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Vorwort

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"Aber schön war es doch und

ich möchte es noch einmal erleben"

Hilde Knef

Verehrte historisch interessierte Damen, Herren und Transgender!

Dieses Vorwort sei euch mitgegeben, wenn ihr urteilt über das was ihr zu lesen bekommt.

Ich hoffe noch lange nicht von meinen Erinnerungen verlassen zu werden. Wie schöne Tage im Mai sind die magischen Zeiten verflogen, aber alles steht klar vor meinem inneren Auge.

Manchmal träume ich von der Kindheit. Ich sehe die Sommer und die Winter. Und ich sehe die blauen Tage im Wind. Als wir auf den Stoppelfeldern mit gebastelten Drachen den Himmel durchkreuzten und uns in den kalten Monaten mit Schnee und Eis befreundeten. Ich schaue zurück auf ein Leben, in dem ich viele Wege gegangen bin. Darunter waren Sackgassen, Irrwege und Einbahnstraßen, die ich trotzdem ging. Es gab aber auch Straßen die zu den Sternen führten, in ganz wunderbare Tage und Nächte. Manches würde ich gerne ungeschehen machen und von anderem hätte ich mehr haben wollen, konnte es aber nicht festhalten. Wenn ich jene vertrauten Gesichter auf verblichenen Fotos sehe, denke ich an eine Fülle erlebter Geschichten.

Tauchen wir ein in diese versunkene Welt, als mir meine Abenteuer begegneten und alles so viel Anfang hatte.

Vieles von dem was nun folgt, hätte an der Nordseeküste geschehen können. Wo man morgens schon sieht, welche Schiffe abends im Hafen liegen. Immer mit dem endlosen Horizont über der gewaltigen Wasserwelt.

Dort, bei den Schiffen und Fischen, standen wir also am imaginären Bahnsteig, wo abgeholt und verlassen wird. Mit kleinen Koffern voller großer Träume. Warteten, auf ein Signal zur Abfahrt in den Dschungel ersehnter Zukunft. Im Lackglanz kurzer Jahre und günstiger Winde fand ich mich dort ein, um zu holen was geholt werden will. Worüber ich berichten kann, bedurfte lediglich meiner Beteiligung.

Ich meine, jene Zeit, als die Umsätze der großen Häfen explodierten und mit ihnen das touristisch pulsierende Gewerbe der Lustvermittlung auf große Fahrt ging. Mit dem Flair von Übersee, den besonders die Amerikaner in die Stadt mitbrachten. Eine Zeit, die mit ihnen und den großen Schiffen verbunden blieb. Diese Zeit, die nichts gekostet hat, wäre unmöglich so brennend gewesen, hätte es nicht die reizenden Geschöpfe gegeben, die mit ihrer Lust am Verlieben meine Wege kreuzten.

Es gab nichts Besseres als Ungehorsame, dafür verführbare, Mädchen, die sich von lebhaften Erfahrungen verbiegen lassen wollten. Mit Musik, Sex, Liebe und den restlichen Sachen, die Spaß machten.

Einzigartig war jenes Zeitfenster, das ich mit ihnen teilte. Der gemeinsame Rausch in jenen Nächten dämpfte den Stumpfsinn mancher Tage liebevoll ab. Sie zauberten mich in den Himmel, in die Hölle oder in etwas dazwischen.

Es gab neugierige Talente, die waren viel zu gut für die Welt in die sie wollten. lebenshungrige Abenteurerinnen, die nur ans Entrinnen von erlebter Spießigkeit dachten und sich schon aus Trotz reihenweise flachlegen ließen. Glaubten, dass gehöre alles zur begehrenswerten Spielwiese des rasanten Lebens auf der Überholspur. Also sich unausweichlich und rauschhaft um den Verstand feiern, kiffen und vögeln. Außerdem gab es noch die ganz besondere Sorte aufblühender Halbwelt Streunerinnen, welche bevorzugt Wölfen begegnen wollten, die nicht zwingend Papas bevorzugte Kandidaten waren. Ja, manche frühreife und bisher sittsame Nymphe verließ die Geborgenheit ihres Elternhauses nur um vom streunenden Wolf und seinem sittenlosen Rudel verstanden und begehrt zu werden.

Würden sie mir lebendig und frisch (wie damals) heute wieder begegnen, wie wäre das? Ein paar berauschende Nächte und vom Gefühl getränkte Namen fallen mir sofort wieder ein. Aber, dass alles gibt es nicht mehr. Existiert nur auf Postkarten, die mir meine Erinnerung noch schickt und den Briefen, die mir blieben. Instinktives Leben verbraucht sich schnell und viele Zeitzeugen sind sehr früh ins Fegefeuer vorausgegangen. Wahrscheinlich ist das Jenseits nur ein anderer Ort, aber vielleicht klüger. So ist es aber: Nichts bleibt, wie es war! Ausgenommen meine Meinung über den Papst und Brigitte Bardot.

Nun habe ich tief in die alte Spielzeugkiste dieser intensiven Tage und Nächte gegriffen. Gefunden habe ich manches, was ich immer vermissen werde. Ohne es genau erklären zu können bin ich noch der Junge, wie man mich lange nannte. Bin wohl irgendwann auf freier Strecke in meiner Entwicklung stecken geblieben. Ich erwähne dies nur, weil der Leser unschwer feststellen kann, wie wenig Bewertung meinerseits erkennbar ist. Es geht mir nur darum zu beschreiben was gewesen ist. Auch kann ich mich nicht mehr an die ganze Palette meiner Empfindungen erinnern. Ich war einfach sehr jung und in kurzer Zeit passierte viel Interessantes. So kann mein Bericht nicht das gesamte Spektrum jener Zeit sichtbar machen. Ich habe mich beim Schreiben dieser Bücher oft in oberflächlichen, erotischen Detailhandlungen verloren, welche aber sehr reizvoll gewesen waren. Auch haben mich die großen Sinn- und Sachzusammenhänge des Weltgeschehens jener Epoche nicht sonderlich interessiert. Aber was ich genauer weiß, das weiß ich von meinem Vater und seinen unbeugsamen Patrioten.

Oh ja, es waren schon außergewöhnliche Zeiten, an heute vergessenen Orten, in unvergessenen Filmen meiner besten Jahre.

Dabei lernte ich, dass bei Menschen die eine Überzeugung haben, es manchmal so ist, dass diese Überzeugung die Menschen hat. Und über allem schwebte ein brodelnder Zeitgeist der auslaufenden Wirtschaftswunder Jahre. Vieles was damals gesagt, gemeint oder behauptet wurde, von Jung und Alt, ist nicht mehr relevant in der Gegenwart. Schaut man zurück, sehen die Dinge immer besser aus und es ist jene unzugängliche Welt der Vergangenheit, aus dem die Sehnsucht nach uns ruft. Das habe ich mal irgendwo passenderweise gelesen.

Die sündhaften Kräfte dieser untergegangenen Welt am Hafen, mit ihren sittenlosen, verblendeten und geschäftstüchtigen Statisten und Strategen, völlig zu verstehen kann nur bedeuten in ihr gelebt zu haben. Zu oft tragen wir nur die mangelhaften Trugbilder von Verständnis in uns. Für den Abschlussball einer Dekade, die man vielleicht zu Unrecht nur die 60ziger nennt.

Sicher habe ich einen verklärten Blick auf die Vergangenheit, aber es sei mir nach all den Jahren vergönnt.

Und ich denke an die Worte über der großen Eingangstür zum Showroom vom Club Drachenburg. Dort stand in goldenen Buchstaben zu lesen: W a s D u w i l l s t

Ständig ist der Teufel los (Buch 2)

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