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Die Schiederlahn

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Vor mehreren Jahrhunderten stand im Felbertal in Mittersill ein schöner, gut bewirtschafteter Bauernhof, der Schiederhof oder Schied, wie er im Volksmund heute noch heißt. Der Name dürfte wohl in der Abge-schied-enheit des Hofes seinen Ursprung haben. Die Bauersleute gingen jeden Sonn- und Feiertag nach Mittersill hinaus zur Kirche, und es wurde Wert darauf gelegt, dass auch die Dienstboten dem Sonntagsgebot Folge leisteten. Einige der jungen Knechte und Mägde hielten nicht viel von dieser, wie sie sagten, übertriebenen Frömmigkeit und hatten nur verhaltenen Spott für den Glauben anderer Leute übrig.

So begab es sich einmal am Heiligen Abend, dass die Bauersleute mit ihren Kindern zur Christmette nach Mittersill aufbrachen. Einige der Mägde und Knechte hatten wohl etwas zu viel getrunken und gefeiert und wollten nicht zur Mette gehen. An ihrer statt, sagten sie, solle der Hofhund in die Kirche gehen. Sie selbst feierten unbekümmert weiter. Später begannen sie auch noch damit, um hohe Einsätze Karten zu spielen. Als es um einen ganz besonders hohen Geldbetrag ging und man in der Spannung des Spiels eine Stecknadel hätte fallen hören können, bellte plötzlich der Hund. Kurz darauf war eine ächzende Stimme zu hören: »Schiab å, schiab å, da Hund is von da Mettn då!« Plötzlich hörte man ein Rauschen, das sich zu einem unheimlichen Brausen und Donnern steigerte. Einer der Knechte sprang auf und schrie: »Passt’s auf, des is a Lahn!« Im nächsten Augenblick krachten die Balken und Wände des wohlgezimmerten Hauses, und das ganze Gehöft mit den Leuten, dem Stall und allem Vieh wurde von einer riesigen Lawine weggefegt.

Eisige Stille legte sich nach kurzer Zeit über die Unglücksstelle in jener Heiligen Nacht, wo unter den festgepressten Schneemassen sich das Leben noch einmal vergeblich aufzubäumen versuchte.

Nur der Hund schnüffelte winselnd über dem Schnee und bellte laut, als er die Glocken des Pferdeschlittens hörte, mit dem die Bauersleute vom Kirchgang zurückkehrten. Trotz des Unglücks dankten sie Gott, der sie vor dem »weißen Tod« bewahrt hatte.

Heute steht der Schiederhof an einer sicheren Stelle im Felbertal. Die nicht weit vom Hof entfernte Lawinengalerie über der Felbertauernstraße erinnert jedoch an die Gefährlichkeit der Schiederlahn, die von Zeit zu Zeit immer wieder vom Schiederhörndl ins Tal niedergeht.

Aus dem Volksmund, Elisabeth Lobenwein nach mündlicher Überlieferung von Arthur Ensmann

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