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Kapitel 9

Egal, mit welchen Temperaturen oder Widrigkeiten des Lebens im Allgemeinen man zu kämpfen hat, müsste ich entscheiden, wofür ich mein letztes Geld ausgeben würde, es wäre immer ein Afternoon-Tea im »Ritz«.

Dass es an diesem Tag nicht der Nachmittag, sondern der Abend war, an dem ich unter dem blauen Vordach die vier Stufen emporschritt, spielte keine Rolle. Für mich war das »Ritz« der Hort der Unantastbarkeit. Niemals würde einem hier etwas Übles widerfahren.

Der blau livrierte Portier verneigte sich leicht und ich ging durch die Drehtür hindurch in eine andere Welt. Den in wunderbar matten Tönen schimmernden, dicken Teppich unter meinen Füßen, bewegte ich mich auf die Dame zu, die nur für diesen Moment und nur für mich allein zu existieren schien.

»Ich werde erwartet. Mister James Stevenson …«

Sie lächelte und legte dabei ihren elegant frisierten Grace-Kelly-Kopf ein wenig zur Seite.

»Mein Name ist Miss Emma Hunter.«

»Gewiss. Einen kleinen Moment …« Sie ließ ihre hellblauen Augen über die Zeilen ihres Buches gleiten und hob dann den Zeigefinger.

Hier rief niemand laut. Alles geschah auf dezente Handzeichen hin. Und so auch jetzt. Ein Hausdiener erschien wie aus dem Nichts, nahm seine Informationen entgegen, und ich konnte mich nur noch knapp für das »Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, Miss Hunter« bedanken und dann dem Diener folgen.

Er führte mich direkt zum »Palmcourt«, einem der wundervollsten Räume, die ich je gesehen hatte. Goldbezogene Rokoko-Sessel in gold-cremefarbener Pracht und dazwischen gewaltige, dunkelgrün schimmernde Palmen, die dem Raum seinen Namen gaben. Auch hier sprach man nur dezent, während ich von irgendwoher gedämpfte Swing-Musik hörte.

Sein kupferfarbenes Haar sah ich schon von Weitem und ich muss gestehen, ich war in jenem Moment so nervös wie ein Backfisch bei seinem ersten Rendezvous. Etwas in mir wollte so tun, als sähe ich ihn gar nicht. Ja, als hätte ich mich vollkommen verlaufen. Das flaue Gefühl in meiner Magengegend hatte sich wiedereingestellt und in meinen Gelenken herrschte eine merkwürdige Taubheit. Weder das Ambiente noch die Art der Einladung konnten darüber hinwegtäuschen, dass ich auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch war.

Er wollte sich ein Bild von mir machen. Herausfinden, ob der alte Glanz abgebröckelt war, oder ob ich noch immer in der Ersten Liga mitspielen konnte. Immerhin hatte es mal Zeiten gegeben, da war ich die Erste Liga gewesen.

Stevenson stand sofort auf und machte tatsächlich eine kleine Verbeugung.

»Schön, dass Sie gekommen sind«, sagte er und gab dem Hausdiener ein Zeichen, dass er gehen konnte.

Eine Wolke des schweren und süßen Duftes der Lilienbuketts umhüllte mich und mir wurde ein wenig schwindelig.

»Das Kleid ist das Tollste, das ich je gesehen habe.«

Die Röte, die im gleichen Moment sein Gesicht überzog, machte mir klar, dass er diesen Satz so nicht geplant hatte.

»Danke. Ich habe auch einen halben Tag gebraucht, bis ich es gefunden hatte.«

»Kein verschwendeter halber Tag …«

Ein Kellner nahm unsere Getränkebestellung auf, während ein anderer ein paar erläuternde Worte zur Speisekarte sagte.

Hätte ich wirklich eine Wahl gehabt, ich hätte in diesem Moment Pommes und Salat genommen. Oder gar nichts, denn mir wurde plötzlich klar, dass mein Magen keineswegs leer war, sondern zugeschnürt.

Ich zwang mich mit aller Macht, Stevenson nur aus den Augenwinkeln zu betrachten. Er trug einen dunklen Anzug, der einen Hauch in Nachtblau schimmerte. Es musste ein maßgeschneiderter Anzug sein, so perfekt wie er an ihm aussah. Breite Schultern, strahlend weißes Hemd und der Kopf eines Film-Piraten. Sein Oberkörper wirkte wie mit einem Lineal gezogen.

Mein Atem ging schneller und ich versuchte, mich auf die Speisekarte zu konzentrieren. Schlussendlich wählte ich ein Steak mit grünem Salat und dazu Wasser. Aus irgendeinem Grund hatte ich den Eindruck, es wäre an diesem Abend besser, komplett nüchtern zu bleiben.

»Ich nehme das Gleiche«, erklärte Stevenson, indem er dem Kellner die Karte zurückgab.

Jetzt musste ich ihn ansehen. Direkt. Den Blick seiner steingrauen Augen erwidern, ohne dabei zu erröten. Wenn ich es jetzt schaffte, zu schweigen, würde er die Unterhaltung in Gang bringen müssen, und zudem hatte ich dann den Vorteil, kühl und überlegen zu wirken.

Zu meiner Verblüffung schwieg er jedoch. Er lehnte sich entspannt zurück, betrachtete mich und sagte kein weiteres Wort. Er lächelte auch nicht. Nichts von alldem, was man der Konvention nach in solch einem Moment tat, machte er.

Das bestellte Wasser kam und dann das Essen.

»Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?«, kam der Kellner sich erkundigen und wir bestätigten.

»Schmeckt es Ihnen?«, fragte Stevenson und ich nickte.

»Ja. Ganz wunderbar. Perfekt. Wie nicht anders zu erwarten.«

»Das ist schön«, sagte er und schnitt sein Fleisch klein.

Dann schwiegen wir wieder.

Es hatte mich viel Mühe gekostet, aufzuessen und als der Kellner zum Abräumen erschien, wollte Stevenson wissen, ob ich noch ein Dessert wollte.

»Nein. Ich bin wirklich satt.«

Wenn dies ein Bewerbungsgespräch war, hatte ich alles verpatzt.

Der Kellner blickte Stevenson an, offensichtlich die nächsten Anweisungen erwartend.

»Wir nehmen den Kaffee auf dem Zimmer«, erklärte mein Gastgeber.

Es war, als habe er mir seine Faust in den Magen gerammt. Meine Hand rutschte ab und schlug den kleinen hervorstehenden Knochen am Handgelenk schmerzhaft gegen die Tischkante.

»Oder haben Sie es sich anders überlegt?«, fragte er und nickte dem Kellner zu, der davonging. »Das ist absolut kein Problem, Miss Hunter. Dann scheiden wir hier als Freunde, mit einem guten Essen im Magen.«

»Nein, Mr Stevenson. Nein, ich habe es mir nicht anders überlegt«, erklärte ich mit fester Stimme und erhob mich entschlossen.

Er stand mit ernster Miene ebenfalls auf. So gingen wir zum Aufzug und ließen uns zu jener Suite bringen, die er bereits gemietet hatte.

Das Schlafzimmer war in Pfirsichtönen gehalten und hätte einer Marie Antoinette alle Ehre gemacht. Elegant drapierte Vorhänge umgaben das bodentiefe Fenster, das einen wunderbaren Blick auf das von bunten Lichtern erleuchtete London erlaubte.

Wie um alles in der Welt konnte ich mir in dieser Situation eine Atempause erkaufen? Hätte ich ihn abweisen wollen, hatte ich die letzte Gelegenheit dazu verpasst.

»Wollen wir uns Mut antrinken?«, fragte er plötzlich mit gesenkter Stimme und stieß mich dabei mit einem gefüllten Glas sacht am Oberarm an, um so meine Aufmerksamkeit zu erlangen.

»Gute Idee«, erwiderte ich und nahm ein Glas.

Falsche Antwort!

Wir tranken beide gleichzeitig, während wir uns über die Glasränder hinweg fixierten.

Welch unglaubliche Augen er hat, dachte ich. Und wie wunderbar sein Haar schimmert. Er roch nach einem wundervollen Aftershave, rauchig, wie Torf und Moor. Vielleicht war er ja auch gar kein Pirat, sondern ein schottischer Clan-Chief. Oder ein irischer Rebell.

Wieso löste er seine Blicke nicht ein einziges Mal von mir? War das sein Trick, um sein Gegenüber ins Bett zu kriegen? Wie schwul er auch immer sein mochte, diese Masche funktionierte mit Sicherheit unisex.

Er nahm mir mein Glas ab und stellte beide zur Seite.

Mit einer schnellen Drehung wandte ich ihm den Rücken zu. »Würdest du mir bitte den Reißverschluss öffnen?«, fragte ich ruhig und gelassen. Ich unterließ jeden auch noch so zurückhaltend lasziven Ausdruck in meiner Stimme. Ich konnte dies hier nur dann unbeschadet überstehen, wenn ich in der Lage war, Profi zu bleiben.

Er zog die kleine metallene Lasche herunter und küsste dann zu meiner Überraschung sacht meine nackte Schulter. Ich hielt für einen Moment den Atem an, während ich noch der Wärme seiner Lippen auf meiner Haut nachspürte, und brachte schließlich hervor: »Ich gehe ins Bad, ja?«

Anwaltshure Band 5 | Erotischer Roman

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