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Solveig ist das jüngste und letzte Kind von Clara und Raoul, und als Nesthäkchen genießt Solveig einerseits eine besondere Fürsorge, andererseits ist sie von Aufgaben freigestellt, die ihre größeren Geschwister haben. Die kleine Solveig schwebt in ihren jungen Jahren sozusagen in einem freien und sorgenfreien Raum.

Nun, zumindest, was den Schutz der Familie betrifft. Natürlich ist Solveig ein Kind ihrer Zeit, und sie ist – natürlich – all den klimatischen Veränderungen ausgesetzt, wie alle anderen Kinder ihrer Zeit. Allerdings ist Solveig 2040 geboren. Das ist eine Zeit, in der das Maunder Minimum dem Planeten Erde noch einen gewissen Schutz gewährt. Solveig ist also ein Kind der relativ gemäßigten Übergangszeit in die tropisch-klimatischen Zonen, die sich dann später entwickeln sollten.

Weil es in ihrer Familie üblich ist, die gesamte indianische Siedlung als ihre „Familie“ zu betrachten, wird Solveig schon früh zu Hausbesuchen mitgenommen, und sie lernt schon frühzeitig andere Familien und Kinder kennen. Spätestens seit sie in den Kindergarten geht, der nur zwei Straßen weiter liegt, beginnt Solveig regelrecht aufzublühen.

Nicht nur das Zentrum der Quechua und der Aymara ist ihr Zuhause, auch die vielen Häuser der Indios der Umgebung werden zu Solveigs zweitem Zuhause.

Solveig geht mit anderen Kindern. Sie spielt mit ihnen, sie wendet an, was sie von Mama bereits gelernt hat. Sie kann in fremde Körper hineinkriechen, und sie kann Stimmungen aufspüren und mit leichter Hand steuern. Es dauert nicht lange, da wird Solveig als kleiner Engel angesehen, der gute Stimmung verbreitet, Konflikte in sich zusammenfallen lässt, der Krankheiten aufspürt und der (anfangs noch mit Hilfe ihrer Mutter oder Geschwister) Heilungsprozesse stimulieren kann.

Solveig hat keine Scham, mit den anderen Familien zusammen Kartoffeln zu schneiden, Bohnen zu schnippeln, das Schiffchen beim Weben zu führen, oder bei diesen Gastfamilien zu schlafen, oft mit zwei anderen Kindern in einem Bett. Sie singt viel, sie ist fröhlich und unbeschwert. Mama kann sich über ihre Energieströme jederzeit drahtlos mit Solveig in Verbindung setzen und weiß so immer, wo Solveig gerade ist, wenn sie einmal nicht nach Hause kommt.

Manchmal schickt sie einen der Geschwister oder das Kindermädchen, um Solveig nach Hause zu holen, manchmal wird Solveig von einem Mitglied der Gastfamilie nach Hause gebracht, manchmal meldet sich Solveig einfach zu Hause ab und verbringt mal zwei Nächte in der einen, dann in der anderen Familie.

Clara weiß stets, wo sich Solveig gerade aufhält, und sie lässt Solveig diese Freiheit der Entscheidung zunehmend öfter. Auch Clara hatte als kleines Kind diese Freiheit einer langen Leine genossen. Es ist das Markenzeichen ihrer Familie.

Die Schamanin

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