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3. Kapitel Eine besondere Begegnung

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Immer tiefer wurde Kjeld herabgezogen, er hatte vollkommen die Orientierung verloren. Aber das Moor fühlte sich seltsamerweise gar nicht mehr feucht und modrig an, es erschien Kjeld so, als hätte es seine Konsistenz verändert und es umhüllte ihn jetzt wie ein weicher Stoff, der ihn schützte und seinen Sturz in das Reich der Nixen und Walküren möglichst sanft abfedern sollte. Langsam nahm der Sog ab, Kjeld hatte den Grund erreicht. Erstaunt schaute sich der Junge um. Eine weite Höhle öffnete sich vor ihm, dieses war nicht das feuchte, kalte Grab, das er erwartet hatte. Die Höhle war schwach erleuchtet - ein rotes, wärmendes Licht breitete sich wohltuend aus. Wo war Kjeld gelandet? War dieser Ort das sagenhafte Walhall, von dem ihm seine Großmutter so oft erzählt hatte? War dies der Ort, an dem die sagenhaften Walküren zu Hause waren? Am Ende der Höhle erschien ein weißes, strahlendes Licht, das sich zu einer Person manifestierte, die aber nicht Angst einflößend und grausam wirkte, sondern eine freundliche, liebevolle Aura um sich herum verbreitete. Langsam trat aus dem Licht eine Person heraus, die Kjeld sofort erkannte. Es war seine Großmutter Adelgard, die im letzten Herbst nach einer schweren Krankheit gestorben war. Kjeld hatte seine Großmutter sehr geliebt, sie hatte Kjeld an den langen Winterabenden alles über Wotan, den mächtigen Gott der Germanen, der stets in Begleitung seiner zwei Raben Hugin und Munin war, erzählt. Adelgard hatte als junges Mädchen lange Zeit bei einem reichen, römischen Händler gearbeitet, sie hatte viel von der Welt gesehen und war eine kluge, gebildete Frau gewesen. Sie hatte Kjeld sogar Vulgärlatein beigebracht, das Latein, das auch in Rom und in den besetzten Gebieten gesprochen wurde und zur damaligen Zeit eine Sprache war, mit der man sich in der damals bekannten Welt überall verständigen konnte. „Kjeld, hab keine Angst, sei nicht voller Furcht, du bist hier in Sicherheit, ich achte auf dich.“ „Großmutter, wo bin ich hier, ich habe dich doch zu Grabe getragen, wo bin ich hier?“ „Du bist in einem Zwischenreich, in der Sphäre zwischen den Lebenden und den Toten, du bist im Reich Wotans und seiner Walküren, du bist in Ragnarök." Ängstlich fragte Kjeld:

„Großmutter, bist du gekommen, um mich mit in das Totenreich zu nehmen, ist mein Leben beendet?“ „Nein, Kjeld, dein Leben ist noch lange nicht vorbei, ich habe die Aufgabe, dich zu den Lebenden zurückzubringen, du wirst noch viele Jahre auf der Erde haben.“ Kjeld wusste, dass er von seiner Großmutter eine ganz besondere Gabe geerbt hatte. Diese Gabe wurde immer von der Großmutter auf den Enkel weitergegeben: Kjeld konnte in die Zukunft sehen. Er hatte unbewusste, plötzliche Visionen, sie kamen sporadisch und unerwartet und verwirrten den Jungen. „Großmutter, bleibe bei mir, nimm mich mit in dein Reich, ich möchte bei dir bleiben!“ „Nein, Kjeld, wir müssen Abschied nehmen, ich bringe dich zurück zu den Lebenden.“ Mit diesen Worten wurde die Erscheinung immer blasser, sie löste sich auf und war schließlich ganz verschwunden. „Er wird langsam wach, er hat es geschafft!“, rief Landerut glücklich und fiel ihrem Mann Wisgard um den Hals. Sie hatte den vollkommen erschöpften und unterkühlten Jungen vor der Haustüre gefunden, niemand wusste, wer ihn dort abgelegt hatte. Viele Wochen lag Kjeld auf seinem Bett in der Nähe des Feuers und wurde von seiner Mutter Landerut liebevoll gepflegt. Immer wieder wusch sie ihm den Schweiß von seinem Körper und streichelte ihn sanft und beruhigend, wenn er diese schrecklichen Träume hatte. Seine kleine Schwester Birte hatte ihm ihre Strohpuppe in den Arm gelegt, sie sollte ihn nachts vor bösen Geistern schützen. Wisgard war für drei Tage verschwunden gewesen. Ganz alleine war er in die Sümpfe gegangen und hatte den Göttern sein bestes Schaf geopfert. Anschließend war er bei der Hexe Kriemhild gewesen, die ganz allein in einem kleinen, baufälligen Haus abseits aller Menschen lebte. Kriemhild hatte als Kind Lepra gehabt, ihr Körper und das ganze Gesicht waren von knotigen Geschwüren übersäht. Die Menschen fürchteten sich vor ihr und gingen ihr aus dem Weg. Sie hatte Wisgard eine Medizin gegeben, die Kjeld helfen sollte und das hatte sie auch. Mittlerweile war es Frühling geworden und die ersten warmen Strahlen der Sonne erwärmten den Boden und auch die Herzen der Menschen, die so lange Zeit gefroren und gehungert hatten. „Vater, Mutter wie schön, euch zu sehen! Ich war lange fort.“ Ja, Kjeld war lange fort gewesen, aber jetzt wurde er von Tag zu Tag gesünder und kräftiger und schon bald konnte er das erste Mal das Haus verlassen.

Kjeld und die Verschwörung des Baal

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