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2. Kapitel Ugerit, der Hohepriester des Baal

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Ugerit stand vor dem bronzenen Spiegel und betrachtete seinen kahlen Schädel.

Sorgfältig zog er mit schwarzem Kajal seine Augenlider nach, sein feistes Gesicht machte im flackernden Licht des kleinen Öllichtes einen furchterregenden, unheimlichen Eindruck. Sein Körper war massig und wirkte im schwachen Schein des Öllichtes dick und aufgedunsen, was durch die blasse Farbe seiner Haut noch hervorgehoben wurde. Er war ein hässlicher Mann, weich und schwammig, der dennoch über enorme Körperkräfte verfügte. Zufrieden betrachtete Ugarit sein Spiegelbild und hängte eine Bernsteinkette um, an deren Ende ein großes, herzförmiges Stück Bernstein hing, in dem ein Insekt eingeschlossen war. Jene besondere Art von veredeltem Baumharz wurde „Tränen der Götter“ genannt und Ugerit fand, dass die Kette der passende Schmuck für diesen besonderen Abend war. Es war der Abend, an dem er seinen Anhängern eine ganz besondere Botschaft zu überbringen hatte, die Botschaft, auf die er sein Leben lang gewartet hatte und die ihn zum mächtigsten Mann der Stadt, vielleicht sogar zum mächtigsten Mann des Reiches machen sollte. Sorgfältig setzte er die Krone des Harthors auf und zog seinen mit Sternen bestickten Mantel an, der seine Nacktheit nur unzureichend bedeckte. „Meister, komme in den Thronsaal, deine Anhänger erwarten dich!“, sagte der Diener zu Ugerit. Der kleine rattenköpfige Mann, der seinem Meister schon viele Jahre treu ergeben war, verbeugte sich tief vor Ugerit und öffnete ihm demütig die Tür. Der Hohepriester betrat den geheimen Versammlungsraum, der durch große Ölfeuer beleuchtet wurde, die dunkle Schatten an die Wände warfen. Die Fenster waren mit Vorhängen abgedunkelt und in der Mitte des mit Steinplatten ausgelegten Raumes stand ein großer Altar. Dieser Altar bestand aus schwarzem Granit, den man als großen, zusammenhängenden Block aus einem Steinbruch gebrochen hatte. Man hatte ihn grob zurechtgeschlagen und bearbeitet, jetzt stand er hier und wurde als Opferaltar genutzt. Auf ihm standen zwei Wachskerzen, welche die Abflussrinne beleuchteten, die für das Abfließen des Blutes der geopferten Tiere in den Block geschlagen worden war. Auf dem Altar blökte ängstlich ein kleines, angebundenes Lämmchen, das kaum älter als vier Wochen war. Dieses Tier sollte heute dem Gott dieser Gemeinschaft, Baal, geopfert werden. Langsam und hoheitsvoll schritt Ugerit auf den Altar zu, seine Anhänger begleiteten seinen Einzug mit einem leisen Singen, das immer lauter wurde und seinen Höhepunkt erreichte, als Ugerit die letzte Stufe zum Altar betreten hatte. „Freunde, in den nächsten Wochen wird in dieser Stadt ein Mädchen geboren werden, es wird die Tochter eines großen Feldherrn sein. Ich werde das Kind entführen und unserem Gott Baal opfern, der durch den Tod des Kindes auferstehen und uns für unsere Treue zu den mächtigsten Menschen des Reiches werden lässt!“, hallte seine Stimme laut und kraftvoll durch den geheimen Raum. „Es wird ein neues Zeitalter beginnen, das Zeitalter des Baal!“ Lauter Jubel unterbrach ihn, denn schon viele Jahre warteten seine Anhänger auf die Menschwerdung ihres Gottes. Langsam nahm der Priester ein langes Bronzemesser, das mit merkwürdigen Verzierungen geschmückt war, vom Altar. Er hob es ehrfurchtsvoll mit beiden Händen in die Höhe und rief: „Heiliger Baal, segne dieses Messer und wohne der Zeremonie deiner demütigen Jünger bei. Komme in unsere Mitte!“ Dann tötete er mit einem schnellen kurzen Schnitt das kleine Lämmlein. Langsam floss das Blut des jungen Schafes die Rinne hinab und sammelte sich an deren Ende in einem kleinen Tontopf. Alle anwesenden Jünger Baals fielen ergriffen auf die Knie und berührten mit ihrer Stirn den Boden. Mittlerweile war der kleine tönerne Topf voller Blut des getöteten Tieres. Ugerit nahm ihn hoch, kniete sich noch einmal vor den Altar und hob den Topf mit beiden Händen an den Mund und trank begierig einen großen Schluck des Blutes. Anschließend wurde der Topf von Hand zu Hand weitergereicht. Jeder Jünger nahm einen großen Schluck und legte sich anschließend auf den Bauch, ehrfürchtig auf den Segen Baals wartend.

Dort lagen die Männer und Frauen und warteten schweigend, ekstatisch und voller Freude auf die Zukunft und das Ende der Zeremonie, um anschließend in ihr normales alltägliches Leben zurückzukehren. Niemand von ihnen bemerkte den kleinen Schatten, der still und heimlich zur Tür hinaushuschte. Und auch der neugierige Beobachter hatte in seiner Aufregung nicht gemerkt, dass er einen Teil seiner Kleidung verloren hatte.

Kjeld und die Verschwörung des Baal

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