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Die grosse Reise
ОглавлениеAm 7. Oktober 1969, einem Dienstag, begibt sich Sr. Gaudentia mit vier Mitschwestern auf die grosse Reise. Zuvor hat man für sie in der Kirche Waltenschwil einen Gottesdienst zur sogenannten Aussendung abgehalten. Ihre Nichte Gabriela, damals neunjährig, erinnert sich, wie sie mit ihrer Cousine Blumen streute. Und daran, wie eigentümlich die Stimmung war, zwischen Feierlichkeit, Aufregung und Sorge, welche die ganze Familie ergriffen hatte. Weiter weg und fremder als Papua-Neuguinea, das ging fast nicht! Noch 1998 stellte Prinz Philip, der Mann von Königin Elisabeth II., einem britischen Studenten gegenüber, der von dort nach Hause kam, nur halb im Scherz fest: «Sie haben es also geschafft, nicht verspeist zu werden.»
Sr. Gaudentia hat das Bild vor Augen, wie die Zurückbleibenden beim Abschied an der Klosterpforte versammelt sind und winken, als sie und ihre vier Begleiterinnen ins Auto steigen, das sie zum Flughafen bringt. Die Aufregung ist grösser als bei früheren Aussendungen, da die Frauen in ein neues Gebiet ziehen. In Kloten werden sie von den Angehörigen empfangen und verabschiedet. Alle stehen auf der Zuschauerterrasse und winken dem Swissair-Flugzeug nach.
Sr. Martine Rosenberg, damals stellvertretende Leiterin der Klostergemeinschaft, erinnert sich, als wäre es gestern gewesen, wie sie die kleine Gruppe zum Flughafen begleitete. Eine der ausreisenden Missionarinnen ist die vormalige und bereits 64-jährige Frau Mutter Sixta Popp. Sie hat sich in ihrer Funktion als Vorsteherin des Klosters stark für die Mission eingesetzt und wäre als junge Schwester selbst gerne ins Ausland gegangen. Nun erfüllt sie sich diesen Lebenswunsch. Sr. Sixta ist schliesslich bis 1978 Regionaloberin in Papua-Neuguinea und vor allem für Küche und Haushalt in der Missionsstation zuständig. «Sie war sozusagen die Hausmutter», sagt Sr. Martine. «Das tat allen gut, auch den jungen amerikanischen Kapuzinern, die dort stationiert waren. Sie gab uns einen mütterlichen Halt.» Mit dabei sind ausserdem die beiden Lehrerinnen Sr. Lukas Süess und Sr. Sibille Meier sowie die Krankenschwester Sr. Kiliana Fries.
Sr. Martine erzählt: «Das war unsere erste Gruppe in Papua. Die fünf sind mit grosser Begeisterung aufgebrochen. Es war aber auch ein Abschied ins Ungewisse. Uns allen war klar, dass sie, waren sie einmal abgereist, wirklich weg waren. Denn die Kommunikationsmöglichkeiten waren fundamental anders als heute. Der Briefverkehr war unsäglich langsam, Telefonieren praktisch unmöglich. Als Sr. Lukas’ Vater starb, dauerte es länger als einen Monat, bis der Brief mit dieser traurigen Nachricht sie erreichte. Doch sie gingen mit Gottvertrauen.»
Der Flug führt zuerst nach Genf, dann über Dubai und Indien nach Manila. Von dort aus reisen sie mit der australischen Fluggesellschaft weiter nach Port Moresby. «Ich freute mich sehr, als es endlich losging», sagt Sr. Gaudentia. Waren da keine bangen Gefühle? «Nein, keine, höchstens, ob wir das Richtige eingepackt hatten.»