft mitmachen müssen.

Inzwischen hatte Kornsack den Schädeldeckel abgehoben und das Gehirn aus dem Schädel herausgelöst. Wortlos übergab er es an Schneider, der es mit einem scharfen Schlachtermesser in zentimeterdicke Scheiben schnitt. Eine dieser Scheiben verschwand in einem der bereitgestellten Kunststoffbehältnisse, wurde verschlossen und beschriftet und der Vorgang von Schneider auf Tonband dokumentiert. Das geschah in dieser Reihenfolge mit allen Proben, die entnommen wurden. Kornsack, der wirklich die Drecksarbeit alleine machen musste, führte nun mit dem Skalpell einen Schnitt, beginnend unterhalb des Kinnknochens über Brust und Bauch bis hin zum Schambein durch. Es folgte jeweils ein Schnitt entlang des Schlüsselbeins in Richtung Hals. So konnte nun die Haut des vorderen Körpers wie ein Vorhang nach beiden Seiten offengelegt werden. Die Rippen lagen nun sichtbar vor uns. Mit einer Art Geflügelschere löste Kornsack ein trapezförmiges Rippenstück aus der Brust, legte es beiseite und vertiefte den Schnitt im Bauchbereich. So lagen mit wenigen Handgriffen alle inneren Organe frei. Die Lebenswerkstatt eines Menschen. Zahnräder in Form von fleischigen Weichteilen, die ineinandergriffen und immer wieder nur eines bewirkten: Die Masse Mensch am Leben zu erhalten. Es sei denn, seinesgleichen greift mit roher Gewalt ein und zerstört die Automatik.

Die Vorarbeit war getan und Schneider trat an den Seziertisch. Mit einem Skalpell löste er nacheinander alle Organe, vom Magen an aufwärts bis zum Herz, schnitt Proben ab und verstaute diese unter ständigen Kommentaren in den Plastikbehältern, die sein Gehilfe sofort entsprechend beschriftete. Das tat dieser mit einem solchen Eifer, dass sein rechtes Augenlid zu flackern begann und man nicht wusste, würde es sich öffnen oder geschlossen bleiben.

Während der gesamten Zeit hatte Leni neben mir gestanden. Sogar, als mir Schneider die Tiefe des Einstiches vorführte, war sie mit an den Seziertisch getreten. Tapferes Mädel! Bisher hatte sie kein Kölnisch Wasser gebraucht. Auch nicht, als Kornsack die komplette Masse der Därme aus der Bauchhöhle entfernte und die wabbelige Masse neben dem Körper auf den Seziertisch ablegte.

Doch, als nun der Gehilfe des Obduzenten alle Organe wieder in die Bauch- und Brusthöhle ablegte, sah ich, dass sie schluckte und etwas nach hinten trat.

„Wir sind fertig“, hörte ich Schneider sagen. „Den Obduktionsbericht erhalten sie so bald wie möglich. Aber im Grunde wissen Sie für Ihre Ermittlungen ja ausreichend Bescheid. Ich wünsche Ihnen beiden viel Erfolg.“

Kornsack hatte bereits begonnen, den geöffneten Körper vom Schambein her nach oben mit einem kräftigen Seil zu vernähen. Das Gehirn befand sich ebenfalls wieder an Ort und Stelle, das Schädeldach ebenfalls, die Kopfhaut verdeckte den Sägeschnitt. Ein durchschnittlicher Leichenbestatter würde Rietmaier wieder so hinbekommen, dass in seinem Sarg später nichts mehr auf die heutige Arbeit Rückschlüsse zulassen würde.

Wir verabschiedeten uns von Schneider, Kornsack winkte uns kurz während seiner Arbeit zu, das rechte Auge war dabei sogar halb geöffnet.

Im Präsidium angekommen, ging Leni sofort in unser Büro. Mir war klar, sie brauchte jetzt ein Stündchen für sich zum Abschalten. Ich stattete dem Erkennungsdienst noch einen kurzen Besuch ab, um mich nach dem Ergebnis der Blutspuren auf den Kieselsteinen der Einfahrt des Hauses Rietmaier zu erkundigen. Das Ergebnis der Untersuchung stand bereits fest. Es war tatsächlich Rietmeiers Blut. Also stand somit auch der Tatort fest. Er wurde auf seinem eigenen Grundstück ermordet. Aber wer hatte einen Grund, dies zu tun? In mir fraß sich der Gedanke fest, dass seine Vergangenheit irgendwie damit zu tun hatte. Doch, wo ansetzen? Was wussten die Nachbarn, was ich nicht wusste? Ich hatte das Gefühl, dort ansetzten zu müssen.

Nach offiziellem Dienstschluss fuhr ich nach Hause. In diesem Fall war es ein Vorteil, dass der Tatort sich in meinem Wohnort befand.

Lisa war zu Hause. „Hast du Hunger?“, fragte sie nach einer herzlichen Begrüßung mit Kuss und einer kleinen Streicheleinheit. Ich fühlte mich auf einmal sehr wohl in ihrer Gegenwart. Gleichzeitig meldete sich mein schlechtes Gewissen. Ich ließ sie einfach zu oft und zu lange alleine. Und wie sie das verkraftete. Kein Vorwurf, keine Szene.

„Hast du Hunger?“, fragte sie noch einmal und zog mich am Jackenärmel ins Wohnzimmer. Als hätte sie gewusst, dass ich heute pünktlich nach Hause kommen sollte, hatte sie den Tisch zu einem Candle-Light-Dinner hergerichtet.

Ich ertappte mich dabei, dass ich verlegen wurde. Ich wollte ihr einfach Danke sagen, wollte ihr versprechen, mich mehr um sie zu kümmern, ich wollte ...

„Gefällt es dir?“, fragte sie leise neben mir und anstatt vieler Worte nahm ich sie in den Arm und küsste sie, bis sie anfing, sich zu winden und ich sie losließ.

„Du bringst mich ja um“, sagte sie lachend. „Spar dir das auf für heute Abend.“

Da war es wieder, das schlechte Gewissen. Gerade heute wartete noch eine Menge Arbeit auf mich. Die Nachbarn von Rietmaier! Jeder Tag, in dem ich die Ermittlungen schleifen ließ, war ein verlorener Tag! Ich würde ihr nach dem Essen sagen, dass ich wieder losmusste.

Die Arbeit war schneller getan, als ich dachte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Hauses Rietmai-er gab es zwei Einfamilienhäuser, auf der rechten Seite neben dem Haus ein weiteres, doch an diesem fehlten die Fenster, um den Tatort einzusehen. Links vom Haus Rietmaier trennte eine Wiese mit einem freien Bauplatz das Haus vom Anwesen dort örtlichen Bürgermeisters, Detlef Hildebrandt. Sicherlich hätte er sich für dieses Grundstück lange interessiert, doch er und seine Frau Margarethe waren kinderlos geblieben. Für wen also hätte er sich krummlegen sollen?

Es kam, wie ich es mir vorgestellt hatte. Niemand hatte in der Zeit von achtzehn bis zwanzig Uhr, aber auch nicht davor oder danach, etwas Verdächtiges gesehen oder gehört.

Hildebrandt selbst war nicht zu Hause, seine Frau Margarethe öffnete mir die Tür.

„Ach, Herr Spürmann, Sie sind es. Sie wollen sicher zu meinem Mann. Der ist leider nicht da. Er ist zu einer Beerdigung im Nachbarort. Wird sicherlich spät, bis er nach Hause kommt. Soll ich ihm etwas ausrichten?“

Ich kam sofort zur Sache. „Frau Hildebrandt, Sie haben doch sicher von dem Toten im Waldhausener Forst gehört? Wahrscheinlich hat es sich inzwischen auch herumgesprochen, dass es sich dabei um ihren Nachbarn, Wilhelm Rietmeier, handelt? Können Sie sich erinnern, am Abend des Zwanzigsten, also am vergangenen Freitag, in den Abendstunden, irgendetwas Verdächtiges nebenan bemerkt oder gehört zu haben?“

„Nein“, antwortete Margarethe Hildebrandt. Sie machte einen sichtlich zerstreuten Eindruck auf mich. „Wir waren am Freitag gar nicht zu Hause. Wir sind erst spät zurückgekommen. Und gehört habe ich von dem Vorfall erst am Samstag durch Nachbarn, im Gespräch.“

O.k., hier gab es für mich nichts zu holen. Ich verabschiedete mich mit einem Gruß an den Ehemann. Meine Ermittlungen an diesem Abend hatten nichts hergegeben. Ich beschloss, noch kurz das „Hochwald Stübchen“ aufzusuchen und anschließend würde Lisa sich freuen, mich so früh am Abend wieder zu sehen. Dass aber bei genauer Betrachtung dieser Abend zur Klärung des Falles einiges beizutragen gehabt hätte, wurde mir erst viel später bewusst.

Netz der Gewalt

Подняться наверх