Читать книгу Die unschuldige Königin - Hans-Peter Dr. Vogt - Страница 19
2.5.
ОглавлениеElvira tut, was Lara ihr geraten hat, und Ramon (der Sohn von Tante Clara) hört ihr gut zu. „Du bildest da gerade eine besondere Fähigkeit aus“, meint er. Lass uns das ein wenig trainieren. Setze dich dann wieder mit Lara in Verbindung. Suche die Geigerin Conny auf und rede mit Pablo und Maria Anethé. Sie können dir eine neue Welt aufschließen.“
Also redet Elvira wieder mit Lara und Lara nickt. Sie nimmt Elvira in eins der nächsten Konzerte von Tante Conny mit. Das ist in London. Lara steht mit Elvira hinter der Bühne. Es gibt einen kleinen Schlitz, so dass sie das Publikum sehen können. Conny spielt auf ihrer Geige, begleitet von der Londoner Philharmonie. Lara fasst jetzt nach Elviras Hand und sie beginnt zu summen.
Solche Schwingungen hat Elvira in ihrem Leben noch nicht vernommen. Sie sieht, wie wahre Wellen von Energie in den großen Saal fließen. Sie sieht, dass Lara diese Energie mit Botschaften versetzt. Sie sieht, wie die Zuhörer ihre Sinne öffnen und diese Botschaften aufnehmen. Sie sieht das Glück und die Bereitschaft, etwas Neues bewegen zu wollen. Elvira steht die ganze Zeit neben Lara. Sie hört zu. Sie sieht diese Bündel von Energie. Sie staunt.
Am selben Abend fahren sie ins Hotel. Elvira sieht Lara an und fragt wortlos, „und das war jetzt erlaubt?“ Lara gibt ihr ein Zeichen zu warten. Später liegen sie gemeinsam in dem großen Bett des Doppelzimmers und Lara erklärt. „Wir machen das schon lange. Chénoa, ich, Pablo und Maria. Jeder auf seine Weise. Ja, das hat nichts mit persönlicher Bereicherung zu tun. Wir beeinflussen die Menschen. Wir versuchen ihnen Botschaften zu schicken. Du hast gespürt, was ich ihnen gesagt habe?“
„Nicht ganz“, sagt Elvira, und Lara erklärt. „Die Welt ist in Unordnung. Ich benutze diese Plattform, um Menschen mit neuen Gedanken zu infizieren. Wir wollen, dass die Meere sauberer werden. Wir wollen, dass die Gewalt zwischen den Menschen schwindet. Wir wollen, dass die Tiere mehr geachtet werden, und wir wollen einige politische Ziele verwirklichen. Vieles wird dir noch nichts sagen. Willst du mehr wissen?“
So beginnt Lara, Elvira jetzt öfters mitzunehmen, zu solchen Konzerten. Maria nimmt sie mit zum Fernsehen, wenn sie die Abendschau moderiert. Pablo nimmt sie mit in dieses Studio, wo er Sendungen für andere Sender zusammenstellt, um sie zu verschicken. Er nimmt sie mit in diese Presseagentur, für die er arbeitet.
Elvira lernt, dass sie alle summen. Sie versetzen die Nachrichten mit Botschaften. Sie sprechen das nicht in Worten aus, aber die Botschaften sind da, und sie werden von jedem gehört, der diese Sendungen anschaut. Niemand hört das als gesprochenes Wort. Es sind Botschaften, die sich ins Unterbewusstsein einklinken. Sie sind da. Sie werden vernommen, aber niemand weiß davon, dass er gerade beeinflusst worden ist.
Elvira sieht. Sie hört zu und sie staunt. Dann beginnt sie sich für den Inhalt der Botschaften zu interessieren.
Die Geschwister hatten längst angefangen, solche Kräfte zu trainieren. Manchmal wird Elvira Zeugin davon, wenn Ramon andere Menschen mit Botschaften versorgt. Sie weiß, dass auch Irina das kann, aber dieses Ausmaß, das sie bei Lara, Pablo und Maria erlebt hat, das ist gigantisch.
Einmal wird Elvira von Lara mitgenommen zu einem Pop Konzert in die USA. Es ist eines dieser riesigen Open Air Konzerte, die es dort mitten auf der „grünen Wiese“ gibt. Vielleicht 150.000 Menschen sind dort zusammengekommen, oder auch viel mehr.
Sie erlebt bei diesem Konzert zum ersten Mal (wie sie glaubt) die ganze Kraft ihrer Tante Chénoa. Chénoa summt nicht. Sie sendet einfach diese Bündel von Energiewellen aus, völlig geräuschlos. Elvira staunt. Chénoa ist, wie ein Orkan. Die Menschen knicken vor ihr ein und werden willenlos, bevor ihnen Chénoa neue Kraft einhaucht, die sie mit Botschaften versetzt. Chénoa hätte mit diesen Menschen alles tun können, aber Chénoa geht es nur um eins. Sie will Botschaften vermitteln, über die Notwendigkeit, die Umwelt zu erhalten. Über die Notwendigkeit, zärtlicher miteinander umzugehen. Über die Notwendigkeit, ein neues Weltwährungssystem zu errichten, aber auch über die Notwendigkeit, Drogen zu vermeiden. Egal, ob harte Drogen, Alkohol oder Tabak.
Es ist tatsächlich so, dass bei diesem Festival die Bierverkäufer auf ihren Vorräten sitzen bleiben. Die Tabakverkäufer sind außer sich. Die Anbieter von harten Drogen (und die gibt es immer bei solchen Festen), die gehen nach Hause ohne einen Cent in der Tasche. Elvira ist platt. Sie sieht Lara fragend an und Lara zuckt nur bedauernd mit den Schultern. „Wir versuchen unser Bestes“, scheint sie zu sagen, „aber an die Kräfte von Chénoa kommen wir nicht heran.“
Nun ahnt Elvira, warum Chénoa zur Generaldirektorin der Firmengruppe gemacht worden ist. Von diesen Kräften hatte sie bisher keine Ahnung gehabt.
Also beginnt Elvira die Augen weiter aufzumachen, und sie beginnt diese Art von Kräften zu trainieren. Mit Lara, mit Maria, mit Ramon. Ramon nimmt sie auch einmal mit zu den Treffen, die er mit Chénoa hat. Nur Chénoa, die beiden Ramons und Chénoas älteste Tochter Clarissa Thébo. Sie treffen sich oben bei Onkel Nakoma im „Schulungszentrum“ der Kinder und Elvira staunt wieder. Es ist, als ob die Wände des Schulungszentrums sich plötzlich dehnen und dann nach außen springen. Sie sieht plötzlich durch die Wände hindurch. Ihre Gedanken fließen nach Amerika und Europa. Sie sieht, wie Chénoa dort eine ausgewählte Gruppe von Menschen mit ihrer Energie versorgt. Sie sieht die Botschaften, die Chénoa an den Präsidenten der USA und an die Vertreter in der UNO schickt. Sie sieht, wie sie den König von England mit Botschaften beschickt. Sie sieht, wie sie Vertreter der japanischen Regierung mit Energie versorgt.
Dann kehren sie alle zurück. Die Wände des Schulungszentrums schließen sich wieder. Elvira ist wieder sie selbst. „Whow.“
Sie hat in diesen Minuten erlebt, wie sie sich in ihre Atome auflöste. Sie hat erlebt, wie sie in die Gehirne dieser Menschen hineinfloss, die sie überhaupt nicht kennt. Sie hat erlebt, wie Chénoa Entscheidungen beeinflusst hat. Das ist ja ganz unglaublich.
Später sieht sie die beiden Ramons und Clarissa Thébo an. „Und ihr könnt das auch?“ Sie erntet nur ein bedauerndes Kopfschütteln. „Wir üben, aber im Vergleich zu Chénoa sind wir wie Babys. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“ „Das muss auch so sein“, meint Clarissa Thébo. Solche Kräfte dürfen nicht viele Menschen besitzen. Das ist eine Macht, mit der wir viel Schaden anrichten können. Wir müssen erst lernen, ganz in Demut aufzugehen, bevor wir erlaubt bekommen, über solche Kräfte zu verfügen.“
Da ist es wieder, dieses Wort der Demut. Elvira geht innerlich in die Knie vor diesem Wort. Demut. Das bedeutet, sich ganz bewusst klein zu machen. Es bedeutet Verzicht und Achtung. Es bedeutete Verantwortung und Pflichtbewusstsein um die Macht der Mächte.
Jetzt versteht sie endlich, was die Ratten ihr damals im Tunnel gesagt hatten. Es ist eine Kraft, die nur für das Überleben der Gattung Mensch eingesetzt werden darf. Jetzt versteht sie auch den Inhalt der Botschaften besser, obwohl sie über diese politischen, ökonomischen und ökologischen Zusammenhänge so gut wie nichts weiß.
Elvira wird noch viel mehr lernen müssen.
Als sie wieder in Berlin ist, sucht sie Tante Lara auf. Sie erzählt davon und fragt. „Was ist? Können wir nicht all die Drogenhändler mit solchen Nachrichten beschicken? Hört das dann endlich auf?“
Lara seufzt. „Dazu musst du wissen, wie das Drogengeschäft aufgebaut ist. Die Menschen, die in diesen Organisationen arbeiten, sind über die ganze Welt verteilt. Wir müssten sie erst mal kennen, um sie zu beeinflussen.“
„Ja, und bei solchen Konzerten? Wie ist das dort?“
Lara nickt. Dort sind die Konsumenten. Die können wir beeinflussen. Naja. Chénoa kann das. Meine Kraft ist noch gering. Ich kann einen kleinen Baustein dazu liefern, aber du überschätzt mich. Im Vergleich zu Chénoa bin ich wie ein Baby.“
Elvira sieht Lara an. Dasselbe hatten ihr die beiden Ramons und Clarissa Thébo gesagt. Elvira seufzt. „Wir müssen viel üben.“
„Ja“, meint Lara. „Bis dahin werden wir die Drogenringe aber weiter melken. Wir können den Strom der Drogen nicht unterbinden, aber wir können den Drogenbaronen Schaden zufügen. Schließlich hat dieses Geld seit vielen Jahren viel Gutes getan. Der alte Mann, den du gesehen hast, der tut das schon seit vierzig Jahren. Ohne diese Gelder wäre wohl auch das Musikzentrum nie gebaut worden.“
Elvira staunt schon wieder. Das sind ja Verflechtungen... Whow.