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PROLOG

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Von Vampiren, Kriegern und Dieben

(Teil 1)

von Heike Möller

Der Dieb sah sich unauffällig um.

Am Wasser standen einige Familien und einzelne ältere Menschen, die die Enten, Schwäne und Fische fütterten.

Auf dem kleinen Wiesenstück spielte ein Vater mit seinem etwa zehnjährigen Sohn Frisbee. Der Junge war athletisch, bekam beinahe jeden Wurf seines Vaters und warf die Scheibe kräftig und gezielt zurück.

Eine Frau saß auf einer Bank und war in einem Buch vertieft. Zwischendurch nippte sie an einem Kaffeegetränk aus einem Coffeeshop.

Zwei Männer joggten an dem Dieb vorbei, ignorierten ihn aber völlig.

Der Dieb machte seine Dehnübungen am Baumstamm der alten Eiche und lächelte in sich hinein.

>Anonymität. Das liebe ich an der Großstadt. Niemand kümmert sich. Keiner ist interessiert. <

Der Dieb bückte sich, als ob er seinen Schuh zubinden wollte. Dabei schob er den kopfgroßen Stein, der neben den Wurzeln der Eiche lag, schnell beiseite und nahm den in Folie gewickelten Umschlag aus dem Loch. Schnell legte der Dieb den Stein wieder auf das Loch und steckte sich den DIN A5-großen Umschlag in seine Joggingjacke. Der Dieb stand auf, machte noch ein paar Dehnübungen und joggte dann weiter.

Der Dieb machte einen Umweg, um nach Hause zu laufen. Dabei hielt er an einem Kiosk, kaufte sich eine Flasche Wasser. Vor dem Laden trank er mehrere kleine Schlucke, sah sich dabei wieder um.

Niemand war ihm gefolgt.

Zufrieden mit sich und der Welt lief der Dieb in leichtem Lauf nach Hause. Sorgfältig verschloss er die Tür hinter sich, zog den Umschlag aus der Jacke und warf ihn auf das Sofa.

>Erst einmal duschen. <

Der Dieb streifte sich seine Schuhe von den Füßen und war schnell ausgezogen. Ordentlich hängte er die Sachen auf einem Bügel und über den Wäscheständer zum lüften. Dann ging er unter die Dusche.

Das Wasser prasselte eiskalt auf seiner Haut, aber das mochte der Dieb. Es erfrischte ihn, verhalf ihm zu klaren Gedanken. Nach wenigen Minuten drehte er das Wasser aber warm und seifte sich gründlich ein. Die kurzen, dunkelbraunen Haare waren schnell gewaschen und er spülte das Shampoo von seinem Kopf und den Schaum von seinem Körper.

Mit einem befriedigenden Gefühl von Sauberkeit und Frische stieg der Dieb aus der Dusche und trocknete sich sorgfältig ab, schlüpfte in den weißen, weichen Bademan­tel. Aus dem Kühlschrank holte er sich den Tee, den er gestern Abend aufgebrüht und abgekühlt hineingestellt hatte. Als er sich den Tee in ein Glas goss, fielen auch zwei Minzblätter in das Glas, mit denen der Dieb seinen Eistee immer etwas würzte.

Eine zufriedenen Laut von sich gebend setzte der Dieb sich auf sein Sofa und trank einen Schluck von dem Tee. Ein Blatt rutschte in seinen Mund und er kaute langsam darauf herum, während er den Umschlag in die Hand nahm und ihn öffnete.

Der Auftrag.

Eine Adresse.

Eine Skizze der Örtlichkeiten, wo was zu finden war.

Die bestmögliche Zeit.

Eine Kontakthandynummer.

Der Dieb nahm eines seiner Wegwerfhandy, das er nur für diesen Zweck gekauft hatte. Er wusste nicht, wer seine Auftraggeber waren und so sollte es bleiben. Und seine Auftraggeber kannten ihn nicht.

Das Freizeichen ertönte.

„Ja?“ Die Stimme am anderen Ende war kalt, distanziert.

Der Dieb hatte diese Stimme schon öfter gehört. Bisher sechsmal hatte er für den Kunden Aufträge erledigt. Und immer waren die Informationen über das Was, Wo und Wann korrekt gewesen.

„Ich nehme den Auftrag an“, sagte der Dieb. „Das Zeitfenster ist zwar eng, aber machbar.“

„Gut. Ich überweise Ihnen die übliche Summe vorab. Wenn Sie Ihren Auftrag erledigt haben, kontaktieren Sie mich erneut.“

„Natürlich.“

Der Dieb legte auf. Alles Wichtige war gesagt.

>Morgen Abend. Wie gut, das mein Kunde so zuverlässig ist. Ich vertraue ihm, brauche also nicht das Objekt vorher zu observieren. Schnelle Sache. <

Der Dieb lehnte sich auf seinem Sofa zurück und schaltete den Fernseher ein.

Von Vampiren, Kriegern und Dieben

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