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I. Die Außenwelt der Innenwelt: Naturzerstörung und die Ökologie der inneren Räume

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Vielfältig sind die Leiden des Menschen in der modernen industriellen Lebenswelt. Die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen geht mit ökonomischer Ausbeutung, Entfremdung im Arbeitsprozess und Anonymisierung in den sozialen Verhältnissen einher. Weltweit herrschen Krieg und Gewalt, gibt es starke Tendenzen zur Brutalisierung der Lebensverhältnisse und der gesellschaftlichen Sanktion offenkundigen Unrechts. Viele Versprechungen der kulturrevolutionären Bewegung der sechziger und siebziger Jahre sind unerfüllt geblieben oder sogar in ihr Gegenteil umgeschlagen. Fast scheint es, als ließen Naturzerstörung und gesellschaftliche Kälte keinen Raum mehr für das Bestreben nach utopisch egalitärer Lebensverwirklichung. Erstickt so der Traum eines anderen Lebens in Harmonie mit der Natur und allen Wesen in den Systemrationalitäten von Geld und Macht? Die Symbole der Auflehnung gegen die tradierte Ordnung wurden kommerzialisiert und haben sich in monetäre Zeichen im Dienste der industriell-kapitalistischen Systemrationalität verwandelt. Das libidinöse Feuer sexueller Revolution hat nicht zum Flächenbrand einander liebender Herzen, sondern zur Werbung und Medien unappetitlich durchdringenden Pornographisierung der Gesellschaft geführt. Körper und Sinne deformieren im Dschungel virtueller Scheinwelten, bis den Menschen die eigene Erfahrung selbst fremd wird. Natur wird vollends zum anderen, zum Außen des eigenen Selbst, gleich der eigenen Körper- und Sinnlichkeit, die zum bloßen Rädchen im Getriebe industriell-kapitalistischer Systemzwänge mutiert.

Richten wir den Blick von den zahlreichen Deformationen der modernen Lebenswelt vor allem auf jene katastrophalen Fehlentwicklungen, die den Bestand der Gattung und das biosphärische Lebensgleichgewicht am Offensichtlichsten bedrohen. Vielleicht wird so deutlich, dass die Art und Weise, wie wir mit dem ökologischen Lebensumwelten umgehen, nur der nach außen gewendete Ausdruck einer psycho-sozialen Konstitution ist, die ganz auf den Machtwillen eines sich dauerhaft dünkenden Selbst gründet. All unser Handeln geht von diesem Bild eines Selbst aus. Doch ist dieses Selbst nicht mehr als eine bloße Imagination? Beschreibt das Bild einer flüchtigen und fragilen Blase, die jeden Moment platzen und wieder in das Reich des Formlosen eintreten kann, nicht viel treffender die temporäre und vergängliche Struktur unseres In-der-Welt-Seins. Der Blick auf die grundlegende existentielle Situation des Menschen ist für viele mit tiefstem Unbehagen verbunden. Aber es gibt ja bekanntlich angenehme Zerstreuung und wohltuende Ablenkung. War für den frühen Menschen der gefüllte Magen das wichtigste Mittel Thanatos zu bannen, so hat die industrielle Lebenskultur eine erstaunlich breite Palette höchst differenzierter Zerstreuungen zu bieten. Außerdem gibt es die moderne Technik und Medizin, den Stahlbetonbau und die Humangenetik, Fliegentod und die Lebensmittelchemie, die alle den Körper mit einem sichern Gefüge von Kasematten und vorgelagerten Schutzräumen umgeben und so das Gefühl von Stabilität und Sicherheit in einer Welt elementarer existentieller Unsicherheit kreieren. Das auf Dominanz über die Natur gerichtete Herrschaftswissen und die vor allem nach außen zielende Technikentwicklung werden so zu mächtigen Instrumenten, die menschliche Gattung aus der Mannigfaltigkeit der anderen Lebensformen in spezifischer Weise herauszuheben. Vernunft wird zum Instrument der Begierde und zum Regulator des Erwerbs orientierten Anteils unserer Natur, anstelle derjenigen Kraft, die unseren Aktivitäten Richtung und Orientierung gibt. Dem Einsichtigen konnte jedoch von Anfang an nicht verborgen bleiben, dass dieser Weg das existentielle Dilemma nicht lösen kann. Und wie die kulturellen Hervorbringungen gleich nächtlichen Träumen entstehen und schwinden und wir noch dabei sind, die Scherben und Fragmente dieser fragilen Konstrukte vergangener Epochen zu sichern und zu katalogisieren, taucht vor dem reflektierenden Auge bereits das Damoklesschwert der Selbstvernichtung auf, geschwungen von dem jüngsten Pfröpfling nach außen gerichteter existentieller Daseinsbewältigung: der industriellen Lebenskultur. Wo vergangene Kulturen allenfalls ihre eigene Existenz bedrohen konnten, bringt der Industrialismus einen neuartigen Kulminationspunkt existenzieller Gefährdung: die potentielle Auslöschung der gesamten Gattung und die dauerhafte Beschädigung des globalen Gleichgewichts.

Sprechen wir über Wirtschaft und Ökologie, so sprechen wir immer zugleich über die Art und Weise unseres In-der Welt-Seins, über unsere existentielle Situation. Den Begriffen der Ökologie und Ökonomie kommt so neben ihren spezifischen Bedeutungsgehalten immer zugleich die Funktion von Metaphern zur Charakterisierung von Inhalten zu, die mit eben diesen Begriffen nur annäherungsweise ausgedrückt werden können. Die Reflexion über die Begriffe der Diagnose kann uns vielleicht helfen, auch eine mögliche Sprachform für die Therapie zu finden. Wenn wir über Schadstoffe, Recycling, Kontraproduktivität oder ökologisches Gleichgewicht sprechen, so geht es dabei niemals nur um das Außen menschlicher Naturbestimmung, sondern immer auch um Formen der Versprachlichung innerer Erfahrung. Wenn wir also im Folgenden die äußeren Aspekte der Krise von Mensch und Umwelt thematisieren, darf dieses Innen nicht aus dem Blick zu geraten.

Die verheerenden Umweltzerstörungen zeigen es immer deutlicher: die Dynamik industriellen Wirtschaftens steht im Gegensatz zu den Steuerungsprinzipien der Natur. Während in Natursystemen die grundlegende Tendenz in Richtung Stabilität und Gleichgewicht geht, ist die industrielle Lebensweise durch eine selbstzerstörerische und unregulierte Wachstumsdynamik bestimmt. Ivan Illich[9] hat den Begriff der Kontraproduktivität geprägt, um ein verbreitetes Phänomen industrieller Wachstumswirtschaften zu beschreiben: Ab einer bestimmten Schwelle beginnen die Einrichtungen dieser Gesellschaften mehr Schaden zu stiften als Nutzen abzuwerfen. Dadurch entfernen sie sich immer weiter von den Zielen, für die sie ursprünglich entwickelt wurden. Das moderne Verkehrswesen, das Gesundheitswesen und die Erziehungseinrichtungen sind Beispiele für solche kontraproduktiven Systeme. Trotz immens steigender Aufwendungen bringen sie immer weniger Nutzen. Das Verkehrssystem zum Beispiel ermöglicht es kaum noch schneller voranzukommen. Seine kontraproduktiven Folgen sind die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch Betonschneisen und - allein in Europa - jährlich Hunderttausend Verkehrstote und Millionen Verletzte, ganz zu schweigen von der allergrößten Gefährdung: der Vergiftung der Atmosphäre durch Autoabgase. In der EU summieren sich die externen Kosten des Straßenverkehrs auf 650 Mrd. Euro pro Jahr, das sind 7% des europäischen BIP.[10] Diese externen Kosten beziehen sich vor allem auf Umweltverschmutzung, Lärm und Unfälle, die von der Allgemeinheit bezahlt werden. Würden nach einer vom Europäischen Parlament durchgeführten Studie diese Ausgaben alle umgelegt, so müsste jeder Bürger pro Jahr 750 Euro zuschießen[11].

Was für einzelne Einrichtungen gilt, lässt sich auch in der Wirtschaft als Ganzes beobachten. Unsere industriell geprägte Lebensweise selbst ist kontraproduktiv. Um die schädlichen Folgen des Wachstums abzufangen, wurden in der Bundesrepublik nach der offiziellen Statistik jährlich zuletzt 1,4% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegeben.[12] Nach Berechnungen von C. Leipert (Wissenschaftsladen Berlin) ist die tatsächliche Rate jedoch viel höher und lag zur Zeit seiner Berechnung bei über 10%, wenn alle Maßnahmen des Umweltschutzes und für erhöhte Gesundheitsausgaben infolge neuer Umweltgefahren eingerechnet werden. 1970 wurden erst ca. 5% des BIP für solche Zwecke verwendet.[13] Viele der Schäden, die das weltweite Industriesystem verursacht, können zudem überhaupt nicht in Geld ausgedrückt werden und machen sich vielfach erst im Verlauf von Jahrzehnten bemerkbar. Der steigende Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, von dem der weltweite Temperaturanstieg ausgeht, das Ozonloch, die 9.3 Mio. Hektar Wald, die pro Jahr auf der Erde vernichtet werden, wie auch die Ausrottung zahlloser Pflanzen- und Tierarten - offenbaren alle die verheerenden, kontraproduktiven Folgen unserer industriellen Lebenskultur, deren überwiegender Teil in keiner Kostenrechnung erscheint und überhaupt nicht in Mark und Pfennig ermittelt werden kann. Täglich rotten wir vielleicht zehn, nach anderen Schätzungen sogar fünfzig Tier- und Pflanzenarten aus. Der Biologe Edward O. Wilson schätzt das Artensterben auf 30.000 Spezies pro Jahr.[14] Nach der Studie Gobal 2000 werden Hundertausende von Arten - vielleicht 20% aller Arten auf der Erde - unwiederbringlich - verlorengehen. Dazu kommt die schleichende Vergiftung der Atmosphäre. Pro Sekunde blasen wir rund 800 Tonnen Treibhausgase in die Luft.[15] Allein zwischen den Jahren 2006 und 2010 sind die Treibhausgasemissionen in den 40 erfassten Industriestaaten um 2,3% gestiegen.[16]

Kaum in Zahlen ausdrückbar sind die lokalen Umweltkatastrophen, vor allen in den Ländern der Dritten Welt. So ist in Mexiko City oder in Wuhan (China) die Luft so schlecht, dass kaum mehr ein Kind ohne eine chronische Lungenkrankheit groß wird.[17] Die Kontraproduktivität industrieller Wachstumswirtschaften manifestiert sich nicht nur in der zunehmenden Vergiftung der natürlichen Lebensumwelt, sondern drückt sich - was die Verfügbarkeit von Energie betrifft - auch in steigenden Kosten der Energiegewinnung und -verarbeitung aus. Aufgrund der zunehmenden Knappheit vieler Ressourcen muss immer tiefer gegraben und müssen immer entfernter liegende Lagerstätten ausgebeutet werden, das heißt die Energieerschließungs- und -verarbeitungskosten steigen, während real immer weniger Energie verfügbar ist.[18]

Auch die weltweite Ungleichverteilung an Energie, Eigentum und Lebenschancen zeigt die kontraproduktive Tendenz unseres way of life. Zwar weichen die Berechnungen im Einzelnen voneinander ab, die meisten kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass sich heute 40% der Weltbevölkerung mit nur 3% des globalen Wohlstandes begnügen müssen. Stellt man sich die Erde mit ihren 7 Mrd. Bewohnern als ein Dorf mit nur 100 Familien vor, so verbrauchen 7 Familien 80% der gesamten Energie und besitzen 60% des Dorfes. 60 Familien müssten sich auf einem Zehntel der Dorffläche zusammendrängen und 20 Familien hätten ein hundertmal höheres Bruttoinlandsprodukt als die übrigen.[19] Ähnliches gilt auch für das Maß der verursachten Umweltzerstörung. Ein Amerikaner verbrennt im Durchschnitt 5 Tonnen fossiler Brennstoffe pro Jahr (ein Deutscher zum Vergleich 2,9 Tonnen) und belastet das ökologische System 35-mal stärker als ein Inder und 280-mal stärker als ein Haitianer. Während weltweit Millionen von Menschen unterernährt sind, wurden in manchen Jahren von der Europäischen Gemeinschaft Millionen von Euro für die Vernichtung von überschüssigem Obst und Gemüse ausgegeben, pro Einwohner werden 179 kg vernichtet, mit steigender Tendenz.[20]

Umweltkatastrophen - von der Giftgaskatastrophe im indischen Bhopal, über Tschernobyl, den verheerenden Schäden des Golfkrieges bis zum Robbensterben - kommen und gehen, ohne dass es zu einem wirklich einschneidenden Wandel kommt. Die Debatte um Wachstumsbegrenzungen wird oft noch der Unwissenschaftlichkeit bezichtigt[21] oder als düsterer Pessimismus diffamiert. Ja, kaum als sie begonnen hatte, wurde sie bereits für obsolet erklärt.[22] Auch die vielen kleinen Umweltschutzmaßnahmen hinsichtlich einzelner Gefährdungsbereiche können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die innere Dynamik der industriellen Wachstumswirtschaft die Menschheit weiter auf einem harten Kollisionskurs gegen die natürliche Umwelt steuert.

Seit mit der ersten Studie des Club of Rome zu Beginn der siebziger Jahre die Umweltkrise in das öffentliche Bewusstsein getreten ist, haben sich inzwischen sowohl der Gegenstand als auch die strategische Orientierung der Umweltdiskussion gewandelt. Durch die öffentliche Wahrnehmung der voranschreitenden Umweltzerstörung verlagerten sich die Diskussionen von den Problemen der Energie- und Rohstoffknappheit hin zu den verheerenden ökologischen Vernichtungen unserer natürlichen Mitwelt durch das Industriesystems. Dementsprechend geht es im Bereich der Prophylaxe und Therapie heute oft mehr um Probleme der Emissionsvermeidung und Schadstoffkontrolle als um Fragen der Rohstoff- und Energieverknappung, die noch im Mittelpunkt der Umweltdiskussionen der siebziger Jahre standen. Man kann also sagen, dass es in der Diskussion eine Verschiebung des Gegenstandes vom Knappheits- zum Verschmutzungsproblem hin gegeben hat. Dennoch wäre es falsch, Entwarnung an der Knappheitsfront zu melden. Die meisten der Prognosen, die behaupten, dass Engpässe an Rohstoffen und Energie in naher Zukunft nicht zu erwarten seien[23], gehen lediglich von den verfügbaren Bruttoenergien aus und stellen nicht hinreichend die Tatsache in Rechnung, dass durch die Ausbeutung immer entfernter liegender und schwerer zugänglicher Lagerstätten zusätzliche Energiekosten anfallen.[24] Steigende Energieerschließungskosten manifestieren sich häufig in zunehmenden Umweltschäden.

Weil die Aufnahmekapazität der Umwelt für Schadstoffe begrenzt ist, sind viele Umweltschädigungen irreparabel. Jede Zerstörung der Natursysteme schlägt auf die menschliche Lebenssphäre zurück, weil der Reichtum der Natur die Grundlage jeglicher Produktion und jeglichen Konsums - heute und in der Zukunft - bildet. Die sogenannte Übernutzung der Ökoreserven und der Verbrauch erschöpflicher Rohstoff- und Energievorräte verursacht steigende Kosten, die in der Regel jedoch nicht von den jeweiligen Verursachern, sondern von der Allgemeinheit getragen werden müssen. So zum Beispiel die negativen Folgekosten des Straßenverkehrs, die sich u.a. aus den Folgekosten von Straßenverkehrsunfällen und bereinigten Verkehrswegeausgaben ergeben. Was im Bruttoinlandsprodukt als Wachstum erscheint, sind zu einem nicht unerheblichen Teil Kosten der Regulierung von Umweltschäden. Viele ökonomische Berechnungsverfahren stellen die tatsächlichen Verhältnisse völlig auf den Kopf, indem sie solche „Negativkosten” als Wertsteigerungen verbuchen. Folglich tauchen sie im BIP mit positiven Vorzeichen auf und indizieren somit Wachstumszuwächse, wo in Wirklichkeit Schädigung und Zerstörung vorliegen. Die Erfolge vieler ökologisch sinnvoller Einzelmaßnahmen werden zudem durch sprunghaft steigende ökologische Gefährdungen in anderen Bereichen wieder mehr als ausgeglichen. Schon 1992/93 stellte der Bericht des Umweltbundesamtes Daten zur Umwelt fest, dass der zurückgehende Ausstoß von Stickoxiden bei PKW aufgrund der Verwendung von Katalysatoren durch den immens steigenden Straßengüterverkehr bereits zu dieser Zeit glatt überrollt wurde.[25]

All dies zeigt, dass die sogenannte Umweltkrise nicht mit ein paar Kraftwerksfiltern oder Katalysatoren in den Griff zu bekommen ist. Was nützt es schon, den Energieverbrauch von Kraftfahrzeugen pro 100 Kubikzentimeter durch technische Neuerungen drastisch zu senken, wenn gleichzeitig, insbesondere in Schwellenländern wie China oder Brasilien, Zahl und Stärke der Automobile drastisch zunehmen? Solange unser gegenwärtiger Denk- und Lebensstil anhält, werden solche Einspareffekte durch Mengeneffekte wieder größtenteils kompensiert.[26] Unser destruktives Umwelthandeln ist Folge unserer Begierden, unserer Triebe und Leidenschaften, und der Zustand der Welt ist das, was durch dieses Begehrungsvermögen zum Ausdruck gebracht wird. Der größte Teil der oberflächlichen Umweltbewegung ist ganz auf singuläre technische Umgestaltungen hin orientiert, ohne unseren Lebensstil selbst mit auf den Prüfstand zu nehmen. Konflikte werden gelöst, indem versucht wird, die äußeren Bedingungen an unsere Bedürfnisse und Dispositionen anzupassen. Probleme müssen lösbar sein, sonst wird ihre Bearbeitung verweigert. Der soziale Trugschluss dieser Lebensorientierung liegt vor allem darin, zu glauben, ein gutes Leben vor allem durch wirtschaftliche und technische Entwicklung erlangen zu können. Doch obwohl die Menschheit so gewaltige Ressourcen erschlossen und die wissenschaftliche und technologische Entwicklung so weit vorangetrieben hat, klaffen wissenschaftlich-technische Entwicklung einerseits und ethisch-moralische Entwicklung andererseits doch weit auseinander. Obwohl die Mittel verfügbar wären, allen Menschen die Grundvoraussetzungen eines menschenwürdigen Lebens zu verschaffen, stehen viele dieser Mittel und große Teile des technischen Fortschritts im Dienste destruktiver und inhumaner Ziele. Die Art, wie wir versuchen Probleme zu lösen und wie wir unsere Mitwelt und Mitmenschen behandeln, lässt ein fundamentales Defizit erkennen, das durch technische Manipulation kaum zu beheben sein wird, weil es tief in der psychologischen Konstitution unserer Welt- und Lebensordnung begründet liegt. Worum es also letztlich geht, ist die Infragestellung der Fundamente unserer industriell geprägten Wirtschaftsweise im Hinblick auf ihre Behandlung innerer wie äußerer Natur. Zu lange waren wir blind gegenüber den Folgen unseres Tuns und haben die Kosten unserer Wirtschaftsweise durch andere bezahlen lassen: Die ausgerotteten Tier- und Pflanzenarten, die Menschen in den Ländern der Dritten Welt und auch die zerstörten Naturräume tragen die externalisierten Kosten der industriellen Wirtschaftsform, die in keiner Bilanz als Sollposten zu Buche schlagen. Erst jetzt, da die Gefahren der Umweltzerstörung zur offensichtlichen menschlichen Existenzgefährdung führen, setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass wir alle den Folgen unserer Taten nicht entkommen können. Eine Erkenntnis, die in den Religionen des Ostens immer gegenwärtig war und mit der Lehre vom Karma schon seit Jahrtausenden die tiefe Weisheit im unbewussten Gedächtnis alles Lebendigen überliefert hat.

In diesem Buch wird die These vertreten, dass die industriell-kapitalistische Strategie menschlicher Naturaneignung Ausdruck einer entfremdeten Bedürfnisstrukturierung ist, die aus der Entfernung von unserer tieferen menschlichen Natur resultiert. Diese Strategie des Umgangs mit unseren Mitwelten ist in Widerspruch zur Funktionsweise der Natursysteme getreten, auf deren Basis sie sich einst entfaltete. Es soll gezeigt werden, dass viele dieser Kontraproduktivitäten, die aus dem Wachstumsfetischismus der industriellen Ordnung resultieren, durch eine Re-Orientierung auf die Naturbedingungen menschlicher Existenz geheilt werden können. Der Industrialismus ist die Vergegenständlichung einer inneren Erfahrungsdimension in eben ihren destruktiven Komponenten. Die existentielle Erfahrung des aus der Natur herausgelösten, ihr gegenübertretenden Subjekts mündet in die Schaffung eines Ichs, dessen fundamentaler Lebenswille sich im ich-brauche, ich-will schon als primäre frühkindliche Lebenserfahrung artikuliert. Es ist die Erfahrung existentieller Isolation, die uns zur Errichtung gigantischer Imperien der Bedürfnisbefriedigung treibt. Im Kontext der Philosophie Martin Heideggers ist der Griff nach den Dingen der Welt nichts anderes als ein Phänomen existentieller Flucht, entstanden aus der Angst, die aus der Konfrontation mit dem Tod als Möglichkeit der eigenen Nicht-Existenz entspringt. Tatsächlich haftet unserem zerstörerischen Umwelthandeln in vielen Aspekten das Merkmal existentieller Flucht an. Wobei es sich jedoch nicht um eine bloße Flucht vor dem Tod als der angsteinflößenden, äußersten Möglichkeit des Daseins handelt, sondern um eine bewusstlose Abwendung von den inneren Dimensionen des Seins, die vornehmlich als Langeweile, Unbehagen und Schmerz wahrgenommen werden. In der entzauberten Welt der modernen Industriekultur sucht man das Glück im Technikzauber und in den Heilsversprechen der Reklamebotschaften und Supermarktregale, während die Tore zur inneren Erfahrung des Seins von Dornenhecken bewachsen im tiefen Dornröschenschlummer liegen. Wo Schönheit, Glück und Erfüllung nicht in den Innenräumen der eigenen Existenz entdeckt werden, da liegt der Beginn jener endlosen Suche nach materiellen Substituten. Weil er die Kontrolle über die causa finalis verloren hat, stellt Gerald Alonzo Smith fest[27], gibt es ein unbefriedigtes Verlangen im modernen Menschen. Die Suche nach Befriedigung durch materielle Güter wird zur Ersatzhandlung für den Verlust von Sinn, Orientierung und Richtung; das Streben nach Kontrolle über die Welt der materiellen Objekte wird so zum Surrogat für den Kontrollverlust über das eigene Leben. Doch welches Objekt kann schon dauerhafte Befriedigung verschaffen? So treibt die Gier stets nach mehr und die Furcht vor dem Verlust verfügbarer Objekte der Sinnessphäre drängt zur gewaltigen industriellen Systemexpansion, deren Schranken zunächst nicht durch das handelnde Ego, sondern durch jenes Andere der Natur gesetzt werden, das dem unbegrenzten Wachstumstrieb unersättlicher Egos seine Regenerationsgrenzen als reflexionsauslösendes Korrektiv entgegenhält.

Bei vielen Beteiligten der Ökologiediskussion sind solche Ansichten verpönt. Ökologie, so heißt es, sei wissenschaftlich fundiert und dürfe nicht in die unberechenbaren Tiefen vermeintlich metaphysischer Abgründe hinabgleiten. Als wirksamster Umweltschützer gilt der qualifizierte Öko-Techniker, ausgestattet mit präzisen Messgeräten und Grenzwerttabellen im Kopf. Natur soll wieder zu dem werden, als was man sie schon immer wähnte: eine berechenbare Größe, ein für menschliche Bedürfnisse uneingeschränkt nutzbares Objekt, wie es Jehovah einst der Menschheit versprochen hatte: „Machet Euch die Erde untertan ...” (1. Mose 1.28 Genesis). Mit manipulativen Regelwissen und der Vorfinanzierung künftiger Wiederherstellungskosten durch Ökosteuern soll der naturzerstörerische Lebensstil für diejenigen akzeptabel gemacht werden, die - wenn überhaupt - allenfalls zu graduellen Veränderungen bereit sind: Gnade uns armen Ökosündern, die wir doch bereit sind, grünen Ablass zu leisten! Kritiker mokieren sich über eine ökologische Dauermoralisierung, die als unablässig mahnendes Gebrabbel wie ein endloser Nieselregen auf die Leute niedergehe und von der keine einschneidende Umkehr erwartet werden könne. Ökologische Moralisierung mit erhobenem Zeigefinger ist in ihrer Wirksamkeit sicherlich recht begrenzt. Zu sehr haftet ihr das pastorale Gehabe einer von hoher Kanzel verkündeten Sonntagspredigt an sowie der schlechte Geruch einer Erziehungsdiktatur, welche die Frage nach der Erziehung der Erzieher unbeantwortet lässt. Während der wissenschaftliche Teil der Ökologiebewegung zur Absicherung von Glaubwürdigkeit auf die strikte Überprüfbarkeit seiner singulären Basisaussagen allergrößten Wert legt, steht der moralisierende Teil oft vor der Schwierigkeit, ökologische Verhaltensmaximen aus außerökologischen Denksystemen entnehmen zu müssen. Die wissenschaftliche Ökologie beschreibt nur was ist; aus ihr ergeben sich aber zwangsläufig keine Gebote, was zu tun wäre.

Arne Naess[28], auf dessen Arbeit später noch zurückzukommen sein wird, hat ein Konzept der Tiefenökologie entwickelt, das zur Veränderung der herrschenden anti-ökologischen Politik und sozialen Strukturen beitragen soll. Die Tiefenökologie setzt an die Stelle des Mensch-Umwelt-Bildes der bisherigen Ökologiebewegung die Vorstellung der biosphärischen Gleichheit aller Wesen. Die Plattform der Tiefenökologiebewegung definiert zum Beispiel den Wert nicht-menschlicher Lebensformen unabhängig von beschränkten menschlichen Zwecken oder erklärt die ökologische Diversität, das heißt das Zusammenleben einer Vielzahl unterschiedlicher Lebensformen in einer ökologischen Nische, zu einem Wert an sich. Die Wende wird hauptsächlich in einer neuen Beurteilung von Lebensqualität gesehen, aber nicht einfach in einem höheren Lebensstandard. Ziel ist es, die Ökologie als Wissenschaft zu transzendieren. Weisheit kann nicht lediglich durch wissenschaftliche Wahrheitserkenntnis erlangt werden, sondern entsteht viel eher in der Verbindung von Tiefenökologie, sozialer Bewegung und Wissenschaft, aus deren Synthese eine neue Ökosophie als ganzheitlich orientierter Reflexionsrahmen zur Handlungsorientierung erwächst. Kritik aus dem Lager der wissenschaftlichen Ökologie dürfte Naess vor allem auf sich ziehen, weil er seine ökologischen Normen und Werte nicht aus einem ökologischen Kontext entwickelt, sondern mit Intuition, dem Gefühl für Freude in einer Welt der Katastrophen beginnen lässt[29].

Doch ist es nicht gerade der ganzheitliche und fächerübergreifende Blick, der das Wesen ökologischer Problemlösungen ausmacht? Vielen natürlichen Prozessen liegen keine monofunktionalen Kausalmechanismen zugrunde, da manifeste Wirkungen nicht nur jeweils einer spezifische Ursache zugeordnet werden können, zumeist herrschen komplexe Ursache-Wirkungsvernetzungen und vielfältige Funktionskreisläufe. Eine ökologische Therapie für die moderne Industriegesellschaft, welche die multifunktionale Vernetzung und ganzheitliche Struktur der Wirklichkeit auf den Blickwinkel künstlicher Laborwelten verengt, kann bloß eine singuläre, aber keine umfassende Handlungsorientierung für eine menschliche Zukunft bieten. Wie die Schulmedizin viele psychosomatische Krankheiten mit ihren überlieferten Methoden nicht heilen kann, weil ihre primären Ursachen nicht im Körper, sondern in der menschlichen Psyche liegen, so können auch viele der Probleme, die nach außen hin als Wirtschafts- oder Umweltfragen in Erscheinung treten, allein mit den Methoden der Wirtschaftswissenschaft bzw. der wissenschaftlichen Ökologie nicht gelöst werden. Wirtschafts- und Umweltprobleme sind Probleme unserer Lebensweise und wurzeln letztlich in den psycho-sozialen Tiefenstrukturen unseres Seins. Nur so ist es zu erklären, dass in Bezug auf die Umwelt viele machbare Alternativen überhaupt nicht umgesetzt werden. Es scheint, dass unser Mitfühlen mit dem Leiden anderer Wesen erst dann offenkundig wird, wenn es in irgendeiner Weise im Hinblick auf die Erfahrung existentieller Bedrohung des eigenen Selbst ins Bewusstsein tritt. So werden schon seit Jahrzehnten Schweine, Rinder und Hühner in industrieller Massentierhaltung geschunden und Schlachttiere auf Transporten zu Tode gequält, aber erst als Rinderwahnsinn und Dioxin in Hühnereiern als Bedrohung für die eigene Gesundheit ins Blickfeld gerieten, zeigten sich ruckartig statistische Einbrüche in den Fleischverzehrskurven. Umweltprobleme werden erst dann zu echten Problemen, wenn die Gefährdungen sich nicht durch abstrakte Zahlen und den Hinweis auf die ferne Zukunft manifestieren, sondern wenn sie handfest durch die Sinnespforten auf das dann plötzlich sensible Selbst einwirken. Obwohl die schädlichen Einwirkungen von Kohlendioxid und Schadstoffemissionen der industriellen Produktion auf das globale Klima schon seit langem bekannt sind, regte sich massiver Handlungsdruck doch erst, als offensichtlich wurde, dass uns im wahrsten Sinne des Wortes die Luft auszugehen droht. Was sich dann äußerlich als Streit um Grenzwerte darbietet, ist letztlich eine Auseinandersetzung um die Art und Weise, wie wir leben wollen. Inzwischen hat die Umweltkrise eine Dimension erreicht, wo rein technische Lösungsvarianten und gesetzgeberisches Flickwerk, das der tatsächlichen Entwicklung zumeist weit hinterherhinkt, allesamt zu kurz greifen und zudem oft neue, unberechenbare Gefahrendimensionen heraufbeschwören. Stark gesunken ist das Vertrauen in die Künste der Gift-Alchimisten, die uns weismachen wollen, durch die gentechnische Produktion schadstoffverschlingender Superbakterien und Wunderorganismen die Umwelt wieder clean zu bekommen. Was nützen Fahrverbote zur Reduzierung des bodennahen Ozons, wenn Zahl und Stärke der Fahrzeuge keinerlei Kontrolle unterliegen? Angesichts der Komplexität und Bedrohlichkeit der Umweltgefahren dominieren vor allem die vier Reaktionsmuster des Verdrängens, des Verharmlosens, des geschäftigen Scheinhandelns und der Resignation. Nicht alle Umweltprobleme können nach den klassischen Regeln von Ursache und Schuld aufgeschlüsselt und therapiert werden. Die Verantwortungsstrukturen der modernen Gesellschaft sind so komplex geworden, dass es oft kaum noch möglich ist, dass Verbindungsgefüge zwischen einer Einzelhandlung in einem multi-kausalen Wirkgefüge, wie einem modernen Industriebetrieb, und ihren ökologischen Folgen, zum Beispiel im Hinblick auf Veränderungen der regionalen Umweltqualität trennscharf aufzudröseln. Wie Ulrich Beck feststellt, sind wir im Labyrinth “beweisbarer Unbeweisbarkeiten” gleich dem Werdegang von Herrn Josef K. in Franz Kafkas „Der Prozess” gefangen, in den uns das System der „organisierten Unverantwortlichkeit” gesperrt hat: „Gefahren werden zu Risiken kleingerechnet, wegverglichen und als unwahrscheinliche 'Restrisiken' rechtlich und wissenschaftlich normalisiert, wodurch Proteste zu Ausbrüchen von 'Irrationalität' stigmatisiert werden können.”[30]

Grundlegende umweltbezogene Änderungen können allein weder von der wissenschaftlichen Ökologie ausgehen, da hier der strenge Wissenschaftsbezug die Bildung von Wert- und Normaussagen verbietet, noch von einer moralisierenden Ökologie geleistet werden, soweit die moralischen Imperativen aus außerökologischen Sphären, wie dem Offenbarungswissen der Bibel oder der reinen Introspektion entstammen. Der hier anvisierte dritte Weg liegt in der Bestimmung einer generellen ökologisch-ökonomischen Handlungsorientierung durch den Rekurs auf die universellen Bestimmungsmomente von Ökologie als Lehre von den allgemeinen Bewegungsgesetzen lebender Systeme. Der Naturbegriff steht hier aber nicht als idealisierter Fluchtpunkt einer Welt der Nichtverfremdung und Nichtzivilisation, sondern als Rahmen zur Bestimmung der empirisch beobachtbaren Grundeigenschaften ökologischer und biologischer Systeme. Ökologie wird so zur neuen Leitwissenschaft, ohne in lähmende naturalistische Missverständnisse zu verfallen. Beck ist durchaus recht zu geben, wenn er feststellt, dass mit einem solchen Naturbegriff von außen vorgebracht wird, was im Inneren, im Innersten bedrückt: „'Natur' ist eine Art Ankerwerk, mit dem das auf dem offenen Meer treibende Zivilisationsschiff sein Gegenteil, das Festland, den Hafen, das Riff, auf das es zuläuft, beschwört, kultiviert und dabei versetzt - die Konditionen seiner Weiterfahrt seines Weiterdriftens verhandelt.”[31] Doch was ist daran eigentlich schlecht? Der Blick auf die Funktionsweise der ökologischen Systeme ist immer auch ein Blick auf die Kräfte des eigenen Selbst. Die strikte Trennung von Geist und Materie, wie sie seit ihrer Formulierung durch Descartes im 17. Jahrhundert nicht nur das Denken der Moderne maßgeblich geprägt, sondern in ihren praktischen Konsequenzen die Welt zum freien Objekt menschlicher Bearbeitung degradiert hat, wird vom ökologischen Denken entschieden verworfen. Nach ganzheitlicher, ökosophischer Sicht sind innere und äußere Wirklichkeit von strukturell gleichen Gesetzmäßigkeiten bestimmt. Die Lehre von umfassenden Prinzipien, die auf den höheren wie niederen Ebenen der materiellen Manifestationen, der Innenwelten und der Außenwelten, ja auch der sichtbaren und unsichtbaren Welt wirken und die Verlaufsgestaltung aller konkreten Prozesse bestimmen, findet sich bereits auf der Smaragdenen Tafel des Hermes Trismestigos, der in der ägyptischen Götterwelt als der Gott Thoth verehrt wurde, der Gott des Wissens, der die Hieroglyphen, die Heiligen Schriftzeichen erfand, der den Kalender schuf und Zeit- und andere Meßsysteme entwickelte. In den Katakomben seines Tempels in Hermepolis soll dieses umfassende Wissen im Buch Thoth aufgezeichnet gewesen sein. Wie das chinesische Denken von Yin und Yang, so deutet auch die Smaragdene Tafel den Weltprozess als Spannungsverhältnis zwischen diametralen Polen, deren gegenseitige Kraftflüsse Kreation und Entwicklung aller Dinge ermöglichen. Das Ökologische der hermetischen Lehre liegt vor allem in der Formulierung von Prinzipien, die ganz offensichtlich aufgrund einer sehr eingehenden und tiefen Beobachtung des Naturgeschehens gewonnen wurden. So wird festgestellt, dass alles im Kosmos zyklisch und in festen Rhythmen abläuft sowie dem Gesetz der Balance und Ausgewogenheit untersteht. Auf aktive Bewegung folge eine ihr gemäße Ruhephase. Ausdehnung und Zusammenziehung, Einatmung und Ausatmung - alles geschehe in einer bestimmten Harmonie, damit es überhaupt funktioniert.[32] Begünstigt durch die mittelalterliche Scholastik und den späteren Siegeszug des cartesianischen Dualismus von Geist und Materie über die ganzheitlichen und esoterischen Lehren der Antike und Alt-Ägyptens gerieten die hermetischen Lehren in weitgehende Vergessenheit. Erst mit der Entstehung der wissenschaftlichen Ökologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts kommt es in gewisser Hinsicht zu einer Revitalisierung dieses alten Gedankengutes. Plötzlich erfahren elementare esoterische Lehren eine unerwartete Bestätigung durch erfahrungswissenschaftlich überprüfbare Beobachtungen. Damit wird gleichzeitig offensichtlich, dass die aus der Beobachtung abgegrenzter Natursysteme erkannten Entwicklungsgesetze nicht nur für die Entwicklung dieser Systeme Bedeutung haben, sondern dass sich aus den allgemeinen Prinzipien ökologischer Entwicklung auch Regeln für die Abläufe in nicht-biologischen Systemen wie Wirtschaft und Gesellschaft ableiten lassen.

Im Bezug auf das wirtschaftliche Handeln kann die Ökologie wesentliche Teile eines begrifflichen Bezugsrahmens liefern, um Wirtschaft und Natur als jeweilige Teile eines umgreifenden Zusammenhangs in ihrer wechselseitigen Verknüpfung zu analysieren. Auf dieser Grundlage kann die Bildung der Eigengesetzlichkeiten menschlichen Wirtschaftshandelns mit den Steuerungsprinzipien in Natursystemen kontrastiert werden. Daraus ergibt sich die Frage, welche zentralen Begriffe der Ökologie als Dimensionen des Vergleichs herangezogen werden können. Grundsätzlich stellt sich bei diesem Ansatz das Problem, dass die Aussagen der Ökologie als Wissenschaft sich ursprünglich auf ein mehr oder weniger klar abgegrenztes Fachgebiet, also auf bestimmte, abgrenzbare Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Erst im Verlauf eines längeren Prozesses werden ökologische Methoden und Denkweisen dann nach und nach auch auf andere Bereiche der Wirklichkeit angewandt. Um diese schrittweise Erweiterung des Gegenstandes der Ökologie später genauer nachzeichnen zu können, werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf den Ausgangspunkt und die Entstehungsgeschichte der Ökologie.

Der Begriff Ökologie wurde 1866 von Ernst Haeckel geschaffen und bezog sich ursprünglich auf die Umweltbeziehungen von Einzelwesen. In der englischen Sprache erscheint das Wort zum erstenmal 1873.[33] Ausgangspunkt der Ökologie ist die Analyse von Ökosystemen: „Ein Ökosystem ist ein Wirkungsgefüge von Lebewesen und deren anorganischer Umwelt, das zwar offen, aber bis zu einem gewissen Grade zur Selbstregulation befähigt ist.”[34] Ökosysteme sind also Wirkungsgefüge biologischer Organismen in einem gegebenen Gebiet, die vielschichtige Beziehungen zur umgebenden Umwelt unterhalten. Mit ihrer Umgebung tauschen sie Stoffe und Energien aus. Die meiste Zeit befinden sie sich in einem Gleichgewichtszustand, der allerdings nicht als ein statisches Ruhen zu sehen ist, sondern auf einem ständigen Austauschprozess basiert. Neben abgegrenzten Systemen wie einem Wald, einem See oder Gebirge wird auch die gesamte Biosphäre als riesiges, umfassendes Ökosystem betrachtet: „Die Ökosysteme der Welt sind durch energetische, chemische und die Austauschbewegungen der Organismen in einem globalen Ökosystem miteinander verbunden, das oft auch als Bio- oder Ökosphäre bezeichnet wird.”[35] Mittels von außen aufgenommener Energie entwickeln und unterhalten ökologische Systeme vielfältige Stoffkreisläufe mit komplexen Rückkopplungsmechanismen und bieten zahlreichen Arten Existenzmöglichkeiten. Solche Räume, in denen sich das Lebendige in großer Formenvielfalt und in unendlich vielen Konfigurationen immer wieder neu entfaltet, können auch treffend als Nischen bezeichnet werden. Die Entwicklung solcher ökologischer Lebensräume ist jedoch immer von der Verfügbarkeit zumindest einer äußeren Energiequelle abhängig. Anders als der stoffliche Austauschprozess, in dem alles Entstehen und Vergehen der Formen in endlosen Kreislaufbewegungen geschieht, in denen sich Lebensformen, Arten und Gattungen immer wieder neu bilden und zu Gemeinschaften gruppieren, nachdem sie - wie die indische Mythologie lehrt - Shivas kosmischer Tanz am Ende jedes Mal der Vernichtung preisgibt, verläuft die Bewegung der Energie in nach außen geschlossenen Systemen immer in eine Richtung und kann innerhalb desselben Systems von sich aus keinen zweiten Kreislauf von Zerstörung und Schöpfung in Gang setzen. Letztlich wird nämlich alle aufgenommene Energie in Wärme verwandelt, die nicht mehr durch das System genutzt werden kann und sich schließlich im Raum zerstreut.

Vergleichbar der Entwicklung biologischer Organismen, verläuft auch die Entwicklung von Ökosystemen in verschiedenen Phasen, sog. Sukzessionsstadien, mit denen die Abfolge unterschiedlicher Entfaltungsstrategien beschrieben wird. Solche Abfolgen in der Entwicklung von Ökosystemen verlaufen als geordneter Prozess. Sie sind gerichtet und vorhersagbar. Die Ausbildung solcher Stadien ist Resultat von Veränderungen der dort lebenden Arten und Lebensgemeinschaften innerhalb ihrer vorgefundenen Umweltstrukturen. Diese Entwicklung erreicht regelmäßig ihren Höhepunkt in der Schaffung eines stabilen Ökosystems, in dem eine maximale Biomasse und symbiotische Beziehungen zwischen den Organismen auf der Basis eines möglichst geringen Energieumsatzes aufrechterhalten werden.[36] Die Sukzessionsstrategie von Ökosystemen ist im Kern die gleiche, wie die der evolutionären Entwicklung insgesamt: die Etablierung von Mechanismen stabiler Selbststeuerung, die zur Bildung relativer Gleichgewichte führt und dadurch wachsende Kontrolle über die Umwelt und maximalen Schutz vor störenden Umweltwelteinflüssen ermöglicht. So wie in der menschlichen Reifung eines jeden Individuum die archaischen Kräfte der inneren Realität, die Libido, die Instinkte und das ich-brauche, ich-will mit der Welt der äußeren Realität, den Kräften des Über-Ich, des Du sollst der Religion, des Du musst der Eltern und Lehrer und des Du darfst nicht der Nation und Zivilisation im Prozess der Persönlichkeitsbildung in Einklang zu bringen sind[37], so verläuft auch die Entfaltung ökologischer Systeme im komplexen Spannungsfeld widerstrebender innerer und äußerer Energiepolaritäten.

Die allgemeinen Entwicklungsstrukturen ökologischer Reifungsprozesse lassen sich sowohl in Miniatursystemen unter Laborbedingungen als auch in komplexen Großsystemen, wie Wäldern, Seen oder Gebirgen, in sehr ähnlicher Weise beobachten. Die Grundregel der Sukzession besagt, dass am Beginn der Entwicklung eines Ökosystems immer die Produktion maximaler Biomasse, also quantitatives Wachstum im Vordergrund steht. Auf einen frisch aufgeschütteten Erdhügel siedeln sich zunächst sehr robuste und schnellwüchsige Pflanzen wie Löwenzahn oder Hirtentäschel an, die mit ihren langen Pfahlwurzeln große Nährstoffmengen absorbieren und schnell das ganze Erdreich bedecken. Später gerät diese Entwicklungsstrategie mit dem Ziel der Stabilisierung in Widerspruch. Qualitativ rasch expandierende Systeme tendieren zur Instabilität und zum Zusammenbruch. Um dem Zusammenbruch zu entgehen, bilden sich in der Reifephase nunmehr Mechanismen zur Wachstumskontrolle heraus, die dem System eine höhere Stabilität gegen äußere Einflüsse verschaffen. Qualität rangiert jetzt vor Quantität, geschlossene Stoffkreisläufe vor offenen und die optimale Ausnutzung verfügbarer Energie vor maßloser Energievergeudung. Nun siedeln sich auch andere Pflanzenpopulationen auf dem Erdhügel an und bringen die anfangs dominierenden Starkzehrer bisweilen in die Minderzahl. Schon nach kurzer Zeit bildet sich eine differenzierte Artenflora, die bald auch den verschiedensten Tierpopulationen gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet, von denen in der Folge neue Beiträge zur Stabilität des Gesamtsystems ausgehen. Im Verlauf der Sukzession entwickeln sich im Ökosystem zwischen pflanzenfressenden und fleischfressenden Organismen Rückkopplungsmechanismen, die das System befähigen, jene umfassenden und verzweigten organischen Strukturen zu bilden und zu unterhalten, die notwendig sind, um störende Umwelteinflüsse in ihren Folgen abzumildern. Während dieser Entwicklungsprozesse vergrößert sich im Allgemeinen die Vielfalt der Arten bei gleichzeitig zurückgehender Dominanz nur einer einzigen oder kleinen Gruppe von Spezies. Das Zusammenleben der Populationen eines Ökosystems resultiert in den fortgeschrittenen Stadien in symbiotischen Beziehungen, verbesserter Versorgung mit Nährstoffen, geringerer Energienutzung und Zuwächsen an Information. Das umfassende Ziel ist die Erreichung größtmöglicher, ausgedehnter und vielfältiger organischer Strukturen innerhalb der Grenzen, die durch die verfügbaren Energiequellen und die vorhandenen stofflichen Bedingungen (Boden, Wasser, Klima usw.) gesetzt sind. Entsprechend dieser Veränderungen in der strategischen Orientierung kann die Entwicklung von Ökosystemen in zwei typische Stadien aufgeteilt werden: in die frühe Besiedelungs- oder Kolonisierungsphase, auf die später die Reife- oder klimaktische Phase folgt. In der ersten, der Kolonisierungsphase liegt das Schwergewicht auf quantitativem Wachstum und der Produktion maximaler Biomasse. Hierzu werden alle verfügbaren Energiereserven genutzt. In der zweiten, der klimaktischen Phase, dem Stadium eines reifen Ökosystems, schlägt die Quantität in Qualität um: das Ziel schnellen Wachstums wird durch das Verhaltensziel Stabilität ersetzt. Protektion, das heißt der Schutz und die Sicherung des Systemerhalts rangieren jetzt vor dem Ziel maximaler Produktion.[38]

Die Erforschung der Sukzession von Ökosystemen lässt noch eine Reihe von Fragen offen. So ist unklar, ob ökologische Systeme auch Alterungsprozessen unterworfen sind, vergleichbar solchen, wie sie in biologischen Organismen ablaufen. Auch die Zusammenhänge von Artenvielfalt und Stabilität sind unter den Fachwissenschaftlern umstritten. So wird zum Beispiel auf die sibirische Taiga als stabiles Ökosystem bei nur geringem Artenreichtum verwiesen. Nur durch genaue Beobachtung und korrekte theoretische Verallgemeinerung lässt sich bestimmen, was als allgemeiner Entwicklungsverlauf und was als überall vorkommende Ausnahme oder extreme Abweichung anzusehen ist. In der amerikanischen ökologischen Literatur, die auf einer längere Tradition zurückblicken kann, findet sich fast durchgehend die Ansicht, dass Stabilität, Artenvielfalt und Komplexität der Lebensbeziehungen einander positiv begünstigen.[39] So zeigt das Beispiel des tropischen Regenwaldes, wie eine ungeheure Vielfalt von Lebewesen sich zu einem System von hoher innerer Stabilität zusammenfindet, der jedoch, einmal abgeholzt oder brandgerodet, nur noch wenigen Arten Lebensraum bietet und sodann rascher Bodenerosion und folgender hoher Instabilität unterworfen ist.

In diesem Buch wird der Versuch unternommen, das Modell der ökologischen Sukzession auch auf die historische Entwicklung von Wirtschaftsweisen und insbesondere die Herausbildung der industriellen Wachstumswirtschaft anzuwenden. Dabei wird das klimaktische Stadium eines entwickelten Ökosystems mit der Perspektive einer nachhaltigen Wirtschaftsgesellschaft in Beziehung gesetzt, in der Stabilität und Qualität Vorrang vor quantitativen Wachstum genießen. Aus der Sicht zunfttreuer Ökologen sind solche Betrachtungsweisen streng verpönt. Man wittert hier den Versuch, mit den Ergebnissen moderner Forschung einen Machtanspruch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit entsprechender ethischer Postulate zu begründen.[40] Tatsächlich aber hat das Denken in Analogien und vergleichenden Metaphern bisher überall dazu gedient, komplexe Beziehungsmuster auf überblickbare mentale Modellwelten zu reduzieren. Die Bildung mentaler Modelle auf der Basis von Analogien bildet geradezu ein grundlegendes operatives Schema des menschlichen Geistes. Dabei sollte man allerdings nie vergessen, dass die Landkarte, die wir von der Wirklichkeit zeichnen und die uns Sicherheit und Orientierung verschaffen soll, eben nur eine Karte, ein Bild, aber nicht die Wirklichkeit selbst ist. Dieser generellen Orientierungsstrategie des Geistes ist durch ein fachwissenschaftlich verordnetes Analogiebildungsverbot nicht beizukommen. Faktisch werden heute überall Resultate der ökologischen Forschung und daraus hervorgegangene allgemeine Prinzipien von Wissenschaftlern und Autoren verschiedenster Fachgebiete verwendet, um gesellschaftliche Prozesse und Strukturen der menschlichen Psyche zu analysieren. Manche Autoren scheuen dabei leider nicht davor zurück, einerseits strikt zu verkünden, dass aus dem Vorhandensein ökologischer Grenzen keine positiven Organisationsmaßnahmen abgeleitet werden können, während ihre eigenen Konzepte jedoch ständig auf ökologische Erklärungsmuster zurückgreifen. Oder der Bogen der Interpretationsbreite wird erheblich überdehnt, so dass ökologischen Gesichtspunkten faktisch nur noch die Funktion der naturalistischen Weihe von Ansichten zu kommt, die zu dem originären Gegenstand der Ökologie nur noch eine ganz periphere Beziehung aufweisen. Ein Beispiel hierfür ist H. Bonus[41], der jeden immanenten Zusammenhang zwischen industriell-kapitalistischer Wirtschaft und Umweltkrise leugnet, die kapitalistische Marktwirtschaft zur ökologienahen Wirtschaftsweise par exellance erklärt und den kapitalistischen Gütermarkt und die Natur durch strukturell gleiche Prinzipien gesteuert sieht. Leider ist die Popularität des Ökologiebegriffs heute bisweilen sehr irritierend, zumal er oft ungenau und als Sammelsuriums-Kategorie gebraucht wird.

Über die Angemessenheit einer jeweiligen Analogiebildung kann folglich nur ganz konkret entschieden werden. Im Übrigen sind die strukturellen Analogien zwischen den Entwicklungsmustern von natürlichen und sozialen, gesellschaftlichen Systemen schon sehr früh erkannt worden. So haben die Pioniere der amerikanischen Sozialökologie schon seit den frühen zwanziger Jahren die anhand der Abläufe in ökologischen Systemen erkannten Gesetzmäßigkeiten genutzt, um Fehlentwicklungen in den sozialen Strukturen der Gesellschaft aufzudecken und durch eine Rückbesinnung auf universelle und umgreifende Entwicklungsgesetze zu therapieren. Die Sozialökologie befasst sich mit der Untersuchung von Form und Entwicklung der menschlichen Gemeinde und verwendet dabei auch die Begriffe der Dominanz und Sukzession. Mit letzterer wird dabei, anknüpfend an die biologische Ökologie, der nacheinander erfolgende Austausch von Bevölkerungen in einem gemischten Gebiet beschrieben: „Auch die(se) Entwicklung kulminiert in einer Klimaxphase, in der die Bevölkerung so gut an die Umwelt angepasst ist, dass sie ihre Kontrolle über das Gebiet unbegrenzt aufrechterhalten kann.”[42] Nicht nur Sozialwissenschaftler, auch physische Anthropologen verwenden ökologische Begriffe in ihren Untersuchungen über die menschliche Entwicklung, ohne jedoch eine formale Definition des Gegenstandes zu geben. Wenn es auch scheint, als habe die Ökologie nur eine einzige Herkunftsquelle, so kann sie doch auf unterschiedliche Kontexte zurückblicken. Schon seit ihrer Entstehung machen Soziologen und andere Wissenschaftler bei den unterschiedlichen Begriffsbildungen der Pflanzen- und Tierökologen Anleihen für ihre eigenen Konzeptionen. Die Möglichkeit erweiterter Anwendungen ist im Übrigen in der Ökologie selbst angelegt. Es gibt nämlich bis heute noch keine allgemein verbindliche und anerkannte Typologie und Klassifikation von Ökosystemen.[43] So bestehen auch hinsichtlich der maximalen Größe von Ökosystemen keine Beschränkungen. Wenn schon übereinstimmend das Weltmeer als zusammenhängendes globales Ökosystem betrachtet wird, warum dann nicht den gesamten Erdball als riesiges Ökosystem auffassen, das in die Energieströme des Kosmos eingebettet und auf externe Energiezufuhr durch die Sonne angewiesen ist, im Prinzip jedoch von den gleichen Steuerungsprinzipien reguliert wird, wie jedes kleinere, abgegrenzte Ökosystem auch. Diese Sichtweise dürfte auch bei dem Bild der Erde als riesiges Raumschiff Pate gestanden haben, wie es der amerikanische Ökonom Kenneth E. Boulding schon zu Beginn der siebziger Jahre gezeichnet hat.[44] Boulding beschreibt den Planeten als geschlossenes System mit beschränkten Vorräten an Brennstoffen und Energie. Er fordert eine Wirtschaftspolitik, die diesem Bild entspricht, das heißt der Begrenztheit der Ressourcen Rechnung trägt und die Erde als die Lebensnische des Menschen zu erhalten bestrebt ist. Die herrschende Wachstumswirtschaft nennt er eine Cowboy-Ökonomie, für die allein hohe Produktions- und Konsumraten und eine wachsende Einsatzmenge der Produktionsfaktoren die Kriterien des Erfolgs sind. Der Cowboy-Ökonomie stellt er die Spacemen-Ökonomie gegenüber, in der das Bewahren der Natur wichtiger ist als hohe Raten von Produktion und Verbrauch und die daher auf einem sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen besonderen Nachdruck legt.

Die ökonomischen Aktivitäten der Menschen können in ihren verschiedenen Ausprägungen als nischenspezifische Strategien gesehen werden, die im Kern alle auf das Ziel ausgerichtet sind, Lebensmöglichkeiten im globalen ökologischen System zu erhalten und zu erweitern. Im Folgenden wird die Entwicklung der industriellen Wachstumswirtschaft mit der Kolonisierungsphase eines Ökosystems in Beziehung gesetzt und die klimaktische Phase eines reifen und stabilen Ökosystems mit der Perspektive einer nachhaltigen und post-industriellen Wirtschaftsordnung und Lebensweise verknüpft. Während die koloniale Pioniergesellschaft durch hohe Geburtenraten, hohe Wachstumsraten und hohe Profite sowie eine massive Ausbeutung der natürlichen Ressourcen bestimmt ist, herrschen in der klimaktischen Gesellschaft ausgeglichene Geburtenraten, symbiotische Beziehungen zwischen den Lebewesen, weitestgehendes Recycling von Rohstoffen und eine Gleichgewichtsstrategie in allen Beziehungs-Netzwerken. Gleichgewicht in solchen Systemen bedeutet jedoch kein statisches, sondern ein kybernetisches Gleichgewicht, durch das eine einmal entwickelte Systemstruktur beim Durchlauf von Materie und Energie unterhalten wird. Industrielle Wachstumsökonomien bringen solche Gleichgewichtsstrukturen nur sehr zeitweilig zustande. Im Kern handelt es sich um permanent Instabilitäten erzeugende Systeme. Um die Gefahr des Kollabierens zu umgehen, ist es notwendig, ihre Regelungsmechanismen in Übereinstimmung mit allgemeinen ökodynamischen Prinzipien zu bringen. Die vier grundlegenden ökodynamischen Prinzipien liegen - vereinfacht ausgedrückt - darin, dass alle lebenden Systeme in Richtung eines klimaktischen, stabilen Zustandes tendieren und bestrebt sind, ihre Strukturen und ihr Verhalten zu konservieren, weiterhin dass sie selbstgesteuert arbeiten und nachhaltige Gleichgewichtszustände anstreben und auf Störungen ihrer Stabilität schließlich, jedes Mal mit der Suche nach neuen klimaktischen Zuständen reagieren.[45]

Im Konzept einer nachhaltigen Wirtschaftsweise wird die Re-Orientierung an ökologischen Steuerungsprinzipien zunächst um die Begriffe der Stabilität, Diversität (Artenreichtum und Artenvielfalt) und Komplexität gruppiert und später um die Aspekte der Energietransformation, der Stoffkreisläufe und der Entropie (Ausdruck der unumkehrbaren Verlaufsrichtung aller energetisch-physikalischen Prozesse) erweitert. Wie später anhand der Entropiediskussion gezeigt wird, ist das Phänomen der Komplexität von zwei Seiten her zu betrachten: Einerseits ist die Entstehung moderner Industriegesellschaften durch eine gewaltige Zunahme an Komplexität auf allen Stufen der gesellschaftlichen Organisation gekennzeichnet, während andererseits dieser Komplexitätszuwachs in der gesellschaftlichen Sphäre mit einer allgemeinen Komplexitätsreduktion, das heißt der Rückführung auf einfache Strukturen (zum Beispiel durch Raubbau und Monokultur) im Bereich der ökologischen Systeme bezahlt werden muss, auf deren Kosten sich die menschliche Nischenstrategie etabliert.

Wenn wir zwischen stofflichen, energetischen und gesellschaftlichen Betrachtungsebenen unterscheiden, kommen wir nicht umhin, verschiedene Prinzipien zu formulieren, welche die jeweils unterschiedlichen Verlaufsrichtungen der zu untersuchenden Prozesse bestimmen. Materielle Austauschprozesse kennen weder Zu- noch Abnahme. Es sind lediglich die Formen der Stoffe, die sich in unendlichen Kreislaufbewegungen über Zerstörung zu Neubildung, erneuter Zerstörung und folgende Neubildung usw. verändern, aber dabei letztlich weder an Quantität gewinnen noch verlieren. Stoffliche, also unter dem Gesichtspunkt des Materieaustausches auftretende Prozesse sind jedoch vom Standpunkt der energetischen Transformationen aus gesehen Verlustvorgänge, weil durch eine Zunahme von Entropie gekennzeichnet. Was allerdings materiell als Umformung und energetisch als Verlust erscheint, ist von der gesellschaftlichen Ebene der Verwandlung von Naturstoffen zu Gebrauchswerten her betrachtet, die Erwirtschaftung eines Überschusses, der aufgrund seiner Nützlichkeit menschliche Bedürfnisse befriedigt. Bei der Diskussion um Strategien zur Überwindung der Kontraproduktivitäten der industriellen Wachstumswirtschaft und Wegen zur Nachhaltigkeit sollte man diese unterschiedlichen Betrachtungsebenen nicht aus dem Blick verlieren.

Das Konzept einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, einer in gewisser Hinsicht stationären Wirtschaft, die eine Harmonie von Mensch und Natur anstrebt, geht auf John Stuart Mill zurück, der schon vor über hundert Jahren vorausgesehen hatte, dass am Ende des progressiven Wachstums der stationäre Zustand als unwiderstehliche Notwendigkeit liegt, und der in ihm einen erstrebenswerten Zustand menschlicher Entwicklung sah.[46] Umfassendere neue Überlegungen einer Steady-State-Wirtschaft wurden von Herman E. Daly[47] in den siebziger Jahren vorgetragen. Weil in einer begrenzten Welt nichts mit unbegrenzter Geschwindigkeit wachsen kann, fordert das Steady-State-Konzept, dass bestimmte physische Größen konstant zu halten sind, um die Nischenstrategie des Menschen mit den Existenzbedingungen seines ökologischen Lebensraums in Einklang zu bringen. Dadurch soll der menschlichen Gattung eine maximale Lebensdauer ermöglicht werden. Dalys Konzept bezieht sich nur auf das Konstanthalten von physischen Größen. Keinesfalls sollen Wissen, Information, kulturelle Entwicklung und andere nicht-physische Größen konstant gehalten werden. Heute wird offensichtlich, dass der herrschende industrielle Wachstumskurs nicht unbeschränkt fortgeführt werden kann. Die Menschheit befindet sich vor einer Transformationsperiode, deren wahrscheinliche Strukturen sich bereits deutlich abzeichnen. Aus dieser Perspektive erscheint die ökologische Krise nicht als bloße Katastrophe, sondern auch als eine Chance zur Umwandlung. Veränderung wird somit zum Leitbild der Zukunftsentwicklung.[48]

Das Konzept einer nachhaltigen, auf Stabilität und Dauer gerichteten Wirtschafts- und Lebensweise gründet auf Erkenntnissen gewonnen aus der Beobachtung natürlicher Ökosysteme und traditioneller Mischkulturen. Anstelle des Kampfes gegen die Natur stehen hier Kooperation und Dialog mit der Lebensumwelt. Orientierungspunkte sind maximales Verstehen und minimale Einmischung. Die gesellschaftliche Perspektive liegt in einem Zusammenschluss sich auf eigene Kräfte stützender kommunaler Einheiten auf der Basis innerer Autonomie und Stärke. Solche konzeptionellen Orientierungen sehen die Wirklichkeit als komplexes Netzwerk vielfach ineinander verwobener Faktoren, die sich alle in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander entwickeln. Nicht nur in der modernen Systemtheorie und Arthur Koestlers Idee des Holons als Entität finden sich Muster eines solchen Bildes der Wirklichkeit, sondern bereits im Lehrgebäude des Pali-Buddhismus wird mit der Metapher vom Juwelennetz Indras das Entstehen aller Dinge in Abhängigkeit gelehrt. Das Juwelennetz Indras verkörpert im frühen Buddhismus die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit, die besagt, dass sich alle Phänomene wechselseitig bedingen. An jeder Verzweigung dieses Netzes liegt ein lichtreflektierendes Juwel (das heißt ein Phänomen, Ding etc.) und jedes Juwel enthält ein weiteres Netz ad infinitum. Aber jedes Juwel existiert nur als Reflexion aller anderen und besitzt keine Selbstnatur. Alle Phänomene können daher mit dem Ganzen identifiziert werden. Keines hat eine Eigenexistenz, außer als Manifestation des Ganzen.[49] Unsere Bild von uns selbst und unsere Wahrnehmung der Natur sind keine separaten Entitäten, sondern Teile einer zusammenhängenden komplexen Realität. Der Zustand der Welt hängt maßgeblich vom Zustand unseres Denkens und Fühlens ab. Ökologische Veränderung beginnt daher mit einer veränderten Wahrnehmung unseres Selbst und der Art und Weise unseres Seins in der Welt. Die Umgestaltung des eigenen Selbst ist der erste Schritt einer ökologischen Umgestaltung der Wirklichkeit.

Fragen der Wirtschaftsweise sind immer Fragen der menschlichen Naturbegegnung, weil ohne Natur weder Produktion noch Verbrauch möglich sind. Die Art und Weise, wie wir mit Natur umgehen, wird durch kulturelle und religiöse Faktoren nachhaltig gesteuert. Die Gewalt, die der Mensch gegenüber der Natur ausübt steht im engen Zusammenhang mit entfremdeten Lebensstrukturen und Herrschaftsverhältnissen innerhalb der menschlichen Gesellschaft selbst. Vielfach ist vermutet worden, dass die naturzerstörerische Wachstumsdynamik auch eine Auslagerung und Abwälzung sozialer Konflikte auf dem Rücken der Natur ist.[50] So wie die Vorstellung, dass der Mensch die Natur beherrschen müsse direkt aus der Beherrschung des Menschen entstanden ist[51], so schließt die Forderung nach einer ökologienahen Wirtschaftsweise auch die Perspektive einer humanen und von Ausbeutung freien gesellschaftlichen Ordnung ein. Es gibt gute Gründe zu hoffen, dass ein neues Verhältnis des Menschen zur Natur auch zum Vehikel eines neuen Verhältnisses der Menschen zueinander werden kann. Wenn es keine Schlachthöfe und industrielle Massentierhaltung mehr gibt und einmal ein erweitertes Selbst an die Stelle selbstsüchtiger Ich-Ziele tritt, könnte es dann noch Kriege geben? Wie sehr die Unterwerfung der Natur und die Unterdrückung des Menschen miteinander verzahnt sind, zeigt auch die Deformation des menschlichen Körpers in der Industriegesellschaft. Es sind nicht allein in der Bundesrepublik die Millionen behandlungsbedürftiger Neurotiker, Alkoholkranker und Drogenabhängiger, die trauriges Zeugnis über die Zerstörung der Leiblichkeit durch eine auf abstrakte Zielgrößen wie Geld, Macht und Prestige gerichtete Lebensform ablegen, sondern bereits das Ineinanderwirken zwischen seit früher Kindheit erzwungener Erregungsbeherrschung einerseits und dem Dauererregungszustand des Einzelnen durch Hektik, Lärm und Stress der industriellen Lebensumwelt andererseits, die den verspannten und schmerzenden Körper zum verzerrten Spiegelbild gesellschaftlicher Spannungen macht. Die industriell-kapitalistische Wachstumsdynamik hat die Gier des Menschen bis aufs Äußerste angestachelt und damit den Menschen aus der Selbstgenügsamkeit und Ganzheit, dem In-sich-Ruhen früherer Wirtschaftsweisen herausgeschleudert.[52] Doch die Gier nach grenzenlosem Sinnengenuss kann ihr selbst gegebenes Versprechen nicht einlösen. Statt neue und dauerhaft befriedigende Erfahrungsqualitäten zu verschaffen, hat die kapitalistische Lebensform mit ihrer auf den Protestantismus zurückgehenden Ethik den Menschen der ursprünglichen Sinnlichkeit seines Körpers enthoben, während sie ihn gleichzeitig in gigantische virtuelle Scheinwelten katapultiert. Immer mehr lösen sich die Menschen so von den sinnlichen Qualitäten unmittelbarer Naturbegegnung und echter menschlicher Kommunikation, um uneinlösbaren Glücksversprechen in phantasmagorischen Scheinwelten nachzujagen.

Wir wissen um die Gefahren unseres zivilisatorischen Kurses, doch es fehlt an ausreichender Handlungsbereitschaft, um nachhaltige Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Gerade unser ständiges Verweilen in imaginären Scheinwelten und dieLoslösung von den Dimensionen unmittelbarer Erfahrung verleiht den Abstraktionen, denen wir nachjagen, eine solch fesselnde Macht über unser Leben. Betroffenheit kann Handlungsbereitschaft aktivieren, doch damit sie wirksam werden kann, ist Wissen erforderlich. Nun stellt sich jedoch die Frage nach der Qualität eben dieses Wissens. Wie viel Wissen über Umweltgefahren ist notwendig, um Menschen zum Handeln zu veranlassen. So tun Menschen bei gravierenden Umweltschäden, wie der schleichenden Trinkwasservergiftung durch Pestizide und andere Umweltgifte oft relativ wenig, während auf - gesamtökologisch betrachtet - eher kleinere Schäden - wie zum Beispiel die Verunreinigung eines Badesees durch Fäkalien und Überfütterung - vergleichsweise heftig reagiert wird.

Hinzu kommen das Problem der Zuschreibung von Verantwortlichkeit und der Umfang individueller Handlungsmöglichkeiten.[53] Ein besonders heikler Punkt ist die Zeitdimension zwischen einer umweltbezogenen Handlung und der erfahrbaren Rückwirkung der Natursysteme auf die menschliche Sphäre. So liegt die Zeit des hauptsächlichen Einflusses von Flurkohlenwasserstoffen (FCKW) in der Atmosphäre erst im Zeitraum von mehr als zehn Jahren nach ihre Herstellung bzw. Emission. Die Amtszeiten politischer Entscheidungsträger betragen vier Jahre, die Amortisationszeiten für größere Investitionen liegen vielleicht bei 5-7 Jahren.[54] Handlung und Handlungsfolgen, Verursacher und Geschädigter drohen im anonymen Getümmel zwischen Harmlosigkeitsbeteuerungen, vollmundigen Sicherheitsversprechen und einsamer Gefahrenwarnung sich wie Nebel ins Nichts zu zerstreuen.

Die etablierten Regeln der Zuordnung von Kausalität und Schuld versagen, weil sie der Komplexität der Handlungs- und Verantwortungslinien der modernen Industriegesellschaft immer weniger gerecht werden. Die bestehenden Beweislasten sind extrem ungleich verteilt. Großgefahren sind auch kraft technisch-medizinischer Autorität oft nicht eindeutig fassbar und gegen den Normalfall abzugrenzen. Sie werden zur Angelegenheit aller, aber letztlich fühlen sich doch nur wenige persönlich zum Handeln veranlasst. Die Hilflosigkeit auf das Ganze gerichteter Handlungsorientierung manifestiert sich dann in Vertröstungsformel wie jeder einzelne muss ... oder die Gesellschaft muss oder einfach des man sollte ... Die Welt, schreibt Beck (1988, S.19f).,

„... ist zum Experimentierfeld riskanter Technologien geworden, das heißt zu einer potentiellen Widerlegung der Sicherheitsversprechen staatlicher, wirtschaftlicher, technischer Autorität (...) Politik, Recht und Verwaltung haben die Sicherheitskonstruktionen von Industrie und Technikwissenschaft 'verinnerlicht' und verspielen nun mit dem Aufbrechen des Jahrhundertfehlers in der sie leitenden, technikzentrierten 'Sicherheitsphilosophie' ihre Autorität.”

In diesem Widerspruch zwischen dem Versagen etablierter Zurechnungsregeln von Kausalität und Schuld einerseits und wachsenden Gefahren und ihrer Anonymisierung andererseits zeigt sich die tiefe Krise menschlichen Herrschaftswissens, bis hin zur Selbstwiderlegung wissenschaftlicher Rationalität. Risikokalküle können in die verschiedensten Richtungen ausgelegt werden. Am Ende steht dann die Logik Kopf: Atomkraftwerke müssen gebaut werden, bevor und damit ihre Sicherheit überprüft und erforscht werden kann. Beck sieht folglich im Fortschritt der Risikowissenschaft den Niedergang wissenschaftlicher Sicherheitsautorität.

Die Krise der Umwelt ist die Krise der Herrschaft des Menschen über die Natur und damit die Krise der vor allem auf Herrschaftswissen gegründeten westlichen Lebensform. Der Westen hat kaum eine Kultur der inneren Erfahrung entwickelt, wie sie die Gestalt der östlichen Lebensform so entscheidend geprägt hat. Im Osten hat Heilswissen immer einen höheren Rang als Herrschaftswissen genossen. Das Verhältnis zur äußeren Natur war hauptsächlich dialogisch-symbolisch, während es sich im Westen im Entwicklungsverlauf der industriellen Nischenstrategie immer mehr zum herrschaftlich-destruktiven hin gewandelt hat. Doch wie sich Odysseus einst von seinen Seeleuten an den Mast seines Bootes fesseln ließ, um den Sirenen lauschen zu können, ohne von ihrem betörendem Gesang an die Felsbrandung gelockt und dort zerschmettert zu werden, so schlug in Europa die archaische Ethik unmittelbarer Sinnlichkeit um, in eine subjektfeindliche und objektfixierte, die Akkumulation und Besitz prämiert. So wendet sich die odysseische List, die ozeanische Hingebung an das Andere der Natur mit der Selbstbewahrung des gefesselten Egos verknüpfen wollte, am Ende doch gegen den Erfinder.

Wir können das Dilemma der ökologischen Zivilisationskrise ohne Bezug auf diese Selbstentfaltungsmomente des Ego nur sehr bruchstückhaft erklären. Was wir nach tiefenökologischer Überzeugung brauchen ist ein neues Konzept eben dieses Selbst. Das ich-brauche, ich-will-Ego des um Autonomie ringenden Kindes muss einem Selbst weichen, das seine umfassenden Verwirklichungsmöglichkeiten vor allem im Zusammenhang und in Verbindung mit den Verwirklichungsmöglichkeiten anderer Menschen und Spezies sucht. Über Wege, Strategien und Ziele ökologischer-ökonomischer Systemsteuerung sprechen, heißt immer, auch das Konzept des die Welt zentrierenden Selbst zu reflektieren. Alle Konzepte, Vorschläge und Modelle des ökologischen Umgangs mit Situationen verweisen immer zugleich auf einen tieferen Bereich, nämlich auf die Ebene unserer existentiellen Grundstruktur und die Frage der rechten Lebensführung.

Im Folgenden werden zunächst einige Überlegungen zum begrifflichen Bezugsrahmen des hier entwickelten ökologischen Wirtschaftskonzepts angestellt und die Grundzüge eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells kurz skizziert. Kapital III richtet den Blick dann auf die Geschichte der Wirtschaftsweisen und untersucht die Entstehung und Entfaltung historischer Wirtschaftsformen im Hinblick auf ihren nachhaltigen bzw. stationären Charakter. Dabei wird sich zeigen, dass die Menschheit im überwiegenden Teil ihrer Geschichte nachhaltig gewirtschaftet hat und dass erst der Industrialismus als jüngster Ableger am Zweig der menschlichen Wirtschaftsgeschichte eine Herrschaft des Anorganischen und Synthetischen über das Organische und Naturgeschaffene errichtet hat. Mit der nischenspezifischen Strategie dieses Ablegers wird sich dann in Kapitel IV unter besonderer Berücksichtigung des Phänomens der Entropie auseinandergesetzt. Die Kapitel V, VI und VII thematisieren daran anknüpfend den Zusammenhang von Natur und menschlicher Arbeit mit den Wertbegriffen der Ökonomie. Dabei werden unter anderen die Bedeutung sprachlicher Abstraktionen in Bezug auf die menschliche Naturaneignung diskutiert sowie einige Möglichkeiten skizziert, die sich aus der Verwendung nicht-monetärer Messgrößen zur Erfassung und Regulierung ökonomischer Aktivitäten ergeben. Zum Schluss wird dann das Modell einer zukünftigen, nachhaltigen und vorsorgenden Wirtschaftsweise in Abgrenzung vom idealtypischen Erscheinungsbild der dynamischen Wachstumswirtschaft beschrieben.

I. Die Bio-Ökonomie - Die nachhaltige Nischenstrategie des Menschen

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