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1.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen

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Für die einfache Kapitalerhöhung gem. §§ 182 ff. AktG ist das Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes für den Beschluss der HV nicht erforderlich.[2] Es können jedoch Beschlusshindernisse vorliegen, die einem solchen Beschluss unter Umständen im Wege stehen.

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Zunächst verlangt § 182 Abs. 4 S. 1 AktG, dass das Grundkapital der AG nicht erhöht werden soll, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch erlangt werden können. Für Versicherungsgesellschaften kann die Satzung etwas anderes bestimmen (§ 182 Abs. 4 S. 2 AktG). Die Satzungsänderung kann dabei parallel zum Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgen.[3] Eine Ausnahme von dem Beschlussverbot des § 182 Abs. 4 S. 1 AktG gilt gem. § 69 Abs. 1 S. 1 UmwG u.a. für die Kapitalerhöhung im Rahmen einer Verschmelzung. Darüber hinaus findet das Beschlussverbot bei einer Spaltung oder Vermögensübertragung keine Anwendung (§§ 125, 174 ff. UmwG).[4]

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Das Verbot, das Grundkapital bei noch ausstehenden Einlagen zu erhöhen, gilt sowohl bei Bar- als auch bei Sacheinlagen.[5] Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob das Erhöhungsverbot des § 182 Abs. 4 AktG auch für den Erwerb eigener Aktien gilt. Die h.M. wendet § 182 Abs. 4 AktG analog an und bejaht dies mit dem Hinweis darauf, dass der AG nach dem wirksamen Erwerb eigener Aktien aus diesen Aktien zwar kein Einlageanspruch zustehen könne, sie diese jedoch veräußern und somit (effektiv) Eigenmittel erwerben könnte.[6] Nach der entgegengesetzten Ansicht besteht beim Erwerb eigener Aktien keine Parallele zu rückständigen Einlagen. Die von der AG verfolgten Ziele könnten vielfältig sein und es könnte ebenso gut gefordert werden, dass die Gesellschaft zunächst genehmigtes Kapital ausnutzen müsse, bevor eine reguläre Kapitalerhöhung beschlossen werden könne.[7]

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Tatsächlich sollte § 182 Abs. 4 S. 1 AktG nicht analog angewandt, sondern stattdessen die Regelung in § 71c AktG als abschließend angesehen werden, da der Gesetzgeber in den §§ 71 ff. AktG detailliert den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien abschließend geregelt hat.[8] Insofern besteht keine Regelungslücke, die Raum für eine analoge Anwendung von § 182 Abs. 4 S. 1 AktG ließe.

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Ebenfalls umstritten ist bei noch ausstehenden Einlagen i.S.d. § 182 Abs. 4 S. 1 AktG, ob mit Einlagen auch solche Einlagen gemeint sind, welche aufgrund eines vorübergehenden Leistungshindernisses (etwa der vorübergehenden Leistungsunfähigkeit des Einlagenschuldners) oder mangels Fälligkeit nicht erlangt werden können. Nach einer – zumindest bisher herrschenden – Ansicht in der Literatur ist dies der Fall, da auch bei einem nur vorübergehenden Leistungshindernis die Leistung irgendwann wieder erlangt werden kann.[9] Eine Kapitalerhöhung wäre in diesem Fall gem. § 182 Abs. 4 S. 1 AktG nicht möglich. Dem ist aus Sicht der Unternehmenspraxis nicht zu folgen. Für eine AG, welche dringend auf die Zuführung frischen Kapitals angewiesen ist, macht es keinen Unterschied, ob in diesem, für die Gesellschaft unter Umständen existenzbedrohenden Moment eine ausstehende Einlage nur vorübergehend oder gar nicht mehr erlangt werden kann. Maßgeblich ist vielmehr ausschließlich, ob eine Einlage aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht rechtzeitig erlangt werden kann, sodass die Kapitalerhöhung geboten bleibt, weil der Kapitalbedarf der AG gedeckt werden muss.[10]

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Selbiges gilt bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 182 Abs. 4 S. 3 AktG für Einlagen, die nur noch in unerheblichem Umfang ausstehen. Dadurch wird die Kapitalerhöhung nicht verhindert. Bei der Berechnung der Unerheblichkeit der ausstehenden Einlagen ist nach zutreffender Ansicht auf das Verhältnis der Summe der ausstehenden Einlagen zu der Summe der bisher auf das Grundkapital geleisteten Einlagen abzustellen.[11] Nach h.M. in der Literatur liegen die Grenzen des geringen Umfangs i.S.d. § 182 Abs. 4 S. 3 AktG bei einem Grundkapital bis zu 250 000 EUR bei 5 %, bei einem höheren Grundkapital bei 1 %.[12]

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§ 182 Abs. 4 S. 1 AktG ist eine Sollvorschrift.[13] Dies bedeutet, dass ein Verstoß gegen § 182 Abs. 4 AktG den Kapitalerhöhungsbeschluss (nach nahezu einhelliger Auffassung[14]) nicht nichtig und nach zutreffender h.M.[15] auch nicht anfechtbar macht. Das Registergericht hat jedoch bei einem Verstoß gegen § 182 Abs. 4 S. 1 AktG die Eintragung des Erhöhungsbeschlusses nach § 184 AktG abzulehnen.[16] Bei der Anmeldung ist deshalb gem. § 184 Abs. 1 S. 2 AktG anzugeben, welche Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch nicht geleistet sind und warum sie nicht erlangt werden können. Falschangaben sind strafbar (§ 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Einlagen, welche nach der Anmeldung noch geleistet werden, werden durch das Registergericht ebenso berücksichtigt wie Einlagen, die nicht mehr erlangt werden können.[17]

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