Читать книгу Trail nach Abilene: Harte Western Edition - Heinz Squarra - Страница 11
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ОглавлениеEs ist Nacht. Sie haben am Fuße des Hügels die Wagen zusammengefahren und in ihrem Schutz ein Feuer angezündet.
Jenny hat die Kaffeemühle zwischen den Beinen und dreht langsam am Griff. Immer wieder blickt sie über die Deichsel des Chuckwagens zum Hügel hinauf. Aber Jack und Neal tauchen noch immer nicht auf.
Tom schiebt frisches Holz ins Feuer. Ein Cowboy bringt den Weißblechkessel, den er an das Gestell über dem Feuer hängt.
„Wie spät ist es?“, fragt der Rancher, der unter einem Wagen liegt.
„Gleich Mitternacht“, erwidert Miles mürrisch. Er hockt Tom gegenüber am Feuer.
„Dann müssten die beiden schon seil Stunden zurück sein.“
„Sie werden sich verspätet haben.“ Miles wendet sich halb uni und gibt den Männern im Hintergrund ein Zeichen mit der Hand. Ihr löst jetzt die Wachen bei der Herde ab.“
Die Männer stehen wortlos auf und nehmen ihre Sättel mit.
Es dauert nicht lange, da beginnt das Wasser im Kessel zu singen.
Jenny steht auf und schüttet das Kaffeemehl ins Wasser. Sie rührt es mit einem langen Holzlöffel um.
Tom rollt sich eine Zigarette, während Logan unter dem Wagen hervorkriecht und Blechtassen aus einem Sack nimmt, die er verteilt. Er hängt eine Eisenkelle in den Weißblechkessel.
„Vielleicht sollten wir ihren Spuren folgen“, sagt er.
„Volles Haus!“, ruft Jared Douglas links triumphierend, der mit James Bissel pokert. „Los, her mit dem Geld, zum Satan!“
„Du hast sechs Karten gehabt!“, knurrt Bissel.
„James, wenn du nicht bezahlst, schieße ich dir ein Loch in den Kopf! Lege sofort das Geld wieder in den Pott!“
Tom sieht, wie Jared Douglas die Hand auf den Kolben seines Revolvers legt.
„Hört auf!“, ruft er scharf.
„Ich habe doch verboten, auf dem Trail zu spielen!“, schreit Miles und springt auf. Er ist mit zwei Schritten neben Douglas, der sich träge dreht.
„Wir machen es doch nur zum Zeitvertreib“, widerspricht er schwach,
Miles hebt die Faust und schlägt zu. Douglas geht mit einem Schrei über die Absätze und reißt Bissel mit zu Boden.
„Her die Karten!“, fordert Miles scharf.
Bissel richtet sich schwer auf und reicht Matt die Karten.
Der geht damit zum Feuer und wirft sie hinein. Die Flammen zehren sie schnell auf.
Logan verteilt Kaffee.
Tom Hale trinkt in langsamen Schlucken. Er blickt Jenny an, die gerade wieder über die Deichsel des Chuckwagens zur Höhe des Hügels blickt. Als sie sich umwendet, begegnen sich ihre Blicke.
„Wollt ihr wirklich nicht nachsehen?“, fragt sie herb.
„Miles hat den Befehl, Miss. Sie müssen es ihm sagen.“
„Sie werden schon kommen“, knurrt Matt. „Irgend etwas hat sie aufgehalten. Macht doch die Sache nicht so spannend.“
Tom schüttet seinen Kaffeerest ins Feuer, dass die Flammen hochzischen und wirft seinen Blechnapf auf den Lederbeutel, neben dem Logan gerade steht.
„Wir reiten jetzt“, sagt er scharf. Er geht um das Feuer herum, hebt seinen Sattel auf und geht zu den Pferden.
Als er dem Falben den Bauchgurt anzieht, steht Miles neben ihm. Sein Gesicht ist gerötet, und der Widerschein der Flammen zuckt darin auf und nieder.
„Wir waren uns doch einig, dass ich den Befehl habe!“, schnarrt er. „Eben hattest du es dem Mädchen noch bestätigt!“
Tom lehnt sich gegen seinen Sattel und blickt den Mann schweigend an. Er fragt sich in dieser Sekunde, warum er eigentlich mit Miles ritt, der so ganz anders ist.
„Ich werde schon den Befehl geben, wenn wir suchen wollen“, spricht Matt weiter. „Jetzt jedenfalls bleiben wir hier. Ist das klar?“
„Nein, Matt. Ich reite jetzt.“
„Dann wirst du allein reiten müssen.“
„Vielleicht, Matt.“
„Ich werde den anderen befehlen, hierzubleiben und zu warten.“
Tom zeigt ein freudloses Lächeln.
„Ich lerne dich von Tag zu Tag mehr kennen“, dehnt er. „Du willst hier deine Macht auskosten. Du bist plötzlich zum Herdenboss aufgestiegen – zu einem Posten, wie du ihn noch nie hattest. Du übersiehst nur, dass es nicht das Befehlen ist, das diesen Posten ausmacht, sondern die Verantwortung. Du hast Neal und Jack über den Fluss geschickt. Du bist für sie verantwortlich. – Dabei ist es dir ganz gleich, was mit ihnen geschehen ist. Du willst hier nur zeigen, wie viel du zu sagen hast. Aber es freut mich, dass du mich nicht unter deinen Befehl zwingen willst.“
„Wie meinst du das?“
„Nun, mich hindert doch offenbar nichts, über den Fluss zu gehen. – Oder?“
Matt zeigt seine kräftigen Zähne, ballt die Hände und schreit: „Auch du bleibst! – Verstanden, Tom? Du bleibst im Camp!“
Tom stemmt die Schulter vom Sattel los und schüttelt den Kopf. „Nein, Matt, du irrst dich. Ich werde jetzt über den Fluss reiten.“
„Du bleibst!“, giftet Matt Miles und schwingt die Faust hoch.
Tom dreht den Kopf zur Seite. Der Hammer explodiert am Sattel, und der Falbe tritt tänzelnd zur Seite und schlägt mit dem Hinterhuf aus. Das Eisen trifft Miles in die Hüfte und schleudert ihn zurück. Er schreit auf und kippt plötzlich um.
Logan und mehrere Männer sind näher getreten. Sie blicken zwischen dem liegenden Herdenboss und Tom hin und her.
„Kümmern Sie sich um ihn, Logan“, sagt Tom schleppend. „Er ist eine raue Natur und kann eine Menge vertragen. Fünf Mann können mit mir kommen, wenn so viele Lust dazu haben. Aber es sollen nur Männer sein, die schon mit Indianern zu tun hatten und sich lautlos bewegen können.“
„Wollen Sie jetzt den Befehl übernehmen, Hale?“, knurrt der Rancher.
„Sie sehen doch, dass Miles im Moment ausgepunktet ist“, lächelt Tom. „Nun, Leute, wer hat Lust?“
Es melden sich zehn Mann, von denen Tom fünf auswählt.
Als Tom mit seinem Pferd zum Feuer kommt, steht Jenny auf und kommt auf ihn zu.
„Sie sollten besser bleiben“, sagt sie belegt. „Es nützt uns doch nichts, wenn noch sechs Mann auf der anderen Seite bleiben. Oder haben Sie noch Hoffnung, die beiden …“
„Lebend zu finden?“, fragt er.
„Yeah.“
„Ich habe Hoffnung. Wir haben keine Schüsse gehört.“
„Sie sind vielleicht von hinten angefallen worden. Indianer sollen lautlos töten.“
„Wir werden es sehen, Jenny.“ Er sieht, dass in ihren Augen eine Frage sitzt, aber sie spricht sie nicht aus. Er denkt, dass diese Frage ihn und Miles betreffen muss. Er wendet sich zu den Männern um, die nun mit ihren Pferden kommen.
„Können wir?“
Sie nicken.
Da steigt er auf und zieht seinen Falben auf der Hinterhand hoch, dass das Tier mit einem Satz über die Deichsel des Chuckwagens schnellt. Die anderen folgen ihm.
Sie folgen langsam der schmalen Fährte, die sich ins Gras eingeprägt hat. Tom Hale hat die Spitze übernommen. Immer wieder hält er an, schaut nach vorn und zurück.
Sie sind schon mindestens zwei Meilen vom Fluss entfernt.
Plötzlich ist das Heulen eines Kojoten zu hören.
Einer der Boys klappert mit den Zähnen.
„Du kannst jetzt nicht zurück, Berry“, sagt Tom leise. „Wir müssen zusammenbleiben. Ein Mann sollte sich nie melden, weil er Mut beweisen will. Mut ist etwas, das nur in unserer Einbildung lebt. Wir alle haben Angst. Die Frage ist nur, wie der einzelne damit fertig wird. Well, Berry, du musst es jetzt versuchen.“
Der Cowboy nickt heftig.
„Es sind die Kojoten“, meint er flach. „Ihr Heulen kann einen Mann um den Verstand bringen. Verstehst du das?“
„Sicher, Berry. Mir geht es nicht besser. – Weiter!“
Er treibt sein Pferd an, und die anderen folgen ihm. Sie streben einem langgestreckten dunklen Klumpen entgegen, der sich nach zehn Minuten als Hecke entpuppt. Es sind Rotdornbüsche.
Tom reißt plötzlich sein Pferd zurück. Die anderen halten ebenfalls.
„Was ist?“, fragt einer.
„Ruhig!“
Sie halten den Atem an und lauschen in die Nacht hinaus. Links stehen Cottonwoods, die den Blick versperren. Ein leises Krächzen ist zu hören.
„Geier!“, sagt Berry mit zuckenden Lippen.
Tom nickt und reitet langsam weiter. Er hat die Winchester aus dem Scabbard gezogen und den Repetierverschluss schnappen lassen.
Kurz vor den Büschen hält er wieder an.
Berry schreit schrill auf und deutet mit der Hand nach unten. Nur wenig vor ihnen liegen zwei Männer übereinander im Gras, und aus dem Rücken des einen ragen zwei Pfeile.
Berry schreit wieder auf und will sein Pferd herumreißen.
Tom langt hinüber und befördert ihn durch einen Schlag aus dem Sattel.
Berry überschlägt sich auf dem Boden und will wieder aufspringen.
„Fesselt und knebelt ihn!“, ruft Tom unterdrückt. „Er bringt uns die Rothäute auf den Hals!“
Zwei Cowboys werfen sich über ihren Kameraden und zwingen ihn zu Boden.
Tom blickt noch einmal sichernd in die Runde, schiebt dann das Gewehr in den Sattelschuh zurück und steigt ab. Er nimmt den Bisbee Colt in die Hand und nähert sich vorsichtig den beiden liegenden Männern. Ein Schauer rinnt über seinen Rücken, aber er zwingt sich, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.