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3. Amon Tih
ОглавлениеAmon war ein lebensfröhlicher Holzhandwerksgeselle, dessen Eltern früh an der Knotenkrankheit verstarben. Seine Eltern waren nach dem letzten großen Krieg nach Samobali gelangt, und das auf unterschiedlichen Wegen.
Der Vater Aldermar stammte von der Küstenregion Ateuras. Nachkommen einer dunländischen Kriegerfamilie waren dort nach den zahllosen Kriegen in der äußerst fruchtbaren Gegend hängen geblieben und lebten von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Aldermar brach aus der bäuerlichen Tradition mehrerer Generationen aus und erlernte das Holzhandwerk. Als die Feinde aus anderen Kontinenten eindrangen und das Land überschwemmten und unterjochten, riefen die Herrscher der Menschen in allen Ländern zur vereinten Schlacht auf. Es wurden alle waffenfähigen Männer gebraucht und es war auch an Amons Vater, in den Krieg zu ziehen, den die Menschen schließlich verloren, und damit alles Hab und Gut.
Die Furken beherrschten seither den größten Teil des Ostkontinents. Er beschrieb die Furken in etwa so: Sie sahen aus wie Hunde, nur liefen sie auf zwei Beinen. Es gab sehr unterschiedliche Rassen, ein paar davon ähneln Wölfen, andere Schakalen. Eigentlich waren sie nicht grundsätzlich böse, nur durchtrieben vom Jagdfieber und vollständig überzeugt von ihrem Glauben, dass alle Wesen der Welt werden müssten wie sie. Wer in ihrem Herrschaftssystem dienlich wurde, startete sehr tief, konnte aber schnell durch seine Taten in der Hierarchie aufsteigen. Aldermar erzählte seinem Sohn, dass er in der Hierarchie der Furken schnell aufgestiegen war, da sie sein Handwerk schätzten. Dies änderte sich erst, als ihn ein neidischer Konkurrent des Verrats und Mordes bezichtigte. In einem Umwandlungslager wurde er misshandelt und gefoltert. Doch ihm gelang die Flucht. Dank glücklicher Umstände schaffte er es, auf einem Schiff das Land zu verlassen. So kam er spät, völlig ausgemergelt und krank nach Samobali.
Die Mutter Amons hieß Hildega und war lange zuvor in Samobali eingetroffen. Sie stammte aus einer Menschen-Großstadt namens Burnlin im Reich der Borger, die im Krieg restlos zerstört wurde. Wie durch ein Wunder konnte sie mit einem Expressdrachen entkommen, dem letzten, der in der Stadt übrig geblieben war. Hildega entstammte einer Künstlerfamilie, die sich ein zusätzliches Brot mit Herstellung von Kleidungsstücken verdiente. Als sich die beiden fanden, gründeten sie eine Familie, aus der drei Kinder hervorgingen.
Amon hatte einen Bruder namens Gorgen, dessen kriegerische Leidenschaft irgendwann aus ihm herausbrach. Vor vier Jahren folgte er dem Ruf einer Untergrundbewegung auf dem Festland des Westkontinents. Seither gab es keine Nachricht mehr. Seine Schwester Wita zog es ebenso in die Ferne. Sie folgte dem Händler Michelunka, der alle Jubeljahre in Samobali auftauchte, um dann ungeheuerliche Geschichten aus aller Welt zu erzählen.
Amon war der jüngste Sprössling und erbte das handwerkliche Können seines Vaters und die Kunst des Improvisierens seiner Mutter. Er hatte die Seele eines Kriegers, die sich gelegentlich in tollkühnen Aktionen zeigte. Außerdem schärfte er seinen Geist in strategischen Brettspielen, was sein kämpferisches Herz bezähmte. Dieses zeigte sich beim gemeinsamen Musizieren gelegentlich durch wildes Trommeln. Seine Freunde brachen darüber oft in erheitertes Lachen aus. Er wurde von seinen Handwerkerkollegen wegen seiner kreativen Einfälle geschätzt, die nicht immer brauchbar waren, aber häufig auch die Lösungen in kniffligen Fragen brachten. Sein Gesellenstück hatte er diesen Sommer mit Bravour geschafft.
Wie alle Samobalikis besaß er eine einfache Grundausbildung in Magie, die sie mittels Gedankenkraft ausübten. Im Handwerk bedienten sie sich einer einfachen Naturmagie und beschwörten Elementarkräfte, so dass sich manches wie von Geisterhand gerührt bewegte. In Wahrheit halfen ihnen Naturgeister, die für sterbliche Augen unsichtbar waren und nur mit erlernter Hellsichtigkeit sichtbar wurden. Amon hatte den ersten Grad eines Magiers geschafft. Doch der Weg zu einem Meister beinhaltete noch sehr viel mehr. Er war nur ein kleiner Zauberlehrling, und als Handwerker würde er auch nicht viel mehr benötigen. Doch in ihm schlummerten der Wille und die Vision, etwas Großes zu vollbringen. Nur was, das wusste er noch nicht.