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Die tapferen Frauen von Kitzbühel

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Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges hallte in der Gegend um Kitzbühel ein Schreckensruf bis in die verborgensten Winkel der Häuser: »Die schwedischen Reiter kommen!« Das wilde Heer aus dem Norden Europas war grausam und gefürchtet und niemand, und zwar in keinem Lande, das die Schweden bei ihrem Durchzug heimsuchten, wagte es jemals, sich ihnen entgegenzustellen.

»Wir verstecken uns in den Bergen!«, beschlossen die Kitzbüheler Männer eilends. »Aber unsere Häuser und Höfe, unser Vieh und die Ernte!«, jammerten die Frauen, die für dieses Lebenswerk tagtäglich hart arbeiten mussten. »Die Schweden werden alles rauben und plündern, und das, was sie nicht gebrauchen können, niederbrennen, wenn wir nichts dagegen unternehmen!«

»Gegen eine Sturmflut kann man sich nicht wehren«, meinten die Männer mit ernstem Gesicht. »Wir müssen froh sein, wenn wir alle am Leben bleiben!«

Die Kitzbüheler Frauen aber dachten wie immer weiter: Wie sollten sie nach dem Abzug der Feinde den Hunger ihrer Kinder und Familien stillen, wie das Vieh versorgen und wo sollten sie wohnen, um nicht in den grimmigen Tiroler Winternächten zu erfrieren?

Da beschlossen sie, ihr Hab und Gut und alles, was zu ihrem Leben gehörte, nicht kampflos dem Feind zu überlassen.

Sie ersannen gemeinsam eine List: In der Nacht vor dem Herannahen der schwedischen Reiterschar trieben sie alle Ziegen und Ziegenböcke aus der Gegend zusammen und banden ihnen brennende Kerzen zwischen die Hörner. Danach stopften sie Hosen, Joppen und Hüte ihrer Männer mit Heu aus und postierten diese Strohsoldaten überall in der Gegend. Die tapferen Frauen selbst aber trieben die aufgeregt meckernden Ziegen vor sich her und zogen mit Hacken, Sensen, Dreschflegeln und allerlei lärmenden Arbeitsgeräten dem Feind entgegen.

Das schwedische Heer hatte wie immer Späher vorausgeschickt, die das Gelände und die Stärke des Feindes beobachten sollten. Diese sahen nun den unheimlichen Lichterzug auf sich zukommen. »Schaut nur, da kriecht ein Feuerwurm mit tausenden Armen und Beinen und glühenden Augen auf uns zu«, flüsterten sie in der sicheren Deckung. »Ja, und wie schauerlich er schreit und brüllt … Und hört ihr dieses Klappern und Eisenächzen? Das sind bestimmt die Knochen und Schuppen des feurigen Ungeheuers!«

Je länger die Soldaten in die Dunkelkeit starrten, desto stärker wurde ihre Angst und Verwirrung. Ihr abergläubischer Schrecken saß so tief, dass sie bald glaubten, ein riesiges Geisterheer vor sich zu haben. So schlichen sie, so schnell sie konnten, davon, um ihren Anführern zu berichten. Daraufhin beschlossen die Schweden, sich andernorts leichtere Beute zu suchen. Denn mit einem Geisterheer, das von einem feurigen Ungeheuer angeführt wurde, wollten sie sich nicht anlegen.

So blieben die Täler rund um Kitzbühel von großem Elend verschont. Die beherzte Klugheit der tapferen Frauen hatte alle gerettet.

Man erzählt sich, dass die Frauen zum Dank für ihre Tat das Recht erhielten, in der Kirche auf der rechten Seite – wo eigentlich der Platz der Männer ist – knien zu dürfen. Das war für damalige Verhältnisse eine große Ehre, aber die Frauen hatten ja tatsächlich mehr Mut als ihre Mander bewiesen.

Tiroler Heimatblätter

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