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DER VERFASSUNGSSCHUTZ IST IM BILDE

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Ab November 2004 war Thomas de Maizière Innenminister in Sachsen und verantwortlich für den dortigen Verfassungsschutz. Dieser beobachtete auch im Freistaat die organisierte Kriminalität. Darüber hinaus gewann er Erkenntnisse zum Rotlichtmilieu, zur Verstrickung von Justiz und Kriminellen sowie zu Menschenhandel und Kindesmissbrauch. Thomas de Maizière selbst hat die Tätigkeit des Verfassungsschutzes überprüfen lassen, mit dem Ergebnis: Die vom Verfassungsschutz mitgeteilten Beobachtungen waren schwerwiegend. Richter und Staatsanwälte standen unter dem Verdacht, mit Kriminellen aus dem Rotlichtmilieu unter einer Decke zu stecken und selbst Kinder zu missbrauchen sowie Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu beeinflussen. [74]

2007 gelangten dann brisante Details an die Öffentlichkeit. Es ging um ein geheimes Aktenkonvolut von 15.600 Seiten, gesammelt und angelegt vom Referat ‚Organisierte Kriminalität‘ (OK) des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz.[75] Von 2003 bis 2006, wollte Simone Skroch, damals Henneck, selbst Chefin im Referat OK beim Landesamt für Verfassungsschutz, Licht ins Dunkel der möglichen Verbindung von Organisierter Kriminalität und Amtsträgern bringen. Im Mai 2007 wurden erstmals Auszüge veröffentlich, woraufhin die Medien die Affäre als ‚Sachsensumpf‘ bezeichneten.

Trotz erdrückender Beweislage stufte die Regierung des Freistaats die Unterlagen als „Klamauk“ ein, als Hirngespinst einer „durchgeknallten Staatsanwältin“. Sogar Regierungschef Georg Milbradt, CDU, zweifelte 2007 die Vorwürfe gegen Staatsbedienstete an, obwohl die Ermittlungen gerade erst neu begannen.[76]

Simone Henneck habe ein Gebräu aus Gerüchten und Halbwahrheiten aufgebauscht, um sich wichtig zu machen, erklärten Innenministerium und der neu eingesetzte Verfassungsschutzchef. Am 3. Juli 2007, zwei Monate nach den ersten Schlagzeilen über den ‚Sachsensumpf‘, wurde Simone Henneck von Rettungssanitätern aus dem Landesamt getragen, die Diagnose: Nervenzusammenbruch. Noch auf der Trage, kaum bei Sinnen, erfuhr sie vom herangeeilten Verfassungsschutzchef, dass man ein Disziplinarverfahren gegen sie einleiten werde. Insgesamt waren es später fünf Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen sie.

Diese Maßnahmen nannte Simone Henneck vor dem Untersuchungsausschuss eine Hexenjagd, und sprach von Mobbing und Psychoterror.

Für noch mehr Aufregung im Untersuchungsausschuss sorgte eine andere Aussage von ihr: Demnach habe der damalige Verfassungsschutzchef im Januar und Februar 2006 drei Abgeordnete von SPD und CDU in diskreten Gesprächen über Erkenntnisse des OK-Referats informiert. Dabei sollen auch Namen gefallen sein, insbesondere von Personen, die in dem Netzwerk von Kriminellen, Richtern und Politikern in Leipzig eine Rolle spielten.[77]

Als besonders brisant ist einzustufen, dass der spätere Verteidigungsminister Deutschlands, der damalige sächsische Innenminister Thomas de Maizière, untätig blieb.

Auf Grundlage des Prüfberichtes vom 12. August 2005 wurde trotz eines „Bezugs zur freiheitlichen-demokratischen Grundordnung in allen Fallkomplexen“ die Beobachtung der Organisierten Kriminalität durch den sächsischen Verfassungsschutz zwar fortgesetzt, aber weder strafrechtliche Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft veranlasst, noch das Parlament informiert.[78]

Das Fernsehmagazin ‚Kontraste‘ hatte laut eigener Aussage den geheimen Prüfbericht des Verfassungsschutzes einsehen können. Daraus geht hervor, dass die dargestellten Erkenntnisse dem Landesamt für Verfassungsschutz (…) zwischen April 2005 und Mitte Juli 2005 bekannt geworden sind. Ein zentraler Vorwurf darin, sexueller Missbrauch von Kindern durch Leipziger Staatsanwälte und Richter. „Auch R. und N. sollen gelegentlich sexuell auf Kinder zurückgreifen“ heißt es in dem Bericht. Der Verfassungsschutz hat festgestellt, dass der Bordellbesuch eines Staatsanwaltes aus Leipzig, der Sex mit einer Minderjährigen hatte, von einer Überwachungskamera aufgezeichnet und dann als kompromit-tierendes Material genutzt wurde.[79]

Die Leipziger Machenschaften in der Affäre „Sachsensumpf“ wurden in vier Beobachtungskomplexe unterteilt. Es gab auch eine Ausweitung ins Vogtland, die als ‚Abseits II‘ bezeichnet wurde. In diesem Gebiet, im Raum Plauen, soll es laut Verfassungsschutzakten eine Verflechtung zwischen Polizei, Justiz, Rotlichtmilieu und schwerstkriminellen Kreisen gegeben haben.

An den Ermittlungen beteiligt war Kriminaloberrat Karlheinz Sporer, Plauener Kripochef. Plötzlich und unerwartet wurde er Ende 1999 erhängt an einem Jägerstand bei Trogenau (Kreis Hof) aufgefunden. Genau zu der Zeit, als gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Kontakten zur Unterwelt lief. Es gab ernstzunehmende Vermutungen, dass er Kriminelle vor Razzien gewarnt sowie Gefälligkeiten von Prostituierten ohne Bezahlung entgegengenommen hatte. Wie in ähnlich gelagerten Fällen, geht die Staatsanwaltschaft von Selbstmord aus. [80]

Trotz aller kriminellen Ereignisse, die im Zusammenhang mit dem Sachsensumpf stehen, bleibt das Kinderbordell ‚Jasmin‘ der Dreh- und Angelpunkt.

Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2

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