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Kap. 6 Die Panterkatze

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Ein Rabe im Dschungel fühlt sich magisch von den dortigen wunderschönen Katzen angezogen. Über deren Gefährlichkeit für einen nur müde flatternden Vogel war sich zwar im Prinzip im Klaren, aber den­noch nicht völlig überzeugt. Sollte er nun einen weiten Bogen um sie herum machen und ihre funkeln­den Augen und ihre geschmeidigen Bewegungen nur von einem hohen Ast aus betrachten, oder konnte er es wagen, sich an ihre Futterplätze zu begeben und ihnen näher zu kommen? Die Neugier über­wog,- wer wagt, gewinnt, und schon immer hatten ihn Gegensätze angezogen. Ob es unter den als Raubkatzen etikettierten herrlichen Exemplaren Mutanten gab, die ähnlich empfanden?


Das Problem schien von derart gefährlicher Natur zu sein, dass er erst einmal auf eine abgelegene Insel flatterte und dort Ausschau hielt. Alles schien dort ganz harmlos zu sein und die eigentliche Gefahr nur in der Gefährdung seines schwarzen Rabenrufes zu liegen. Selbst eines seiner Rabenkinder hatte schon tiefe Abscheu geäußert. Die anderen wollten einfach nicht zur Kenntnis nehmen, was er schrieb. Na ja,- er ließ sich erst einmal in einer Vogelhütte am Meeresstrand nieder, und lockte dann eine der hier lebenden schwarzhaarigen Panterkatzen dorthin. Sie ging beim Geruch von Geldscheinen schnurrend darauf ein.

Zu seiner Überraschung entpuppte sich die verführerisch schöne schwarze Katze als eine orangene. Das Vögeln in der Vogelhütte nahm sie als Meditation, nachdem sie sich dreimal tief und andächtig vor Buddha verneigt hatte. Der Rabe war nicht nur von ihrer Schönheit, nein, vor allem von der Schönheit die­ser Meditation tief beeindruckt und vergaß sofort Goethe, der doch gesagt hatte: Sagst du zum Augen­blick: <Verweile doch, du bist so schön!>, dann ist's um dich gar bald geschehen. Das nächste Mal gab es noch den sexuellen Rausch, und dann flachte in diesem vermeintlichen Paradies alles bald ab, woran auch ein Revival nach einigen Monaten nichts Entscheidendes mehr änderte.

Doch,- das Revival brachte noch einige durchaus wichtige neue Erfahrungen. Es spielte sich nämlich nicht auf jener abgelegenen Insel ab, sondern in den Reisfeldern, wo sie auf die Welt gekommen war und wo ihre Eltern noch in äußerst ärmlichen Verhältnissen lebten. Sie hatte dort ein junges, ebenfalls schon Schönheit ausstrahlendes Kätzchen, das die meiste Zeit ohne seine Mutter lebte. Der Vater hatte sich nach Raubkatzenmanier verzogen. Die dortige Armut zu beschreiben wäre auf einer normalen Computertastatur nicht möglich. Doch seien einige Worte über die Erziehung der dortigen an sich gewiss ganz normalen Katzen zu Raubkatzen gesagt.

Nur ein weibliches Katzenkind wurde jeweils zur Raubkatze gemacht. Das ging von Gene­ra­tion zu Generation schon seit alten Zeiten so, ein fest eingefahrenes und nicht einfach zu änderndes System. Somit war es ein falsches Gerücht, dass die modernen Touristen oder in der Generation davor amerikanische Soldaten, die sich hier vom Gemetzel in nicht weit entfernten Ländern erholen wollten oder sollten, diese Lebens­weise eingeführt hätten, wenn auch beide für deren Verbreitung beige­tragen haben mögen. Offiziell durften die Raubkatzen schon seit längerem nicht mehr auf die Jagd gehen. Doch über­all gab und gibt es Reviere, wo nicht das Geringste dagegen unternommen wird. Wie sollte das in einem Lande ohne Sozialversicherung auch geschehen? Die alten Katzen würden sonst alle ver­hungern.

Die jeweilige Raubkatze ist sich ihrer Rolle durchaus bewusst und akzeptiert sie mit nur mäßigem Mur­ren. Die meist jüngeren Schwestern erzeugen den normalen Katzennachwuchs. Die männlichen Katzen (Russen werden sofort verstehen, warum diese hier nicht als Kater bezeichnet werden, weil sie darunter Zuhälter verstehen) liegen nicht selten faul herum und lassen sich ebenfalls gerne von den Raubkatzen ernäh­ren. Die Raubkatzen machen ihre Sache im allgemeinen mit Bravour, haben sogar Spaß an dem, was sie tun, und übererfüllen nicht selten ihr Soll. Generell arbeiten sie inzwischen weitgehend steril und infizie­ren sich kaum mehr an ihren Opfern.

Die bei den Reisfeldern lebenden Verwandten der schwarzen Panterkatze mochten den Raben nicht. Er entsprach offensichtlich nicht ihren Vorstellungen von einem mit Geldscheinen um sich werfenden europäischen Tier. Das mag, obwohl nicht gerade erfreu­lich, noch verständlich sein. Noch weniger verständlich ist vielleicht aber, dass diese gar nicht sehr räuberische Raubkatze das selber überhaupt nicht verstand. Oder simu­lierte sie nur ganz intelligent Unver­ständnis, um unangenehmen Fragen auszuweichen? Auf jeden Fall kehrte sie nach wenigen Tagen gemeinsam mit dem Raben in den Groß­stadt­dschungel zurück.

Dort lebte auch ihre verheiratete jüngere Schwester, die in einer der endlosen Vorstädte einen Verkaufs­stand für T-Shirts betrieb. Hier half sie nun an Wochentagen aus und kam an den Wochenenden ins Rabennest. Sie gelobte, jetzt ein zivilisiertes Leben führen zu wollen. Aber sie jammerte so lange über die schlechte Versorgung ihrer Tochter dort auf dem Lande bei ihren Eltern, bis der Rabe genügend Geld herausrückte. Doch der Rabe erkannte mit sicherem Rabenblick sofort, dass sie mehr Geld ver­langte, als zur Versorgung dieser wirklich einen intelligenten Eindruck machenden Tochter und viel­leicht noch ihrer Mutter, die für diese sorgte, nötig gewesen wäre.

Sie bekam also nur noch soviel, wie dafür nötig gewesen wäre, und der übrige Klan ging leer aus. Das aber bewirkte, dass sie binnen kurzem das sonst für Katzen so typische, zutraulich wirkende Schnurren einstellte. Sie ließ sich auch des Nachts mit dem Raben auf keine Spielchen mehr ein. Das wurde dem schwarzen Raben natürlich bald zu bunt, und er komplementierte sie zur Tür hinaus.

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