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Emma - Teil 1

An meinem Klingelknopf steht:

Emma Hunter

Private Dienstleistungen

Das kommt der Wahrheit schon sehr nahe …

Ich habe ein hübsches Apartment in Kensington. Es liegt in einer relativ ruhigen Seitenstraße wenige Gehminuten vom Park entfernt. Paddington Station ist zwar nur ein paar hundert Yards weiter weg, aber man bekommt vom regen Innenstadttreiben so gut wie nichts mit. Man überquert die Westbourne Terrace und befindet sich praktisch im Zentrum mit all seinen Sehenswürdigkeiten und Einkaufspalästen.

Das Apartment liegt im Erdgeschoss eines wunderschönen Hauses mit cremeweißer Fassade, einer glänzenden schwarzen Haustür und einem Vordach, das auf zwei Säulen ruht. An den Säulen wiederum hängen, zwei ab dem Frühling über und über blühende Körbe. Ein hübscher Farbfleck, der die Blicke auf mein Haus lenkt – wenn auch jeder, der ein gewisses Interesse hat, die Adresse sowieso kennt. Denn eigentlich gibt es niemanden, der per Zufall an meiner Tür klingelt.

Mein Apartment ist äußerst großzügig geschnitten und man würde eine solche Räumlichkeit nicht vermuten, wenn man vor der Front steht. Ich bin furchtbar stolz auf meine Wohnung und liebe es, hier zu leben.

Ich selbst stamme ursprünglich aus Nordengland. Haworth, eine mittlere Kleinstadt, die durch die einstmals dort lebenden Bronté-Geschwister eine internationale Berühmtheit erlangt hat.

In den späten neunziger Jahren war ich nach London gekommen, um dort als Sekretärin zu arbeiten.

Okay, Sekretärin ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Ich habe lediglich Aushilfsarbeiten in Büros gemacht. Meine Zeugnisse von der Fachschule waren leider zu mies.

Aber die Preise in der Hauptstadt sind mörderisch und als Sekretärin verdient man sich nun mal keine goldene Nase. Zumal ich tatsächlich keinerlei Begabung für diesen Beruf habe. Ich gebe zu, dass ich für diese Art von Beruf einfach zu schlampig und laut Aussage meiner Lehrerin in Rechtschreibung nicht richtig »gefestigt« war. Also hatte ich eine Stelle nie wirklich lange. Trotzdem hatte ich den unbedingten Willen, aufzusteigen. Das kam wohl daher, dass ich aus sogenannten »kleinen Verhältnissen« stammte und sehr neidisch auf die vielen Geschäftsleute war, die ich täglich um mich hatte. Meine Mutter war seit Jahren tot und mein Vater lebte in Haworth, also weit weg. Den traf ich höchstens an Weihnachten.

Dann packte es mich und ich wollte aufsteigen, um mir die gleichen Taschen mit Monogrammen leisten zu können, wie die Mädels, die an den Armen dieser Geschäftsmänner hingen. Aber das – so schien es mir damals zumindest – ging nur in London. Allerdings bezweifelte ich, dass ich das nötige Aussehen für einen solchen Aufstieg hatte.

***

Es begann damit, dass ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte.

Meine Wohnung befand sich in einem der Außenbezirke von London, die angeblich preiswerter sind, als das Zentrum, tatsächlich aber nur schäbiger. Meine Wohnräume bestanden aus einem Schlafzimmer, einem Bad und einer kleinen Küchenzeile.

Wenn ich aß, schob ich einfach etwas Platz auf meinem Couchtisch frei und setzte mich dann auf dem Sofa zwischen die beiden Drahtfedern, die sich über die Jahre ihren Weg nach oben freigebohrt hatten.

In der Badewanne hatten bestimmt schon Generationen von Mietern gelegen und die Armaturen waren so oft gewischt worden, dass die silberne Farbe stellenweise verschwunden war. Mein Bett quietschte bei jeder Bewegung. Vielleicht war das ja der Grund, warum hier schon länger kein Mann mehr übernachtet hatte.

Ich hockte also da und starrte auf die Mahnung meiner Vermieterin. Sie drohte ganz offen damit, mich rauszuschmeißen. Was ich ihr nicht verdenken konnte, denn ich hatte seit fast drei Monaten keine Miete mehr gezahlt.

Ein Stapel Briefe lag vor mir, von denen ich bei jedem Einzelnen tief Luft holen musste, ehe ich ihn öffnete. Rechnungen, Mahnungen. Scheiße! Zu Hause hatte Papa die Rechnungen bezahlt, und wenn ich am Monatsende klamm gewesen war, hatte er mir noch einen Zuschuss gegeben.

So viel zum Thema »Selbständigkeit« …

»McLeod & Coll.« stand in großen, geschwungenen Lettern auf dem schweren, dicken Papier, das ich so ziemlich zum Schluss in die Hand nahm. Erstens, weil ich überzeugt war, es enthielte auch nicht viel bessere Neuigkeiten, und zweitens, im Glauben an das glückliche Schicksal, das auch mir eines Tages zulächeln würde.

Und tatsächlich … Ich konnte es kaum fassen: Man bat mich zu einem Vorstellungsgespräch!

Fast hatte ich vergessen, dass ich mich blind bei »McLeod & Coll.« beworben hatte. Meine Freundin Daisy hatte das Schild an der Kanzlei gesehen und mich mit dem Satz »Mehr als Nein sagen, können sie auch nicht« ermutigt, es zu versuchen.

Und damit hatte ich schließlich Erfahrung!

Zu diesem Zeitpunkt verdiente ich meinen Lebensunterhalt mit einem Job als Verkäuferin in einer Buchhandlung. Mehr schlecht als recht! Keine Sekunde hatte ich mit einer Einladung gerechnet! Sicher, bei so einer Kanzlei …

Dieser Brief war ein echter Lichtblick, auch wenn ich mir keine wirkliche Chance ausrechnete. Meine Zeugnisse waren einfach zu mies. Dennoch, es war eine Gelegenheit, und ich wollte sie nutzen, denn die Stelle in der Buchhandlung würde ich bestimmt nicht mehr lange behalten.

So machte ich mich, die Landpomeranze, mit einem braunen Tweedrock, einer weißen Bluse und einem dunklen Blazer auf den Weg nach Belgravia. Diese Aufmachung erschien mir angebracht bei einem konservativen Anwaltsbüro.

Anwaltshure 1 | Erotischer Roman

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