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Guter Tag – schlechter Tag
ОглавлениеHP handelt aus dem Unterbewusstsein heraus.
Nach einer Weile, es ist recht ruhig auf dem Schiff, wollen HP und Klaus aber wissen, wo zum Kuckuck die Kinder sich aufhalten.
Dass man die nicht hört, ist schon recht merkwürdig.
Beide gehen an Deck und sehen, wo die Kinder sind.
Sie erfrischen sich im Wasser.
Klaus bekommt fast einen Anfall und beordert die beiden sofort aus dem Wasser.
Als Thomas und Malis über die Badeplattform aus dem Wasser kommen, setzt es ein Donnerwetter, sodass Thomas und Malis schuldbewusst nach unten schauen.
Thomas meint ganz leise, wobei er immer noch auf den Boden schaut, nachdem Klaus fertig ist mit seiner Schimpfkanonade, dass sie sich doch mit den Seilen an dem Boot festgebunden hätten und so doch nichts hätte passieren können.
Klaus atmet tief durch und erklärt ihnen dann, dass das zwar richtig sei, aber sie, und damit meint er sich und Mutter möchten doch gerne wissen, wenn sie so etwas machen.
HP widerspricht seinem Bruder allerdings, da er sich die Seile genau angesehen hat.
„Angebunden haben sie sich zwar, aber nicht richtig“, meint HP.
„Erstens sollte man nur ein Seil nehmen, das von sich aus auf dem Wasser schwimmt und davon habt ihr ein paar an Bord, denn sonst kann sie das sehr schwere Seil nach unten ziehen. Da sich die Seile mit der Zeit mit Wasser vollsaugen und dadurch noch schwerer werden kann das Kinder, wie sie es sind, auch noch zusätzlich unter die Wasseroberfläche ziehen, wobei sie dann auch noch gegen den Abtrieb anschwimmen müssen. Dann haben sie das Seil um den Bauch gelegt und den Knoten nach hinten. Das ist erst recht verkehrt.
Das Seil gehört unter die Arme und der Knoten nach vorn. Damit ihr Kopf, wenn sie mal in die Strömung kommen, nicht unter Wasser gedrückt wird, sondern sie sich am Seil noch zusätzlich mit den Händen festhalten können und somit der Kopf immer über Wasser bleibt. Und natürlich hat euer Vater recht. Ihr dürft niemals ins Wasser, ohne vorher Bescheid zu sagen.“
Thomas und Malis stammeln leise vor sich hin und wollen dabei wohl sagen, dass sie so etwas nie mehr machen werden und in Zukunft immer vorher Bescheid geben, wenn sie in das Wasser wollen.
Julia, die mittlerweile aus der Duschkabine gekommen ist, hat nur noch den Rest mitbekommen.
Sie fragt aber nicht noch einmal nach, da sie bemerkt, dass die Kinder sichtlich beschämt sind und wohl einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben.
Zudem sieht sie keinen Grund, sich da auch noch mit einzubringen, da HP ihnen auch ins Gewissen geredet hat. Und das wiegt schwerer, als wenn sie sich jetzt auch noch einmischte, da er für die Kinder die Autoritätsperson ist.
Dass das mit den Seilen in der Form falsch gewesen ist, hätten sie auch nicht gewusst, meinen die Kinder noch zu HP, aber seine Erklärung würde ihnen einleuchten und in Zukunft würden sie darauf mehr achten.
Nachdem das geklärt ist, setzen sich alle an den Tisch im Salon und nehmen ihr Frühstück zu sich, wobei die Kinder schon wieder planen, wann sie mit dem Kanu ins Wasser gehen werden.
Die Ansprache, die sie noch wenige Minuten zuvor von ihrem Vater und HP bekommen haben, scheinen sie schon wieder vergessen zu haben.
Und was sie dann zum Mittag in Vienne essen wollen, denn dort wollen sie, nachdem sie sich Loire-sur-Rhône am Morgen noch angesehen haben, als Nächstes festmachen.
Die Besichtigung von Loire-sur-Rhône geht sehr schnell, da es nicht sehr viel gibt, was alle interessiert, und somit wollen sie schon gegen zehn Uhr dreißig weiter nach Vienne fahren.
Jeder nimmt seinen Platz ein. Klaus ruft HP zu sich und meint zu ihm, er könne das Boot heute steuern, während er mit Julia an die Taue geht, um diese zu lösen.
„Es ist heute genau der richtige Tag dafür“, meint Klaus. „Es gibt so gut wie keinen Wind, und außer uns sind keine anderen Boote hier am Anlieger. Genau richtig, da wir das einzige Boot sind, was gestern Abend hier festgemacht hat.“
An diesem wirklich schönen Morgen meint die Sonne es schon sehr gut. Die Luft ist angenehm warm. Man kann schon erahnen, dass es an diesem Tag heiß werden wird.
HP ist alles andere als begeistert davon, dass er das Boot bei dem Ablegemanöver steuern soll.
Klaus lässt aber nicht locker.
Er erklärt ihm, dass er leicht den Wählhebel des Motors nach vorn schieben müsse, damit das Boot Fahrt nach vorn aufnehmen könne. Und er solle das Bugstrahlruder dann einsetzen, wenn die Bugleine gelöst sei, um den Bug somit vom Ufer in die Flussströmung zu drücken.
Wenn die Heckleine losgemacht sei, brauche er nur noch den Wählhebel des Motors nach vorn schieben, damit das Boot richtig Fahrt aufnehmen könne und nicht mehr gegen die Mauer gedrückt werde.
Dass das doch ganz einfach sei, meint Klaus zu HP, dem nicht wirklich wohl bei dem Gedanken ist, dass er das Boot steuern soll.
HP will zwar nicht, hat aber absolut keine Chance, da Klaus einfach nicht lockerlässt.
Soweit soll es erst gar nicht kommen, denn in dem Moment, als sich alle auf ihre Positionen begeben wollen sehen sie, wie ein kleiner Junge, der weiter oberhalb ihrer Position in die Strömung des Flusses geraten ist und aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage zu sein scheint, da wieder herauszukommen.
Zudem ruft der Junge, so laut er noch kann, um Hilfe.
Seine Eltern, die wohl auch dort am Rhône-Ufer etwas baden wollten, rufen ebenfalls laut um Hilfe.
Klaus, Julia und HP sehen in die Richtung und keiner weiß, wie er jetzt reagieren soll.
„Das Boot, wir müssen sofort das Boot von den Tauen lösen“, meint Klaus ganz hektisch.
HP setzt sich derweil auf einen der Stühle auf dem Achterdeck und sieht weiterhin in die Richtung des Jungen. Er bleibt auf seinem Stuhl wie angewurzelt sitzen.
Je hektischer Klaus und Julia werden, umso ruhiger wird HP.
Plötzlich bemerkt HP, dass der kleine Junge durch die Strömung immer mehr auf ihre Seite zutreibt.
Während Klaus und Julia an Bord hektischer und panischer werden und auch die Kinder mittlerweile mitbekommen haben, dass irgendetwas nicht stimmt und sich auch an Deck begeben, schaut HP immer noch in die Richtung des Jungen, der fast keine Kraft mehr hat, sich über Wasser zu halten.
Alle versuchen, das Boot so schnell wie möglich vom Ufer wegzukriegen, doch in der Panik, die dabei aufkommt, schaffen sie es erst einmal nicht, den Motor zu starten.
Was keiner bemerkt in dem Durcheinander ist, dass HP die zwei längsten Seile, die an Deck neben seinem Stuhl liegen, miteinander verbindet und sich das eine Ende um seine Brust legt und verknotet, das andere Ende am Boot festmacht, wobei er in keinem Moment den Blick von dem Jungen im Wasser abwendet.
Es sieht fast so aus, als ob er es aus dem Unterbewusstsein heraus macht und gar nicht darüber nachdenkt, was er da gerade im Begriff ist, zu machen.
In dem Moment, als der Junge fast reglos im Wasser treibt und noch knapp fünfzig Meter von ihnen entfernt ist macht HP etwas, womit in dem Augenblick niemand auf dem Boot rechnet.
HP nimmt einen kurzen, aber kräftigen Anlauf, springt über die Reling und schwimmt mit aller Kraft in die Richtung des kleinen Jungen.
Julia, Klaus und die Kinder können kaum fassen, was sie da zu sehen bekommen.
Eigentlich kann HP noch nicht so gut laufen und schon gar nicht so gut schwimmen, da er noch immer nicht die ganze Kontrolle über seine Beine hat.
Aber er macht es einfach.
Julia und den Kindern stockt fast der Atem über die Aktion, die HP gerade abzieht.
Klaus versucht indes immer noch verzweifelt, den Motor zu starten, aber dieser will einfach nicht und ist mittlerweile durch die wiederholten Startversuche hoffnungslos abgesoffen.
In dem Moment kommt ein etwas kleineres Boot flussabwärts, das wohl auch bemerkt hat, dass da etwas nicht stimmt.
Nur können sie den mittlerweile fast leblos treibenden Jungen auf dem Wasser nicht ausmachen.
Sie bemerken jedoch, dass jemand im Wasser versucht, gegen die Strömung anzuschwimmen, was natürlich nicht gelingen kann, und so wundern sie sich über diese Aktion.
HP aber kann dadurch, dass er gegen die Strömung anschwimmt, sein abtreiben soweit verlangsamen, dass der fast regungslose Junge direkt auf ihn zukommt.
Erst in dem Moment, als HP den Jungen im letzten Augenblick zu fassen bekommt und mit dem Gesicht nach oben dreht, wobei er ihn auch sofort so greift, dass er ihm auf keinen Fall mehr aus den Händen gleiten kann, bekommt HP einen gewaltigen Ruck zu spüren.
Das Seil, welches er sich umgebunden hatte, ist auf volle Länge ausgezogen.
Der Junge, der zum Glück nicht bewusstlos ist, hustet stark, da er wohl etwas zu viel Wasser verschluckt hat, ansonsten scheint es ihm aber gut zu gehen.
Außer, dass der Junge vollkommen kraftlos ist und sich wohl auch keinen Moment länger über Wasser hätte halten können, scheint sich bei ihm, der im Rettungsgriff von HP sicher liegt, Erleichterung breitzumachen.
Erst jetzt hat auch HP einen Moment Zeit, seine Gedanken zu sortieren, wobei ihm klar wird, was er da eigentlich gerade gemacht hat.
Er ist seit zehn Jahren nicht mehr ohne einen Schwimmgurt, der ihn an einem Haken so hielt, dass er nicht untergehen konnte, ins Wasser gegangen.
Und bei allen Übungen war es ihm nie gelungen, seine Beine so zu bewegen, dass er hätte schwimmen können.
HP hängt mit dem Jungen, den er immer noch fest im Rettungsgriff hält, an dem Seil und genießt diese Situation.
Nicht, dass es ihn freut, jemanden gerettet zu haben. Worüber er natürlich froh ist.
Nein, es ist die Tatsache, dass er etwas, was er seit Jahren eigentlich nicht kann einfach gemacht hat, ohne darüber nachzudenken.
Seine Beine kontrolliert bewegen.
Er kann es noch immer nicht glauben und bemerkt so auch gar nicht, dass neben ihm das kleinere Boot, die „Liberté“, aufschließt.
Sie haben auch erst in dem Moment wirklich verstanden, worum es bei der Aktion der Person ging, die da versuchte, gegen den Fluss anzuschwimmen.
Da sie sich wegen der gefährlichen Schiffsschrauben mit dem Heck nicht direkt vor die beiden Personen im Wasser setzen können, um sie so leichter über die Badeplattform auf das Boot zu holen, kommen sie seitlich an sie heran.
Kurz bevor Jean die beiden Personen im Wasser zu fassen bekommt, ruft er seiner Frau zu, dass sie den Steuerbordmotor auf neutral stellen soll.
Dadurch dreht sich die Schiffsschraube nicht mehr an Steuerbord, sondern nur noch die an Backbord.
Jean kann so HP und den Jungen gefahrlos seitlich auf die Badeplattform ziehen, und Yvonne kann mit der Backbordschraube das Boot immer noch manövrieren.
Jean staunt nicht schlecht als er bemerkt, wenn er da aus dem Wasser gezogen hat. Im ersten Moment kann er es auch gar nicht glauben.
Er löst das Seil, das HP immer noch um seinen Oberkörper trägt und weist Yvonne an, das Boot zum Ufer zu steuern.
Yvonne steuert direkt auf das Boot der Grafs zu, da sie dort schon Polizei und einen Krankenwagen mit Blaulicht sieht.
Sie wundert sich zwar, warum das Boot nicht abgelegt hat, um zu helfen, bemerkt aber auch, dass alle auf dem Boot aufgeregt sind.
Erst in dem Moment, als sie längsseits „Der Graf“ geht erkennt sie, wer da ist. Und sie bemerkt auch, dass das Seil, das eine der zwei Personen gehalten hat, an deren Boot befestigt ist.
Nachdem die „Liberté“ an „Der Graf“ festgemacht hat, kommen sofort die Rettungskräfte an Bord, heben den Jungen von der Badeplattform an Deck und legen ihn auf eine Trage, mit der sie ihn auch direkt zum Rettungswagen bringen, um ihn dort zu untersuchen.
Danach helfen sie HP von der Badeplattform hoch und wollen auch ihn direkt am Rettungswagen untersuchen.
HP meint aber, dass es ihm gut ginge und sie sich lieber um den Jungen kümmern sollten.
Die Rettungskräfte lassen nicht locker, da sie bemerken, dass HP völlig erschöpft ist und heftig nach Luft schnappt.
Es ist bei HP einfach nur die Überanstrengung, da er so einen Kraftakt schon seit Jahren nicht mehr unternommen hat.
Selbst wenn er topfit gewesen wäre wie vor zehn Jahren, würde er jetzt nach Luft schnappen und völlig erledigt sein von der Anstrengung.
Inzwischen kommt noch ein zweites Boot längsseits und bringt die Eltern des Jungen, die sich auf der anderen Flussseite befanden, zu ihrem Sohn.
Es ist ein Boot der Wasserschutzpolizei, das auch alarmiert wurde, aber einen etwas längeren Anfahrtsweg hatte.
Nachdem klar ist, dass es dem Jungen den Umständen entsprechend gut geht und auch HP keine nennenswerten Verletzungen aufweist, außer ein paar Abschürfungen von dem Seil, wollen die Beamten der Gendarmerie und der Wasserschutzpolizei genau wissen, wie das eigentlich passieren konnte.
Alle Beteiligten, auch der Vater des Jungen erzählen, was geschehen ist und was sie gesehen haben, und was unternommen wurde, um den Jungen aus dem Wasser zu retten.
Zum Schluss will aber noch ein Gendarm, der mit der Hilfe der Beteiligten sehr zufrieden ist und sie als vorbildlich darstellt wissen, warum die Deutschen nicht abgelegt haben, da sie doch viel näher am Geschehen waren.
Klaus zuckt nur mit den Schultern und erklärt dann dem Gendarm, dass sein Boot nicht anspringe.
Die Einspritzpumpe des Motors würde wohl mal wieder ihren Dienst verweigern, meint er auch noch.
Man kann in dem Gesicht des Gendarm ein schadenfrohes Grinsen erkennen.
„Oh la la“, kommt von ihm. Er macht sich darüber lustig.
„Und das passiert bei deutscher Wertarbeit, dass der Motor nicht anspringt“, sagt der Gendarm mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Klaus dämpft seine Schadenfreude sofort und erwähnt beiläufig, dass das alles französische Wertarbeit sei, so wie das gesamte Boot.
Der Gendarm bekommt daraufhin prompt einen grimmigen Gesichtsausdruck,
„Mon dieu“, sagt er. „Das kann doch nicht sein.“
Danach wendet er sich ab und verlässt das Boot der Grafs, wobei er noch etwas für alle Unverständliches in den Bart murmelt, was aber anscheinend seinen Unmut ausdrücken soll, dass es sich da um französische Wertarbeit handelt.
Klaus schüttelt schmunzelnd den Kopf, dreht sich um und fährt seinen Bruder direkt an, wobei er wissen will, was ihm einfällt, so eine Aktion hinzulegen. Wo er doch selber weiß, dass er noch nicht in der Lage ist und bis heute auch noch nicht wieder richtig schwimmen kann.
Ganz davon abgesehen ärgert es Klaus umso mehr, da sie am Morgen noch mit den Kindern darüber gesprochen haben, wie gefährlich der Fluss ist und dass man nicht gegen den Strom anschwimmen kann.
HP sieht seinen Bruder etwas verwirrt und mit einer Unschuldsmiene an, erwidert ihn belehrend und fast ein wenig klugscheißerisch, wie es seine Nichte oft mit ihm macht, dass er doch dazu in der Lage gewesen sei, das hätte man doch gesehen. Außerdem habe es sich ja wohl um Lebensrettung gehandelt.
Klaus hat in dem Moment das Gefühl, seine Tochter vor sich zu haben die ihm gelegentlich genauso klingende Antworten gibt.
Zudem meint HP, schon fast belehrend, dass man nicht lange überlegen kann ob man dies oder ob man das nicht kann. Da müsse man einfach handeln und gelegentlich auch mal die Vernunft ausblenden.
HP hat einen zufriedenen Gesichtsausdruck dabei bekommen, obwohl er noch immer sichtlich erschöpft ist.
Dann sagt er für alle unmissverständlich: „Ich werde in so einer Situation immer so reagieren und nicht erst darüber nachdenken, ob ich mir das zumuten kann oder nicht. Schließlich habe ich das damals in der Ausbildung bei der DLRG auch so gelernt. Wenn jeder erst abwiegt, ob es gefährlich ist oder nicht, würde kaum ein Mensch aus Gefahr gerettet. Man soll nur niemanden retten, wenn man sich selbst nicht absichern kann, aber das konnte ich mit dem Seil. Also ist doch alles gut.“
„Aber Du kannst bis heute deine Beine nicht so kontrollieren, dass du schwimmen kannst“, kommt dann von Julia, die ihn mit erstaunten, aufgerissenen Augen, aber auch etwas wütend ansieht.
„Du kannst doch mal gerade mit deinen Krücken ein Bein vor das andere setzen.“
HP sieht alle an und meint dann nach einer Weile: „Ich versuche, immer alles genau so auszuführen, wie es mich gelehrt worden ist. Ich denke immer genau darüber nach, was ich jetzt machen muss, bevor ich auch nur einen Fuß vor den anderen setze. Aber vielleicht sollte ich das einfach mal lassen und mehr aus dem Unterbewusstsein handeln.“
Klaus und Julia wollen von HP genau wissen, was er einfach lassen soll.
Mit einem erschöpften „Na ja“, meint HP zu den beiden: „Vielleicht sollte ich es einfach lassen, immer über alles erst nachzudenken. Vielleicht sollte ich es stattdessen einfach tun. Ohne mir immer im Vorfeld darüber den Kopf zu zerbrechen, ob ich auch ja nichts falsch mache.“
Die Fourniers, die noch immer bei den Grafs auf dem Boot sind meinen, dass das gar keine so dumme Überlegung von HP sei, denn schließlich würde man selber ja auch nicht darüber nachdenken, wie und was man machen muss, um einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Man tut es einfach, erklären sie.
Klaus und Julia denken über das Gesagte nach, während die Kinder HP immer noch mit großen Augen ansehen und ihn in einer ruhigen Minute fragen, ob er denn jetzt wieder gesund sei und seine Krücken nicht mehr brauche.
HP zuckt auf die Frage der Kinder nur mit den Schultern, da er ihnen diese Frage noch nicht beantworten kann.
Dazu ist er im Moment noch viel zu erschöpft, um das zu wissen.
HP bedankt sich erst einmal bei Jean und Yvonne für die Hilfe und fragt danach Julia und Klaus, ob sie etwas dagegen haben, wenn er Jean und Yvonne zum Dank einlädt.
Danach sieht er Jean und Yvonne an und meint zu ihnen: „Natürlich nur, wenn ihr noch Zeit habt. Ihr seid ja eigentlich zu einer Familienfeier unterwegs.“
Jean schüttelt den Kopf und erklärt HP, dass sie selbstverständlich für Freunde immer Zeit hätten, da man sie erst morgen auf der Familienfeier erwartete.
Und je weniger er diesen arroganten Paul Nicolas sehen müsse, umso besser sei das, denn sonst würde er diesen Kerl irgendwann bestimmt umbringen, beantwortet Jean, HPs Frage.
„Nun gut“, meint HP. „Ich werde etwas Schönes zum Essen vorbereiten.“
Ohne eine Antwort von Klaus und Julia noch abzuwarten.
„Ich“, wirft Julia direkt ein.
„Du glaubst doch nicht, dass du in meiner Kombüse herumfuhrwerken kannst? So weit geht das mit Familie nun doch nicht“, kommt noch etwas empört hinterher.
„Das darf nur Klaus und das auch nur im Ausnahmefall.“
HP nimmt das kommentarlos hin und kümmert sich erst mal darum, dass den Gästen etwas zum Trinken gereicht wird, was letztendlich dann auch Klaus macht, da HP noch immer viel zu erschöpft ist.
Sie unterhalten sich über die Rettungsaktion und natürlich auch noch über die Einspritzpumpe, die manches Mal ihren Dienst verweigert.
Jean hat da plötzlich einen Einfall, da sie ja nach Les Roches-de-Condrieu unterwegs sind und er dort jemanden kennt, der sich mit solchen Motoren und deren Einspritzanlagen gut auskennt.
Er gibt ihm die Adresse des Mannes und Klaus soll sich mit ihm in Verbindung setzen. Der hätte auch bestimmt eine Lösung für dieses leidige Problem.
Es ist mittlerweile schon später Nachmittag, die Kinder spielen auf der „Liberté“ und die Erwachsenen sitzen auf „Der Graf“ und unterhalten sich angeregt bei einem Wein und gelegentlich einem Glas Pastis und einem guten Essen, als Jean HP auffordert, doch einmal von seinem ersten Frankreichurlaub zu erzählen.
Klaus habe da wohl mal bei einer Unterhaltung vor längerer Zeit angedeutet, dass das für ihn etwas Besonderes gewesen wäre, meint Jean. Er wäre von Berufs wegen immer sehr neugierig.
HP will eigentlich nicht, aber Jean und Yvonne lassen nicht locker zumal sie merken, dass HP etwas verlegen wird, als sie ihn darauf ansprechen.
Yvonne bemerkt die Verlegenheit nur zu gut und es macht ihr sichtlich Spaß, dass HP bei dem Thema, je mehr sie nachbohrt, verlegener zu werden scheint.
Zudem macht es ihr aus irgendeinem Grunde Spaß, dass sie das bei HP provozieren kann.
HP hat so eine unschuldige Schüchternheit, die Yvonne sehr reizt, ihr aber auch aus irgendeinem Grunde sehr vertraut ist, obwohl sie ihn bis dato nur aus Erzählungen von Klaus und Julia kennt und natürlich von dem gestrigen Abend bei ihnen an Bord.
Auch Klaus und Juli wollen jetzt wissen, was sich damals im Sommer 1974 so alles abgespielt habe, da weder er noch Onkel Peter jemals etwas darüber erzählt haben.
Onkel Peter hat nur einmal etwas angedeutet, und da müsse doch etwas gewesen sein, was die beiden schon immer wissen wollten. Jetzt scheint die Gelegenheit günstig zu sein, mehr darüber zu erfahren, hoffen Klaus und Julia.
Yvonne meint auch, dass im Sommer 1974 auch ihre ältere Schwester hier an der Rhône gewesen wäre, und vielleicht hätten sie sich ja sogar einmal getroffen. Wobei sie HP mit einem verträumten Blick ansieht, dass es ihm wieder anders wird. Es macht ihn sichtlich nervös, so wie am ersten Abend auf deren Boot.
Damals ließ er sich das nicht anmerken, dass er meint, dass sie bezaubernd aussieht und etwas an sich hat, was ihn unruhig macht.
Aber dieses Mal kommt es ihm so vor, als ob alle bemerkten, wie sie auf ihn wirkt, was ihn noch verlegener werden lässt.
HP widerspricht ihr aber und meint, dass das wohl eher nicht der Fall gewesen sein kann.
Er weiß wohl noch sehr genau, dass viele Jugendliche in dem Zeitraum an der Rhône gewesen sind, um sich in den Ferien etwas Taschengeld zu verdienen.
Aber für HP ist der Gedanke komplett abwegig, da Yvonne naturblond ist und er nie ein Mädchen kennen gelernt hat, das naturblond war.
Abgesehen von einer Ausnahme namens Heidi Kaufmann, einer ehemaligen Mitschülerin auf dem Gymnasium, die dazu auch noch für sein Empfinden äußerst hässlich war.
Nein, HP geht davon aus, dass ihre Schwester auch blond sein muss, wie das nun einmal so üblich ist, wenn die Mutter auch schon blond ist.
Und dass auch ihre Mutter blond ist, hatte sie HP an dem Tag erzählt, als sie in Lyon angekommen sind und bei ihnen noch abends an Bord waren.