Читать книгу Sinfonie der Herzen - Heidi Dahlsen - Страница 6
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Оглавление„Jenny, gut, dass du kommst“, begrüßt Oma Anni ihre Stiefenkelin im Vorgarten. Sie schaukelt den Kinderwagen kräftig hin und her. „Natalie bekommt scheinbar Zähnchen und ist heute sehr unleidlich.“
„Einen Moment noch, ich ziehe mich nur schnell um. Dann habe ich Zeit für sie.“ Jenny stellt ihr Fahrrad ab und geht ins Haus.
Oma Anni schiebt den Kinderwagen in den Garten und sagt zu ihrem Mann: „Toll, dass wir diesen schönen Herbsttag auf der Terrasse genießen können. Komm, Wolfgang, halt du mal das Baby. Ich werde Jenny etwas zu essen machen. Sicher hat sie wie immer vor lauter Tierliebe sich selbst vergessen.“
„Na, komm zu deinem Opa“, sagt er zu der Kleinen und setzt sie sich auf den Schoß. „Bei Opa Wolfgang ist es doch am gemütlichsten.“
„Aber nur, weil dein Bauch so weich ist“, lacht Oma Anni. „Du solltest wirklich etwas für deine Fitness tun. Und pass auf, dass du nicht wieder einschläfst und sie von dir runter rollt. Auf dem breiten Sofa im Wohnzimmer ist das kein Problem, jedoch hier würde sie auf die Fliesen klatschen.“
„Übertreib doch nicht immer so.“ Er winkt ab. „Ich bin noch nicht hilfebedürftig. Manchmal denke ich, du gönnst mir die Kuscheleinheiten mit meiner süßen Enkelin nicht. Ich gehe ganz vorsichtig mit ihr um und behalte die möglichen Gefahren im Blick.“
„Ach Quatsch. Ich gönne dir alles, das müsstest du wissen.“
„Ja, ja, Oma Anni ist eine Glucke, meine liebe Natalie. Ich werde aufpassen, dass sie dir später etwas Freiheit gönnt. Jetzt machen wir zwei ein kleines Nickerchen.“
Natalie quengelt noch etwas herum, bis sie eine bequeme Liegeposition gefunden hat und atmet tief ein. Opa Wolfgang streichelt ihr sanft über den Kopf und schaut sich um. `Es ist so toll, dass es mit dem Kauf dieses Zweifamilienhaus mit tollem Garten geklappt hat´, denkt er. `Hier können wir friedlich unseren Lebensabend genießen. In unmittelbarer Nähe zu unserem Sohn und seiner neuen Familie.“
„Pssst“, macht er zu Jenny, als diese auf die Terrasse gestürmt kommt.
Die setzt sich neben ihn. „Super, machst du das.“
„Lass das Oma Anni nicht hören“, flüstert er. „Sonst entreißt sie mir die Kleine. Sie will ja hier die Super-Oma-Heldin und Oberglucke sein.“
Jenny grinst. „Mir knapst sie auch immer mehr Babykuschelzeit ab, wenn ich Natalie ins Bett bringe. Gestern sagte sie, dass doch ein Lied reichen würde. Ich würde Natalie sonst von ihrem erholsamen Schlaf abhalten. Ha! Nun habe ich einfach festgelegt, dass ich etwas eher nach Hause komme, sie bade und füttere. Sie soll schließlich merken, dass ich für sie da bin. Oma hängt schon den ganzen Tag mit ihr ab.“
„Was höre ich da?“ Oma Anni stellt vor Jenny einen Teller und ein Glas auf den Tisch.
„Hmmm, danke, danke, danke. Hmmm, Spaghetti Bolognese. Ein Traum. Woher weißt du, dass ich hungrig bin?“
„Jenny, wann bist du mal satt nach Hause gekommen?“
„Ja, das waren noch Zeiten, als Janek bei uns wohnte. Die Abstecher mit ihm zu McDonald vermisse ich und ihn auch. Es tut mir leid, dass ihr euren Enkel nicht mehr täglich hier habt.“
„Wir vermissen ihn auch. Aber ihm geht es gut bei seiner Mutter und das ist die Hauptsache“, meint Oma Anni.
„Stimmt. Außerdem hat er dort ideale Trainingsmöglichkeiten. Hier gibt es weit und breit keine Schule mit Pferdesport-Profil. Er will Jockey werden, da ist das ideal. Und die Wochenenden mit ihm könnt ihr viel besser genießen, weil er dann anwesend ist, nicht wie bisher nach der Schule sofort in den Reitstall muss und abends müde ins Bett fällt. Ich wäre froh, wüsste ich schon, für welchen Beruf ich mich entscheiden soll.“
„Hast du schon eine Richtung?“, fragt Opa Wolfgang.
Jenny wiegt den Kopf hin und her. „Ich weiß eher, was ich nicht werden will.“
„Also gehst du nach dem Ausschlussprinzip vor. Na ja, das ist zumindest ein Anfang.“
„Unser Tierarzt Doktor Dilling hat mir eine Ausbildung angeboten und gesagt, dass er mich sogar der Leiterin des Tierparkes als Lehrling empfohlen hat.“
„Klasse“, wirft Oma Anni ein und strahlt über das ganze Gesicht. „Ich wusste es doch.“
„Hast du da deine Finger im Spiel?“, fragt Opa Wolfgang.
„Nein, nein. Das hat sie sich selbst erarbeitet. Ich wusste vom ersten Augenblick an, dass viel in dir steckt, Jenny.“
„Erinnere mich bloß nicht an unser Kennenlernen. Damals war ich so wütend.“
„Aber nicht auf uns.“
„Nein, auf Mama und unsere Familie. Die sollten sich von euch eine Scheibe abschneiden.“ Jenny schließt die Augen, um diese unschönen Gedanken wieder zu verbannen. „Ich war noch nie in meinem Leben so glücklich wie jetzt. Und das verdanke ich hauptsächlich euch.“
„Na, na, nun übertreibe nicht. Deine Mama liebt dich auch.“
„Vielleicht, aber sie kann es nicht zeigen. Man muss eben nehmen was man kriegen kann und damit zufrieden sein.“
„Solch weise Worte aus so einem jungen Mund“, sagt Oma Anni und seufzt. „Schau mal, jetzt ist Opa wirklich eingenickt.“
„Das täuscht“, antwortet er. „Ich traue mich nicht einzuschlafen. Nicht, dass das Baby mir entgleitet. Anni, hole doch bitte mal einen Strick. Dann binde ich sie fest und kann zur Ruhe kommen.“
„Nichts da, von wegen Strick“, wirft sie amüsiert ein. „Das könnte dir so passen, die Kleine an dich zu fesseln. Ich werde sie jetzt fürs Bett fertig machen.“ Sie schüttelt den Kopf und schaut auf einmal traurig vor sich hin. „Mal sehen, ob Jutta heute etwas eher aus der Agentur kommt. Ich muss mal mit Olli ein ernstes Wörtchen reden, damit er ihr nicht so viel Arbeit aufdrückt. Immerhin ist er nicht nur ihr Chef, sondern auch ein guter Freund. Die Kleine braucht doch ihre Mutter.“
„Wenn das so weitergeht“, wirft Opa Wolfgang ein, „sagt sie mal zu dir Mama.“
Jenny nickt. „Das glaube ich auch. Vielleicht kann Markus Mama überzeugen, wenigstens etwas Zeit mit Natalie zu verbringen. Ich rede mal mit ihm. Bei mir ist sie ja nach wie vor auf 180 wenn sie mich nur sieht.“
„Das verstehe ich nicht“, sagt Oma Anni. „Du bist doch so ein liebenswertes Mädchen.“
„Für Jutta jedoch etwas zu selbstbewusst“, lacht Opa Wolfgang.
Jenny zuckt mit den Schultern. „Das ist nicht mein Problem. Ich bringe jetzt die kleine Lady ins Bett. Nichts da, Oma Anni.“ Sie wirft sich regelrecht zwischen Oma und das Baby. „Dein Protest prallt bei mir ab, dazu bin ich zu selbstbewusst.“
Opa Wolfgang schaut beide verschmitzt an. „Ich mag dich, Jenny. Du bist genau richtig für diese Welt.“
„Genießt ihr beide eure Zweisamkeit. Ich komme schon klar.“ Als Oma Anni etwas erwidern will, fügt sie hinzu: „Ja, ja, wenn ich vor ungeahnten Schwierigkeiten bei der Babypflege stehe, wende ich mich natürlich wie immer vertrauensvoll an dich, liebe Oma Anni. Tschüssi.“ Sie gibt Oma und Opa ein Küsschen auf die Wange und macht sich mit ihrer kleinen Schwester auf den Weg nach nebenan in ihr Zuhause.
„Was machen wir beide nun?“, fragt Opa Wolfgang.
„Unsere Zweisamkeit genießen“, sagt Oma Anni.
„Das wird wohl nichts“, sagt Markus, der seinen Kopf durch die Verandatür steckt. „Hallo, ich störe auch nicht lange. Wollte nur Natalie abholen.“ Er schaut sich suchend um. „Wo ist sie?“
„Da kommst du etwas zu spät. Jenny ist gerade mit ihr los.“
„Okay, dann gehe ich auch gleich rüber und schaue mal, ob ich ihr helfen kann.“
„Jutta kommt wohl wieder nicht?“, fragt Opa Wolfgang.
Markus streicht sich resigniert durchs Haar. „Nein, leider nicht.“
„Dann musst du mal mit Olli reden, dass das so nicht geht“, sagt Oma Anni. „Nicht, dass uns die Betreuung der Kleinen zu viel ist. Im Gegenteil. Aber sie braucht doch ihre Mama. Du hast Elternzeit genommen und bist trotzdem ständig in der Agentur.“
„Ich weiß. Die wichtigsten Aufträge müssen nun mal von mir persönlich erledigt werden. Glaubt mir, ich beschränke mich nur auf das Wesentliche. An mir und Olli liegt es jedoch nicht, dass Jutta so viel arbeitet. Auch er sagt immerzu, sie soll nach Hause gehen, die Aufträge würden nicht wegrennen. Sie blockt ab. Ich verstehe es nicht.“ Er zuckt mit den Schultern. „Macht es euch gemütlich und genießt die Ruhe. Ich schaue mal nach den Mädels.“
„Komm doch nachher rüber, wir können ein Feuer anzünden und ein Gläschen Wein trinken. Das wäre so schön.“
„Super Idee. Es wird sicher erst nach 20 Uhr, aber den lauen Herbstabend sollten wir wirklich genießen.“