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Erster Appell an den Papst

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Zur selben Zeit legte er auch die letzte Hand an das Werk, das er auf Staupitz’ Rat als Beweis für seine Rechtgläubigkeit und löbliche Gesinnung gegen den Heiligen Stuhl Papst Leo X. überreichen sollte: die Resolutionen. Schon am 30. Mai konnte er eine sauber geschriebene Kopie mit einem Begleitbrief an den Papst zu weiterer Beförderung an Staupitz senden. Von diesem Begleitbrief besitzen wir noch ein Blatt seines eigenhändigen Konzeptes, das ein interessantes Licht auf die Stimmung wirft, in der er sich damals befand. Nur deswegen, schreibt er hier, habe er sich an den Papst gewandt, weil er den deutschen Ketzermeistern, d. h. Tetzel und seinen Ordensbrüdern, zeigen wolle, dass er sich nicht vor ihnen fürchte. „Ich weiß, der Mensch kann nichts denken, es werde ihm denn gegeben von oben her. Am allerwenigsten aber kann das der Papst, von dem es ja heißt: das Herz des Königs ist in der Hand Gottes. Daher, Heiliger Vater, lege ich Dir meine Schrift mit allem Vertrauen zu Füßen. Wie immer Deine Entscheidung ausfallen mag, jedenfalls wird sie von Jesus stammen, ohne den Du nichts denken und sprechen kannst. Verurteilst Du mein Buch zum Feuer, so werde ich sagen: Wie es dem Herrn gefallen hat, so ist es geschehen. Befiehlst Du es zu erhalten, so werde ich sagen: Ruhm sei Gott! Ich verliere nichts, wenn es verbrannt, und gewinne nichts, wenn es nicht verbrannt wird. Christus bedarf meiner nicht. Er kann sich auch aus den Steinen Kinder erwecken und die Berge umstürzen, ehe sie es merken. Dieser mein Glaube an meinen Herrn Jesum Christum genügt mir. Er, der Herr, bewahre und leite Dich, nicht nach Deinem oder sonst eines Menschen Wohlgefallen, sondern nach seinem Willen, der allein gut ist und gepriesen sei in Ewigkeit, Amen.“ In der Reinschrift ist der lange Abschnitt über das trotzige Prahlen und Dräuen der deutschen lnquisitoren, d. h. in erster Linie Tetzels, mit dem Namen und der Gewalt des Papstes ganz weggefallen. Statt der Erklärung aber, dass es ihm gleich sei, was der Papst mit seinem Buche mache, heißt es jetzt: „Ich lasse mein Buch zu meiner größeren Sicherheit unter dem Schutze Deines Namens ausgehen, Heiliger Vater, damit alle gutwilligen Leser erkennen können, in welch reiner Gesinnung ich das Wesen der Kirchengewalt zu ergründen versucht habe und welche Ehrfurcht ich der Gewalt der Schlüssel entgegenbringe. Wäre ich so, wie jene mich schildern, so würde der durchlauchtigste Kurfürst Friedrich von Sachsen sicher nicht eine solche Pestbeule an seiner Universität dulden, denn er ist wohl der größte Eiferer für die katholische Wahrheit, den es jetzt gibt. Auch würden dann wohl die höchst scharfsinnigen und überaus fleißigen Männer dieser Universität mich nicht ertragen können; darum, Allerheiligster Vater, werfe ich mich Dir mit allem, was ich bin und habe, zu Füßen: Mache lebendig, töte, rufe, widerrufe, approbiere, verwirf, ganz wie Dir’s beliebt! Ich werde Deine Stimme als die Stimme Christi, der in Dir regiert und redet, anhören. Habe ich den Tod verdient, so werde ich mich nicht sträuben zu sterben. Denn des Herrn ist die Erde und was in ihr ist. Er sei gepriesen in Ewigkeit, Amen.“ Der Schluss des Briefes ist somit bei der Reinschrift von ihm völlig verändert worden. All die für seine Stimmung in diesen Tagen besonders bezeichnenden Wendungen hat er gestrichen und durch einige Sätze im gemeinüblichen Kurialstil ersetzt, so dass der Brief im ganzen aus einem freimütigen Bekenntnis seiner inneren Unabhängigkeit von allen menschlichen Autoritäten nun zu einem Bekenntnis seiner unbedingten Unterwürfigkeit unter die Autorität des Papstes geworden ist. Er hat dabei aber doch einen Satz stehen lassen, der zu dem neuen Schluss passt wie die Faust aufs Auge: „Widerrufen kann ich nicht.“ Dürfen wir ihn ganz allein für diese seinen sonst so frank und frei bekannten Überzeugungen völlig widersprechenden Wendungen verantwortlich machen? Nein! Schon der in dem Entwurf noch gänzlich fehlende Hinweis auf den katholischen Glaubenseifer des Kurfürsten verrät, dass hier die Hand eines Hofmannes mit tätig gewesen ist, der mit dem Kurialstil besser vertraut war als er. Dieser Hofmann kann kaum ein anderer gewesen sein als sein Freund Spalatin, der auch später öfters, meist auf Befehl des Kurfürsten, solche ihm abgeforderte hochoffiziöse Briefe und Erklärungen erst auf den Hofton hat stimmen müssen. Aber dass der Kurfürst diesmal schon die Hand mit im Spiele gehabt habe, ist damit nicht gesagt. Spalatin kann ihm diesen Liebesdienst recht wohl auf eigene Verantwortung und Gefahr getan haben.


Der junge Reformator Luther - Teil 2 – ab 1518

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