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ОглавлениеSolveig hatte in ihrer Kindheit und Jugend wirklich Glück. Ihre Position als Nesthäckchen hatten eine besondere Gabe hervorgebracht.
Solveig hatte sich schon früh einen Namen als geniale Tierflüsterin gemacht und sie hätte ohne weiteres ihren Onkel Nakoma beerben können, aber er gab das Unternehmen an seine Söhne Raoul und Pedro weiter, die ebenso genial im Umgang mit Tieren sind wie der Vater.
Solveig will zu ihren Cousins keine Konkurrenz sein. Chénoa hat ihr bereits eine verantwortungsvolle Aufgabe übergeben, aber Solveig will auch eine abgeschlossene Ausbildung, die ihr Spaß macht. Sie war quasi in der Klinik ihrer Mutter aufgewachsen. Das war ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Solveig ist bereits geprägt. Sie beschließt, nach dem Abitur Humanmedizin und Tiermedizin zu studieren, Onkel Nakoma und seinen Kindern aber niemals Konkurrenz zu machen.
Weil Solveig aber schon mit 18 Jahren einen legendären Ruf unter Züchtern genießt, wird sie ihr Tätigkeitsfeld auf Gebiete verlegen, die von ihren Vettern nicht beansprucht werden.
Tante Chénoa hat ihr inzwischen geraten, sich um Russland und die angrenzenden Regionen zu kümmern. Dort gibt es sehr reiche Familien mit einem sehr wertvollem Pferdebestand. Viele dieser Familien sind in unsaubere Geschäfte verwickelt.
Überall gibt es solche Familien, die von geheimen Geschäften leben, die man allgemein als mafiös bezeichnet. Manche dieser Familien agieren völlig im Untergrund, andere haben ganze Regierungen okkupiert.
Chénoa sagte zu Solveig: „Die Mafia kannst du nur von innen heraus bekämpfen. Du musst ihre Strukturen und ihre Denkweise kennen, um sie beherrschen zu können. Denke immer daran, dass dies ein eigenes gesellschaftliches System ist, das im Verborgenen blüht. Was du nicht siehst, das kannst du nicht begreifen und auch nicht bekämpfen. Unsere Aufgabe ist es, dieses System sichtbar zu machen, so dass unsere Familie davon nicht bedroht werden kann.“
Solveig beherzigt diesen Rat. Sie nimmt Kontakt auf. Sie hört sich um. In den Ferien reist sie mit Chénoa in andere Länder. Sie beobachtet und sie sieht vieles, was ihr nicht gefällt. Sie beobachtet nicht nur, sondern sie beginnt diese Menschen „einzusummen“ und die Kinder dieser Familien auf ihre Seite zu ziehen.
Solveig greift dabei nie zu rigorosen Maßnahmen, sie ist in ihren Behandlungen sanft und nachhaltig. Sie pflegt die Tiere solcher Leute, die ihre Familie eigentlich von jeher bekämpft hatte. Sie greift nie in laufende Geschäfte dieser Familien ein, auch wenn sie vieles nicht gut findet. Sie sieht, sie hört zu, sie beobachtet und sie registriert. Sie wird nie ein Teil von Operationen dieser Gruppen oder Gangs, die sie aufsucht, um ihre wertvollen Pferde, Greifvögel, Keus oder Hunde zu behandeln, und wie durch ein Wunder kann sie es verhindern, von diesen Menschen vereinnahmt, oder gar bedroht zu werden, obwohl sie oft für konkurrierende Gangs arbeitet. Dabei gilt sie als verschwiegen und als zuverlässig. Wenn man nach Solveig schickt, dann ist sie da. Wenn man sie versucht, unter Druck zu setzen, setzt sie sich darüber hinweg. Wie sie das macht, das ist ihr Geheimnis. Nun ja. Chénoa kennt dieses Geheimnis. Es ist eben die „Methode Solveig“.
Solveig verdient längst eigenes Geld, bevor sie überhaupt damit beginnt Medizin zu studieren. Sie wird von einigen dieser Familien wegen ihrer heilenden Hände bereits gefeiert wie eine Shamanin.
Mit 18 beginnt Solveig ihr Studium in Lima und wechselte nach dem Vordiplom nach Deutschland. Dort gibt es eine kleine aber hochangesehene Fakultät für Medizin und Tiermedizin in Marburg. Solveig machte ihr Examen mit Bestnote. Der Professor bietet ihr an, in Marburg zu promovieren, aber Solveig lehnt dankend ab. Solche Ehren bedeuten ihr nichts. Sie geht zurück, um zunächst in der Klinik ihrer Mutter zu helfen. Sie klinkt sich in das heimische Leben wieder ein, und widmet sich parallel dazu weiter ihren Aufgaben als Tierheilerin.
Während der Semesterferien führt sie diese Arbeiten stets weiter, und sie führt auch die von Chénoa aufgetragene Aufgabe der Leitung der Kids durch. Leise, mit zarter Hand, nachhaltig und ohne jeden Stress.
Sie kann das wirklich gut. Solveig ist auf diesem Gebiet beeindruckend effektiv, und Chénoa bewundert diese Fähigkeit. Solveig ist Chénoa in vielen Dingen ebenbürtig.