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Plan C – Survivaltraining

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Jeder von uns hat ihn. Den Plan A. Tausendfach am Tag praktiziert. Die Dinge laufen so, wie wir sie geplant haben.

Der kurze Abstecher mit dem Auto zu den Eltern über eine neu entdeckte Abkürzung. Oder die Wanderung zu einer einsam gelegenen Hütte in den Bergen mit dem beeindruckendsten Ausblick, den man je zu Gesicht bekommen hat.

Doch was ist, wenn der jeweilige Plan A an irgendeiner Stelle abgeändert werden muss? Das Auto bleibt plötzlich stehen und eine dieser gemeinen roten Lampen leuchtet im Armaturenbrett auf. An einer schwierigen Stelle ist der Wanderer über einen Stein gestolpert und nun schwillt der Knöchel an.

Dann greift Plan B. Das universelle Hilfsmittel unserer digitalen Zeit: das Handy. Ein wahrer Segen. Hilfe ist genau einen Anruf weit entfernt. Durch die Signalortung können die Hilfskräfte den Hilfesuchenden sogar auf den Meter genau finden und das Internet sagt uns dank des Navis genau, wo die nächste Tankstelle ist. Wir verlassen uns so sehr auf dieses kleine, nützliche Gerät, dass wir verloren sind, wenn der Empfang weg ist oder der Akku den Geist aufgibt und weder ein Ladekabel noch eine Powerbank zur Hand ist.

Was dann?


Dann schlägt die große Stunde von Plan C. Den die Masse von uns nicht hat.

Dann schlägt die große Stunde von Plan C. Den die Masse von uns nicht hat. Nicht einmal daran denkt, denn was kann in unserer dicht besiedelten Welt schon passieren? Alles – und zwar genau dann, wenn keiner damit rechnet …

Obwohl ich das hier etwas relativieren muss. Es gibt eine Kategorie von Menschen, die intuitiv den Plan C anwendet und zwar täglich: Eltern von Kleinkindern.

Bevor sie aus dem Haus gehen, wird gedanklich ein regelrechter Schlachtplan ausgearbeitet und dann in Form von einer Unmenge von Taschen realisiert. Checklisten werden doppelt gegengeprüft. Die Welt draußen ist der Feind und man muss für das Wohl des Nachwuchses auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.

Windeln, Cremes, Feuchttücher, Wechselgarnituren, Wickel­­unterlage, Transportmittel (Tuch, Schale, Kinderwagen), Fieberzäpfchen, Fluoretten, Pflegeöl, Spielzeug und – falls nicht mehr gestillt wird – Essen und Trinken in ausreichenden Mengen. Alles ein Ergebnis aus genauester Analyse des Zielortes, dem Hin- und Rückweg, den Witterungseinflüssen und den individuellen Vorlieben des Sprösslings, um ein Gelingen des angestrebten Ausfluges zu garantieren.

Genau so funktioniert der klassische Plan C: auf alle vorstellbaren Ereignisse vorbereitet zu sein, sie bereits durchdacht zu haben.

Doch was machen die Eltern von Kleinkindern genau? Nach welchen Kriterien muss ich vorgehen, um mir einen Plan C überhaupt zurechtlegen zu können?

Das Zauberwort ist Priorisierung. Eine Rangfolge der vier Überlebenskategorien Wasser, Nahrung, Schutz und Ortung zu erstellen, und zwar für jede angestrebte Unternehmung aufs Neue angepasst. Da kein Mensch ist wie der andere, wird keine Abfolge der Kategorien sein wie die andere. Jeder ist in diesem Punkt für sich selbst verantwortlich. In einer Notsituation auf mich allein gestellt, ist jede Art der Voraussicht überlebensnotwendig, und solche Situationen treten nicht nur fernab in den Bergen auf, sondern können schon hinter der nächsten Kurve auf einer einsamen Landstraße warten.

Typisches Beispiel: Der kurze Abstecher zu meinen Eltern über eine neue Abkürzung. Ich musste mein Auto anhalten, weil die Motorkennleuchte angegangen und gleichzeitig die Temperatur durch die Decke geschossen war. Da ich einen Überraschungsbesuch plante, wusste niemand, dass ich auf dem Weg war. Als Singlefrau vermisste mich auch niemand. Ich stand auf einer engen Landstraße, kramte mein Handy hervor – und natürlich war der Akku leer. Nichts dabei, um diesen Umstand zu ändern. Da mein Skoda nur eine Standardvariante in der Ausführung ist, gehört kein Navi dazu. Der Winter stand vor der Tür und so wurde es bald dunkel und kühlte merklich ab. Meine stylische Winterjacke hielt nur bedingt warm. An meinen Füßen hübsche High Heels. Der Magen knurrte bereits – schließlich hatte ich geplant, zum Abendessen aufzukreuzen. Ich hatte Durst und seit über einer halben Stunde war hier niemand vorbeigekommen. Ich musste mich entscheiden, was ich tun sollte.

Und genau das war der Moment, in dem üblicherweise die »Hätte-ich-doch«-Sätze auftauchen. Leider zu spät.

Was wäre vor dem spontanen Trip zu tun gewesen? Hier einige Vorschläge:


Eine Straßenkarte ist die Lösung.

Schnell ist die Orientierung verloren und obwohl das nächste Straßenschild im Schilderwald Deutschland nie weit entfernt ist, hilft der bloße Name einer Straße oder die Entfernung zum nächsten unbekannten Ort nicht weiter, wenn man sich nicht auskennt. Eine Straßenkarte ist die Lösung. Es muss nicht immer der große ADAC-Autoatlaswälzer sein. Eine kleine Faltkarte der näheren Umgebung reicht auch und nimmt weder Platz weg, noch treibt es den Spritverbrauch in die Höhe.

Eine Jacke im Kofferraum, der Witterung angepasst und immer greifbar, ist ebenfalls eine gute Idee. In High Heels sollte auch die geübte Frau von Welt nicht Auto fahren. Flache Schuhe sind sicherer und, bevor man aussteigt, auch in Nullkommanix gewechselt.

Frauen neigen ja dazu, übergroße Handtaschen mit sich herumzuschleppen, bestimmt fänden eine Flasche Wasser und eine Kleinigkeit zu essen (Müsli- oder Schokoriegel) darin Platz, um Hunger und Durst Einhalt zu gebieten.

Eine Taschenlampe im Handschuhfach ist immer nützlich. Und vor allem und am wichtigsten: Sagen Sie jemandem Bescheid, wo Sie hinwollen. Eine kurze Nachricht vor der Abfahrt über WhatsApp an die beste Freundin reicht völlig.

Anders sieht die Vorbereitung aus, wenn ich mit meinem Rucksack mal wieder eine längere Tour plane. Erste–Hilfe-Ausstattung, Karten, Notsender, wetterangepasste Kleidung, Zelt, Isomatte, Schlafsack, Sonnen- und Mückenschutz, Batterien, Lebensmittel, Wasseraufbereitungstabletten, Filtersystem … Immer an den jeweiligen Breitengrad angepasst.

Zwei kleine Beispiele:

Mallorca: Über dreißig Grad im Sommer. Lange hell. Natürliche Wasservorkommen im Inland sind begrenzt. Regen die Ausnahme. Priorisierung: Wasser, Schutz, Nahrung, Ortung. Das heißt: viel Wasser mitführen, leichte und UV-beständige Kleidung tragen und einen Hut, kleine und kalte Mahlzeiten dabeihaben, ein dünner Schlafsack mit einer Plane als improvisiertes Zelt reicht aus. Kleine Taschenlampe für die kurzen Nächte. Reflektierendes oder farbiges Material als Ortungshilfe.

Schottland: Im Herbst sind hier bereits tagsüber einstellige Temperaturen möglich. Deutliche kürzere Tage durch das häufig auftretende schlechte Wetter. Natürliche Wasservorkommen sind im Inland vorhanden und durch häufige Niederschläge ergänzt. Priorisierung: Schutz, Nahrung, Ortung, Wasser. Kleidertechnisch muss ich täglich mit allem rechnen. Regenkleidung und ein warmer Pullover sind Pflicht. Mein Zelt muss robust sein, viel Regenwasser und Wind aushalten. Mein Schlafsack hat eine Komforttemperatur von mindestens null Grad. Nahrung nehme ich für mehrere Tage mit, falls ich durch schlechtes Wetter gezwungen bin, vorzeitig mein Zelt aufzuschlagen. Leistungsstarke Taschenlampe (Ortung) bedeutet auch mehr Batterien.

Aber egal, wo ich unterwegs bin, einige Dinge sind immer dabei. Hier in Form einer Survivalbox (etwa zehn mal zehn Zentimeter groß) dargestellt:

Erste–Hilfe-Set (Pflaster, Verbände, Schmerzmittel, Durchfall- und Erbrechenmedikament), Geld, Nadel und Faden, Wasseraufbereitungstabletten, Lampe, Multitool, Draht, Signalspiegel, Funkenstahl (Abrieb brennt auch im nassen Zustand), Sturmstreichhölzer, Tampons (brennen wie die Hölle), Kondome (klein, reißfest, können viel Wasser aufnehmen, Staubschutz bei kleineren Verletzungen), Notangelset, Sicherheitsnadeln, Knicklichter, Kompass, Taschenlampe, Batterien und alles, was man persönlich noch für überlebenswichtig erachtet.

Viele dieser Dinge sind multifunktional:

Nähnadel: Nähen, magnetisiert als Kompassnadel einsetzbar

Schnur: Nähen, Festbinden, Nachlegen des Weges auf einer Karte und mithilfe des Maßstabes Ausrechnen der Strecke

Draht: Fallenbau, Notunterkunftsbau, Festbinden

Göffel: halb Löffel und halb Gabel

Suchen Sie solche Mehrzweckwerkzeuge und lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf.

Machen Sie es wie die oben beschriebenen Eltern. Denken Sie kurz vorher darüber nach, was Sie machen wollen, und dann überlegen Sie, in welche Situationen Sie das bringen könnte. Schon einige wenige Dinge entscheiden über Gelingen oder Misslingen einer Unternehmung und nur wer unvorbereitet in eine Notlage gerät, verfällt in Panik oder Starre. Geben Sie dem Plan C eine Chance und glauben Sie mir: Sie werden es auch im Alltag nicht bereuen.

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