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»Auch mit weniger Mitteln eine gute Atmosphäre schaffen«
Wie kommen SchülerInnen Ende der 9. Klasse zu Aussagen wie: »Ich habe in dieser Schule alles gelernt, was ich für das weitere Leben brauche.«
Eine andere: »Es war eine schöne Zeit, schade dass sie jetzt vorbei ist.«
Auffällig auch die ruhige unaufgeregte Atmosphäre.
Schulleiter J. dazu: Wir pflegen an unserer Modell-4-Schule eine Kultur der Gemeinsamkeit in altersgemischten Gruppen. Wir planen zusammen gemeinsame Projekte und führen diese in Gruppen vom Kindergarten bis zur Oberstufe durch.
Wir grüen einander. Ich grüe zuerst und warte nicht, ob ich zuerst gegrüt werde.
Wir achten einander und pflegen eine offene Kommunikationskultur.
Wichtig ist ein breites Bildungsverständnis. Und die Bereitschaft, auch als Erwachsene ständig zu lernen. Auch ich in meiner Rolle als Schulleiter. Uns ist die Vorbildfunktion wichtig.
Wir thematisieren im Kollegium unser Bildungsverständnis, unser Menschenbild.
Wie haben Sie in dieser Schule den Turnaround geschafft?
Wir haben von den SchülerInnen erfahren, dass sie zuvor einige turbulente Jahre erlebt haben.
Indem wir nicht mit dem Bleihammer dahinter gegangen sind, um Probleme zu lösen. Wir ermutigen durch Lob und Anerkennung und selektieren so wenig wie möglich. Die Diskussion, was wäre diese Schule ohne Noten, findet statt. Wir suchen nach Instrumenten, um in homöopathischen Dosen zu beurteilen. Dazu dient auch das Portfolio. Die SchülerInnen lernen dabei, sich selber einzuschätzen. Selbstsorgsamkeit und Selbstständigkeit von SchülerInnen ist uns wichtig. Wir fragen, bezogen auf die innere Differenzierung im Unterricht, bei den KollegInnen nach, wie genau sie diese umsetzen im Sinne der Integration. Bezogen auf den LP21 gehen wir machbare, verdaubare Schritte.
Für mich war die Stelle als Schulleiter an dieser Schule ein Traumjob nach 17 Jahren als Heilpädagoge in der Klinik für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Wir stellten uns zu Beginn dieses Schulentwicklungsprozesses die Frage: »Was ist wesentlich?«
Wie sieht es denn aus, wenn dauernd zu wenig personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, um individuell zu fördern und den Lehrplan 21 zu erfüllen?
Wir verschwenden nicht Energie in das, was fehlt, indem wir uns als Opfer betrachten, sondern schrauben dort, wo es geht. Man kann auch eine gute Atmosphäre schaffen mit weniger Mitteln. Natürlich ist mein Leuchtturm die Inklusion und natürlich fehlen Mittel! Wir machen auch nicht ständig Tests. Die SchülerInnen arbeiten selbstständig und niveau- und altersgemischt. In einzelnen Fächern arbeiten SchülerInnen der Real -und Sekundarklassen zusammen. Oft wissen sie voneinander gar nicht, in welche Niveaugruppe sie eingeteilt sind.
Gespräch mit M. BFF
Zum besseren Verständnis: M. will über seine Schulzeit erzählen, weil er nur gelitten hat. Er hat erst in der fünften Klasse die Diagnose ADHS bekommen. Von da an wurde er in fast allen Fächern als vermindert lernfähig betrachtet und bekam wenig Unterstützung. Der Lehrer sagte ihm, er sei dumm. Das hat er mit der Zeit selber geglaubt.
Herausforderung: individualisierender Unterricht. Die Zuschreibung »reduzierter individueller Unterricht« ist zu einfach, eher eine Sparmaßnahme als ein ernsthafter Lösungsversuch.
»Ich wollte nicht mehr zur Schule gehen, hatte Albträume und Schlafprobleme«
»Die Aussagen des Lehrers gipfelten in der Feststellung, dass ich in ein Behindertenheim gehöre«