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III. Abgesicherte Schriftgemäßheit: Bekenntnis und hermeneutica sacra 1. Die Bekenntnisse des 16. Jahrhunderts als Modellfälle schriftgemäßer Lehre

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Die im Konkordienbuch von 1580 zusammengefassten Bekenntnisschriften16 sollten der sich auf Luther berufenden neu entstandenen Kirche ein konfessionelles Fundament geben. In der sogenannten Konkordienformel wird als Versuch, die Position des Reformators abzubilden, die Berufung auf die Schrift zum ersten Mal und in klassischer Weise als leitendes Prinzip formuliert; unter der Überschrift Vom summarischen Begriff, der Regel und Richtschnur heißt es in der Zusammenfassung der Formel:

„Wir glauben, lehren und bekennen, dass die einzige Regel und Richtschnur (unica regula et norma), nach der in gleicher Weise alle Lehren und Lehrer [in der Kirche] gerichtet und beurteilt werden sollen, alleine die prophetischen und apostolischen Schriften des Alten und Neuen Testaments sind, […]. Andere Schriften aber alter und neuerer Lehrer […], sollen der Hl. Schrift nicht gleichgestellt, sondern ihr alle miteinander unterworfen werden, […].“17

Die Kirchenhistorikerin Athina Lexutt schreibt dazu:

„Schon zu seinen [d.h. Luthers] Lebzeiten, ungleich heftiger aber noch nach seinem Tod wurde erbittert darum gerungen, wie manche seiner Lehrstücke recht zu verstehen, zu interpretieren und in Predigt, Lehre und Leben der Kirche umzusetzen seien. Den Abschluss dieser Streitigkeiten herbeizuführen war das erklärte Ziel der Verfasser der Formula concordiae. Und so hat die Herausstellung der Schrift noch einmal ein ganz besonderes Gewicht: Kein Lehrstück – nicht einmal ein Lehrstück Luthers – hat normative Kraft, wenn es nicht kongruent ist mit der unica regula: der Schrift. Eintracht, concordia herzustellen kann nur über den Leisten der Schrift gelingen – oder es gelingt nicht.“18

Als Grundlage und Mitte der im Konkordienbuch gesammelten Bekenntnisse galt das Augsburger Bekenntnis von 1530, die Confessio Augustana. – Lexutt bemerkt dazu: „Die CA hat sich […] durch den Gebrauch, in der Praxis der kirchlichen Lehre und der Schule, zu einem probaten Text entwickelt, der in Kurzform die Inhalte der Schrift auf den Punkt zu bringen in der Lage ist.“19

Damit aber wurde es erforderlich, das Normengefüge der Reformation differenziert darzustellen, einen Unterschied zu markieren zwischen der Heiligen Schrift als der grundlegenden norma normans und den Bekenntnissen als der norma normata der neu gebildeten lutherischen Kirche:

„Die CA stellt die erste Stufe der norma normata dar – die Formula concordiae die zweite. Die Lehre durchläuft demnach folgende Stadien: von Gott geboten, in der Schrift als Fundament gegründet, in den Symbolen der Alten Kirche dargetan, im Bekenntnis der Kirche erkannt und gehalten. Das Bekenntnis wird somit zu einer Art Garantie der traditio des Willens Gottes. […] es transportiert das verbum Dei in die Gegenwart des Hörenden und ist damit traditor.“19

Daraus ergibt sich die – im Grunde bis heute geltende – Hermeneutik des Lehrgeschehens in der lutherischen Kirche:20

Der „Blick auf die Frage nach dem Verhältnis von norma normans und norma normata […] verdeutlicht, wie die Reformation durchweg mit eigener, reformatorischer Lehre ganz unbefangen als normativer Lehre umgehen konnte, ohne vom Schriftprinzip auch nur einen Millimeter zu weichen. […] Bekenntnisstand ist nötig gerade um der Sache willen, […]. Diese Notwendigkeit resultiert […] allein daraus, dass die traditio als norma normata von der norma normans lebt und stets an ihr gemessen werden muss.

Die Schrift als vox des verbum Dei ist und bleibt unica regula et norma et iudex […].“

Gleichen Rang für Lehre und Leben der lutherischen Kirche wie die Rede von der Heiligen Schrift als der einzigen Regel und Richtschnur (unica regula et norma) in der Konkordienformel hat der berühmte 7. Artikel der Confessio Augustana, der die Überschrift Von der Kirche trägt; dort heißt es:

„Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden (congregatio sanctorum, in qua evangelium pure docetur et recte administrantur sacramenta). Denn das genügt zur wahren Einheit in der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden.“21

Das auf diese Weise formalisierte und für die Zukunft vorgegebene Schriftprinzip stellt den Ver-such dar, die Klarheit der Schrift, von der Luther ausging, auch künftigen Generationen zu erhalten: Das aus der Heiligen Schrift erhobene und ,rein gepredigte‘ Evangelium sollte den Stadtplan der Bibel, den Luther verwendete, auch für die Folgezeit anwendbar machen und die Kirche als durch Einsichten des Reformators geprägte Interpretationsgemeinschaft der Bibel konstituieren.

Dass dies nur sehr bedingt gelungen ist, zeigen die schon erwähnten Streitigkeiten unter den Erben Luthers: Der sein Denken leitende Stadtplan der Bibel ging offensichtlich nicht eindeutig genug aus dieser hervor; er war auf Grundlage der Schrift allein nicht so präzise beschreibbar, wie der Reformator ihn zu seinen Lebzeiten vor Augen hatte ...

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