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Hans Sachs

Der Marsch ins Verderben

Vom Erzgebirgler zum SS-Obersturmbannführer

Aufstieg und Fall eines Besessenen

Eine Familiensaga

Die Kapitel: Prolog Kindheit im Arzgebirge Rübenau Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit Zwischen den Kriegen Die Familie Grynszpan Politische Welt Die Liebe des R.H. Antons Liebe in Kalek Der Parteiauftritt Weihnacht im Erzgebirge Die Strategie der Partei Das Fahrrad Wahlkämpfe Antons Familie Die Okkupation Böhmens Reise mit der »Wilhelm-Gustlow«. Der Überfall auf Polen Dêda Plicka Das KZ Flossenbürg R.H. im Generalgouvernement Die Suche nach Arthur R.H. der SS-Schärge Gestellungsbefehl für Anton Die Westfront Auf der Flucht R.H., der Fluchthelfer Anton, der Kriegsgefangene Wieder auf der »Wilhelm-Gustlow« Der kleine Will In der Heimat Epilog 7 8 13 20 24 41 45 50 62 108 124 153 160 189 198 208 241 254 258 265 283 305 310 364 371 393 398 425 429 454 465 489

Über den Autor:

Ein Handwerksmeister im Ruhestand schreibt seit Jahren Kurzgeschichten und Gedichte, gelegentlich auch mundartlich. Das Schreiben ist sein Hobby, genau wie Fotografieren und die Erstellung von Skulpturen aus Holz und Speckstein. Als ihm mehr Zeit gegeben war, schrieb er diesen ersten Roman.Vier weitere Titel sind inzwischen erscheinen. Weil Reisen eine weitere Leidenschaft sind, schreibt er gerne über Land und Leute und verwebt damit seine Protagonisten.

Alle Bücher erscheinen unter dem Pseudonym Hans Sachs.

© 2021 Hans Sachs

3. Auflage 2021

Umschlaggestaltung: Eigenbild

Lektorat:

Herausgeber: Hans Sachs

Weitere Mitwirkende:

Deutsches historisches Museum Berlin

Verlag und Druck: Tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

ISBN Taschenbuch Paperback: 978-3-347-

ISBN Hardcover: 978-3-347-

ISBN E-Book: 978-3-347-

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Prolog

Der SS-Offizier, dessen Initiale R.H. sind, wurde aus wirtschaftlicher Not im Erzgebirge, seiner Heimat, ein glühender Anhänger des Nationalsozialismus – wie viele Deutsche in den Jahren zwischen 1933 und 1945.

Mit dem Wissen der Dorfschule seines Geburtsortes Rübenau ist er im Laufe der Jahre zum Handlanger einer Vernichtungsideologie aufgestiegen, die schwere Schuld durch die Verfolgungen deutscher und europäischer Juden auf sich nahm. Er wurde Teil der Vernichtungsmaschine des NS-Regime.

Zugleich war er in der eigenen Familie ein zuvorkommender, liebenswürdiger und sangesfreudiger Mensch. Die Kinder- und Jugendzeit verlebte er in seinem geliebten Erzgebirge. Als befehlsgewohnter Offizier im KZ Auschwitz und als Partisanenbekämpfer im Hinterland deutscher Truppen in Polen nahm er als verblendeter SS-Mann am Kriegsgeschehen teil, ehe er das verbrecherische seines Tuns erkannte. Viel zu spät versuchte er, Inhaftierten der Todeslager und anderen Flüchtlingen zum Entkommen zu verhelfen, als die Russen kamen.

Kindheit im Erzgebirge

Diese deutsche Mittelgebirgslandschaft ist um die Jahrhundertwende eine arme Grenzregion. Sie bildete seit vielen Generationen die natürliche Grenze zwischen dem Deutschsprachigen und dem slawischen Sprachgebiet. Höchste Erhebungen sind der Fichtelberg mit 1.215 und der Keilberg (Klinovic) mit 1.244 m ü.N.N. Das Klima ist herb, die Sommer merklich kühler als im übrigen Deutschland, demzufolge auch kürzer als im sächsischen Vorland.

Das kleine Kühnhaide im Schwarzwassertal des Erzgebirges gilt als der kälteste bewohnte Ort Deutschlands. In früheren Jahrhunderten war die Landschaft sehr unwirtlich, durch Straßen kaum erschlossen. Das Mittelgebirge wurde erst im beginnenden Mittelalter dichter besiedelt. Der Holzreichtum ermöglichte die Glasherstellung, von Mönchen eingeführt. zur Entdeckung ergiebiger Erzvorkommen sind viele kleine Glasmanufakturen betrieben worden. Dann verdrängten Silbererze das Glasgewerbe. Nach und nach entdeckte man ständig neue und reichhaltigere Erzlagerstätten. In jüngerer Zeit fanden sich dazu auch geringe Uranvorkommen. Die ermöglichten es, völlig andere, für die Menschheit nicht nur vorteilhafte Techniken zu entwickeln.

Durch jahrzehntelange Ausbeute erschöpften sich die Lagerstätten mit daraus folgender Verarmung der Bevölkerung. Frühere Zuwanderungen wechselten daher zu Abwanderungen. Besonders in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, während der Weltwirtschaftskrise, erlagen manche Leute den Versprechungen der National-Sozialisten, in der Partei ein besseres Auskommen zu finden. Viele zogen in die nahe liegenden Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig in der Hoffnung, sich dort das Brot leichter verdienen zu können.

R.H. wurde 1906 in eine Weberfamilie hineingeboren. Er erlebte eine entbehrungsreiche Kindheit. Als Jugendlicher sieht er dann keine Zukunft für sich in der ärmlichen Gebirgsregion. Er folgt und erliegt den Versprechungen einer zunächst sozial handelnden, im weiteren Verlauf ihrer Herrschaft verbrecherischen Parteiorganisation. Das war die NSDAP des Adolf Hitler.

Er war eines von zehn Sprösslingen, die in äußerst beengten Wohnverhältnissen aufwuchsen. Es wurde über solche Behausungen gewitzelt, dass, weil es nicht genügend Schlafstellen für alle Kinder gab, der Nachwuchs nur stundenweise zur Nachtruhe kommt. Indem nämlich die Blagen nach dem Einschlafen aufrecht an die Wand gestellt werden, damit die Geschwister ebenso das wärmende Bett genießen dürfen......

Häufig kam es bei der armen Bevölkerung aus Unkenntnis oder falsch verstandener Altersabsicherung dazu, eine übergroße Kinderschar in die Welt zu setzen. Besser gebildete Bürger hatten schon erkannt, dass eine Vielzahl Kinder die Besitztümer mindern. Vielen Menschen war aber nicht bewusst, dass durch Großfamilien die Armut nur gefördert wird, wenn geringe Verdienste durch alle Familienmitglieder geteilt werden müssen. Ein weiterer Grund für die Kinderflut war die hohe Kindersterblichkeit, bedingt durch ärmliche und oft unhygienische Lebensumstände.

In der heutigen Zeit nicht mehr vorstellbar ist, was im späten Mittelalter nach dem 30-jährigen Krieg im Erzgebirgischen verdient wurde. Und unter welchen Lebenssituationen der von seiner Herrschaft abhängige Fronarbeiter lebte. In der feudalen Rangordnung gab es die >Herrschaft<, die >Untertanen< und das >Gesinde<. [Fußnote 1]

1)Die Herrschaft konnte die Abgaben frei festlegen, welche von ihren Untertanen zu erbringen sind. Monetär waren das die Steuern. Jeder Leibeigene hatte 12 Groschen und ein Handwerker 6 Groschen zu entrichten. Das war viel Geld, als der preußische Gulden zu 8 guten Groschen bewertet war.

In der heutigen Zeit unvorstellbar, welche Fronarbeit zu leisten war und wie das Gesinde vegetierte:

Da verdiente in Großknecht im Jahr 8 Gulden, eine Großmagd und ein Mittelknecht 6 Gulden, eine Mittelmagd 4 und ein Ochsenknecht und die Hirtenmagd je 3 Gulden. Dafür bekamen sie freie Kost und Logis im Stall, auf dem Heuboden oder der Futterküche. Die Verköstigung bestand vorwiegend aus Hafergrütze, Graupen und Erbsen, Sauer- und Grünkohl, Rüben und Brot. Sonntags gab es Hirse- und Weizenbrei und etwas Fleisch, eine Kanne Bier nur zu Festtagen und zu Weihnachten eine Semmel.

Wenn diese Dienste um 1900 auch nicht mehr aktuell waren, so darf man doch davon ausgehen, dass um die Zeit weiterhin große Armut herrschte.

Die Renten- und Invalidenversicherung wurde 1890 eingeführt, zahlte allerdings erst ab dem 70. Lebensjahr. Das erreichten die meisten der Versicherten nicht, denn die durchschnittliche Lebenserwartung lag bei nur 65 Jahren. Aus der Zeit stammt auch die Redensart, dass es zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel war, was man in der Tasche hatte.

Rudolf hat, wie die meisten Kinder dieser Zeit, früh zum Überleben seiner Familie beizutragen. Besonders Weberfamilien standen am unteren Ende der Entlohnung. Textilverarbeitung wurde vorwiegend in Heimarbeit ausgeübt, fast ausnahmslos in der Wohnküche, weil das der einzig beheizbare Raum in den kleinen Katen war. Die Spitzenklöppelei ist eine elegantere Form des Gewerbes und brachte etwas mehr Gewinn. Die allgemeine Schulbildung erlaubte eben mal das Erlernen der Grundkenntnisse vom Lesen und Schreiben. Oft fielen die Schulstunden aus, weil Erntearbeiten für die Ernährung der Familie Vorrang hatte. Im Winter machte der meterhohe Schnee den Schulweg unmöglich oder die Schulstube war nicht beheizbar. Auch ein Lehrer musste sich oft dazuverdienen, wenn er auch ein etwas angesehener Zeitgenosse war.

Fast ausschließlich sind die Leute vom niedrigen Stand mit ihren Kindern Selbstversorger. Wenige Ziegen meckerten oder Schafe blökten im Stall, und, wenns hochkam, auch eine Kuh. Im Hausgarten wurden Kartoffeln, Bohnen und weitere sättigende Nahrungsmittel angepflanzt. Das unwirtliche Klima im Erzgebirge und die kurzen Sommer verhinderten jedoch eine ertragreiche Ernte.

Die Kindheit von Rudolf war also alles andere als fröhlich. Meist kämpfte die Familie ums nackte Überleben. Schafe mussten geschoren, Wolle gesponnen, gewebte Stoffe gewaschen sowie die fertiggestellten Ballen in Tragekiepen zu den Färbereien und Aufkäufern in Olbernhau getragen werden. Das waren immer lange, beschwerliche Wege durchs Feld und finsteren Tann, denn gepflasterte Straßen gab es keine.

Doch trotz aller Mühsal – wenn im Winter sich der Schnee vor den Butzenscheiben türmte, der mit Holz geheizte, mitten im Raum stehende Bollerofen wohltuende Wärme verbreitete, wurden Heimarbeiten gerne erledigt. Andere Beschäftigungsmöglichkeiten gab es ja keine. Dazu sang man erzgebirgische Lieder, deren Texte von der trotz allem geliebten Heimat handeln.

Rudolf ist einer von den gescheiteren Söhnen im Dorf, denn als ihm als zehnjähriger die Armut bewusst wurde, mochte er sich für sein weiteres Leben nicht damit abzufinden. Als kleiner Junge erlebte er den Ersten Weltkrieg, in den Hungerwintern 16/17 war er gerade eben 12 Jahre alt. Sein Vater war eingezogen worden und zog mit 'Hurra' gegen die Franzosen in`s Gefecht. Rudolf als Ältestes der Kinder sorgte für das kümmerliche Durchkommen der Familie.

Auf ihm ruhte im kindlichen Lebensalter schon erhebliche Verantwortung, denn gemeinsam mit den Geschwistern hatte er zu lernen, mit den widrigen Umständen zu leben und das Überleben zu sichern. An eine Kindheit, wie sie die Generationen des 21. Jahrhunderts erleben, war nicht zu denken. Alles war Armut und Kampf. Kriegs- und Nachkriegsjahre des Ersten Weltkrieges prägten den Stammhalter. Die Revolution in Deutschland durchlitt er als junger Mensch, ständig hungrig und daher bestrebt, sich ein über seine Dorfschulbildung hinausgehendes Wissen anzueignen. Das war der Grund, weshalb er als Heranwachsender mit nationalsozialistischem Gedankengut in Kontakt kam.

Nur gelegentlich erreichte ein intelligenterer Familienvater einen Lebensstandard, der ihm mehr Achtung und damit ein etwas sorgloseres Leben verschaffte. Das war es, was Rudolf vorschwebte. Dafür wollte er eine bessere Schule in Marienberg besuchen. Aber bekommt er dazu eine Empfehlung?

Vom Krieg und vom Frieden

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