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Die Liebe des R.H.

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Als Angestellter verdiente Rudolf jetzt sein erstes anständiges Geld. Es ist die Reichsmark, aufgewertet zu einer Währung, für die man sich wieder etwas Reelles kaufen kann. Rudolf hatte zwar während der Schul-und Lehrzeit ab und an kleine Liebschaften, aber über mehr kam das nicht hinaus. Ihm fehlte schlicht das Geld, einer Freundin mit einer Kleinigkeit eine Freude bereiten zu können. Nunmehr sah er es anders.

Er konnte es sich seit seinem Lehrabschluss und der Festanstellung im Bergwerksmuseum leisten, entlegenere Gebiete mit dem Zug zu bereisen. Für ihn war es wieder ein Schritt in eine unbekannte Welt.

Von Freiberg bis Chemnitz benötigte der Dampfzug zur damaligen Zeit eineinhalb Stunden, einhundertachtzig Minuten hin–und zurück. Das war an einem Tag problemlos zu schaffen, da blieb genügend Muße, sich die Großstadt anzusehen. Es ist das erste Mal, dass er eine Stadt dieser Größe besucht. Er fiebert der großen Industriestadt wahrhaft entgegen, und der junge Mann fühlt sich nicht mehr als Hinterwäldler. Es ist ein Kennenlernen der Welt auf Raten. Mit jeder Station wurde der Rübenauer weltoffener, sein Horizont erweitert. Chemnitz ist eine Großstadt mit 360.000 Einwohnern und bildet mit Dresden und Leipzig ein Städtedreieck. Viele Industriebetriebes waren dort angesiedelt, doch in den frühen Zwanzigerjahren sind die massenhaft durch die Hyperinflation in den Ruin getrieben worden. R.H. hatte von dem Roten Turm, dem Chemnitzer Roland, dem König-Albert-Museum und der Burg Rabenstein gehört und interessierte sich dafür. Beim ersten Besuch dieser Stadt bekam er davon allerdings nichts zu sehen, denn er entdeckte auf seinem Weg durch die Gassen ein Lichtspieltheater. Das hat es ihm angetan. Den zur Zeit laufenden Film Goldrausch mit Charlie Chaplin möchte er sich unbedingt ansehen. Es ist sein allererster Kinobesuch im Leben.

Zur damaligen Zeit gab es noch keine Tonfilme. Der Stummfilm wurde durch Musik- und Geräuschuntermalung fantasievoll vorgeführt. Bei dem Spektakel ist Rudolf eine jugendliche Dame aufgefallen, welche bei jeder Parodie des Charlie besonders herzhaft lachte. Rudolf merkte, dass diese Besucherin sich mit dem, was Chaplin durch die Späße sagen wollte, identifizierte. Das gefiel ihm.

Damals wurden Filme durch Pausen unterbrochen, wie es bei Theateraufführungen noch heute üblich ist. Die gewichtigen Filmrollen mussten gewechselt werden, und das benötigte Zeit. Dadurch gab es Gelegenheit, sich ein wenig die Füße zu vertreten. Der Kinobesucher trank ein Gläschen Sekt und unterhielt sich über den Film.

Im Foyer erblickte er sie wieder, die so herzhaft gelacht hatte. Sie stand versonnen in einer Nische der Wandelhalle. Der Filmtheaterbesucher aus Freiberg nahm kurz entschlossen all seinen Mut zusammen und sprach die junge Dame an.

Dem Zeitempfinden nach schickte es sich zwar nicht, ein unbekanntes Fräulein einfach anzusprechen, doch die feinen Anstandsregeln kannte R.H. nicht. Mit erstauntem, spöttischen Augenaufschlag sah sie ihn an, die bemerkenswert stattliche Erscheinung, die sich über alle Bräuche hinwegsetzte. Groß, blond, blauäugig. Bei einem Glas Sekt ergab sich dann eine kurze, verkrampfte Unterhaltung. Rudolf kannte sich selbst nicht mehr. Doch für das Ende der Vorführung brachte er noch eine Einladung zustande.

Der Nachmittag endet in einer Kaffeestube, ihre Gespräche waren so anregend, dass Rudolf um ein Haar seine Rückfahrt nach Freiberg verpasst hätte. Züge fuhren ja nicht im Stundentakt. Doch ihre Adressen tauschten beide noch aus.

Die junge Dame war von dem jungenhaften Kinobesucher angetan, denn sonst würde sie kaum entgegen der damaligen Etikette die eigene Anschrift preisgegeben haben. Mit klopfendem Herzen erwartete sie den ersten Brief ihres Gesprächspartners, den er ihr versprochen hat. Und der kam rasch. Wieder in Freiberg angekommen, hatte Rudolf nichts Eiligeres zu erledigen, als einige Zeilen mit gewählten Worten zu verfassen und zur Post zu geben.

So begann eine Liaison, die über eine ganze Reihe von Jahren durch ungeahnte Höhen und Tiefen gehen sollte.

Jede freie Zeit, welche die jungen Leute aufbringen konnten, verbrachten sie mit Briefeschreiben. Bei gelegentlichen Besuchen war R.H. derjenige, der die Bahnreisen im Alleingang auf sich nahm. Ein Fräulein setzte sich zu der Zeit nicht ohne Begleitung auf einen Zug.

Auf den Stippvisiten erkundete der jung Verliebte nach und nach die Sehenswürdigkeiten Chemnitz`s, was ursprünglich allein der Grund seines Herkommens gewesen war. Dass ihm dabei die große Liebe über den Weg laufen würde, konnte er nicht ahnen.

Und er lernt weit mehr kennen, als er sich träumen lassen hat. Lotte lebt bereits länger hier. Sie ist keine gebürtige Chemnitzerin, nicht einmal eine Sächsin, aber sie vermag ihrem Bekannten doch allerhand Glanzpunkte ihrer Wahlheimat zu zeigen. Sie mögen sich, und die selbstbewusste Frau zeigte dem so unversehens in ihr Leben getretenen verschlungene Wege an der Chemnitz und viele andere Sehenswürdigkeiten. Hier spielt sich ein reger Verkehr junger Liebespaare dieser Stadt ab.

Namen bezog der Ort bei seiner Gründung 1143 von dem Fluss, an dem er liegt. Er entspringt an den Ausläufern des Erzgebirges, im Umfeld von Oberndorf und mündet in die Zwickauer Mulde. Zu einem ansehnlichen Wasserlauf geworden, wird das Gewässer nach langem, kurvenreichem Lauf und 167 Kilometern von der Elbe aufgenommen.

Lotte wurde aus beruflichen und familiären Gründen in dieser sächsischen Stadt ansässig. Weshalb ausgerechnet Chemnitz, wo sie doch aus Norddeutschland stammt?

Lotte ist Buchhalterin, ähnlich wie Rudolf. Sie könnten sich vorteilhaft ergänzen, aber ihre Arbeitgeber haben ihren Sitz in unterschiedlichen Orten. Zu ihren Tätigkeiten gehören Rechnungen schreiben und die Verbuchungen von aktiven und passiven Geldbewegungen, alles handschriftlich. Anregender für beide sind jedoch Gespräche über die Natur. Beide haben es gern, Hand in Hand am Fluss zu spazieren und den Paddlern zuzusehen. Wenn sich ein ruhiges Plätzchen findet, liegen sie im Gras und schauen verträumt in den Himmel, der sich über ihnen wölbt.

Die Umstände, weshalb Lotte sich von ihrer Familie entfernte, war der Freitod der Mutter. Es wird ernsthafte Zerwürfnisse zwischen dem Vater und seiner Frau gegeben haben, indes, die Gründe spricht sie nicht an, kannte wohl selber nicht alle Interna der Tragödie. Jedenfalls lebt sie seit längerer Zeit in dieser sächsischen Stadt, trifft die Liebe ihres Lebens und versucht so, die schrecklichen Familienerlebnisse zu vergessen.

Lotte und Rudi, wie sie ihn bald nennt, freuen sich auf jedes Wiedersehen. Aber es ist stets mit Kosten für die Bahnfahrt verbunden, und deshalb konnten die Treffen nicht allzu oft stattfinden. Doch es gab ja die Deutsche Reichspost, die Briefe zuverlässig und pünktlich zustellte. Streiks und Arbeitsniederlegungen sind nicht erlaubt, denn Postbedienstete sind Beamte in Uniformen, also Respektspersonen. Und die haben kein Streikrecht. Es ist immer eine Freude, stets inniger werdende Zeilen im Kasten zu finden. Wenn ein Rendezvous bevorsteht, sind die Entflammten enthusiastisch und aufgeregt. Jeder versucht, dem anderen eine unverhoffte Überraschung zu bereiten.

Die Alltagsanforderungen werden keinesfalls vernachlässigt. Lotte schreibt fleißig Rechnungen und verbucht Geldeingänge, R.H. kümmert sich um die Museumsbelange. Er ist aber brennend auch an den politischen Entwicklungen interessiert und verfolgt mit gewisser Sorge, wie die Parteien sich verbal und herausfordernd bekämpfen. Morde unter Andersdenkenden gibt es fast täglich. Matthias Erzberger und Walter Rathenau waren prominente Opfer von Gewaltverbrechen, auch Rosa Luxemburg und Walter Liebknecht. Viele weniger bekannte Personen sind gleichfalls durch Fememorde ums Leben gekommen. Walter Kadow, Erich Pannier, Angehöriger der schwarzen Reichswehr in Döbberitz, Walter Wilms, Feldwebel, oder Karl Bauer, Student, um nur einige aufzuführen. Insgesamt sind in den zehn Jahren von 1919 bis 1929 mehr als 400 politisch bedingte Ermordungen verübt worden. Man lebte also erheblich gefährdet, wenn man sich in einer Partei engagierte und bei seinen Gegnern auf Widerstand stieß. Es wurde nicht lange gefackelt. Auftragsmörder finden sich gegen gutes Entgelt immer. Und die Meuchler waren erfinderisch in ihren Methoden. Einige killten mit schalldämpfenden Pistolen, andere hantierten mit Strychnin, Zyankali oder Blausäure, die sie ihren Beuten unbemerkt in Weingläser träufelten. Es gab auch Perfide, die mit Hanfstricken und feisten Händen ihre Opfer erdrosselten.

R.H. machte sich Gedanken über die vielen Organisationen, die in den letzten Jahren gegründet worden sind. Jede hat ihr besonderes Programm, alle geben vor, nur das Beste für das deutsche Volk zu vorzuhaben. Meist waren es aber nur Eigeninteressen, ließ die Parteien Vorteile nur für ihre eigenen Mitglieder herausholen. Es wurde versucht, durch vorgeblich demokratische Wahlen in die Parlamente und an`s Geld zu kommen.

Einige Parteien übten mit paramilitärischen Untergruppen Druck auf Andersdenkende aus. Dabei war auch die SA mit ihren spektakulären Aufmärschen und Schlägertrupps. Es wurde vorgetäuscht, germanisches Volksgut nur so schützen und erhalten zu können. Leider verfing das bei manchem der hungernden Zeitgenossen. Mit dem Winterhilfswerk der NSDAP wurden die Massen gefangen. R.H. verlor darüber den Durchblick. Und viele andere ebenso.

Rudolf fühlt sich innerlich zerrissen. Er liebt seine Lotte, beide dachten bereits jetzt an eine gemeinsame Zukunft. Die zunehmende Gewaltbereitschaft unter den Parteien und deren Anhängern bereitete den Verliebten aber Sorgen. Sollten sie sich um das Parteiengezänk nicht kümmern, oder müssten sie um des eigenen Vorteils willen sich ebenfalls parteipolitisch für eine Richtung entscheiden? Doch welche Strömung ist die Richtige angesichts der Vielzahl von Organisationen? Wer behält da den Überblick und vermag die Zielsetzungen gegeneinander abzugrenzen?

27 Fraktionen waren 1927 im Reichstag vertreten. Da ist Parteiengezänk vorprogrammiert und ein erfolgreiches Regieren nahezu unmöglich. Es gab Streitereien und wüste Beschimpfungen unter den Volksvertretern und Abgeordnete, die im Parlament mit Knüppeln auf ihre Gegner losschlugen. Jede dieser vielen Parteien hat ihre eigenen Vorstellungen und Programme. So ist ein dem ganzen Land dienendes Konzept schwerlich zu realisieren.

Die Spätfolgen des verlorenen 1. Weltkrieges sind die Reparationszahlungen, welche der Weimarer Republik auferlegt wurden. Die zersplitterte Parteienlandschaft ließ dieses Nachkriegsstaatsgebilde in eine erneute Rezession taumeln. Die relativ günstige Wirtschaftslage ab 1924 verschlechterte sich, und 1928 zogen am Wirtschaftshimmel wieder dräuende Wolken auf. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 sandte ihre Schatten voraus. Rudolf nahm das alles wahr, doch ein Rezept dagegen fanden er und Lotte nicht, obwohl das ein Teil ihrer Gespräche war.

Aber er fühlte sich betroffen, weil er sich ja seit langem mit der Entwicklung von politischen Zusammenhängen befasste. Er erinnerte sich stark an seinen Lehrer Böhm, dessen Thesen er nicht immer ganz nachvollziehen konnte. Jetzt wurde Rudolf mit der Wirklichkeit konfrontiert.

Die Siegermächte des Weltkrieges hatten dem durch Kapitulation entmachteten, abgedankten Kaiserreich zugestanden, ein Berufsheer für Verteidigungsaufgaben zu unterhalten. Eine Reichswehr aus 100.000 Landstreitkräften sowie 15.000 Marinesoldaten. Sollten die mit Lanzen auf mögliche Angreifer losgehen? Denn Kampfmittel wie Panzer, schwere Geschütze, eine Luftwaffe, Großkampfschiffe und U-Boote waren dem Heer verboten. Rudolf hätte gerne in Erfahrung gebracht, wie sich Böhm dazu stellen würde. Aber der Kontakt zu ihm war abgebrochen.

Diese zugestandene Streitmacht wurde von der sogenannten „Schwarzen Reichswehr“ unterlaufen. Die hortete im Verborgenen Waffen und Munition aus Restbeständen des Krieges in geheimen Lagern. Teilweise wurden die Aktivitäten von den westlichen Siegermächten toleriert, um so einem Vorrücken sozialistischer und kommunistischer Ideologien entgegen wirken zu können. Denn davor hatte der Westen Angst. Die Bestimmungen des Versailler Vertrages sind damit aber völkerrechtswidrig ausgehebelt worden.

Hatte Rudolf von diesen Abkommen Kenntnis? Wohl kaum. Die Kriegsfolgen, unter denen das deutsche Volk zu leiden hatte, hatte er nicht weiter studiert.

Im engeren Sinne zählten nur die Arbeitskommandos des Major Buchrucker zur schwarzen Reichswehr. Aber gleichermaßen die SA, die Sturmabteilung der NSDAP und des STAHLHELMS konnte man als revanchistisch ansehen. Die Sabotagetrupps der Organisation HEINZ im Ruhrgebiet kämpften gegen die französische Besatzung. Volkssportschulen mit angeblich vereinssportlichen Angeboten traten ebenfalls auf den Plan.

Es rumorte in Deutschland an allen Ecken und Enden gewaltig. Führer der paramilitärischen Gruppen, die teilweise gegensätzliche Interessen vertraten, sind in der labilen Republik nicht untätig. Die SCHWARZE REICHSWEHR wurde aufgerufen, sowohl den inneren Feind wie zusammen mit der Wehrmacht äußere Aggressoren zu bekämpfen. Ab 1923 wurde sie im Geheimen intensiv auf einen Konflikt gegen Frankreich vorbereitet.

Die Liebe des Rudolf zu seiner Lotte lässt ihn an der Wirklichkeit fast verzweifeln. Dass er durch eine Geschichtsbessenheit so den Faden verlieren kann, hätte er sich nie träumen lassen. Wie soll er sich verhalten angesichts der undurchsichtigen Parteienlandschaft?

Die unterschwelligen Tätigkeiten der verbotenen Organisationen sind dem normalen deutschen Volksgenossen unbekannt. Ebenso den Mitläufern in SA und dem STAHLHELM. Nur die Führungspersönlichkeiten, Großgrundbesitzer aus Ostpreußen und der Adel, sind involviert. Durch den KÜSTRINER PUTSCH und die Prozesse um die Fememörder kam jedoch ein gewisses Wissen unter die Bevölkerung, wodurch Begeisterung und Zustimmung ausgelöst wurde.

Das Klima im Reich wurde immer aufgeheizter, was sich Agitatoren wie SCHLEICHER, RÖHM und HITLER dann zunutze machten. Überall entstanden Wehrsportgruppen, die in den Volkssportschulen einen förderlichen Ausbildungsplatz fanden.

Der allgemeine Sport wurde stark gefördert, ohne militärische Absichten erkennen zu lassen. Das deutsche Volk solle sportlicher werden, mit zunächst sehr vagen Vorstellungen, nämlich der kollektiven Volksgesundheit. Doch die Partei- und Gruppenführer sahen darin andere Potenziale.

Manche Menschen fühlten sich durch die Angebote angesprochen. Auch Rudolf, der bisher keinerlei sportliche Ambitionen hatte. Er begann, nicht in einem herkömmlichen Sportverein, sondern in einer Wehrsportgruppe mit 'Körperertüchtigung'. Die Tätigkeit im Bergbaumuseum verschaffte ihm zwar finanzielle, aber kaum körperliche Befriedigung. Die hoffte er nun in dieser Sportgruppe zu finden.

Auch seine Freundin fand sich in der BDM. - genannten Vereinigung gut aufgehoben. Hier konnte man neben spezifisch weiblichen Sportübungen Hilfeleistungen am Menschen üben, was dann später zum ROTEN KREUZ überleitete. Körperertüchtigungen werden gezielt nicht nur zur allgemeinen Volksgesundheit eingeübt, sondern unterschwellig vor dem Hintergrund von Revanche-Gelüsten. R.H. wie Lotte finden Gefallen an derartigen Betätigungen. Jede freie Minute stählen sie ihre Körper in Gruppen mit Gleichgesinnten.

Es bilden sich Fahrradgruppen, und man fährt lange Strecken durch die Natur (ein Fahrrad wurde allen Teilnehmern kostenlos zur Verfügung gestellt). R.H. unternimmt Waldläufe, lernt Ausdauerschwimmen auf 50-Meterbahnen neu gebauter Schwimmbäder. Absichten, die sich dahinter verbargen, erkannte niemand. Die Gesundheit solle gefördert werden, wie die Sportleiter sagten.

Auch Lotte, die er oft in Chemnitz besuchte, ahnte nicht, dass es sich hierbei um eine vormilitärische Ausbildung handeln könne. Beide fühlten nach den normalen Anfangs-Muskelkatern eine unbekannte körperliche Frische, das Leben, das Miteinander und die Arbeit tat ihnen unheimlich gut. Sportliche Bewegung kann nie schaden, wurde allgemein gesagt.

R.H. grübelt. Die politischen Wirren machen ihm zu schaffen. Fememorde, nur weil man eine andere weltanschauliche Meinung hat?

Nicht zu leugnen, die Reparationsforderungen von Engländern, Franzosen, Russen und Amerikanern belasten Deutschland schwer. Doch es ist bei allen Kriegen der Welt üblich, dass ein Verlierer zahlen muss. Aber fair sollte es schon sein, Knebelungen schüren Hass und Aggressionen.

In dieser Situation befindet sich das Land der Richter und Henker, wie man Deutschland oft nannte. Hassprediger heizen die Lage weiter an. Wer solchen Leuten wie STREICHER, HIMMLER und vor allem GOEBBELS auf den Leim ging, kam von derartigen Ideologien kaum wieder los. Auch der gescheiterte Hitlerputsch von 1923 führte dazu, dass die NSDAP in sich nur noch gefestigter wurde.Nachdem ADOLF HITLER nach kurzer Festungshaft in München frei war, warb er mehr als zuvor mit seiner heiseren, durchdringenden, unangenehmen Stimme für die NSDAP. Bereits 1921 wurde er der Vorsitzende dieser Partei. War das eine demokratische Wahl oder eine manipulierte?

Während der Inhaftierung Hitlers war die Organisation verboten, Hitlers vorzeitige Entlassung führte jedoch sofort zu einer Neugründung. Wenn es Menschen auf der Welt wirtschaftlich an die Substanz geht, greift jeder nach jedem sich bietenden Strohhalm.

Über geheime Absichten debattierte die sozialistische Parteiführung nur in abgeschirmten Versammlungen. Oft im Münchner Hofbräukeller, der zu Hitlers bevorzugter Stätte wurde. Die Öffentlichkeit ist durch tendenziell beeinflusste Zeitungen unzureichend, meist irreführend informiert worden. Das war klare Absicht.

Der Strohhalm hier war die NATIONAL-SOZIALISTISCHE-DEUTSCHE-ARBEITER-PARTEI. Die verstand es durch ihre Auftritte, die Massen für sich zu interessieren. Doch das Volk wurde bewusst verdummt: Im Hintergrund standen die Revision und der Bruch des Versailler Vertrages. Eine der Wahnvorstellungen der National-Sozialisten war, die Arier?? des deutschsprachigen Raumes zu Herrenmenschen?? zu erheben und Unwertes?? Leben zu vernichten.

Wer von den verarmten Menschen hatte davon in irgendeiner Weise Ahnung oder Interesse, darüber nachzudenken. Die Hungernden sind daran interessiert, wie sie den Tag über ihren Magenfüllen können. Was sind Arier, Herrenmenschen, und was versteht man unter unwertem Leben? Zuerst ging es um das persönliche Wohlergehen.

Als Rudolf und Lotte in den Wehrsportverband bzw. den B.D.M. eintraten, verschwendeten sie auch keinen Gedanken an Machtmenschen oder Arier. Sind Arier Existenzen von anderen Sternen? Die beiden strebten an, ausschließlich für sich und die allgemeine Volksgesundheit etwas Gutes zu tun. Das war ja durchaus nicht verkehrt, bis sie allerdings unmerklich mit den politischen Absichten der Partei konfrontiert wurden, die hinter diesen Organisationen stand. Anfängliches Zögern verhinderte nicht, dass der strebsame junge Mann und seine Freundin Gefallen an vorerst geheimen, dann immer offener ausgesprochenen Vorhaben finden. Wenn die Lebensumstände sich durch innovative Ideen bessern würden, könnte das nur von Vorteil für das deutsche Volk sein, meinten beide.

Was der umtriebige Hitler mit den ergebenen Gefolgsleuten insgeheim beabsichtigt, bleibt für R.H. noch für lange Zeit im Dunkeln verborgen. Aber irgendwann steckte er drin im Schlamassel. Das Schicksal nahm seinen Lauf.

Vom Krieg und vom Frieden

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