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Kapitel 3

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Nun war er wieder einmal auf dem Weg ins Krankenhaus. In der Klinik angekommen, ging er direkt auf das Büro von Professor Wollersheimer zu. Der Klinikleiter hatte ihn durch seine Sekretärin über Tinas Erwachen informieren lassen. Thomas hatte zunächst vor ein kurzes Gespräch mit ihm zu führen, bevor er sie selbst in ihrem Krankenzimmer aufsuchen wollte. Der Professor hatte auch sofort für ihn Zeit. Wollersheimer sah genauso aus, wie man sich einen Professor insgeheim vorstellte. Er hatte ein bisschen was von Einstein, mit seiner weißen Haarpracht und dem Schnurrbart in der gleichen Haarfarbe. Nur fehlte ihm die Zerstreutheit, die man für gewöhnlich einem Professor andichtete. Er war sehr freundlich und zuvorkommend. Im Gespräch mit ihm wurde Bruckner allerdings enttäuscht. Die Information, dass Tina unter einer Amnesie aufgrund eines Traumas litt, war ihm am Telefon nicht mitgeteilt worden. Er wollte dennoch ein kurzes Gespräch mit ihr führen und der Professor begleitete ihn auf ihr Zimmer.


Sie klopften an und traten ein. Im Bett lag eine zierliche, blasse Frau mit auffallend großen, blauen, beinahe grünen Augen, aus denen sie ihnen ängstlich entgegenblickte. „Hallo Tina. Ich bringe ihnen hier Hauptkommissar Bruckner, der ihnen ein paar Fragen stellen will. Ich lasse sie einen Moment allein.“, sagte er zu ihr. Und an Thomas gewandt: „Machen sie bitte nicht so lange. Das alles strengt sie im Moment doch noch sehr an.“ Daraufhin verließ er das Zimmer und Thomas war mit Tina alleine. „Hallo Frau Mantari. Mein Name ist Thomas Bruckner, ich bin von der Polizei. Eigentlich hatte ich gehofft sie können mir ein paar Auskünfte geben, aber wie ich gerade hören musste, können sie sich leider nicht mehr erinnern?!“ Tina nickte nur sacht mit dem Kopf. „Hallo Herr Bruckner. Ja. Das ist leider so. Ich weiß gar nicht was passiert ist und wie ich hierhergekommen bin. Keiner will mir hier so richtig was sagen. Können sie mir denn ein wenig auf die Sprünge helfen?“

Jetzt, da er sie so hier in ihrem Bett liegen sah und mit ihr sprach, hatte er umso mehr das Gefühl sie von irgendwoher zu kennen. Vielleicht fiel es ihm ja doch noch ein. Irgendeine Schublade in seinem Gehirn wartete nur darauf geöffnet zu werden. „Was hat man ihnen denn bisher erzählt. Ich vervollständige dann gern alles was ich weiß.“ „Bisher weiß ich nur, dass ich verheiratet und hier aufgewacht bin. Alles andere konnte, oder wollte man mir nicht genau erklären. Der Professor meinte wohl, dass ich so etwas wie ein Trauma habe und ein paar kleinere Verletzungen aber woher die stammen konnte er mir nicht sagen." Thomas zog sich einen Stuhl an Tinas Bett heran und nahm Platz. „Viel mehr weiß ich leider auch nicht. Ihr Mann kam vor etwa fünf Wochen zu mir und hat sie als vermisst gemeldet. Etwa eine Woche später wurden sie dann von einem Spaziergänger am Waldrand aufgefunden. Nachdem sie dort in Ohnmacht gefallen sind, haben sie bis gestern geschlafen.“ Er blickte auf die, immer noch sichtbaren, Narben an ihren Handgelenken. Tina verfolgte seinen Blick. Eine kleine Träne rann ihr über die Wange, die sie sofort wegwischte. „Ich habe nicht die geringste Ahnung wo die Narben her sind.“, sagte sie. „Was ist nur mit mir passiert?

Thomas hatte schon viele Opfer von Gewaltverbrechen gesehen, aber noch nie war ihm jemand persönlich so nahe gegangen. Er hätte sie am liebsten in den Arm genommen um sie zu trösten, aber er konnte sich beherrschen. Woher kannte er sie nur? „Ich verspreche ihnen, ich werde es herausfinden!“ Und das sagte er nicht nur so weil es sich gut anhörte. Er meinte das auch genauso. Dazu musste er noch einmal ganz von vorn anfangen. Nun, da es sicher war, dass dieser Frau etwas angetan wurde. Vielleicht würde man ja in der Vergangenheit etwas finden, worauf er seine Nachforschungen aufbauen konnte. Sie unterhielten sich noch kurze Zeit dann verabschiedete er sich und verließ die Klinik.

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Peter schlief kaum, in der Nacht nach Tinas Erwachen. Er machte sich Gedanken wie es mit ihnen weitergehen sollte. Nachdem er endlich eingeschlafen, war plagten ihn wirre Träume und als er am nächsten Morgen aufwachte war er noch müder als am Abend zuvor. Doch er gab sich einen Ruck. Irgendwie wird schon alles weitergehen dachte er. Schließlich ging es ihm finanziell so gut, dass er sich ganz auf Tina konzentrieren konnte, wenn sie erst einmal wieder zu Hause sein würde. Das Wichtigste war erst einmal, dass sie gesund war.

Also stand er auf und ging ins Bad. Dort duschte er ausgiebig und machte sich anschließend ein kleines Frühstück. Nach der zweiten Tasse Kaffee nahm er sein Handy und rief seine Sekretärin Sandy in der Firma an. Er berichtete ihr davon, dass Tina aufgewacht war und, dass er sich in der nächsten Zeit ganz ihrer Gesundheit widmen wollte. Daher würde er eine Weile dem Betrieb fernbleiben. Er wusste, dass die Firma ohne ihn reibungslos weiterlaufen würde. Wenn es dennoch irgendwelche Probleme gäbe sollten sie ihm davon per E-Mail berichten. Er würde täglich seine Post kontrollieren und sich im Falle der Notwendigkeit bei seiner Sekretärin oder seinen Betriebsleitern melden. Nach diesen kurzen und knappen Anweisungen beendete er das Gespräch, ohne auf weitere Fragen zu warten.

Er hatte noch jede Menge Zeit, bevor er im Krankenhaus erwartet wurde. Um ein wenig abzuschalten beschloss er ein wenig mit seinem Cabriolet herumzufahren. Die Sonne schien aus einem wolkenlos blauen Himmel auf ihn herab und beim Autofahren hatte er sich schon immer am besten entspannen können. Auf dem Weg zu seiner Garage bemerkte er die allmählich beginnende Unordnung im Vorgarten. Sein Hausmeister Robin hatte vor zwei Monaten aus gesundheitlichen Gründen seinen Job bei ihm gekündigt. Robins Herz konnte die körperlichen Anstrengungen nicht mehr ertragen. Er hatte bis dahin im schön eingerichteten Gästehaus gewohnt, das auf der anderen Seite des Gartens zum Haupthaus hin gelegen war. Dort war er zum Ende seiner Tätigkeit ausgezogen um, wie er sagte, zu seiner Schwester nach Bayern zu ziehen und sich zu erholen. Peter bedachte ihn mit einer großzügigen Entlohnung zum Arbeitsende und verabschiedete sich nur ungern von ihm. Er war zwar ein Einzelgänger gewesen, aber er hatte immer sehr gute Arbeit geleistet. Man musste sich um nichts kümmern, was den Garten oder die Instandhaltung des Hauses anging. Tina wollte sich um einen Nachfolger, am besten ein Ehepaar, kümmern. Aber dazu war sie nicht mehr gekommen.

Damals hatte es sich noch nicht sehr bemerkbar gemacht, aber nun begann doch allmählich der Rasen zu sprießen und der Garten musste auch unbedingt regelmäßig bewässert werden. Der Frühling war nun bald vorbei und der Sommer rückte allmählich näher. Hier war nun jede Menge Arbeit, die verrichtet werden musste, liegengeblieben.

Er drückte auf die Fernbedienung die das große Rolltor zur Garage nach oben fahren ließ. Dort stand, direkt neben seinem silbernen Cabrio, noch ein VW Golf und direkt daneben der "Super-High-Tech-Rasenmäher", der endlich aus seinem Winterschlaf erwachen wollte. Peter machte einen Bogen und ging direkt auf den Mäher zu. Der Zündschlüssel steckte. Er setzte sich auf den Fahrersitz und drehte ihn im Schloss. Nach kurzem Zögern sprang der Motor tatsächlich an. Ein Lächeln huschte über Peters Gesicht. Entspannen konnte man sich vielleicht auch auf so einem Fahrzeug!! Kurzerhand versuchte er mit der Schaltung umzugehen. Die schien sich doch sehr einfach bedienen zu lassen. Also warum denn nicht versuchen. Er probierte sein Glück, legte den Rückwärtsgang ein und gab vorsichtig Gas. Ein Ruck ging durch den Mini-Traktor, dann fuhr er mühelos rückwärts in die Hofeinfahrt. Peter hatte sichtlich Spaß daran das Fahrzeug zu lenken und er machte sich ans Werk. Nachdem er den Schalter für das Mähwerk gefunden hatte, begann er tatsächlich, Runde für Runde, den Rasen zu mähen. Bis er fertig war verging eine ganze Menge Zeit. Zufrieden beendete Peter sein Werk und fuhr das Fahrzeug zurück in die Garage.

Er war so richtig in seinem Element. Der Handwerker in ihm wurde wieder wach. Schließlich hatte er damals seine berufliche Karriere als Schreiner begonnen und den Meister darin gemacht. Er ging zum Werkzeugschuppen und begann damit die ein oder andere kleine Reparatur zu erledigen. Dabei fiel ihm auf wie viel Arbeit außerdem noch gemacht werden musste und wie viel Spaß er doch daran hatte. Er blickte auf die Uhr und war überrascht wie schnell dabei die Zeit vergangen war und wie gut es ihm doch getan hatte einmal nicht zu grübeln.

Nachdem er alle Geräte gründlich gereinigt hatte, legte er alles wieder ordentlich an seinen Platz zurück. Danach musste er ein zweites Mal duschen gehen, so sehr hatte er sich verausgabt. Mit einem Pfeifen auf den Lippen kam er aus der Dusche und begegnete Ellen auf dem Weg in die Küche. "Hallo Boss!", lächelte die ihn an. "Es freut mich sie so fröhlich zu sehen. Ich habe ihnen eine Kleinigkeit zu essen hingestellt. Wenn sie gleich essen .... es ist noch warm." "Danke Ellen, ich esse schnell. Ich muss mich beeilen. Ich habe einen Termin mit Prof. Wollersheimer im Krankenhaus.", antwortete er und lief eiligst zur Küche.

Ellen ging nach oben ins Bad um die Wäsche zu holen, während Peter eilig die leckere Mahlzeit von Ellen in sich hineinschlang. Körperliche Arbeit und frische Luft machen richtig hungrig, stellte er dabei fest. Wie gut, dass Ellen immer so gut für in sorgte. Er stellte das dreckige Geschirr in die Spüle und machte sich erneut auf den Weg zur Garage. Grinsend warf er einen Blick auf den Mäher bevor er sich in sein Cabriolet schwang. Auf dem Weg ins Krankenhaus fühlte er sich bedeutend besser als am Vortag und in ihm reifte so allmählich eine Idee heran........

"Hallo Herr Mantari" Professor Wollersheimer streckte Peter die Hand zum Gruß entgegen. Peter grüßte zurück und drückte sie fest. Er hatte auf dem Weg hierher einen Entschluss gefasst und wollte nun mit dem Professor über sein Vorhaben reden. Zunächst hörte er sich jedoch den Bericht des Professors an. Doch viel Neues hatte er dabei nicht erfahren. Tina ging es nach wie vor gesundheitlich gut. Sie fühlte sich soweit auch ganz gut aber ihre Erinnerung war noch immer nicht zurückgekommen und es machte auch nicht den Anschein, als würde sich das in der nächsten Zeit ändern. Er nannte das eine "Hysterische Amnesie", wie sie nach einem Trauma durchaus vorkommen konnte. Das bestärkte Peter nur in seiner Idee. Er erzählte dem Professor was er vorhatte. Der Professor war schon lange Peters Arzt und Vertrauensperson in einem. Er wusste um die privaten Probleme zwischen den beiden Eheleuten und hatte auch die Entwicklung dahin beobachten können. Auch ihm gefiel nicht wie sehr sich das Verhältnis der beiden zueinander verändert hatte und daher hatte er auch keine Einwände gegen Peters Plan. Schaden konnte er, seiner Meinung nach, schließlich keinen damit anrichten. Peter hatte vor, Tina vorerst in dem Glauben zu lassen er sei der Hausmeister seines eigenen Anwesens und die Eigentümer befänden sich auf einem längeren Auslandsaufenthalt. Dabei könnten sie noch einmal von ganz vorne anfangen. Vielleicht wäre seine Tina dann doch wieder irgendwie die Frau, in die er sich damals so sehr verliebt hatte. In der Zeit, in der Tina ihre Reha machen musste, würde er alle erforderlichen Dinge veranlassen, damit sie beide ins Gästehaus einziehen konnten, um dort das Leben des einfachen Hausmeisterehepaares zu leben. Der Plan war perfekt. Die Firma würde sich bei ihm nur per E-Mail melden und ihre Freunde, die Kleins und die Haushälterin Ellen, würde er in seinen Plan einweihen.

Er war so richtig beflügelt von dem Gedanken an sein neues Leben mit Tina. Doch nun musste er ihr erst einmal begegnen und ihre Reaktion auf ihn abwarten. Er war doch ziemlich aufgeregt, als er mit dem Professor vor ihrer Tür stand, doch gleichzeitig wirkte er sehr entschlossen. Der Professor klopfte und trat zuerst in ihr Zimmer. Peter folgte ihm kurz darauf.

Wer bist du?

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