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Die Verpackungskünstler Alfred Bekker

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Es schien keine Spezies im Universum zu geben, für die das Austauschen von Geschenken eine so hohe Bedeutung hatte, wie für die kleinen pelzigen Wesen vom Sirius. Das kunstvolle Verpacken gegenseitiger Gaben war von ihnen nicht nur handwerklich perfektioniert worden, es regelte auch das soziale Leben, war Grundlage ihrer Religion (denn sie glaubten an den Großen Schenker jenseits der Sterne) und der Politik. Mindestens ein Viertel ihrer Wachzeit verbrachten die kleinen pelzigen Wesen daher damit, Geschenke zu verpacken und bei den verschiedensten Gelegenheiten zu verteilen. Selbst kleinste Reisen auf ihrem Heimatplaneten wurden daher zu aufwendigen Unternehmungen - um so mehr galt das für ihre Expeditionen in die Galaxis.

Selbstverständlich machten sie sich durch ihre

Angewohnheit, zu schenken, überall beliebt. Daß dieser Brauch auf den Planeten, die sie besuchten zumeist unbekannt war und sie keine Gegengeschenke bekamen, machte ihnen nichts aus. Im Gegenteil. Es erleichterte sie, denn die größte Schande, die ihre Kultur kannte, war es, kein gleichwertiges Geschenk anbieten zu können

*

Es war eine lange Reise gewesen, selbst für die kleinen pelzigen Wesen vom Sirius.

"Wir haben jetzt das Orbit des Planeten erreicht", meldete der Steuermann des Raumschiffs dem Kommandanten und dieser wackelte voller Erwartung mit seinen langen, lederigen Ohren.

"Wieder einmal stehen wir davor, mit einer fremden Zivilisation Kontakt aufzunehmen", sagte der kleine pelzige Kommandant fast feierlich.

Vor ihnen auf dem Bildschirm der Hauptbrücke war der dritte Planet dieses Sonnensystems zu sehen. Er schimmerte blau, da der größte Teil seiner Oberfläche von Ozeanen bedeckt wurde.

"Wir haben es zweifellos mit einer äußerst hochstehenden Kultur zu tun und sollten uns nicht davon blenden lassen, daß diese Wesen den interstellaren Raumflug noch nicht

beherrschen", erklärte indessen ein anderes der kleinen pelzigen Wesen, seines Zeichens der wissenschaftliche Leiter der Expedition. "Das sieht man schon daran, welche Rolle Geschenke und deren Verpackung unter den Eingeborenen spielt!" erläuterte das kleine pelzige Wesen dann weiter.

"Aus der Aufzeichnung unserer Sensoren haben wir viel über diese Wesen erfahren. So feiern sie jedes Jahr mehrere Feste, bei denen zuvor liebevoll verpackte Geschenke ausgetauscht werden. Manche dieser Feste haben möglicherweise sogar religiösen Hintergrund!"

Einige der kleinen pelzigen Wesen piepsten vor Erstaunen.

"Kein Zweifel", sagte der Steuermann. "Dann muß zwischen ihnen und uns eine Art Wertegemeinschaft bestehen. Ein kultureller Konsens..."

"Es kommen gerade neue Daten herein...", rief der wissenschaftliche Leiter erregt und sah auf seine Anzeigen und Bildschirme. Seine langen lederigen Ohren wurden ganz still dabei. Fast andächtig und auch mit etwas Furcht in der Stimme sagte er dann: "Es gibt keinen Zweifel, sie haben uns erwartet..."

*

"Und det soll nun Kunst sein!" meinte der Taxifahrer, während er einen Blick auf den Berliner Reichstag warf. Er schüttelte den Kopf. "Ein ganzes Gebäude mit Folie einwickeln - sowas hab ik noch nich gesehen! Sieht aus wie mein Butterbrot - nur viel größer..."

"Es ist die künstlerische Aktion des Jahres - vielleicht des Jahrhunderts", erwiderte sein Fahrgast, der vermutlich so wie Millionen anderer Besucher - extra nach Berlin gekommen waren, um zu sehen, wie das Reichstagsgebäude verhüllt wurde. Verhüllt - und nicht verpackt - darauf

bestand der Künstler, auch wenn dieser feine Unterschied von den Meisten schlicht ignoriert wurde "Davon wird man noch in hundert oder zweihundert Jahren reden!" war der Fahrgast überzeugt.

Der Taxifahrer war da etwas skeptischer.

"Ik wees nich so recht, was das soll. Wenn jetzt ein Weihnachtsbaum danebenstünde, dann wäre der Fall schon

klarer."

Sein Fahrgast fand das nicht sehr witzig.

"Ein Weihnachtsgeschenk ist das ja nun auch nicht..."

"Nee", lachte der Taxifahrer. "Man weiß ja auch schon, was drin ist. Außerdem - stellen Sie sich det mal vor! Jemand würde mit einem riesigen Kran kommen und das ganze eingepackte Ding einfach mitnehmen..."

*

"Wir werden umkehren müssen", sagte der Kommandant des Raumschiffes der kleinen pelzigen Wesen vom Sirius resigniert, als er das beeindruckende Bild auf dem Hauptschirm sah. Ein solches Geschenk hatte selbst er noch nicht gesehen. Diese zweibeinigen Wesen hatten ein geradezu riesenhaftes und zweifellos sicher sehr bedeutendes Gebäude verpackt, was aller Logik nach nur bedeuten konnte, daß man es den Besuchern aus dem All zum Geschenk machen wollte.

"Aber wir könnten ihnen mehr als gleichwertige Dinge schenken!" meinte der Steuermann.

"Mag sein - aber wie sollen wir ihr Geschenk mitnehmen? Es hat die tausendfache Größe unseres Raumschiffes. Wir werden noch Jahre brauchen, bis wir dazu technisch in der Lage wären." Es herrschte betretenes Schweigen auf der Brücke. Die Schande, ein Geschenk nicht angemessen erwidern zu können, wäre schon groß gewesen, aber die größte Schande, ja geradezu eine Verletzung jeglicher moralischer Normen wäre es gewesen, ein Geschenk nicht anzunehmen. Es wäre einer Kriegserklärung gleichgekommen.

"Wir werden erst Kontakt mit diesen Wesen aufnehmen, wenn wir in der Lage sind, ihre Geschenke anzunehmen", erklärte tief bewegt der Kommandant und gab den Befehl, das Sonnensystem zu verlassen.(C) ALFRED BEKKER

SF-Abenteuer Paket Februar 2019: Fremde Erden

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